IrynaNozdrovska

Sie kämpfte für Gerechtigkeit – und wurde deswegen ermordet: Iryna Nozdrovska © Kyivpost

Ukraine: Rachemord an 38jähriger Rechtsanwältin

Christian Müller /  Wo Lynch-Justiz keine Ausnahme ist: Korruption und Nepotismus gehören im ukrainischen Rechtswesen zum Alltag. Europäische Werte?

Sie war eine mutige Anwältin und Menschenrechts-Aktivistin: Iryna Nozdrovska, 38 Jahre alt und Mutter einer Tochter. Jetzt kämpfte sie gegen die vorzeitige Freilassung eines Mannes, der im September 2015 ihre zwei Jahre jüngere Schwester mit seinem Auto – in viel zu hoher Geschwindigkeit und unter Drogen- und Alkohol-Einfluss – zu Tode gefahren hatte und der nach zweijährigem Rechtsstreit endlich im Juni 2017 zu siebenjähriger Haft verurteilt wurde. Doch dieser Mann ist der Neffe eines ranghohen ukrainischen Richters und hatte jetzt alle Chancen, bereits Ende Dezember wieder freigelassen zu werden: So funktioniert das in der Ukraine, wenn der Häftling die richtigen Beziehungen hat.

Iryna Nozdrovska wehrte sich vor Gericht am 27. Dezember 2017 gegen diese vorzeitige Freilassung und erhielt deshalb mehrere Morddrohungen von Verwandten und Freunden des inhaftierten Fahrers. Entmutigen liess sie sich nicht. Sie erreichte vorerst eine Verzögerung der Freilassung um weitere 60 Tage. Aber in der Ukraine sind Drohungen eben oft nicht nur Drohungen: Zwei Tage später, am 29. Dezember, war Iryna Nozdrovska verschwunden – und wurde am 1. Januar in der Nähe von Kiev tot und nackt aus einem Bach gezogen. Die Autopsie ergab, dass sie mit mehreren Messerstichen ermordet worden war, bevor sie im Wasser entsorgt wurde.

Hier zum Bericht der ukrainischen Nachrichtenagentur Unian (in Englisch) mit einem Video von Iryna Nozdrovskas letztem Kampf vor Gericht.

Unser Bild: Iryna Nozdrovska, als sie noch lachen konnte.

Morde an Politikern, Journalisten und Rechtsanwälten sind in der Ukraine keine Seltenheit. Und die Ermittlungen zu Ereignissen selbst mit vielen Opfern (z.B. auf dem Maidan im Februar 2014 mit über 80 Toten oder in Odessa im Mai 2014 mit 48 Toten) werden bewusst verzögert, verschleppt und blockiert. Von einem Rechtsstaat kann in der Ukraine mitnichten gesprochen werden.

Staatspräsident Petro Poroshenko allerdings stört das nicht – es ist ihm wohl sogar recht so. Sein Anliegen ist ein ganz anderes: Am 3. Januar 2018 erklärte er erneut öffentlich, die Ukraine werde in Bälde Mitglied der EU und der NATO sein. Dass die NATO das auch möchte, ist bekannt. Aber was meint die EU dazu?


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine Interessenkollisionen.

Zum Infosperber-Dossier:

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7 Meinungen

  • am 7.01.2018 um 13:34 Uhr
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    Wenn die Ukraine in die EU ist der Spuk EU schnell vorbei.
    Schon jetzt sind die Subventionen für Polen, mit 9,5 Milliarden Euro pro Jahr, mehr als doppelt so hoch wie für Griechenland.
    Die Ukraine braucht sicherlich viel mehr Geld.
    Die hohen Subventionen in Osteuropa, versickern meistens ohnehin.
    Z.B. siehe Eurostat durchschschnittliches BIP Wachstum 2005 – 2015
    Estland 1,6 %
    Lettland 1,5 %

    Zum Vergleich dazu Schweden 1,8 % und Schweiz 1,9 %.
    Der Abstand, wird also trotz Milliardensubventionen, nicht kleiner sondern sogar noch größer.
    Die Briten, als einer der 3 großen Nettozahler, verabschieden sich sicherheitshalber.

    http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/70580/nettozahler-und-nettoempfaenger

    "Bezogen auf die absoluten Zahlen lag Deutschland im Jahr 2015 erneut auf Platz eins aller EU-Mitgliedstaaten: Der negative Haushaltssaldo Deutschlands lag bei 14,3 Milliarden Euro. Darauf folgten das Vereinigte Königreich (minus 11,5 Mrd. Euro), Frankreich (minus 5,5 Mrd. Euro), die Niederlande (minus 3,7 Mrd. Euro), Italien (minus 2,6 Mrd. Euro) und Schweden (minus 2,2 Mrd. Euro). Auf der anderen Seite waren bezogen auf die absoluten Zahlen Polen (plus 9,5 Mrd. Euro), die Tschechische Republik (plus 5,7 Mrd. Euro), Rumänien (plus 5,2 Mrd. Euro), Griechenland (plus 4,9 Mrd. Euro) und Ungarn (plus 4,6 Mrd. Euro) die größten Nettoempfänger. «

