Kukukklan

Mo Asumang interviewt einen Anhänger des Ku-Kux-Klans © ZDF

«Die Arier»: Afro-Deutsche trifft auf Ku-Kux-Klan

Red. /  Für ihren Dok-Film «Die Arier» mischt sich die dunkelhäutige Mo Asumang unter Neonazis und trifft Anhänger des Ku-Kux-Klans.

Am Anfang stand eine Morddrohung: «Die Kugel ist für dich, Mo Asumang», heisst es in einer Liedzeile der deutschen Neonazi-Band «White Aryan Rebels». Doch die dunkelhäutige TV-Moderatorin und Filmemacherin liess sich davon nicht einschüchtern. Sie ging in die Offensive und drehte einen sehr persönlichen Dokumentarfilm über Rassismus und Rechtsextremismus. Der mehrfach ausgezeichnete Film «Die Arier» war vor kurzem im ZDF zu sehen – leider erst im Spätprogramm um Mitternacht.
Überall auf der Welt schüren Neonazis Hass und Gewalt. Sie bezeichnen sich als Arier und verabscheuen alle, die in ihren Augen anders sind. Bei Beate Zschäpe, dem mutmasslichen Mitglied der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), findet man einen Artikel, der die «arische Rasse» erklärt, und in den USA werden unzählige Morde durch «Aryan Hategroups» verübt. Der menschenverachtende Rassenwahn der NS-Ideologie findet bis heute einen fruchtbaren Nährboden.
Doch was steckt eigentlich hinter dem Begriff «arisch»? Wer sind die selbst ernannten Herrenmenschen, die sich als «Arier» bezeichnen, und was genau verstehen sie darunter? Mo Asumang macht sich auf eine aufwühlende Reise um die halbe Welt. Die Afro-Deutsche nimmt an Konzerten und Propaganda-Veranstaltungen von deutschen Neonazis teil. In den USA trifft sie sich nachts im Wald mit einem Mann vom Ku-Kux-Klan und interviewt einen weltweit berüchtigten Rassisten: Tom Metzger, der im Internet mit dem Verbreiten von Rassenhass Geschäfte macht und dessen Bewegung «White Aryan Resistance» eine «arische Revolution» anzetteln will.
Durch arglose Fragen entlarvt
Mo Asumangs Blick und Strategie im Film ist bisweilen entwaffnend einfach: Mit einer fast naiven Offenheit geht sie auf die Menschen zu, die sie hassen. Sie stellt Rassisten scheinbar arglose Fragen zu «Deutschtum» oder «Rasse», hakt ruhig und beharrlich nach, provoziert und irritiert allein durch ihre Anwesenheit. Asumang braucht ihre Gesprächspartner und deren krude Ideologie nicht mit Rhetorik zu entlarven – das machen sie selber. Durch widersprüchliche Antworten, Weglaufen oder auch durch aggressives Schweigen.
Mit ihrer Offenheit und Direktheit bringt Mo Asumang die Interview-Partner dazu, ihr wahres Gesicht zu zeigen. Selbst der gefürchtete Top-Rassist Tom Metzger geht der Filmemacherin auf den Leim. Erst lässt er sich beleidigend über Schwarze aus: «Ich will ja nicht fies sein, aber ein echter Schwarzer sieht affenähnlich aus.» Und wirft Asumangs afrikanischem Vater vor, seine Rasse aufgewertet zu haben, indem er ein Kind mit einer Deutschen zeugte. Doch dann beim Abschied umarmt er die dunkelhäutige Asumang vor laufender Kamera. Kaum hörbar murmelt er: «Ich hoffe, das sieht keiner meiner Anhänger. Sonst wäre ich erledigt.» Und er deutet an, dass diese Hass-Sache doch vor allem ein gutes Geschäft sei.
«Wir Arier denken, Hitler war verrückt»
Asumangs Dokumentation ist spannend und unterhaltsam, etwa wenn ein brauner Esoteriker erklärt, wie die Arier als Ausserirdische auf die Erde kamen. Oder das nächtliche Treffen mit dem Ku-Kux-Klan-Anhänger, der sich – offensichtlich überfordert von den simplen Fragen – unter seiner weissen Kapuze windet wie ein hilfloser Schüler beim Examen. Überhaupt: Die Rechtsextremen wirken im Film vor allem verunsichert, bisweilen lächerlich. Eine Erklärung dafür liefert der Kulturtheoretiker Klaus Theweleit, demzufolge es mit dem Selbstbewusstsein der Nazis nicht allzu weit her ist. Nur im gleichgeschalteten Verbund würden sie sich als ganze und starke Menschen fühlen.
Im Verlauf ihrer Recherche trifft Asumang übrigens auch auf echte Arier. Doch die sind weder blond noch blauäugig und schon gar nicht deutsch. Die echten Arier leben als Hirtenvolk im Iran, und mit Nazis und Rassismus haben sie gar nichts am Hut: «Wir Arier denken, Hitler war verrückt», sagen sie, «es gibt keinen Unterschied zwischen den Völkern. Alle Menschen sind gleich.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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«Nur wer die Gewalt bei sich versteht, kann sie bei andern bekämpfen.» Jean-Martin Büttner

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Arbeitslosigkeit, Immigration und zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich sind Nährboden für Extremismus.

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Eine Meinung zu

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 9.05.2014 um 13:45 Uhr
    Permalink

    Der Beitrag hat Parallelen zu der bei Infosperber kritisierten Naivpublizistik von NR Estermann, weil diverse Formulierungen salopp aus dem Netz abgeschrieben sind, zum Beispiel das mit den «unzähligen Morden der Aryan Hategroups» usw. Statt über unzählige möchte ich lieber über gezählte Morde exakt etwas vernehmen. Dass in Deutschland alle 30 Min. eine rechtsextreme Straftat stattfinde, hat R.L aus derselben Quelle immerhin nicht übernommen; man müsste es genauer wissen, sind hier z.B. die Verbalverbrechen mitgezählt?

    Täglich viel über Rechtsextremisten erfährt man derzeit über die «Stimme Russlands". Wie politisch relevant diese «Richtung» in der Ukraine ist und was genau dahinter steckt, müsste man sowohl in diesem wie in jenem Fall noch genauer wissen als die Propaganda. Was man heute über «Faschisten» über diverse zum Teil trübe oder allzu offensichtliche Quellen erfährt, steht jenseits des Nennwertes.

    RL’s Formulierungen «überall in der Welt» und «sie reiste um die halbe Welt» haben mit Wissenwollen, wie es wirklich ist, nichts zu tun. Das ist nicht ernster zu nehmen als wenn im Blog der «Jungen Freiheit» behauptet wird, unter der Herrschaft des ANC in Südafrika seien 3000 Farmer umgebracht worden: letzteres ist wenigstens eine empirisch falsifizierbare Aussage. Um die halbe Welt reisen bringt’s so wenig wie aus dem Netz abschreiben. Genau hinschauen vor Ort bringt es. So weit dies im vorgestellten Film der Fall ist, könnte der Streifen durchaus interessant sein.

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