Schrems-noyb

Sieg gegen Meta: Max Schrems von noyb ist zufrieden mit dem Vorgehen der EU-Datenschützer. © noyb

Online-Werbung: EU erhöht Druck auf Facebook und Instagram

Pascal Sigg /  Meta droht ein schwerer Schlag gegen das Geschäft mit Nutzerdaten. Dieser hätte auch Konsequenzen für die Schweiz.

Wer Facebook oder Instagram nutzt, erlaubt den Diensten des Meta-Konzerns, dass diese die eigene Online-Aktivität überwachen. Denn wer die Dienste nutzen will, muss dazu zwingend den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmen. Und da steht drin, dass Meta die aufgezeichneten Daten zum Verkauf personalisierter Werbung nutzen kann. Facebook holt seit Frühling 2018 die Zustimmung der NutzerInnen zur Verwendung ihrer Daten auf diese Art ein. Das Unternehmen gab vor, dies ausdrücklich im Rahmen der damals eingeführten Datenschutzgesetzverordnung (DSGVO) der EU zu tun.

NutzerInnen müssten ablehnen können

Dass dies nicht stimmte, kritisierten Medien und Datenschutzaktivisten schon damals. Die Organisation noyb (Details in untenstehendem Youtube-Clip zum Gründungs-Crowdfunding) beispielsweise reichte eine Beschwerde ein. Und netzpolitik.org schrieb: «Wenn der Konzern nun die Einwilligung seiner Nutzer*innen als Rechtsgrundlage für seine Datenpraxis einholt, müsste dies beispielsweise in informierter und freiwilliger Weise erfolgen. Eine Opt-Out-Option aus datenbasierter Werbung – die Voraussetzung für eine freiwillige Datenpreisgabe – bietet Facebook jedoch nicht an.» Meta müsste also gemäss Gesetz beispielsweise fragen: Wollen Sie, dass ihre Daten für personalisierte Werbung genutzt werden? Und bei Ablehnung auch eine Nutzung der Dienste mit nicht personalisierter Werbung ermöglichen.

Nun, über vier Jahre nach der Einführung der DSGVO stimmte die übergeordnete Datenschutzbehörde der EU der noyb-Beschwerde zu. Damit überstimmte die Behörde, welche aus Datenschutzvertretern aller EU-Länder besteht, die irische Datenschutzbehörde. Diese hatte Metas Vorgehen zuvor gutgeheissen. Der Entscheid richtet sich noch nicht an die betroffenen Parteien, sondern an die Behörde Irlands. Diese muss nun bis Anfang Januar einen Entscheid basierend auf dem europäischen Datenschutzgesetz fällen. Dabei verlangen die EU-Datenschützer, dass NutzerInnen der Dienste die Verwendung der eigenen Daten zu Werbezwecken ausdrücklich ablehnen können. Zudem sollen hohe Bussen gegen Meta ausgesprochen werden.

Auch irische Datenschutzbehörde unter Druck

Gemäss TechCrunch steht für Meta viel auf dem Spiel. Denn NutzerInnen dürften der Verwendung eigener Daten zu Werbezwecken grösstenteils nicht zustimmen. So lehnen zum Beispiel schätzungsweise 75 Prozent der Apple-NutzerInnen das Tracking durch Apps in iOS ab.

Der Ball liegt nun also bei der irischen Datenschutzbehörde. Diese wurde in der Vergangenheit für ihre grosszügige Behandlung der im Land beheimateten Tech-Unternehmen wie Google oder eben Meta scharf kritisiert. Erst vor wenigen Tagen empfahl die EU-Ombudsfrau als Reaktion auf eine Beschwerde der NGO Irish Council for Civil Liberties, dass die EU jeden einzelnen Beschwerdefall gegen grosse Tech-Unternehmen in Irland ebenfalls begleitet. Zuvor hatte auch die norwegische Datenschutzbehörde die irischen KollegInnen kritisiert: Deren Interpretationen würden den Schutz persönlicher Daten bedeutungslos machen. Aus Irland wiederum hiess es, die Datenschutzbehörde brauche dringend mehr Ressourcen.

EU-Datenschutz ist relevant für die Schweiz

Diese Entwicklungen zeigen: Der mangelhafte Schutz persönlicher Daten im Netz ist nicht zuerst schwacher Gesetzgebung anzulasten. Vielmehr fehlt deren konsequente Durchsetzung durch lokale Datenschutzbehörden. Zudem sind die Entscheide der EU-Datenschützer auch für die Schweiz relevant, weil auch hier grosse Medienunternehmen ähnliche Werbegeschäfte mit personalisierter Werbung anbieten, ohne die NutzerInnen genügend darüber zu informieren. Der Konsumentenschutz hat diese harsch kritisiert (Infosperber berichtete).

Kommt hinzu: Auch die hiesige Datenschutzbehörde ist unterbesetzt und orientiert sich auch deshalb stark an den EU-Datenschutzstandards. Gegenüber Infosperber sagte der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte zum Geschäft mit der ähnlich personalisierten Onlinewerbung im freien Web vor einem halben Jahr: «Wir verfolgen die Situation und deren Entwicklungen – vor allem auf der Ebene der Rechtsprechung und insbesondere in Europa. Der EDÖB setzt seine begrenzten Ressourcen in diesem sehr komplexen und technischen Bereich der Online-Werbebranche (Adtech) gezielt ein.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.
Portrait Pascal.Sigg.X

Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

2 Meinungen

  • am 30.12.2022 um 19:25 Uhr
    Permalink

    Ich habe nicht mal etwas finden können wo man mögliche Verstösse gegen den Datenschutz melden könnte. Entweder kostenpflichtig oder ohne Rückantwort.
    Huawei ist da noch viel schlimmer, in den Benutzerrichtlinien zu den Geräten gibt man nicht nur frei das alles was über deren Router läuft von ihnen gelesen und verwertet werden darf, sondern man willigt auch das es nach ihren gutdünken zensiert, geändert oder gelöscht wird.
    Also Augen auf im Datenverkehr, und wenn die Uni Zürich meint mit solchen Geräten Forschungsergebnisse im Netzwerk kurieren zu lassen, sind die Chinesen schon allumfassend informiert.
    Personalisierte Werbung ist da noch das geringste Übel…

  • am 30.12.2022 um 21:36 Uhr
    Permalink

    Meta und Google können mit einem gewissen Recht argumentieren, dass sie niemanden zwingen, ihre Plattformen zu nutzen. Wer den Nutzungsbedingungen nicht zustimmen will, lässt es halt bleiben. Das «Internet» ist weit grösser als den meisten Nutzern bewusst ist. Ein Aspekt des Problems ist eben auch, dass die Alternative kostenpflichtige oder staatlich finanzierte Plattformen wären. Da müsste entweder die Politik entscheiden, dass ein Angebot an «sozialen Medien» zu den Grundbedürfnissen gehört und darum aus Steuergeldern finanziert wird. Das werden die neoliberalen Lobbyisten zu torpedieren wissen. Oder es finden sich genügend freiheitsliebende User, die bereit sind, einen finanziellen Beitrag zu leisten, der, allerdings erst nach grösseren Anfangsinvestitionen und mit zunehmender Anzahl Nutzer, dann im einstelligen Franken-/Eurobereich liegen könnte.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...