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Eine Konsequenz grosser Wahllügen: Protestierende stürmen am 6. Januar 2021 das Weisse Haus in Washington. © cc-by-nc-sa-4 TapTheForwardAssist

Wahlen in den USA: Harter Kampf um Maschinen und Regeln

Pascal Sigg /  Die Firma «Dominion» war Zielscheibe von Verschwörungstheorien. Jetzt kaufte sie ein Ex-Wahlvorsteher der Republikaner.

Einer der grössten Hersteller von Wahlmaschinen in den USA, Dominion Voting Systems, änderte ihren Besitzer. Zuvor gehörte die Mehrheit des Unternehmens einer Private-Equity-Firma. Dominion wurde über die USA hinaus bekannt, weil sich die Firma vehement gegen Vorwürfe des Wahlbetrugs nach der Präsidentschaftswahlen 2020 gewehrt hatte.

Käufer ist eine neue Unternehmensgruppe mit Namen «Liberty Vote», die einem ehemaligen republikanischen Wahloffiziellen mit langjähriger Erfahrung gehört. Die neue Firma will gemäss eigenen Angaben «das öffentliche Vertrauen in den Wahlprozess wieder herstellen.» Der Mann führt bereits einen Hersteller von Geräten, welche WahladministratorInnen hilft, Wählerlisten digital zu verwalten.

Firma klagte wegen Falschaussagen

«Dominion Voting Systems» stand im Zentrum zahlreicher Falschbehauptungen, die nach Joe Bidens Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2020 im republikanischen Lager kursierten. Demnach sollen die Maschinen der Firma Stimmen, welche eigentlich für Trump abgegeben wurden, für Biden gezählt haben. Für derartige Vorwürfe fehlten jegliche Beweise. Trotzdem stürmten Anhänger Trumps am 6. Januar 2021 das Washingtoner Capitol und verursachten neun Todesfälle.

Um die Hintermänner der Lügen zur Verantwortung zu ziehen, klagte die Firma erfolgreich gegen unter anderen die TV-Sender «Fox News» und «Newsmax». Sie hatten die unbelegten Vorwürfe nach Bidens Wahlsieg verbreitet. Im April 2023 einigte sich «Dominion» mit «Fox News» aussergerichtlich auf eine Entschädigung von über 780 Millionen US-Dollar. «Newsmax» bezahlte «Dominion» vor wenigen Monaten 67 Millionen Dollar.

Besonders die Klage gegen «Fox News» hatte Aufsehen erregt, weil sie die interne Kommunikation bei Rupert Murdochs US-Aushängeschild freilegte. Damit wurde klar: Zahlreiche prominente Moderatoren des Senders verbreiteten die Lüge der gestohlenen Wahl auf Anweisungen ihrer Vorgesetzten.

Fox verbreitete, was eigenes Publikum verlangte

Tausende interner Nachrichten belegten, dass sich die Chefetage nach Bidens Sieg Sorgen machte wegen der fallenden Einschaltquoten und der Sender offenbar viele Zuschauende an den kleineren rechten Rivalen «Newsmax» verlor. Im Gegensatz zu «Fox» verbreitete dieser die Lügen von der möglicherweise gestohlenen Wahl bereits sehr bald.

Während die Journalistinnen und Journalisten bei «Fox» die Lügen als solche erkannten, drängten die Bosse auf eine Kursänderung. Treiber der Theorien waren Trumps Anwälte Rudy Giuliani und Sidney Powell. Am 19. November 2020, gut zwei Wochen nach dem Wahltag, berichtete eine «Fox»-Journalistin in einer Live-Schaltung vom Weissen Haus kritisch von einer Medienkonferenz des Trump-Teams über eine mögliche Änderung des Wahlresultats. Giuliani sagte etwa, «Dominion» unterhalte Beziehungen zur venezolanischen Regierung und einige der Wahlzettel seien dort gezählt worden. Es handle sich um ein globales kommunistisches Komplott.

Der kritische «Fox»-Beitrag zu Giulianis Medienkonferenz vom November 2020.


Die Journalistin bezeichnete einige von Giulianis Äusserungen als «schlicht nicht wahr» oder blosse «Anschuldigungen, die erst noch vor Gericht erhärtet werden müssen.» Zudem wies sie wiederholt darauf hin, dass Trumps Team für schwere Vorwürfe einer Wahlbetrugsverschwörung in von Demokraten regierten Städten keinerlei Beweise vorlegte.

