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Der Lebenszyklus hängt auch von Einkommen und Vermögen ab © cc

Die Reichtumskluft verkürzt den Ärmsten das Leben

Urs P. Gasche /  Nicht nur Infektionskrankheiten oder Krebszellen können zu einem vorzeitigen Tod führen, sondern auch die Armut.

Wenn die Kluft zwischen den Reichsten und Ärmsten grösser wird, nimmt auch die Kluft zwischen deren Lebenserwartung zu. Die Ärmsten verfügen dann nicht nur über einen noch kleineren Teil der Einkommen und Vermögen, sondern sie verlieren auch Lebensjahre – das erste Kriterium von Lebensqualität.

USA: Lebenserwartung immer ungleicher verteilt

In den USA haben Ökonomen der gemeinnützigen Brookings Institution in Washington die Zahlen analysiert:

  • Bei Männern, die 1920 geboren wurden, lebten die 10 Prozent Spitzenverdiener unter ihnen im Durchschnitt 6 Jahre länger als die 10 Prozent mit den tiefsten Einkommen.
  • Bei Männern, die 1950 geboren wurden, hat sich der Unterschied bei der Lebenserwartung auf 14 Jahre mehr als verdoppelt.

Zwischen den 1920 Geborenen und 1950 Geborenen erhöhte sich die Lebenserwartung im Alter von 50 Jahren bei den 10 Prozent Ärmsten nur um 3 Prozent, bei den 10 Prozent Reichsten aber um 28 Prozent.

  • Zwischen den reichsten und ärmsten Frauen erhöhte sich dieser Unterschied in der Lebenserwartung von 4,7 Jahren auf 13 Jahre.

«Der Lebenszeit-Graben hat sich enorm vergrössert», stellte Co-Autor Gary Burtless fest.

Warum sterben die wirtschaftlich Schwächsten früher?
Die Studienautoren haben die Gründe, weshalb die Armen früher sterben und die Reichen länger leben, nicht erforscht. Sie nennen einige Faktoren, ohne deren Einfluss zu quantifizieren. Wichtige Einflussfaktoren sind die Rauchgewohnheiten, Bewegungsarmut, krankhaftes Übergewicht sowie krank machende Arbeits- und Wohnorte.
Rund ein Viertel des Lebenszeit-Grabens sei aufs Rauchen zurückzuführen, schätzt Andrew Fenelon von den US-Centers for Disease Control and Prevention.
Krankhaftes Übergewicht hat nach Angaben der National Academy of Sciences seit 1990 bei allen Bevölkerungsschichten zugenommen. Bei den wirtschaftlich Schwachen seien in den USA heute 31 Prozent und bei den wirtschaftlich Starken 37 Prozent davon betroffen.
Weitere Faktoren: Leute mit den tiefsten Einkommen und Vermögen sind an ihren Arbeits- und Wohnorten viel häufiger Lärm, Luftverschmutzung, sozialem Stress und existenziellen Ängsten ausgesetzt.

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Siehe dazu:

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Eine Meinung zu

  • am 3.04.2017 um 14:08 Uhr
    Permalink

    Manchmal kann man sich nur wundern. Das erste Lehrbuch der Sozialen Hygiene wurde 1848 von einem gewissen Karl Marx veröffentlicht. Das war nicht der aus Trier, sondern ein Mediziner.

    Die zentrale Aussage liess sich in den Worten des Autors zusammenfassen: Weil Du arm bist, musst Du früher sterben. Diese Erkenntnis 170 Jahre später noch als bemerkenswert zu sehen, ist freundlich ausgedrückt, befremdlich.

    Die Gründe sich auch mehr als offensichtlich. Die Medizin leistet einen nur sehr bescheidenen Beitrag zur Dynamik der Lebenserwartung. Die ist sozial definiert: Wohnverhältnisse, Ernährung, Arbeitsbedingungen, Unfallschutz, usw..

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