Emmi

Emmi hat das Rezept von Caffè Latte angepasst um weiter Subventionen zu erhalten © emmi

«Schoggi-Gesetz» versüsst Exporte

Eveline Dudda /  Schweizer Lebensmittelverarbeiter sind sehr innovativ, wenn es ums Abholen von Staatsbeiträgen geht.

Der Name täuscht: Vom Schoggi-Gesetz profitiert nicht nur die Schweizer Schokoladen-Industrie. Auch Milchverarbeiter wie Hochdorf und Emmi kommen in den Genuss dieser staatlichen Ausfuhrbeiträge (siehe Tabelle). Geld gibt es nicht nur für Milchpulver, das zu Schokolade verarbeitet und exportiert wird, sondern auch für frischen Rahm, Magermilchpulver und Kondensmilch sowie für diverse Getreideprodukte. Dabei richtet sich die Höhe der Ausfuhrbeiträge nicht danach, was die Verarbeiter für den Schweizer Rohstoff tatsächlich bezahlt haben. Sondern nur danach, wie gross im jeweiligen Monat rein rechnerisch der durchschnittliche Preisunterschied zur EU ist. Das ist ein kleiner, aber mitunter ausgesprochen lukrativer Unterschied.

Süsse Subventionen

Im Januar 2013 lag zum Beispiel der Ausfuhrbeitrag für die EU pro Kilo Milch bei 36 Rappen. Die Bauern hätten also für jedes Kilo Milch, das via Schoggi-Gesetz ausgeführt wurde, 36 Rappen mehr als ihre Kollegen in der EU erhalten müssen. Bei einem EU-Milchpreis von damals rund 41 Rappen wären das 77 Rappen für die Bauern in der Schweiz. Doch in ihrem Milchkässeli kamen im Schnitt nicht mehr als 60 Rappen an – 17 Rappen weniger als vorgesehen.
Für die Verarbeiter ist der Rohstoffausgleich also attraktiv. So attraktiv, dass sie notfalls sogar das Rezept eines Produktes ändern, um weiterhin in den Genuss der Beiträge zu kommen. Zum Beispiel Caffè Latte von Emmi: Ein Mitarbeiter des Staatssekretariats für Wirtschaft hatte nach fast 20 Jahren gemerkt, dass Emmi für die flüssige Magermilch in Caffè Latte eigentlich keine Exportsubventionen bekommen dürfte. Denn flüssige Magermilch steht nicht auf der sogenannten Verpflichtungsliste LIX der Welthandelsorganisation WTO. Laut Schoggi-Gesetz gibt es aber nur Subventionen für Produkte, die auf dieser Liste stehen. Die Folge: Emmi hätte den Grossteil der staatlichen Ausfuhrbeiträge verloren – immerhin 3,6 Millionen Franken jährlich. Damit die Subventionen weiter fliessen, änderte Emmi kurzum die Rezeptur von Caffè Latte.

Milchmischgetränk als Grenzgänger

Auch Lidl weiss vom Schoggi-Gesetz zu profitieren: Weil Caffè Latte dank Exportbeiträgen in Deutschland billiger ist als hierzulande, kauft der Discounter das Milchmischgetränk in Deutschland ein und karrt den kalten Kaffee dann zurück in die Schweiz. Inzwischen kann zwar der Bund die zuvor bezahlten Exportbeiträge beim Import zwar wieder zurückverlangen. Doch der Umweg über die Grenze ist offenbar immer noch günstiger.
Das könnte sich ändern. Denn nicht immer sind die Ausfuhrbeiträge so hoch wie letztes Jahr im Januar. Inzwischen sind sie teilweise sogar negativ: Milcheiweiss ist derzeit im Ausland mehr wert als in der Schweiz. Das bedeutet eigentlich, dass die Milchverarbeiter für Milchprotein, das sie auf den Weltmarkt exportieren, dem Staat etwas zurückzahlen müssten…

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