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Edward Snowden © zdf

EU und Schweiz lassen Snowden in Moskau schmoren

upg /  Er hat die totale, flächendeckende, illegale Überwachung aufgedeckt. Doch Europa verhält sich wie eine Hündin an der Leine der USA.

Edward Snowden hat sein Leben riskiert und seine Freiheit verloren, weil er das Unglaubliche, das er als Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA mitbekommen hatte, der Weltöffentlichkeit mitteilen wollte. Gegen eine gezielte Schnüffelei der Geheimdienste habe er nie etwas einzuwenden gehabt, sagte Snowden. Aber das flächendeckende Erfassen sämtlicher Daten der Nutzerinnen und Nutzer von Google, Facebook, Twitter, Skype und Telefongesellschaften widersprach diametral seinem Verständnis von Bürgerrechten, Freiheit und Privatsphäre.
Eine zweiteilige Dokumentation des ZDF «Verschwörung gegen die Freiheit»* vom 27.5. und 28.5.2014 fasst das Ausmass der Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten und den Konzernen eindrücklich zusammen. Es wäre zu wünschen, dass das Fernsehen SRF diese Beiträge ebenfalls ausstrahlt.
Dies würde sich umso mehr aufdrängen, als die Schweizer Tagesschau und «10vor10» die Zuschauerinnen und Zuschauer bald einmal vor den ständig neuen Enthüllungen «verschonte» (siehe «Tagesschau nimmt Schnüffelei nicht immer ernst» vom 10.12.2013). Auch der Bundesrat, der sonst zu vielen Sorgen der Bevölkerung Stellung nimmt, hält sich auffällig zurück. Schliesslich sei die Schweiz auf Informationen von den US- und britischen Geheimdiensten angewiesen, also dürfe man diese ja nicht verärgern.
Edward Snowden ist das Bauernopfer. Man lässt diesen Freiheitskämpfer in Moskau versauern. Als Zeuge könnte er wahrscheinlich aussagen über das breite Ausschnüffeln auch in der Schweiz, wahrscheinlich auch illegal von den US-Gebäuden in Bern und Genf aus. Doch sogar die mächtigere deutsche Kanzlerin, selber ein Opfer des Telefonabhörens, will Snowden nicht nach Deutschland kommen lassen, um vor einem parlamentarischen Ausschuss auszusagen. Angeblich könne man eine Auslieferung in die USA, die einen internationalen Haftbefehl erlassen haben, nicht verhindern.
Doch das sind Scheinargumente, wie das ZDF in der Sendung «Frontal21» am 27.5.2014 mit dem Titel «Das politische Gezerre um Edward Snowden» berichtete. Denn für eine Verhaftung müsste Deutschland Snowden zuerst zur Fahndung ausschreiben, was bisher nicht geschah. Wahrscheinlich hat ihn auch die Schweiz – trotz des US-Haftbefehls – nicht zur Fahndung ausgeschrieben.
Zudem sei sehr fraglich, ob ein deutsches (oder Schweizer) Gericht einer Auslieferung zustimmen würde. Denn der strafrechtliche Vorwurf des Geheimnisverrats sei im Fall Snowden eindeutig eine «politisch motivierte» Straftat gewesen. Eine solche rechtfertige keine Auslieferung.
Deutschland habe (wie die Schweiz) zwei islamistische Häftlinge aus Guantanamo aufgenommen, aber für Edward Snowden werde die Grenze dicht gemacht. «Snowden hat unsere Werte verteidigt» und verdiene eine Aufnahme, erklärte der frühere deutsche FDP-Innenminister Gerhart Baum in «Frontal21». Wenn jemand das transatlantische Verhältnis gestört habe, dann seien es die USA.
Die Schweiz, Deutschland und andere europäische Länder wagen es nicht, einen Edward Snowden bei sich aufzunehmen. Wo bleiben denn die viel zitierten Werte der Souveränität, Neutralität, Solidarität und Unabhängigkeit?