Daraufhin, so sagte die Journalistin aus, habe sich ihr Vorgesetzter telefonisch bei ihr über ihre Einordnung beschwert. Sie habe das «Fox»-Publikum nicht «respektiert». Sie erhielt auch keine Live-Schaltungen mehr und schrieb einer Kollegin Wochen später: «Ich werde dafür bestraft, dass ich meinen Job gemacht habe.»

Zwei Wochen nach dem Sturm aufs Capitol, am Tag der Amtseinführung Bidens, äusserte sich «Fox»-Besitzer Rupert Murdoch in einem internen Schreiben sehr kritisch über Trump: «Dass Trump darauf beharrte, dass die Wahl gestohlen war und 25 Prozent der AmerikanerInnen davon überzeugt hat, war ein sehr schlechter Dienst am Land. Ein ziemliches Verbrechen. Unvermeidlich, dass es am 6. Januar überkochte. Am besten erwähnen wir seinen Namen nicht, ausser es ist sehr wichtig und unterstützen ihn keineswegs.»

Giuliani rehabilitiert

Trumps Ex-Anwalt Rudy Giuliani wurde im Januar für Äusserungen gegen Wahlarbeiterinnen im Bundesstaat Georgia zu einer Zahlung von über 140 Millionen Dollar verurteilt.

Auch «Dominion» verklagte Giuliani wegen verleumderischer Aussagen auf 1.3 Milliarden Dollar Schadenersatz. Wenige Wochen vor Bekanntgabe des Verkaufs der Firma wurde die Klage jedoch beigelegt. Dabei nannten die Parteien keine Summe für die aussergerichtliche Einigung.

US-Präsident Trump verkündete letzten Monat, er werde Rudy Giuliani eine Ehrenmedaille für Freiheit verleihen – die höchstmögliche Auszeichnung für Zivilpersonen in den USA.

Ringen um angeblich unsichere Wahlen nimmt Fahrt auf

Angesichts Trumps weiterhin sinkender Zustimmungswerte und im Hinblick auf die Midterm-Wahlen im kommenden Jahr ist wichtig: «Dominions» Wahlsysteme werden in über der Hälfte der US-Bundesstaaten benutzt. Die neuen Besitzer verkündeten, die Firma würde sich an ein Dekret Trumps halten.

Damit verlangte Trump im Frühling von den Bundesstaaten, Wahlsysteme zu benutzen, welche eine physische Verifizierung der Stimmen einschliessen und Gerätschaften zu verbieten, mit welchen die Stimmen mittels QR-Code verschlüsselt werden können. Zudem verlangt das Dekret, dass auch frühzeitig eingeschickte Wahlzettel nach dem Wahltag nicht mehr gezählt werden dürften und die Wählenden strikter Identifikationsregeln unterliegen.

Trumps Verordnung ist nach Klagen zahlreicher Staaten derzeit durch ein Gericht blockiert. Die Wahladministration ist in den USA Sache der Bundesstaaten. Die zuständige Richterin hielt fest: «Die Verfassung gewährt dem Präsidenten keine besondere Macht über Wahlen.»

Die Bundesstaaten verfügen zwar über zahlreiche Mittel, um die Wahlberechtigung ihrer BürgerInnen zu verifizieren. Doch tatsächlich fehlen vielen US-BürgerInnen, die wahlberechtigt sind, gewisse Ausweisdokumente, welche Trumps Verordnung verlangen würde. Die Richterin hielt deshalb fest, dass die Verordnung vor allem ärmeren und schwarzen AmerikanerInnen eine zusätzliche Bürde auferlegen und sie möglicherweise von der Teilnahme an der Wahl fernhalten könnte.

NGO warnt vor manipulativen Wahlregeln

Die Bürgerrechts-NGO «Brennan Center for Justice» warnte in den letzten Monaten davor, dass die Trump-Regierung umfassende Massnahmen ergreifen wird, um zukünftige Wahlen zu beeinflussen. Dazu gehören falsche Behauptungen von Bundesbehörden, dass Menschen, die nicht zu Wahlen zugelassen sind, ihre Stimme abgeben.

Dabei dürfte es vor allem darum gehen, gewisse Wahlberechtigte von Wahlen auszuschliessen, wie dies in einzelnen Staaten bereits 2024 geschah (Infosperber berichtete). Gemäss der NGO hat das Justizdepartement bereits bei 15 Staaten Listen der registrierten Wählenden verlangt, wobei einige von ihnen die Herausgabe der Daten verweigerten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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Wahlen in den USA

Wahlkreise werden willkürlich festgelegt. Lobbys greifen ein. Viel Lärm um Einfluss aus dem Ausland.

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Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

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