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Vor allem Kleider werden immer häufiger gebraucht gekauft. © Arina Krasnikova/Pexels

Secondhand könnte Fast Fashion bald überholen

Daniela Gschweng /  In reichen Ländern sind Hemd und Hose immer öfter aus zweiter Hand. Vor allem Konsumenten unter 40 kaufen gerne Vintage-Mode.

Mit gebrauchter Kleidung wird immer mehr Geld umgesetzt. Laut Statista wird der Wert des weltweiten Marktes für Secondhand-Bekleidung bis 2030 voraussichtlich 84 Milliarden Dollar erreichen – ein Sprung von 56 Milliarden Dollar in einem Jahrzehnt.

Konsumentinnen und Konsumenten in den wohlhabenden Ländern kaufen auch andere Produkte immer häufiger aus zweiter Hand, stellte Statista im August fest. Wenn das Wachstum im Textilbereich anhalte, könnte der Gebrauchtmarkt Fast Fashion bald überholen, sagen die Analysten der Statistik-Plattform.

Am beliebtesten ist der Secondhand-Kauf in Grossbritannien

Statista bezieht sich dabei auf eine Umfrage, mit der die deutsche Online-Plattform regelmässig Konsumentengewohnheiten untersucht – von Online-Dating bis zur Versicherung. In den USA haben demnach 60 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr mindestens einmal etwas gebraucht gekauft, vier Jahre zuvor waren es noch knapp die Hälfte (49 Prozent). Am grössten war der Zuwachs in Frankreich mit 17 Prozentpunkten, am meisten Zuspruch erfährt Gebrauchtes aller Art schon länger in Grossbritannien.

Für die Schweiz gebe es keine genauen Zahlen, der Markt jedoch wächst. Auch deshalb, weil Fast-Fashion-Ketten wie H&M inzwischen im Gebrauchtmarkt mitmischen, berichtet das SRF.

2023 könnte der Anteil gebrauchter Kleider 27 Prozent der Kleidungsstücke in einem gedachten globalen Kleiderschrank ausmachen, prognostizierte Statista im vergangenen Jahr in einem YouTube-Video.

Vor allem bei Jüngeren ist Secondhand Trend

Vor allem bei Jüngeren ist Vintage-Kleidung beliebt, fanden die Marktforschenden. Viel Zuspruch findet Secondhand bei Konsument:innen unter 40, die zur Gen Z und zur Millennial-Generation gehören, gefolgt von den Über-40-Jährigen der Generation X. Am wenigsten bereit, Gebrauchtes zu kaufen, ist die Boomer-Generation der ab 60-Jährigen.

Dabei geht es den Käufer:innen nicht nur ums modische Styling. Die Mehrheit der befragten Konsument:innen in einer Umfrage in Australien kaufte Secondhand, um Geld zu sparen. Zwei Fünftel (40 Prozent) gaben an, dadurch nachhaltiger konsumieren zu wollen.

Oxfam ruft zum Secondhand-September auf

Für die Umwelt ist Secondhand-Konsum tatsächlich eine grosse Entlastung, führt die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam auf, die dieses Jahr zum wiederholten Mal den «Secondhand September» ausgerufen hat. Ähnlich wie beim «Veganuary» geht es darum, einen Monat lang nur Gebrauchtes zu kaufen. Die Schweiz ruft seit drei Jahren im September einen nationalen Secondhand-Day aus, dieses Jahr am 23. September.

In Deutschland, wo Oxfam die Aktion intensiv bewirbt, kaufen Konsument:innen jedes Jahr etwa 60 neue Kleidungsstücke. Nur zwei Teile weniger und die gesparten Emissionen würden den gesamten deutschen Inlandflugverkehr kompensieren, stellt Oxfam fest. Die Chancen dafür stehen gut, denn immer mehr Deutsche kaufen Secondhand. Derzeit sind es fast die Hälfte (45 Prozent), 2019 waren es noch knapp zwei Fünftel (39 Prozent).

Allein die Herstellung eines einzigen T-Shirts verbrauche zudem 2700 Liter Wasser, legt Oxfam unter anderem dar. So viel, wie ein Mensch in zweieinhalb Jahren trinken würde. Wer Gebrauchtes trage, verringere ausserdem seine Belastung mit potenziell gesundheitsschädlichen Chemikalien.

Gute Nachricht für den globalen Süden

Für eine Bekleidungs-Kampagne ist der Monat September eine gute Wahl. Im Spätsommer ist die Zeit des Aus- und Umsortierens. Es finden zahlreiche Messen und Märkte statt, auf denen sich Gebrauchtes ergattern und nicht mehr Benötigtes verkaufen lässt. Der grösste Teil gebrauchter Kleidung wechsle aber online die Hand, führt Statista auf.

Der Vintage-Trend im Norden ist eine gute Nachricht für den globalen Süden. Dort sind die gebrauchte Jeans und das Vintage-Shirt oft die Regel. Die Märkte werden von gebrauchten Fast-Fashion-Kleidern aus wohlhabenderen Ländern überschwemmt. Das führt zur Zerstörung der lokalen Textilmärkte und stellt die betroffenen Länder vor riesige Müllprobleme. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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