  • Zum DOSSIER «NSA & Co.: Bald totale Überwachung?»


*Diese Dokumentation ist in der ZFD-Mediathek für die Schweiz leider nicht zugänglich. Dokumentation auf YouTube sehen:



Neues Buch im Droemer-Verlag, 20 Euro bei Amazon.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Terrorist

NSA, BND, NDB: Totale Überwachung?

Die Angst vor terroristischen Anschlägen wird als Grund genannt für weitreichende Privatsphäre-Eingriffe.

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24 Meinungen

  • am 28.05.2014 um 22:39 Uhr
    Permalink

    Snowden hat gar nichts aufgedeckt. War alles seit Jahren bekannt. Die Vermutung liegt nahe, dass Mister Snowden, wie auch wikileads, ein limited hangout ist. Die Frage ist, ob die sich dessen bewusst sind…

    Wenn die Weltpresse wochenlang wie aus einer Kehle berichtet, ist das mehr als auffällig und sollte stutzig machen. Und kein Whistleblower wendet sich an den Guardian. Greenwald zuckt bei jeder 2. Aussage, schaut weg bei wichtigen Aussagen.

  • am 29.05.2014 um 12:44 Uhr
    Permalink

    Ich bin sehr viel mehr mit Gasche einverstanden als mit Bregy.

  • am 29.05.2014 um 13:03 Uhr
    Permalink

    Lieber Herr Baumann, das ist in Ordnung. Da sind sie voll auf der Linie von Guardian, Bild, Blick, Washington Post, ZDF usw. Also alles andere als ein Sperber.

    Man sollte bedenken:
    Die NSA gibt es seit über 60 Jahren, hat über 40’000 Mitarbeiter. Glauben Sie, dass Snowden der erste Aussteiger aus der NSA ist? Der erste, der Daten über die NSA veröffentlich hat?

    Nein, ist er nicht. NSA-Whistleblower gibt es seit mind. 50 Jahren.

    Interessant ist aber, das bis vor 4, 5 Jahren diese Whistleblower nicht ernst genommen wurden, bzw. keine Bühne bekamen. Wer sie zitierte, war ein Verschwörungstheoretiker.

    Wir Walliser wissen seit Langem, dass in den Satelliten-Anlagen in Leuk Daten im grossen Stil abgezweigt werden.

    http://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2004/1499.pdf

    Und dann kommen da zwei (Assange, Snowden) und werden zu Meinungsführern in Sachen Geheimdienste und werden durch die westliche Presse hofiert.

    Was Snowdon und Assange sagt, das ist die Wahrheit!

    -> Das ist das Ziel dieses limited hangout. Die Installation von zwei Autoritäten in Sachen Nachrichtendienst, zwei unbestrittene Kämpfer für die Wahrheit, die alle Mühen auf sich nehmen.

    Glauben Sie mir, Herr Baumann. Kein Ex-Nachrichtendienstler versteckt sich in Moskau. Das ist in etwa so, als ob ein Homosexueller die Nähe von Putin sucht.

  • am 29.05.2014 um 13:09 Uhr
    Permalink

    "Ich tue das alles um meinen Land zu dienen", sagte eben Snowden auf srf1 (tagesschau). Recht hat er.

    Am Morgen, am Mittag, am Abend. Snowden-Show den ganzen Tag.

  • am 29.05.2014 um 13:15 Uhr
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    @Bregy: OK, interessante Theorie. Erklären Sie uns bitte, warum Snowden in Moskau ist?

  • am 29.05.2014 um 13:18 Uhr
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    Das Problem war wohl, dass Assange zu sehr polarisierte.

  • am 29.05.2014 um 13:24 Uhr
    Permalink

    Da reichen 1500 Zeichen nicht, Herr Baumann. Und in der Kürze liegt die Gefahr, nicht stringent argumentieren zu können. Es ist daher einfacher auf die Ungereimtheiten hinzuweisen.

