Sperberauge

Rüstungskonzerne sponsern Münchner Sicherheitskonferenz

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Die Friedensbewegung kritisiert, dass auch Lockheed und Rhein-Metall an Kosten beitragen und Medien dies nicht deutlich erwähnen.

Es ist eine wichtige Aufgabe der Medien, Abhängigkeiten und Interessenkonflikte transparent zu machen. Die Münchner Sicherheitskonferenz ist eine private Veranstaltung, die sich unter anderen auch von grossen Rüstungskonzernen sponsern lässt. Darunter die Konzerne Krauss-Maffei-Wegmann, Rhein-Metall und Lockheed Martin. Im Beirat der Sicherheitskonferenz, der den MSC-Vorsitzenden bei der strategischen Ausrichtung und Entwicklung der Sicherheitskonferenz unterstützt, sitzt auch Krauss-Maffei. «Hochrangige Politiker entscheiden über die Zukunft der Aussenpolitik, und die Waffenkonzerne können mitbestimmen», ärgert sich beispielsweise Maria Feckl, Organisatorin der parallel stattfindenden Friedenskonferenz.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beschreibt die Münchner Sicherheitskonferenz anders: Sie sei  «ein Treffen der hellen Seite der Macht». Viele US-Soldaten seien in Bayern stationiert. In der NATO stehe man füreinander ein.

Wolfgang Ischinger, der bis 2022 die Münchner Sicherheitskonferenz MSC leitete, meinte vor Jahresfrist zum Sponsoring von Rüstungskonzernen: «Die Sicherheitskonferenz wird erfreulicherweise von einer Vielzahl von Institutionen, Behörden, Organisationen und Firmen finanziell oder in anderer Form unterstützt. Dabei achtet die MSC sorgfältig darauf, dass finanzielle Beiträge von Partnern jeweils unter zehn Prozent des Gesamtbudgets der MSC liegen, um die Unabhängigkeit der MSC auch für die Zukunft zu wahren und zu sichern.»

Alle Sponsoren der Münchner Sicherheitskonferenz sind hier veröffentlicht.

Parallele Aktionen der Friedensbewegung

Das Aktionsbündnis gegen die Münchner Sicherheitskonferenz erwartete gestern Samstag [zuerst hiess es hier Sonntag] Zehntausende Demonstranten aus unterschiedlichsten Lagern und mit unterschiedlichsten Gründen. «Ich demonstriere gegen die Sicherheitskonferenz in dem Bewusstsein, den verbrecherischen russischen Angriffskrieg zu verurteilen, aber gleichzeitig auch darauf hinzuweisen, dass der Westen mit der NATO und der Sicherheitskonferenz ein Instrument in der Hand habe, das genauso auf Kriege und Mittel der Ausbeutung setze», erklärte Kerem Schamberger von der Linken. Als Beispiele erwähnte er die Angriffe der Türkei in Syrien und Nordkurdistan oder die Besetzung der Westsahara durch Marokko. Es gelte, angesichts des Kriegs in der Ukraine andere Krisen nicht aus den Augen zu verlieren.

«Frieden schaffen ohne Waffen»

Doch kann man den Slogan «Frieden schaffen ohne Waffen» angesichts des russischen Angriffskriegs überhaupt noch skandieren? Dazu äusserte sich Andreas Zumach, langjähriger Genfer UNO-Korrespondent der Taz und auch von Infosperber:

«Der Slogan ist gültiger und richtiger als je zuvor. Es ist nur ein törichtes Missverständnis zu glauben, ‹Frieden schaffen ohne Waffen› hätte immer nur gemeint, in einer konkreten Situation, wo ein Konflikt bereits auf die Gewaltebene eskaliert ist und eine Seite Waffen einsetzt, zu sagen, wir setzen unsererseits keine Waffen ein.» Es sei jedoch nach wie vor wichtig, gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen zu kämpfen.

Aber geht das überhaupt noch mit Wladimir Putin? Dazu Zumach: «Ich bin alt genug, um mich daran zu erinnern, wie häufig bei früheren Gewaltkonflikten das auch über die jeweils andere Seite gesagt wurde. Das ging im Vietnamkrieg los. Bis sich in Washington diejenigen durchgesetzt haben, die gesagt haben, wir müssen mit den Kommunisten, die wir da angegriffen haben, verhandeln, hat es lange gebraucht. Weil es vorher hiess, mit denen kann man nicht verhandeln.»

