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Kinder in Malawi: Welche Zukunft schenkt ihnen der Kapitalismus? © cc

Was am Kapitalismus so schlimm ist – kurz erklärt

Rafael Lutz /  Jean Ziegler meldet sich wieder. In seinem neusten Buch erzählt er seiner Enkelin, weshalb der Kapitalismus überwunden gehört.

Auch mit 85 Jahren wird Jean Ziegler nicht müde, den Kapitalismus zu kritisieren. Sein neustes Buch: «Was ist so schlimm am Kapitalismus? – Antworten auf die Fragen meiner Enkelin», handelt von einem Gespräch zwischen Ziegler und seiner Enkeltochter Zohra, die ihren Grossvater über den Kapitalismus gründlich ausfragt. Dabei doziert das einstige «enfant terrible» des Grossbürgertums über die Geschichte des Kapitalismus, über Rousseau, Marx, Robespierre, Bankenbanditismus, Ausbeutung, Ungleichheit, Entfremdung, ökologische Katastrophen und die tödliche Macht von Geierfonds, welche aus einem hundsarmen und insolventen Land wie Malawi Kapital schlagen und für den Tod tausender Bewohner verantwortlich sind.

Mörderisches System

Anlass für das Gespräch zwischen Grossvater und Enkelin war eine Debatte am Fernsehen zwischen Ziegler und Peter Brabeck-Letmathe, dem ehemaligen Verwaltungsratspräsidenten von Nestlé. Zohra, die mit ihrer aufgeregten Mutter vor dem Bildschirm sass und nur wenig davon verstand, wollte von ihrem Grossvater wissen, weshalb er sich mit dem Nestlé-Chef so vehement gestritten hatte. Schliesslich handle es sich bei Nestlé doch um ein erfolgreiches Unternehmen, das gute Schokolade herstellt. Warum um Himmels Willen sollte man sich mit einem solchen Konzern anlegen?
«Peter Brabeck behauptet, die kapitalistische Ordnung sei die gerechteste Organisationsform, die die Erde je gesehen habe…», antwortet Grossvater Ziegler. – «Und das ist nicht wahr?», fragt die Enkelin zurück. «Natürlich nicht! Das Gegenteil ist wahr! Die kapitalistische Produktionsweise trägt die Verantwortung für unzählige Verbrechen… Die verheerenden Auswirkungen der Unterentwicklung sind Hunger, Durst, Epidemien und Krieg. Sie vernichten jedes Jahr mehr Männer, Frauen und Kinder als die fürchterliche Schlächterei des Zweiten Weltkrieges in sechs Jahren», sagt Ziegler.

Eine «kannibalische Weltordnung», wie er sie nennt, die Jahr für Jahr über 50 Millionen Menschen tötet? Da stellt sich für Zohra, die das Gymnasium besucht, die Frage, weshalb ein solch mörderisches System weiter aufrechterhalten wird.
«Würde man den Deckel vom Kessel der Welt heben, so würden Himmel und Erde zurückweichen vor diesem Wehgeschrei. Denn weder die Erde noch der Himmel noch irgendeiner von uns vermag wirklich das entsetzliche Ausmass des Leidens der Kinder zu ermessen, noch die Wucht der Gewalten, von denen sie zermalmt werden», antwortet Ziegler. Er zitiert seinen verstorbenen Freund und Gründer von «Terre des Hommes», Edmond Kaiser, und kommt auf ein in seinen Augen zentrales Problem zu sprechen: Das falsche Bewusstsein. Im Westen wage es schlicht niemand, die Welt wirklich so zu sehen, wie sie tatsächlich ist.

«Niemand spricht von den sterbenden Kindern»

Der Autor gibt sich überzeugt davon: Auch diejenigen, die gemäss ihrem beruflichen Auftrag verpflichtet sind, die Leute über die Lage der Welt zu informieren, sind nicht dazu fähig. Selbst die Medienschaffenden seien durch ihre meist gutbürgerliche Sozialisation einer eigenen Selbstzensur ausgesetzt, die es ihnen verunmöglicht, aus ihrer westlichen Wahrnehmung der Welt zu entfliehen.
Ein Beispiel: Die Terroranschläge vom 11. September 2001. An sie kann sich noch heute fast jeder erinnern. Berechtigterweise sei die westliche Welt empört gewesen angesichts dieses Verbrechens. Es starben 2973 Menschen. Von den mehr als 17’000 Kindern unter zehn Jahren, welche am selben Tag in der südlichen Hemisphäre am Hunger und seinen unmittelbaren Folgen gestorben waren, wie es jeden Tag der Fall ist, «von ihnen hat praktisch niemand gesprochen», meint Ziegler zu seiner Enkelin.