  • am 29.05.2014 um 13:45 Uhr
    Permalink

    Ungereimtheiten:
    1. Snowden hat bis jetzt nichts Neues gesagt. Da muss man aber wissen, was denn bisher «bekannt» war, über die NSA.

    2. Muss man wissen, dass die NSA jeden wirklichen Feind an beinahe jedem Ort abgreifen, entführen und mundtot machen kann. Wenn nötig hilft der Mossad und dann ist fertig Lustig. Dabei war die Presse noch nie ein Hindernis.

    3. Muss man wissen, dass einige Geheimdienste in Europa eine lange Zusammenarbeit pflegen mit den amerikanischen.
    -> Ueli Murer hat gelogen oder weiss es nicht:
    (Als etwa ein Minister in seinem Land nach den Nato-Geheimarmeen nachfragte, sagte man ihm, dass man Minister darüber nicht informieren kann, da sie ja ständig wechseln, die Geheimdienste aber eine lange Tradition haben)

    4. Medien-Hysterien sollte man immer kritisch betrachten

  • am 29.05.2014 um 13:53 Uhr
    Permalink

    Mein Kommentar wurde «gekürzt":

    Assange polarisierte zu sehr. Da musste man einen etwas bleichen Brillenträger installieren, der erwiesenermassen mehr Zuspruch bekommt.

  • am 29.05.2014 um 15:37 Uhr
    Permalink

    @Bregy: Die Liste vor mir auf dem Tisch führt Sie als NSA-Mitarbeiter auf, Gruppe «E2", zuständig für PR im Raum DACH. Warum ist Snowden in Moskau? Wenn Sie hier nicht in zwei Sätzen etwas Vernünftiges dazu schreiben können, fragen Sie doch bei Ihrem Chef nach.
    (Ist das stringent genug?) 😉

  • am 29.05.2014 um 16:01 Uhr
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    Selten habe ich mir so sehr einen Chef gewünscht.
    1. Snowdon ist «echt"-> Dann hätte ihn der russische Geheimdienst einfach am Flughafen in Moskau «zu sich nehmen können". Das Fenster dazu war gross genug, dazu der Aufenthaltsort noch unbekannt.
    2. Snowden ist ein limited hangout -> Der russische Geheimdienst interessiert sich nicht, kann ihn aber nicht wieder loswerden, weil jetzt jeder weiss wo er ist. Russland ist quasi gezwungen in wider Willen zu schützen.
    Die NSA hat die modernste Software zur Überwachung. Wer glaubt, sie prüfe den eigenen Traffic nicht, ist etwas naiv. Laut Presse soll Snowden zu 1,7 Millionen Dokumenten gekommen sein. Mit 20 Passwörtern würde das 85‘000 Zugriffe bedeuten. Hat Snowden 20 Passwörter gehabt? Fallen 85‘000 unbefugte Zugriffe nicht auf?
    Er soll die Daten mit einem simplen Crawler abgegriffen haben? Selbst Suchmaschinen merken das und schlagen Alarm. Aber die NSA merkt es nicht.

    Lesen Sie mal das Shakespeare-Zitat auf der ersten Seite des Berichts der Geschäftsprüfungsdelegation aus dem Jahre 2003:

    «The King has note of all that they intend,
    By interception which they dream not of.»

    (http://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2004/1499.pdf)

    -> Die Anlagen sind längst nicht mehr in der Hoheit der Schweize. Finanziert haben wir sie, Herr Rothenbühler.

  • am 29.05.2014 um 16:18 Uhr
    Permalink

    @Rothenbühler: Meinten Sie das Dach der Botschaft?

  • am 29.05.2014 um 16:29 Uhr
    Permalink

    – Und warum schreibt Snowden ausgerechnet einem Kollegen von Perre Omidyar (eBay-Gründer, PayPal-Besitzer). Omydar hat inzwischen 250 Mill. Dollar in das alternative Mediennetzwerk von Greenwald investiert.

