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Jane Connors, UNO Sonderbeauftragte für Opfer sexueller Ausbeutung © Foreign and Commonwealth Office/flickr/cc

UNO-Sonderbeauftragte für Opfer sexueller Gewalt

Andreas Zumach /  Jane Connors soll Opfer sexueller Ausbeutung im Rahmen von UNO-Missionen unterstützen. Erhält sie die nötigen Kompetenzen?

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat die Australierin Jane Connors auf den von ihm neugeschaffenen Posten einer «Sonderbeauftragten für die Opfer sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs» durch Blauhelmsoldaten und zivile Mitglieder von UN-Missionen berufen. Doch die Kompetenzen der neuen Sonderbeauftragten bleiben unklar. Zudem operiert die UNO mit einer sehr eingeschränkten Definition von «sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch».

Null-Toleranz

«Wir werden nicht tolerieren, dass irgendjemand im UNO-System sexuellen Missbrauch und sexuelle Ausbeutung begeht oder duldet. Wir werden nicht zulassen, dass irgendjemand diese Verbrechen mit der UNO-Flagge zudeckt. Lasst uns Null-Toleranz zur Realität machen.» Mit diesen starken Worten hatte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres zu Beginn seiner Amtszeit Anfang dieses Jahres versprochen, endlich ein Problem aus der Welt zu schaffen, mit dem seine beiden Vorgänger Ban Ki Moon und Kofi Annan trotz aller Bemühungen nicht fertig wurden: sexuelle Ausbeutung und sexueller Missbrauch, begangen durch Soldaten und Zivilangehörige von UNO-Missionen.

Die beiden Hauptprobleme bei der Bekämpfung dieser Verbrechen: Entsendestaaten von Soldaten bringen mutmassliche Täter zwar zurück in die Heimat, eröffnen aber keine Strafverfahren und kümmern sich auch nicht um die Opfer. Die UNO selber kann zwar intern ermitteln, hat aber ausser der Entlassung eines mutmasslichen Täters aus einer UNO-Mission keine weitere Handhabe. Mit der Ernennung der Sonderbeauftragten will der Generalsekretär jetzt vor allem das erste Problem angehen. Jane Connors bringt grosse Erfahrung für diese Arbeit mit. Die studierte Juristin hatte seit 1996 eine leitende Funktion in der UNO-Abteilung für die Förderung von Frauen in New York sowie beim UN-Menschenrechtszentrum in Genf. Dort ist sie seit ihrem Abschied von der UNO im Büro von Amnesty International tätig.

Handlungskompetenzen, nicht nur das Recht, Berichte zu schreiben

Doch ob die neuberufene Sonderbeauftragte der UNO für die Opfer von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch durch Blauhelmsoldaten tatsächlich etwas bewirken kann, hängt von ihren künftigen Kompetenzen ab. In der Mitteilung der UNO zu ihrer Berufung heisst es lediglich, sie solle mit Regierungen und Nichtregierungsorganisationen in den Entsendestaaten von Personal für Friedensmissionen «zusammenarbeiten» . Doch welche Handhabe bekommt sie gegenüber den Entsendestaaten der sexuellen Gewalttäter, wenn diese Staaten den Schutz und die Entschädigung der Opfer verweigern? Oder wenn ein Staat – wie in der Vergangenheit häufig geschehen – nicht einmal ein Strafverfahren gegen die Täter einleitet?
Kann sie diesen Staat dann zeitnah öffentlich kritisieren, um mehr Druck auszuüben? Oder darf sie nur einen internen Bericht an den Generalsekretär schreiben, der dann vielleicht irgendwann sehr viel später öffentlich wird? Gäbe es sogar die Möglichkeit, einen Fall vor ein internationales Gericht zu bringen, falls die Justiz des Entsendestaates nicht handelt? All diese wichtigen Fragen sind bislang noch nicht geklärt.

Offizielle Bordelle statt «freiwillige Prostitution»?

Doch selbst wenn die Sonderbeauftragte Kompetenzen erhält, mit denen sie tatsächlich etwas für die Opfer bewirken kann, bleibt ein grosses Manko: Ihr Mandat beruht wie alle bisherigen UNO-Beschlüsse zu diesem Thema auf einer unzureichenden Definition von «sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch». Als Opfer werden zwar konkrete Personengruppen benannt, wie «Frauen und Kinder in Flüchtlingslagern» oder «Minderjährige». Doch die häufigste Form von Ausbeutung, Missbrauch und Gewalt, nämlich sexuelle Beziehungen zwischen den – bislang zu 95 Prozent männlichen – Angehörigen von UNO-Missionen und erwachsenen Frauen aus der Zivilbevölkerung des Einsatzlandes bleiben weiterhin erlaubt. Man könne den Soldaten, die monatelang weit entfernt von ihren Frauen oder anderen SexpartnerInnen stationiert sind, nicht verbieten, dieses Angebot «freiwilliger Prostitution» wahrzunehmen, behaupten die Regierungen und Armeeführungen der Entsendestaaten – auch in Berlin.

«Freiwillig» ist ein Mythos. Tatsächlich ist das Machtgefälle und Abhängigkeitsverhältnis zwischen Blauhelmsoldaten und der Zivilbevölkerung ihres Einsatzlandes in jeglicher Hinsicht noch viel grösser als bei der Prostitution in den Entsendestaaten. Es wäre ehrlicher und besser im Sinne der Vermeidung künftiger Opfer, wenn für jede UNO-Mission künftig ein Bordell bereitgestellt würde, mit fair bezahlten und versicherten SexarbeiterInnen aus den Entsendestaaten der Soldaten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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Eine Meinung zu

  • am 25.08.2017 um 12:52 Uhr
    Permalink

    Eine Alternative wäre die chemische Kastrierung der als Blauhelme entsandten Soldaten. Noch besser wäre, mit diesen «Missionen» aufzuhören. Sie haben sowieso nirgendwo Frieden gebracht, oder?

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