Dosenthunfisch noch immer mit Quecksilber belastet
Das Thonsandwich und der Thonsalat sind nicht nur beliebt, sondern auch gesund. Thunfisch enthält unter anderem Selen, Omega-3-Fettsäuren und viel Protein. Aber wurde in Thunfisch nicht schon viel Quecksilber gefunden? Wellen schlug beispielsweise eine Untersuchung der Organisationen Bloom und Foodwatch 2024. In jeder zehnten europäischen Konserve fand sich zu viel Quecksilber.
«Öko-Test» hat sich in der aktuellen Ausgabe 29 Thunfischkonserven aus Deutschland genauer angesehen – darunter Markenprodukte, Eigenmarken und Dosen vom Discounter. Fast alle schnitten «sehr gut» ab. Zwei Produkte, die das Konsumentenmagazin auf Gesamtquecksilber und Methylquecksilber untersuchte, enthielten «erhöhte Mengen» an Methylquecksilber – und zwar «Almare Seafood Thunfischfilets im eigenen Saft und Aufguss» von Aldi Nord und «Thunfischfilets geschnitten, in eigenem Saft und Aufguss» von Edeka.
Das ist insgesamt ein beruhigendes Ergebnis. Allerdings gibt es dazu einiges zu erklären. Zunächst:
Was ist Methylquecksilber?
Methylquecksilber ist eine organische Quecksilberverbindung, die von Bakterien aus anorganischem Quecksilber gebildet wird. Diese Bakterien gibt es beispielsweise auch im Boden, vor allem aber im Wasser. Spuren von Methylquecksilber finden sich also auch in Landtieren, Obst und Gemüse.
Über die Nahrungskette reichert sich Methylquecksilber an – am höchsten ist die Belastung in grossen und älteren Raubfischen wie Haien. Methylquecksilber ist giftiger als Quecksilber, laut dem WDR «etwa 100 Mal giftiger». Es überwindet die Blut-Hirn-Schranke und kann im Nervensystem Schaden anrichten. Besonders gefährlich ist das für ungeborene Kinder, Babys und Kleinkinder. Methylquecksilber reichert sich im Körper an und wird nur langsam abgebaut.
Was genau hat «Öko-Test» gefunden?
Eine Dose der beiden belasteten Produkte enthielt mehr als die Hälfte der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) festgelegten wöchentlichen Richtmenge an Methylquecksilber für eine Person – gerechnet für einen Menschen mit 60 Kilogramm Körpergewicht.
Der Richtwert TWI (Tolerable Weekly Intake) wird in Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht angegeben und liegt bei 1,3 µg/kg. Ein schwererer Mensch könnte also vielleicht zwei Dosen des belasteten Thons essen, ohne den Grenzwert zu überschreiten. Ein Kind hingegen entsprechend weniger.
Was hat «Öko-Test» genau getestet?
Thunfisch ist einer der in Deutschland am häufigsten konsumierten Fische, meist kommt er aus der Dose. Dosen wiederum enthalten oft die Art «Echter Bonito». Der Echte Bonito ist einer der wenigen Fische, deren Konsum noch ökologisch vertretbar ist. Er steht auf der mittlerweile sehr kurzen «Guter Fisch»-Liste, die alle paar Jahre aktualisiert wird. Das heisst: Die Bestände des Echten Bonitos sind an den meisten Orten noch nicht überfischt.
Warum das Ergebnis mit Vorsicht zu betrachten ist
«Öko-Test» hat einige Einschränkungen gemacht: Getestet wurden nur Fischkonserven, die Echten Bonito oder Skipjack enthalten, und nur in der Form «Thunfisch im eigenen Saft».
Der Echte Bonito ist ein vergleichsweise kleiner Fisch, der bis zum Fang nicht lange lebt. Das wirkt sich günstig auf seinen Quecksilbergehalt aus. Er hat wenig Zeit, Quecksilber anzusammeln. Fischkonserven mit grösseren, älteren Thunfischarten, gefrorene Thunfischfilets oder Ähnliches könnten durchaus höhere Mengen an Quecksilber und Methylquecksilber enthalten. Darauf weist auch «Öko-Test» hin.
Auffallend auch: Die beanstandeten «Almare Seafood Thunfischfilets im eigenen Saft und Aufguss» von Aldi Nord gibt es auch bei Aldi Süd in minimal anderer Verpackung, aber ohne erhöhten Methylquecksilbergehalt. «Es handelt sich bei beiden Produkten um den gleichen Hersteller/Importeur, aber es sind unterschiedliche Chargen», schreibt «Öko-Test» auf Nachfrage. «Auch verschiedene Fanggebiete der Fische können zu den unterschiedlichen Ergebnissen geführt haben.» Das ist alles andere als beruhigend.
Tiefkühlfisch kann höher belastet sein
Auch andere Medien testen regelmässig Thunfisch. Im jüngsten Test des WDR vom 5. März (ab 16‘) fanden die Testerinnen und Tester Quecksilber «deutlich unter dem EU-Grenzwert».
«Wir haben auch zehn tiefgekühlte und frische Thunfischfilets untersuchen lassen», schreibt der Sender in einem Begleitblatt. In diesen Proben sei die Quecksilberbelastung deutlich höher gewesen. Alle Filets lagen unter dem offiziellen EU-Grenzwert von einem Milligramm pro Kilogramm für grosse Raubfische, aber über dem Grenzwert für andere Fischarten von 0,5 Milligramm pro Kilogramm. Eine Einteilung in zwei Kategorien, die der WDR kritisiert.
Für Konsumentinnen gilt weiterhin: Thunfisch und andere Raubfische sparsam verzehren. Sowohl «Öko-Test» wie auch andere Organisationen und auch die Behörden in der Schweiz und in Deutschland raten vor allem bei kleinen Kindern sowie in der Schwangerschaft und Stillzeit zur Vorsicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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