Sperberauge

Forschungsdurchbruch mit über 200 Eiern

Sperber für Sperberauge Version 2025 © Bénédicte

Martina Frei /  Eier brechen in der Längsachse eher als der Quere nach. Stürze überstehen sie besser, wenn sie «bäuchlings» landen.

Die meisten Menschen nehmen intuitiv an, dass Eier leichter kaputt gehen, wenn sie seitlich zusammengedrückt werden. Auch die Künstlichen Intelligenzen «ChatGPT» und «Perplexity» behaupten: In der Senkrechten sind Eier stabiler. Sie müssen sich eines Besseren belehren lassen. 

Denn am «Massachusetts Institute of Technology» (MIT) haben neun «Eierköpfe» diese Annahme nun widerlegt. Mit Hilfe von über 200 Eiern wiesen sie nach, dass Eier, die «längs» zu Boden fallen, leichter brechen, als wenn sie quer landen. 

Eier vor dem MIT
Diese Eier brachen am Massachusetts Institute of Technology im Dienst der Wissenschaft.

«Bauchlandung» ohne Risse zu bekommen

Die Höhenunterschiede, bei denen es zum Bruch kommt, sind klein. Bei einer Fallhöhe von acht Millimetern bekamen rund die Hälfte der Eier Risse, wenn sie mit der Kuppe auftrafen (ob mit dem spitzen oder mit dem flachen Ende, spielte keine Rolle). Landeten die Eier dagegen auf dem «Bauch», überstanden sie den kurzen Flug fast immer unbeschadet. 

Bei einer Fallhöhe von zehn Millimetern gingen 80 Prozent der Testeier – durchschnittliche Länge 56 Millimeter, Durchschnittsgewicht 59 Gramm – kaputt, wenn sie in der Längsachse auftrafen. Beim Flug in Querlage hingegen nahmen nur etwa 45 Prozent Schaden. 

Falltest Eier
Falltest: Mit Hilfe eines 3D-Druckers bauten die Wissenschaftler eine Haltevorrichtung für die Eier. Dann wurde jedes Ei fallen gelassen.

Druck von der Seite halten Eier besser aus als Druck von oben

Vorausgegangen waren den Flugversuchen zuerst 60 Kompressionstests. Dabei zeigte sich: Eier, die von der Testmaschine in der Längsachse komprimiert wurden, brachen leichter, als wenn sie der Quere nach gedrückt wurden. In der Längsachse verformte sich das Ei etwa 0,15 Millimeter, bis es brach (stets am spitzen Ende). Der Quere nach war es etwas elastischer und gab rund 0,2 Millimeter nach, bis sich die ersten Risse zeigten. Die Maximalkraft, die das Ei aushielt, war mit rund 45 Newton jedoch fast identisch, egal, ob es längs oder quer gedrückt wurde. 

Am 1. April 2025 nahm die Fachzeitschrift «Communications Physics» diese bahnbrechende Arbeit zur Publikation an. Sie widerlegt den weitverbreiteten Irrglauben, dass Eier in der Senkrechten widerstandsfähiger sind als in der Waagrechten. Damit könnte sie ein Anwärter für den «Ig-Nobelpreis» sein. Dieser wird für wissenschaftliche Leistungen vergeben, die «Menschen erst zum Lachen bringen und dann zum Nachdenken».

Ein Eier-Wettbewerb» brachte alles ins Rollen

Den Anfang nahm alles mit dem «Eier-Fall-Wettbewerb» für die neuen Studentinnen und Studenten am MIT. Sie bekommen ein Ei, ein paar Materialien wie Schnur, Klebstoff und Zahnstocher und etwa 40 Minuten Zeit, um eine Vorrichtung zu bauen, die das Ei sicher auffangen soll. 

«Dann lassen wir das Ei aus dem zweiten Stockwerk fallen», beschreibt die Luftfahrt-Ingenieurin und Studienautorin Tal Cohen den alljährlichen Wettstreit. Die Eispitze gleiche einem Brückenbogen. Ein Brückenbogen verteile die Last sehr gut. Die gängige Meinung sei deshalb, dass man ein Ei am besten senkrecht fallen lasse, weil es so grössere Kräfte aushalte.

«Nachdem wir den Wettbewerb einige Male durchgeführt hatten, begannen wir diese Annahme zu hinterfragen», so Cohen. Die ersten Eiertests hätten indes kein eindeutiges Resultat geliefert. Also seien sie tiefer in die Materie eingestiegen.

Testmaschine Eier
Für die statischen Tests wurde jedes Ei in diese Testmaschine eingespannt und mit Hilfe einer Papierschablone gehalten.

Ein wichtiger Unterschied

Ihre Erkenntnis: Das Ei sei der Länge nach zwar steifer als der Quere nach – aber nicht zäher. Steifheit, Festigkeit und Zähigkeit seien nicht dasselbe. Das zu unterscheiden sei wichtig, betont die Professorin. Bei einem Sturz, einem Einschlag oder wenn andere dynamische Kräfte wirken, sei nicht die Steife der wichtigste Faktor, sondern die Zähigkeit. Gebäude beispielsweise, die einem Erdbeben standhalten sollen, bräuchten eine gute Mischung aus beidem.

Welchen Sinn haben solche Experimente? «In der Natur sind Schalenstrukturen allgegenwärtig» – vom Schildkrötenpanzer über menschliche Schädel bis zu den äusseren Membranen von Viren und Bakterien», schreiben die «Eierköpfe». Zu verstehen, wie solche Strukturen «versagen», könne beim Design von Schutzausrüstungen ebenso helfen wie beim Entwickeln von Verpackungsmaterial, Küchenutensilien oder sicheren Autos.

Bei den Tests wurden ausschliesslich Eier von Hühnern in Laufställen benützt. Um ihre Makellosigkeit vor dem Experiment festzustellen, suchten die Forscher sie mit blossem Auge nach Rissen ab, nicht aber mit Hilfe ihrer Ohren – ein kleiner Schwachpunkt dieser Studie. Denn erfahrene Eierexpertinnen wissen, dass feinste Haarrisse im Ei nicht zu sehen sind, sondern zu hören, indem man zwei Eier an verschiedenen Stellen ganz behutsam gegeneinander «klopft». Hat ein Ei einen Haarriss, tönt es anders. 

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.

Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:



_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Bildschirmfoto 2022-10-28 um 12.25.44

Wissenschaft

Transparent, reproduzierbar und unabhängig von wirtschaftlichen Interessen sollte sie sein.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...