Schwierige Distanzierung vom rechten Lager

Die zunehmende Lieferung auch von Offensivwaffen und vielleicht auch bald von Kampfflugzeugen bereitet nicht nur Zumach Sorgen. Kürzlich äusserten sich dazu der Philosoph Jürgen Habermas in einem Essay in der Süddeutschen Zeitung, oder Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht mit ihrem Manifest für den Frieden, das bisher fast 500’000 Menschen unterschrieben haben. Nur: Darunter sind viele aus dem rechten Lager. Auch zur Sicherheitskonferenz sind Demos aus dem AfD-Bereich und vom rechten Compact-Magazin angemeldet. Maria Feckl, welche die Friedenskonferenz vom progressiven, sich als links verstehenden Lager aus organisiert, will einen Schulterschluss mit den Rechten vermeiden und auch nicht mit der AfD gemeinsam demonstrieren: «Es ist eine heftige Diskussion. Für mich ist es entscheidend, wer wo am Kopf steht. Wenn wir jetzt das Manifest für den Frieden nehmen von Wagenknecht und Schwarzer: Man muss schauen, wer waren die Erstunterzeichner und was sind die Inhalte. Und wenn dann irgendwo an 120. Stelle auch ein AfD-Mensch unterschreibt, kann er das machen, das zerstört für mich nicht das Manifest», so Feckl.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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5 Meinungen

  • am 19.02.2023 um 13:33 Uhr
    Permalink

    «Halte es für sehr notwendig, dass Menschen aus “allen” gesellschaftlichen Gruppierungen an Demonstrationen und Veranstaltungen gegen Krieg, gegen Gewaltverhältnisse und für Abrüstung und für Weltfrieden teilnehmen.

    Angesichts der vorherrschenden Bedrohung erscheinen mir Distanzierungsformeln, wie auch in dem Appell
    stoppt-das-toeten.dfg-vk.de/
    als eine Art verbaler Aufrüstung und Relativierung der Bedrohung durch einen möglichen Atomkrieg.

    Oder wollen die Initiativen dieses Appells von Demo-TeilehmerInnen ein Denkhygiene-Zertifikat einfordern? »

    Weitere Einlassungen zur Abgrenzungsdebatte :

    https://www.nachdenkseiten.de/?p=93964

  • am 19.02.2023 um 14:11 Uhr
    Permalink

    Danke für Ihre Hinweise auf die Sponsoren. Da graust es manchem vor der Waffenlobby, die sich mit Lockhheed, Kraus-Maffay, Hensoldt, Rheinmetall u.v.m. dort einbringt – und das laut Veranstaltern völlig ohne Tendenzbeeinflussung…

    Was mich stört, ist die Diskussion, ob denn nun Rechte oder Linke gegen den Krieg seien. Diese Aufteilung erscheint mir denkbarst entbehrlich. Für mich zählt, dass die Leute gegen den Krieg und für Verhandlungen sind, egal, wer es ist.

  • am 19.02.2023 um 16:34 Uhr
    Permalink

    Auch der Tages Anzeiger plädiert im Sinne, mit Waffen in der Ukraine Frieden schaffen, nicht Verhandlungen. Mitte November schätzte Mark Alexander Milley, Vorsitzender des Vereinigten Generalstabs der USA, dass in der Ukraine jetzt schon 40’000 zivile Todesopfer zu verzeichnen seien, auf Seiten der russischen Armee und der ukrainischen ungefähr 100’000 Soldaten, die entweder gestorben sind oder kampfunfähig geschossen wurden.
    Trotz diesem fruchtbaren Opferzahl schrieb Christof Münger vom Tages Anzeiger es sei «im ureigensten Interesse des Westens» die Ukraine mit Waffenlieferungen weiter in ihrem Kampf für die Freiheit zu unterstützen. Meiner Meinung nach müsste jetzt der Westen und China auf Russland und die Ukraine Druck ausüben um einen Waffenstillstand zu erreichen, statt noch mehr Benzin ins Feuer des Krieges zu schütten. Das würde vielen jungen Ukrainern an der Front und auch vielen Zivilisten vor dem Tod bewahren noch furchtbarere Zerstörungen in der Ukraine verhindern.

  • am 20.02.2023 um 04:22 Uhr
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    In den 68er-70er Jahren war die ganze europäische und amerikanische Jugend auf den Strassen und verlangte das Ende des Vietnamkriegs! Wo sind die Jungen heute??? Wer geht auf die Strasse demonstrieren? Ok für den Klimaschutz, aber wo ist das politische Bewusstsein für das heutige Massaker? Ich fürchte, dass sich die heutige junge Generation (20.40J.) mit den Mainstream Kenntnissen zufrieden gibt, weil sie es nie gelernt hat, sich kritisch mit den Informationen auseinanderzusetzen.

  • am 20.02.2023 um 12:12 Uhr
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    Wäre man ‹Verschwörungstheoretiker› könnte man leicht auf die Idee kommen, dass gewisse Konflikte – z.B. China-USA – nur zur Schau da seien, damit Rüstungskonzerne auf beiden Seiten ihre Aufträge erhalten und Profite abwerfen und sich die Parteien im Hintergrund gegenseitig die Hände schütteln und reiben.

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