Wer trägt die Schuld an dieser kognitiven Dissonanz, diesem falschen Bewusstsein? Die «Kosmokraten» und Herren dieser Welt, denen es gelingt, uns einzureden, dass sie das Gemeinwohl vertreten würden. Die Ketten werden nicht mehr um die Füsse gelegt, sondern sind bereits in unserem Kopf. Deshalb sei es heute auch einfacher, sich das Ende der Welt als das Ende des Kapitalismus vorzustellen. Die «neoliberale Wahnidee» beherrscht uns mittlerweile alle, glaubt Ziegler.

Musterbeispiele dafür: Die eidgenössischen Volksbegehren der letzten Jahre. Ob bei der Einführung des Mindestlohns, der Begrenzung der Managergehälter, der Einführung einer staatlichen Krankenversicherung oder der Abstimmung über eine zusätzliche Ferienwoche; stets stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung gegen ihre eigenen Interessen. Schuld daran sei die kapitalistische Oligarchie der Schweiz, «die zu den unbarmherzigsten und raffiniertesten der Welt gehört», meint Ziegler. Tatsächlich hatte ihn die Schweizer Oligarchie über Jahrzehnte gnadenlos bekämpft. Eine Oligarchie, die Vermögensverhältnisse geschaffen hat, in der zwei Prozent der Bevölkerung über 96 Prozent der Vermögenswerte verfügen.

Diskriminierung von Marx

Für die Perpetuierung des falschen Bewusstseins, der Entfremdung und der vorherrschenden neoliberalen Ideologie, die gerade auch in der Schweiz stark in den Köpfen der Leute verankert sei, sorgt für Ziegler bereits das Schulsystem. «Du lebst in der Schweiz und hast in einer Schweizer Schule leider kaum Aussichten, etwas über Karl Marx oder irgendeinen anderen radikalen Kritiker des Kapitalismus zu erfahren», sagt der Grossvater seiner Enkelin.

Wie gross die Angst vor Marx im helvetischen Schulsumpf ist, sah man erst gerade letzten Frühling. Als bekannt wurde, dass an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich künftig neben den klassischen Ökonomen wie Smith und Ricardo auch Häppchen von Marx Eingang in den Lehrbetrieb finden würden, vernahm man von Seiten einiger Politiker geradezu entrüstete Reaktionen. Roger Köppel sprach von einem marxistischen «Gottesdienst auf Kosten der Steuerzahler».

Trotz der ungebrochenen Dauerdominanz des kapitalistischen Weltsystems, das seit dem Zusammenbruch der UdSSR sich weiter rasant ausbreitete, blickt Ziegler wie eh und je optimistisch in die Zukunft und zeigt sich überzeugt, dass der Kapitalismus früher oder später zusammenbricht – genauso wie einst die feudale Ordnung und die Sklavenhaltergesellschaft erodierten.

Was soll den Kapitalismus ersetzen?

Schliesslich will die Enkelin wissen, was denn auf dem Programm stehe, wenn man den Kapitalismus ersetzen will. «Es gibt kein Programm, sondern nur eine langsam keimende Vorstellung…», antwortet der Grossvater. Zohra hakt nach: «Du weisst also nichts über das gesellschaftliche und wirtschaftliche System, das den Kapitalismus ersetzen soll?» – «Überhaupt nichts», antwortet Ziegler, «zumindest nichts Genaues.» Die Marschierer auf die Bastilles, welche 1789 die Feudalherrschaft stürzten, hätten auch kaum eine Ahnung gehabt, wie die französische Revolution die Geschichte verändert.
Für Ziegler ist klar: «Wir können die Armen nicht warten lassen.» Die Vernunft verlange nach einer Revolte. Wir könnten keine Welt mehr akzeptieren, «in der die Verzweiflung, der Hunger, das Elend, die Leiden und die Ausbeutung der Mehrheit die Basis für das relative Wohlergehen einer überwiegend weissen und in Unkenntnis ihrer Privilegien lebenden Minderheit bildet.»