  • am 7.01.2018 um 18:14 Uhr
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    Mit Poroschenko, der von den USA und Deutschland an die Macht geputscht wurde, versinkt die Ukraine immer mehr im Korruptionssumpf. Frau Leuthard hat am WEF diesen Sumpf mit weiteren 100 Millionen unterstützt.

    http://www.infosperber.ch/Politik/Schweiz-Ukraine-Hilfskredit-Korruption-Armut

    Damit kann Poroschenko seine Freunde reich machen und gleichzeitig die Asow-Bataillone, die in der Ostukraine mit Nazisymbolen herumlaufen, ausbauen. Es reicht sogar noch, um ein paar Messerstecher anzuheuern, die unliebsame Anwälte umbringen. Am Mord an Iryna Nozdrovska ist die Schweiz also mitschuldig.
    Unterdessen glauben die meisten Ukrainer nicht mehr, dass das Land mit demokratischen Mitteln vorwärts gebracht werden kann. Dass es Nato-Mitgliedländer gibt, die die Ukraine am liebsten in die Nato aufnehmen würden, zeigt auf welchem bedenklichen Niveau das Verteidigungsbündnis ist, das eigentlich dazu da wäre, die westlichen Werte zu verteidigen. Man will Poroschenko unbedingt an der Macht halten weil er ein Russlandhasser ist.

  • am 7.01.2018 um 19:29 Uhr
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    Die Ukraine wird nie und nimmer Mitglied der NATO werden. Mit der formellen Annexion der Krim und der faktischen Machtübernahme im Donbass hat Putin dafür gesorgt, dass eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine niemals stattfinden wird. Dasselbe gilt für Georgien, das sich 2008 mit Saakaschwilis Kriegsabenteuer gegen Putin, welches bekanntlich mit dem Verlust Südossetiens und Abchasiens endete, jede Aussicht auf einen künftigen NATO-Beitritt endgültig verbaut hat.

  • am 8.01.2018 um 11:56 Uhr
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    Poroschenko wird von den westlichen Mainstreammedien, von den Regierungen der USA, GB und weiterer westlicher Staaten immer noch gestützt. Neuerdings soll die ukrainische Armee aufgerüstet werden – durch US-Kredite. Der von den USA kreierte Name «Schurkenstaat» passt haargenau auf die Ukraine. Eben ein Land, das von Schurken drangsaliert wird und deren Machtelite die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben haben, in die EU und die Nato aufgenommen zu werden. Wie sind ihre Chancen? So ziemlich null. Die russische Regierung dürfte mit grosser Wahrscheinlichkeit zuschlagen, zumindest die Ostukraine militärisch besetzen und wohl auch faktisch annektieren, das, sobald ernsthaft eine Nato- oder EU-Mitgliedschaft Kiews in Erwägung gezogen würde.
    Anlass zu einer direkten Konfrontation zwischen den Westalliierten und Russland? In Washington, London, Paris und Berlin wüsste man, dass dieser Krieg, sofern nicht Nuklearwaffen zum Einsatz kämen, verloren ginge. Auch einen Atomkrieg würden alle verlieren – ihn mit riesigen Verlusten überleben, das wäre am ehesten noch Russland zuzutrauen..

  • am 8.01.2018 um 21:52 Uhr
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    Nicht nur Noam Chomsky bezeichnete die USA als der Welt grösster Schurkenstaat, sondern heute ist es offiziell, dass die USA zur weltweiten Steueroase Nr. 1 geworden sind und eine rasch zunehmende «US-Finanzindustrie» dafür sorgt, dass alle Vermögenden der Welt in Delaware, Nevada, South Dakota, Wyoming ihr Geld verstecken können. Nur komisch, dass die USA auf keiner «schwarzen Liste» erscheinen…
    Der militärisch-industrielle Komplex unter US-Führung bedroht die ganze Welt und fordert Unterwerfung oder es folgen Sanktionen und Krieg.
    Es braucht einen gewaltlosen Aufstand gegen jede Art von Gewalt und Unrecht und der erste Schritt wäre die Kündigung von jeder Art von Propaganda, auch bei uns. Anstelle von NZZ & Co. zum Beispiel Rubikon, Zeitpunkt, Infosperber, etc.
    Engagiert euch für eine sichtbare Friedensbewegung, solange noch Zeit ist.

    Und für ein gerechteres Geldsystem, da dies der Motor hinter vielen Problemen ist – Vollgeld JA, trotz Ablehnung unserer Politik & «Finanzindustrie» – diese produziert nur Gewinne für sich selber und Schulden für die anderen. Es ist schon erstaunlich, wie viele Schweizer bereit sind, diese «Finanzindustrie» mit ihrem Geld im Konkursfall sogar persönlich zu retten!

  • am 14.01.2018 um 09:11 Uhr
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    Fahrlaessige Toetung und wahrscheinlich blau. Kein Vortsatz, allenfalls typische Ukraine. Business as usual. 7 Jahre waren da eher viel zu viel. Wenn man nicht auf die Traenendruesen drueckt. Was zwar keinen Mord rechtfertigt, wer immer es war, typisch Ukraine, aber doch die Verhaeltnisse vielleicht etwas zurechtrueckt. Was hat das mit den USA zu tun und was ist das ueberhaupt fuer eine Zeitung, Deutsche Wirtschaftsnachrichten 2.0?

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