    PayPal Gründer war unter anderem Max Levchin mit Peter Thiel.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Thiel

    Das Unternehmen von Thiel (Palantir Technologies) wurde von In-Q-Tel finanziert. Das ist eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft der CIA:

    http://de.wikipedia.org/wiki/In-Q-Tel

  • am 29.05.2014 um 16:34 Uhr
    Permalink

    Finanzierung Palantir Techn. durch In-Q-Tel:
    http://en.wikipedia.org/wiki/Palantir_Technologies

    Thiel finanziert interessanterweise wiederum Ron Paul, er war sogar der wichtigste Spender. Zusammen mit Garri Kasparow hat er sogar ein Buch geschrieben…

  • am 29.05.2014 um 19:24 Uhr
    Permalink

    Heute begann übrigens die Bilderberger-Konferenz, mit dabei:

    – obiger Herr Thiel mit dem Chef von Palantir Technologies, Alex Karp

    – Nato Chef Philip M. Breedlove mit Sekretär Rasmussen ist auch dabei

    – natürlich Google-Chef Eric E. Schmidt
    – wie immer der unverwüstliche Kissinger
    – zum x-ten Mal Daniel Vasella und Ackermann
    – Zoellick (Reagan-Admin. -> Finanz., Handelsvertreter bei Bush, Goldman-Sucks usw.)

    aber wieder kein Russe auf der Liste! Immerhin zwei Chinesen.

  • am 31.05.2014 um 19:22 Uhr
    Permalink

    Gegenüber Russia Today sagte Samsom:
    "Wir diskutieren die Themen die aktuell wichtig sind, wie die Ukraine, was dort passiert, was passieren wird, was der Westen tun sollte, was Russland tun sollte, ob wir Einfluss darauf haben.

    -> Kein Russe anwesend: Heisst also, die Bilderberger entscheiden, was in der Ukraine passiert, passieren wird und was Russland tun sollte.

    So ist das also. Und ausser auf Russia Today Schweigen im Medienwald.

    (http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2014/05/ein-bilderberger-gibt-auskuft-was-sie.html#ixzz33JZLG3dX )

    sorry, wenn ich nochmals hinweise.

  • am 31.05.2014 um 19:46 Uhr
    Permalink

    Meine, vielleicht gewagte, These zu Snowden:

    Mischung von «let it happen» und «make it happen": Die haben gemerkt, dass Snowden Dokumente abgreift. Viel mehr als interne Powerpoints wurden bisher nicht veröffentlicht.
    -> Also lies die NSA Snowden gewähren. Er war ja auf dem Radar. Fortan lotsten sie ihn nach Hongkong, zu Greendwald usw. und schliesslich nach Moskau.

    Dann hatten Sie vielleicht den Plan, diplomatische Spannungen mit Moskau zu provozieren (wie seit Monaten). Da Snowden harmlos war, war er nicht auf dem Radar der russischen Geheimdienste. Somit konnte man dieses «Ei» dort ablegen, in der Hoffnung Putin brüte es aus. Als Snowden die Bombe platzen liess, war der Kreml wohl ziemlich verdutzt. Putin war dann gut beraten, statt mitzuspielen, zu kontern, indem er Snowden gewähren liess und den Kreml völlig raus nahm.

    Snowden hat vielleicht Hacker-Skills, aber er macht nicht den Eindruck, dass er sich mit Nachrichtendiensten auskennt. Schon gar nicht kennt er die Vernetzungen von google-CIA-NSA-PayPal-Washington-Post usw. Er ist denen wohl auf den Leim gekrochen.
    Die X-Files sind nicht mehr in seiner Hoheit. Zw. Greenwalds Kollegen und Financier, bzw. PayPal und der CIA gibt es Verbindungen. Snowdens Daten sind zuhause und unter Kontrolle. Wie Greenwald unlängst sagte, werden sie nicht alle veröffentlicht.
    -> limited hangout: der Hangout wurde im wahrsten Sinne limitiert – durch Intercept!

    Ich hoffe doch, ich bin nicht der Einzige, der da Verbindungen sieht?!

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