Jean Ziegler am 8. Mai in Bern: Lesung ausverkauft

Nach einer Leserunde in Deutschland und Österreich kommt Jean Ziegler am Mittwoch 8. Mai nach Bern und liest aus seinem Buch.
Buchhandlung Stauffacher um 20.00 Uhr (ausverkauft!)

Und am 27. Mai ebenfalls in Bern im Stadtheater um 18.00 Uhr

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Autor ist Redaktor bei der Zeitung «Der Tössthaler».

Zum Infosperber-Dossier:

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17 Meinungen

  • am 4.05.2019 um 12:58 Uhr
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    EINES ist sicher: Der Mann ist ein PR-Talent, mit besten connections zu den geneigten, wohlgesinnten und meist unkritischen Medien, das muss man ihm neidlos zugestehen. Und so wird er denn, so lange er unter uns weilt, weiterhin in regelmässigen Abständen Bücher produzieren. Inhalt ist nicht so relevant, Hauptsache: produzieren. Das jüngste Werk kommt allerdings etwas gar schmalbrüstig daher: Die kapitalistische Weltordnung muss zerschlagen werden, und zwar subito. Ja, und was dann ? NADA. Er hat keine Ahnung, welches gesellschaftliche und wirtschaftliche System den zerschlagenen Kapitalismus ersetzen soll. Andeutungsweise könnte es etwas mit Marx oder so zu tun haben. Dumm nur: Hat sich in der Praxis nicht so bewährt. Ich sagte es ja schon : Ein PR-Profi. Das Terrain für sein nächstes Buch ist damit schon vorbereitet:“Das gesellschaftliche und wirtschaftliche System NACH der Zerschlagung des Kapitalismus“. Das wird ein absoluter Renner, das ist jetzt schon sicher. Und die Lesungen in all den Buchhandlungen werden wiederum ausverkauft sein und die Gläubigen werden sich mit feuchten Augen vom Maestro persönlich ein Exemplar des neu erworbenen Werkes signieren lassen. Was mich betrifft, so werde ich voraussichtlich nicht vor Ort sein und mich – wie auch hier – mit der Lektüre einer zusammenfassenden Rezension begnügen.

  • am 4.05.2019 um 14:02 Uhr
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    Es braucht sehr viel Unverfrorenheit und Mut, um nicht zu sagen Verantwortungslosigkeit, die eigene Hütte komplett abzureissen, weil es in ihr öfter stinkt, wenn man nicht einmal eine Vorstellung davon hat, wie das neue Dach aussehen sollte und beim Umherschauen (im falschen Bewusstsein?) nichts Besseres sieht, weder in China, Russland, noch in kleineren politischen Strukturen.

  • am 4.05.2019 um 14:30 Uhr
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    Jean Ziegler ist jemand, den ich hochschätze und respektiere. Er gehört zu den wenigen Intellektuellen, die sich für ihre Vision mit ihrem ganzen Wesen einsetzen, dafür manchmal hart bestraft werden und doch nicht aufgeben. Trotzdem muss ich ihm wiedersprechen, wenn er meint, man müsse den Kapitalismus abschaffen. Im Sprachgebrauch bedeutet ‚Kapital‘ nämlich finanzielle Ressourcen. Also Geld. Geld als Tauschmittel ist jedoch eine grossartige Erfindung; es abzuschaffen müsste sehr genau überlegt werden. Bemühen wir uns doch lieber, dem Geld mittels Gesetz seinen ursprünglichen Zweck wiederzugeben. Dann werden sich die verachtenswerten Zustände, die Jean Ziegler zurecht kritisiert, mit der Zeit den hässlichen Seiten der menschlichen Geschichte gehören.

