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Noch-FMH-Präsident Jacques de Haller © srf

FMH-Präsident de Haller für Einheitskrankenkasse

Urs Zurlinden /  Der Ärztepräsident will bei den Ärzten eine Urabstimmung durchführen. Persönlich ist SP-Mitglied de Haller für die Einheitskasse.

Red. Falls die Mehrheit der FMH-Ärzte in einer Urabstimmung die SP-Initiative für eine Einheitskasse ablehnt, würde er selbstverständlich «die Haltung der FMH» vertreten, sagt de Haller. Seine allfällige Wiederwahl als FMH-Präsident verschiebt die FMH wahrscheinlich auf Ende Juni, um die Abstimmung über die Ärztenetzwerke abzuwarten. De Haller hatte diese Vorlage zuerst unterstützt. Nach einem ablehnenden Entscheid der Ärztebasis argumentiert de Haller jetzt gegen die Ärztenetz-Vorlage. Bei der Wahl des FMH-Präsidenten macht ihm der Zürcher Chirurg Urs Stoffel mit einer Kampfkandidatur das Amt streitig.
INTERVIEW
Das Präsidentenamt ist mit 340’000 Franken hoch dotiert – als Hausarzt verdienten Sie knapp die Hälfte?
Der Lohn des Präsidenten wird von der Ärztekammer festgelegt, und als ich vor acht Jahren dieses Amt antrat, wusste ich gar nicht, wie hoch er ist. Es ist ein sehr guter Lohn, das stimmt..
Auch die anderen Mitglieder des neunköpfigen Zentralvorstandes verdienen gute 300’000 Franken. Ein grosszügig entlöhntes Ehrenamt?
Das ist kein Ehrenamt. Vizepräsident Ernst Gähler beispielsweise ist für die Tarife verantwortlich, arbeitet 70 Prozent für die FMH, daneben führt er seine Praxis und ist Grossrat. Die Leute des Vorstandes arbeiten viel, das ist alles andere als ein Ehrenamt!
Warum sollen Sie, und nicht Ihr Gegenkandidat Urs Stoffel am 7. Juni gewählt werden?
Wegen meiner Erfahrungen, meiner Netzwerke und weil ich die Dossiers der FMH bestens kenne. Ein neuer Präsident ist eine ausserordentlich grosse Investition für einen Verband. Es braucht mehrere Jahre, um effizient zu werden. Eine derart grosse Investition sollte man sich gut überlegen. Urs Stoffel möchte die Strukturen der FMH ändern, was unseren Einfluss z.B. im Gesundheitswesen mindert – auch deshalb sollte ich gewählt werden.
Sie könnten ihm ein Ko-Präsidium anbieten?
Ein Ko-Präsidium wäre nicht die beste Lösung.
Wie stark haben Ihnen der späte Beitritt zur SP und Ihre erfolglose Nationalratskandidatur geschadet?
Die SP-Mitgliedschaft war gar nicht so neu, und meine politische Einstellung seit ewig bekannt.
Die FMH und ihre 35’000 Mitglieder waren einst mehrheitlich bürgerlich positioniert. Heute nicht mehr?
Das habe ich nicht getestet. Interessant ist: Die politischen Positionen der FMH entsprechen seit 15 Jahren den politischen Positionen der Linken. Das war in praktisch jeder Volksabstimmung so.
Der nächste Streit ist ein alter: Einheitskrankenkasse. Wie ist Ihre Haltung zu diesem SP-Anliegen?
Die FMH hat absichtlich noch keine Stellung genommen. Ich will unbedingt mit einer Urabstimmung die Basis zu dieser Frage konsultieren.
Und Ihre persönliche Meinung?
Für mich ist die Einheitskrankenkasse eine mögliche Lösung.
Bleiben Sie diesmal bei Ihrer Meinung?
Ja, aber ich behalte mir vor, die Haltung der FMH zu vertreten je nach Ausgang der Urabstimmung.

Gekürzte Fassung eines Interviews, das am 20. Mai in der Südostschweiz erschienen ist.


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2 Meinungen

  • am 22.05.2012 um 12:15 Uhr
    Permalink

    Seit dem Krankenkassenobligatorium ist alles schlimmer geworden.
    Obligatorium ergibt einen grossen, kollektivistischen Topf, woraus sich alle bedienen wollen, vorab die Pharmaindustrie… Viele Ärzte machen genau das, was die Pharmaindustrie wünscht… der verlängerte Arm der Industrie, welche Interesse an Umsatz und Krankheit hat. Gesunde rentieren ihnen nicht.
    Ehrenämtlein mit Jahreshonorar 300’000 zur Tarifbestimmung, kein Wunder läuft alles so verlogen!
    Abschaffung des Obligatoriums könnte helfen, mehrt Verantwortung für die Patienten!

  • am 22.05.2012 um 17:51 Uhr
    Permalink

    Wo bekomme ich eine sachliche und fundierte Information zur Managed-Care-Vorlage?

    Wenn selbst die «Höchste Arzt» sie nicht kennt!

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