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Schluss mit Kapitalflucht: Indonesien kündigt die Besteuerung von Internetfirmen an. © JasonHowie/cc

Indonesien: Wer nicht zahlt, fliegt demnächst raus

Daniela Gschweng /  Ein Beispiel, das Schule machen könnte: Die indonesische Regierung will die Dienstleistungen grosser Internetfirmen besteuern.

Die Zentrale ist im weit entfernten Silicon Valley, die Werbung lokal: Streamingdienste, Messaging-Apps und andere Soziale Medien generieren jedes Jahr Milliarden an Werbeeinnahmen und werten Daten von Millarden Nutzern aus.

Aufgrund erfinderischer Finanzkonstrukte zahlen diese grossen Internet-Konzerne dort, wo ihre Nutzer leben, jedoch kaum Steuern. Nach Europa will nun auch das grösste Land Südostasiens gegen diese Steuerpraxis vorgehen.

Der indonesische Finanzminister Bambang Brodjonegoro kündigte am 29. Februar eine Verordnung an, die für Ende März erwartet wird.

Wer nicht zahlt, dem wird der Zugang abgestellt

Diese Verordnung sieht vor, dass alle Unternehmen, die in Indonesien internetbasierte Dienstleistungen betreiben, zukünftig eine ständige Niederlassung dort haben müssen. Rechtlich verleiht das den Unternehmen den Status einer juristischen Person, die im Land angesprochen und lokal besteuert werden kann.

Unternehmen, die darauf nicht eingehen, will die indonesische Regierung nach einer Übergangsfrist schlicht den Marktzugang abdrehen: Wer nicht zahlen wolle, dem drohe eine Reduzierung der Bandbreite oder gleich eine Sperre, kündigte sie an.

Werbung für 800 Millionen Dollar

Einige Tech-Firmen wie Twitter, Facebook und Google haben bereits eine Vertretung in Indonesien, zahlen aber bisher keine Steuern. «Google hat ein Büro in Indonesien, über das aber keine solchen Vorgänge laufen», kommentierte der Informations- und Kommunikationsminister des Landes, Rudiantara. «Das wollen wir ändern».

800 Millonen Dollar, schätzt sein Ministerium, betrug der Umsatz mit digitaler Werbung in Indonesien in 2015. Besteuert wurde davon nichts.

Viertgrösste Facebook-Community der Welt

Ob sich das nun ändern wird, dürfte international aufmerksam beobachtet werden. In Indonesien leben 260 Millionen Menschen, die sehr internetaffin sind. Nach neuesten Zahlen nutzen 89 Prozent aller Erwachsenen, die Zugang zum Internet oder ein Smartphone haben, ein soziales Netzwerk – mehr als in den USA, Japan oder in Deutschland.

Indonesien hat die viertgrösste Facebook-Community der Welt, obwohl in dem weitverzweigen Inselstaat bisher lediglich ein Drittel der Einwohner online sind. Die Hauptstadt Jakarta ist die weltweit aktivste Stadt auf Twitter. Ein weiteres Wachstum im Onlinebereich wird erwartet.

Nicht zuletzt geht es um Kontrolle

Die neue Verordnung soll in dem muslimischen Land, in dem zum Teil sehr konservative Gesetze gelten, nicht zuletzt eine bessere Kontrolle ermöglichen.

Bereits mehrmals haben indonesische Behörden Seiten gesperrt, die aus Regierungssicht anstössige oder terroristische Inhalte enthielten. Ein prominentes Beispiel ist die japanisch-koreanische Messaging-App Line, die Online-Sticker mit LGBT-Themen aus dem Angebot nehmen musste (LGBT = Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender).

Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Berichts im Magazin «Quartz» und anderer Quellen erstellt. Schweizer Medien haben bisher nicht über dieses Thema berichtet.


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