  • am 4.05.2019 um 14:32 Uhr
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    Natürlich hat Jean Ziegler recht, was die ungerechte Verteilung des Reichtums und der Produktionsmittel betrifft. Aber mir fehlt – wenigstens in diesem Artikel – das dieses «kapitalistische System» auch verantwortlich ist für die namenlose Umweltkatastrophe, in die wir jetzt reinschlittern. Und zwar hat dieses «kapitalistische» Denken und Handeln von vorneherein einen Natur-zerstörenden Aspekt, welchen die Kommunistischen Regime auch voll ausgelebt haben: es geht, weit über die Abdeckung der lebensnotwendigen Bedürfnisse, NUR um materiellen Konsum, nur um die Produktions- und Verteileranlagen, nur um die Bearbeitung der Bevölkerung, diese Güter – auch wenn sie unnütz sind – zu «konsumieren» Ob dieser Ablauf in der Hände des Staates oder von Privaten oder von Beiden (China) liegt macht keinen grossen Unterschied: die «kapitalistische» (= materialistische) Mentalität überwiegt in jedem Fall und kann , dank jetzt unserem technologischen «Fortschritt», unsere Lebensbasis, die Natur, ernsthaft, bedrohen. Wahrscheinlich sieht das Jean Ziegler auch, aber es muss( im Jahr 2019 … !) besonders betont werden.

  • am 4.05.2019 um 15:37 Uhr
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    So direkt und das mit 85 Jahren nicht müde, unser Jean Ziegler aus Genf, Bern, wie er leibt und lebt!
    Wer Interesse hat, was wirklich in der Wirtschaft, Kapitalismus läuft, sollte auch auf folgenden Seiten auf «Konjunktion» weiterlesen. Hier wird auch Ungeschminkt Diskutiert und alles beim Namen genannt was die Zensur im Internet noch zulässt. Dies kann ich euch nur wärmstens empfehlen, weil in den Mainstreammedien Propaganda leider Garnichts zu finden ist. Auf Konjunktion werden Daten sehr gut analysiert und dann auf den Punkt gebracht was die Internationalisten/Globalisten/Eliten (IGE) so mit uns Vorhaben.
    Mit folgendem Link:
    https://www.konjunktion.info/
    Weltwirtschaft, Globalisierung, Politik
    Grüsse André

  • am 4.05.2019 um 16:07 Uhr
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    Vielleicht liegt der Kapitalismus ja tatsächlich schon im Sterben. Warum sonst müssten seine Nutzniesser ihn schützen und verteidigen wie einen schwächelnden Diktator? Versuchen Sie einmal im Bund oder sonst wo einen Leserkommentar zu schreiben, in dem der Kapitalismus nicht als vorausgesetzt und unantastbar wie eine Gottheit daherkommt – wird natürlich nicht publiziert.

  • am 4.05.2019 um 16:22 Uhr
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    Herr Ziegler kann leider nicht aus seiner Professoren-Haut. Meine Enkel würden ob des Textes entweder einschlafen oder verzweifeln. Zu diesem Buch gehört zwingend ein Glossar! Zur Illustration, was ich damit meine, hier eine Aufzählung der erklärungsbedürftigen Wörter u. Begriffe einer einzigen Seite (S.12): industriell/ technologisch/ Revolution/ kapitalistisches System/Produktionsweise/ Vitalität/ Kreativität/enorme Finanzmittel/konzentrieren/mobilisieren/Konkurrenz/kontrollieren/Kapital/Elektronik/ Informatik/ Pharmazie/ Medizin/ Energie/ Astronomie/ Material/ Labor/ Universität/ spektakulär/ Biologie/ Genetik/ Physik/ Laboratorien/ Medikament/ Wall Street/ Finanzinstrument/ transkontinental/ diversifizieren/ rentabel/ Pestizid/ Astrophysiker/ Exoplaneten /konstruieren/ robust.(Kommt noch dazu, dass er statt von Planeten von Sternen schreibt….) Da kann ich nur sagen: Gut gemeint, aber……..

  • am 4.05.2019 um 16:39 Uhr
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    Die Macht der Wirtschaftsgiganten muss gebändigt werden!

