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BR Johann Schneider-Ammann erhält in St. Moritz als weltweit Erster den «Crypto Finance Award» © «Südostschweiz»

«Schneider-Ammann will eine Crypto Nation Switzerland»

Christian Müller /  Von Bundesrat Johann Schneider-Ammann hochgelobt und herbeigewünscht, in der Realität bald Schrott: die Krypto-Währung Bitcoin.

«Schneider-Ammann will eine Crypto Nation Switzerland», so stand es als Headline in der «Südostschweiz» vor ziemlich genau zehn Monaten. Anlass dazu gab die internationale «Crypto Conference» im Fünf-Sterne-Hotel «Suvretta House» in St. Moritz.

Die Schweiz biete laut Johann Schneider-Ammann, so der damals aktuelle Zeitungsbericht von vor Ort, «die besten Rahmenbedingungen für die Krypto-Finanzindustrie.» Der Schweizer Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann «machte sich an der Crypto Conference St. Moritz für den digitalen Finanzplatz Schweiz stark.»

Und weiter in der «Südostschweiz»: «Im Fünf-Sterne-Hotel ‹Suvretta House› in St. Moritz findet seit Mittwoch und noch bis Freitag die weltweit erste Crypto Conference statt. Als Redner trat am Donnerstag auch Bundesrat Johann Schneider-Ammann auf. Laut dem Bundesrat passen die Crypto Conference St. Moritz und die Krypto Finanzindustrie gut zur Schweiz. Drei Gründe nannte der Vorsteher des Eidgenössischen Departementes für Wirtschaft, Bildung und Forschung, um diese Aussage zu untermauern. Erstens könne Blockchain als ‹technologische Inkarnation› des Schweizerischen Staatskonzepts betrachtet werden. Die treibende Idee hinter Blockchain sei ja eine Kombination aus Freiheit und Sicherheit, Unabhängigkeit und Dezentralisierung. Als zweiten Punkt fügte der Bundesrat die lange Tradition der Schweiz als weltweit führendes Finanzzentrum an. Die Digitalisierung verändere auch die Welt der Finanzen und der Währung. ‹Wir müssen Antworten darauf finden, lieber früher als später›, sagte Schneider-Ammann. [ ] Dem internationalen Publikum pries der Bundesrat die Schweiz als ‹petit paradis› an. ‹Als das wettbewerbsfähigste, innovativste und liberalste Land der Welt bietet die Schweiz einen optimalen Rahmen für Geschäfte – auch im digitalen Zeitalter›, meinte er und kam damit zu Punkt drei seiner Begründung, warum die Schweiz und Blockchain gut zusammenpassen. Hier seien Unternehmen nicht Bittsteller, sondern Partner. ‹Ich hoffe, dass in fünf oder zehn Jahren niemand mehr von Crypto Valley Zug sprechen wird, sondern von Crypto Nation Switzerland›, sagte der Bundesrat abschliessend. Die Rede von Schneider-Ammann wurde nicht nur mit einem langen Applaus verdankt. Der Bundesrat durfte auch den ersten Crypto Finance Award entgegennehmen. Die Begründung der Veranstalter: Johann Schneider Ammann schaffe eine ‹Liaison› zwischen Crypto Valley und Bern.» Soweit der damals aktuelle Bericht in der «Südostschweiz»

Das Risiko war kein Thema

Man erinnert sich: Am 10. Juni stimmten die Schweizerinnen und Schweizer über die Vollgeld-Initiative ab. Diese hatte gefordert, dass nur noch die Nationalbank Geld «schöpfen» kann und dass es den Banken verboten werden solle, das Geld, das sie ausleihen, einfach in ihren eigenen Computern zu produzieren. Inhaltlich wurde die Sache nicht wirklich diskutiert, sowohl der Bundesrat als auch die beiden Parlamente lehnten die Vorlage aus dem gleichen Grund ab: Es sei ein zu grosses Risiko, so etwas auszuprobieren. Keine Überraschung war dann, dass auch das Stimmvolk kein Risiko eingehen wollte und die Initiative mit über 70 Prozent Nein-Stimmen ablehnte.

Und wie steht es mit dem Risiko bei den von Bundesrat Johann Schneider-Ammann herbeigewünschten Krypto-Währungen?

Bitcoin ist von diesen Krypto-Währungen die bekannteste. Gegründet 2009 stieg ihr Wert Ende 2017/Anfang 2018 innerhalb kürzester Zeit von 8000 Schweizer Franken auf fast 20’000 Schweizer Franken. Und jetzt, Ende November 2018? Am Abend des 19. November war ein Bitcoin gerade noch 4950 Franken wert, hatte also innerhalb von weniger als zwölf Monaten drei Viertel seines Wertes wieder verloren! Und die Talfahrt ging heute Morgen weiter.

Im Jahr 2009 auf den Markt gekommen, Ende 2017 ein Hype, heute im freien Fall: die Krypto-Währung Bitcoin gemessen in Schweizer Franken (Grafik: finanzen.net).

Der Wert des Bitcoin in den letzten zwölf Monaten, gemessen in Schweizer Franken (Grafik: finanzen.net).

Die Daten vom 19. November 2018: Fast 15 Prozent Wertverlust an einem Tag (Zahlen: finanzen.net)

Die Banken dürfen auch in Zukunft das Geld, das sie ausleihen, in ihren eigenen Computern selber produzieren. Von diesem System abzurücken ist gemäss unseren politischen Gremien zu riskant. Aber die Finanzindustrie, die Krypto-Währungen produziert und damit Handel betreibt, ist in der Schweiz hochwillkommen, «Switzerland» soll eine «Crypto Nation» werden, wie Johann Schneider-Amman es formulierte und dafür den weltweit ersten «Crypto Finance Award» zugesprochen erhalten hat.

Wir meinen dazu: Danke für eine neue Währung, die selbst in realwirtschaftlich stabilen Zeiten innerhalb weniger als einem Jahr drei Viertel ihres Wertes verlieren kann – und konkret dieses Jahr auch tatsächlich verloren hat. Auf so eine Währung haben wir doch alle gewartet.

Und was kommt beim richtigen Geld auf uns zu?

Zum Bild: Die warnenden Stimmen mehren sich (Bild: finanzen.net)

Zum Infosperber-Dossier:

Bitcoin

Bitcoins und andere Kryptowährungen

Nur für waghalsige Spekulanten oder künftiger Zahlungsverkehr ohne Banken?

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Eine Meinung zu

  • am 21.11.2018 um 11:30 Uhr
    Permalink

    Schneider-Ammann hat keine Ahnung, wovon er redet. Ein Problem, das sich zum Glück nun selbst erledigt. Er wird bald genug Zeit haben, mit Bitcoin sein Vermögen zu verspekulieren.

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