    Die Macht der Wirtschaftsgiganten muss gebändigt werden durch internationale Verträge, die Kartell- und Sozialgesetzgebung sowie durch Mitarbeiter- und Staatsbeteiligung. Der globale Strukturwandel soll nicht verhindert, aber sein Tempo auf ein sozial verträgliches Niveau abgesenkt werden.

  • am 4.05.2019 um 18:54 Uhr
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    Sogar der letzte Papst hat begriffen wenn es Zeit sich zurückzuziehen. Lieber Herr Ziegler, hab Ihren Artikel gar nicht gelesen, kenne den ewigen Weltuntergang.
    Nur mühsam…

  • am 5.05.2019 um 23:12 Uhr
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    Jean Ziegler ist derzeit international neben Roger Federer der bekannteste Schweizer. Federer wird man vergessen, wenn er nicht mehr Tennis spielt. Anders Jean Ziegler. Er wird weltweit verehrt, auch wenn er nicht mehr lebt. Eine echte Lichtgestalt, auf die wir Schweizerinnen und Schweizer stolz sein können. Klar doch, eine Schar einfach gestrickter Superpatrioten will das nicht wahrhaben. Doch, was sind all diese gegen einen Jean Ziegler? Die Namen dieser Schlechtmacher kennt man jenseits der Grenzen nicht. Na ja, in Europa vielleicht einen Christoph Blocher. Können wir auf den stolz sein? Ich jedenfalls nicht.

  • am 6.05.2019 um 09:18 Uhr
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    Die Behauptung: » Es gibt nichts besseres und niemand kennt eine Lösung was den Kapitalismus ersetzen könnte», ist so weit verreitet wie auch falsch.

    Für diejenigen welche sich getrauen von anderen, in der Menschheitsgeschichte bereits tausend Fach gelebten Realitäten zu inspirieren:

    https://www.amazon.de/Das-Matriarchat-Geschichte-seiner-Erforschung/dp/3170215221/ref=sr_1_8?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&keywords=g%C3%B6ttner&qid=1557126997&s=books&sr=1-8

  • am 6.05.2019 um 10:42 Uhr
    Permalink

    Ich schätze Jean Ziegler. Aber es bringt nichts, den Kapitalismus derart tendenziös für alles Leid verantwortlich zu machen (ich habe nur diesen Artikel gelesen), ohne konkrete Vorschläge zu machen, was zu tun wäre. Es ist sicherlich so, dass im Kapitalismus inkl. Gloablisierung gewaltig viel schief läuft, aber erstens könnte man sehr viele Ungerechtigkeiten und Probleme mit Regeln und Gesetzen lösen, und zweitens gibt es neben dem Kapitalismus noch sehr viele Ursachen mehr für das Leid auf dieser Welt. Für mich ist klar, dass es globale Regeln und Institutionen bräuchte, die auch wirklich funktionieren und die die unethisch handelnden Grosskonzerne und Regierungen in die Schranken weisen würden. Schliesslich halte ich Zieglers Mantra «Der böse Westen ist für alles was in der Dritten Welt schief läuft verantwortlich» für zu einfach – es ist natürlich viel viel komplexer, und die Schufte sitzen überall.

  • am 6.05.2019 um 14:52 Uhr
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    Hallo Herr Mortier
    Jean Ziegler wettert nicht gegen das Kapital oder gegen das Geld. Er wettert gegen den Kapitalismus. Kapitalismus ist eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.

  • am 7.05.2019 um 15:12 Uhr
    Permalink

    Der Kapitalismus ist nicht (mehr) eine Wirtschaftsordnung unter anderen, sondern jetzt praktisch die einzige, seit Reagon/Thatcher, Blair/Schröder, die Staatskapitalisten und Co. Wer sonst als die grossen Konzernherren tragen die Verantwortung für Hunger, menschliches Leid, Kriege, für die Katastrophen von Klimaerhitzung, Artensterben, Meeresverschmutzung u.a.m.? Ihre Feindschaft gegenüber staatlicher Demokratie, deren Korrumpierung muss behoben werden. Dadurch, dass Demokratie auch in der Wirtschaft und in den Konzernen Einzug hält. Erst dann kann Wirtschaft freiheitlich genannt werden, wenn die Arbeitenden, die Konsumenten, freie Wissenschaftler demokratisch die Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen sie zu tragen haben.

  • am 8.05.2019 um 11:14 Uhr
    Permalink

    Wikipedia:
    "Kapitalismus bezeichnet zum einen eine spezifische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, zum anderen eine Epoche der Wirtschaftsgeschichte. Die zentralen Merkmale sind in Anbetracht des historischen Wandels und der zahlreichen Kapitalismusdefinitionen sowie ideologischer Unterschiede umstritten."

    Die ganzen Diskussionen über die Abschaffung des Kapitalismus kranken daran, dass die meisten Diskussionsteilnehmer darauf verzichten, zu definieren, was sie unter Kapitalismus verstehen. Der Kapitalismus wurde gewiss nicht von Reagan/Thatcher erfunden!
    Holzschnittartiges Schwarz-Weiss-Denken, wie es ein Jean Ziegler offenbar wieder einmal vorlegt, hilft nicht weiter. Besonders dann nicht, wenn man die Katastrophen, die durch marxistische Systeme angerichtet wurden, einfach ausblendet.

  • am 11.05.2019 um 13:05 Uhr
    Permalink

    Man nenne mir ein einziges der grossen Probleme der Menschheit, welches im Rahmen der kapitalistischen Weltordnung eine Lösung finden könnte. Die drohende Klimakollaps, die fortschreitende Umweltzerstörung, die kommenden Ressourcenkrisen, die damit zusammenhängenden Kriege, die ebenfalls damit zusammenhängenden Flüchtlingswellen, die Millionen Toten infolge Unterversorgung, das zerstörerische Wachstum des weltweiten Individualverkehrs, die unverarbeitbaren Gift- und Müllberge, die sinnlosen, energiefressenden Transporte rund um die Welt, die Prekarität der industriellen Nahrungsmittelproduktion, die der Finanzspekulation unweigerlich folgenden Wirtschaftskollapse, die stetige Umverteilung des Reichtums von Unten nach Oben, die Zukunft von hunderten Millionen arbeitslosen Jugendliche, die nie eine bezahlten Arbeitsplatz bekommen werden, die Entlassungswellen, die der zunehmenden Automatisierung der Produktion folgen werden. Die Liste könnte unendlich weiter geführt werden. All das kann im Kapitalismus nicht auf ewige Zeiten verwaltet und verdrängt werden. Wir finden entweder ein System, welches Lösungen anbietet oder das Ganze wird uns, oder unseren Nachfahren, auf den Kopf fallen. Das ist noch viel sicherer als das Amen in der Kirche.

  • am 13.05.2019 um 11:57 Uhr
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    Herr Gysin hat absolut recht. Der Kapitalismus kann seine selbst gemachten Probleme nicht lösen. Auch während des Keynesianismus, für viele sowas wie der gute Kapitalismus, ging die Umweltzerstörung, die Kriege und die Ausbeutung anderer weiter voran.
    Wohin der Kapitalismus tendiert, hat uns das 20. Jh. deutlich gezeigt. Der Faschismus während der NS Zeit in Deutschland ist nicht gegen den Kapitalismus erkämpft worden, sondern aus ihm entstanden und von ihm finanziert worden.
    Spannend diesbezüglich ist auch Spanien. Im Kampf gegen den Kapitalismus errungen die Arbeiter und Bauern die Anarchie, welche dann wiederum blutig niedergeschlagen wurde von Franco. Bis heute gilt der Faschist Franco in einigen Kreisen deshalb als Retter Europas und des Kapitalismus vor den bösen Einflüssen des Anarchismus/Sozialismus.

    Das sollte uns eigentlich schon ein bisschen zu denken geben. Ein rationales Argument, dass sich der Kapitalismus nicht wieder in eine Form des Faschismus verwandelt gibt es eigentlich nicht. Kapitalismus ist ganz offensichtlich viel mehr sowas wie das Fundament oder das Betriebssystem für Herrschaft (Umverteilung von Reichtum und somit von Macht, von unten nach oben) welche sich gerne demokratisch und volksnah gibt aber sofort in Faschismus umschlägt, wenn sie sich bedroht fühlt.

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