Sperberauge

Unabhängige Finanzspezialistin empfiehlt Gold und Bitcoin

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Wer dem Währungssystem nicht mehr traut, soll Erspartes nicht mehr in Aktien oder Immobilien anlegen, empfiehlt Myret Zaki.

In den vergangenen zwölf Monaten ist der Wert von Bitcoin in Euro um 28 Prozent gestiegen, während der Goldpreis 23 Prozent zulegte. Myret Zaki vermutet, dass diese Entwicklung etwas damit zu tun hat, dass wir uns auf absehbare Zeit in einem Nullzinsregime befinden. In Europa und der Schweiz seien sogar negative Zinsen zur Normalität geworden.

Institutionelle Anleger wie Pensionskassen oder Lebensversicherer hätten in den letzten Jahren statt der negativ rentierenden Obligationen vermehrt Immobilien gekauft. Dies habe zu aufgeblähten Preisen geführt, so dass das weitere Aufwärtspotenzial nun begrenzt sei. Aus diesem Grund seien Immobilien heute keine alternative Anlage mehr, weil der Wert der Immobilien mit dem Zinsniveau korreliere. Trotz der rekordtiefen Hypothekarzinsen seien Immobilien auch für private Anleger nicht mehr so attraktiv, schreibt Zaki in der NZZ-Beilage «the market». Der einkommensschwächeren Mittelschicht der Schweiz sei der Immobilienkauf unterdessen jedenfalls «de facto grösstenteils verwehrt». Die fortgesetzten Null- und Negativzinsen der Nationalbank seien «für die Kaufkraft der unteren Mittelklasse keine offensichtliche Hilfe», meint Zaki in einem Understatement.

Myret Zaki

Bei der Tageszeitung «Le Temps» leitete Myret Zaki von 2001 bis 2010 den Finanzbereich. Nach Ausbruch der Finanzkrise 2008 veröffentlichte sie das Buch «UBS am Rande des Abgrunds», für das sie den Schweizer Journalistenpreis erhielt. Im Jahr 2010 wechselte Zaki zum Wirtschaftsmagazin «Bilan», das sie von 2014 bis 2019 als Chefredaktorin leitete. Zwischen 2010 und 2019 schrieb sie drei weitere Bestseller über das Bankgeheimnis, das Ende des Dollar-Reserve-Status und den Aufstieg des Schattenbankensystems. Heute ist Zaki freie Kolumnistin und Beraterin für Influencer-Strategien.

«Echte Diversifikation»


Goldkurs in Schweizer Franken während der letzten 12 Monate. Quelle: Edelmetalle.

Als «interessante Alternative» und eine «echte Diversifikation» sieht Zaki Anlagen wie Kryptowährungen und Gold. Dabei sei der Goldpreis weniger schwankend als die Kurse von Kryptowährungen. Nach Angaben des Liechtensteiner Vermögensverwalters Incrementum sei Bitcoin im Jahr 2017 etwa 15-mal volatiler gewesen als Gold. Zudem sei der Handel mit Gold liquider als der Markt für Kryptowährungen: Täglich würden Bitcoins im Wert von durchschnittlich 2,5 Milliarden Dollar ausgetauscht, während das tägliche Volumen des Goldmarkts 250 Milliarden Dollar übersteige.

Kurs des Bitcoin in Euro während der letzten 12 Monate. Quelle: bitcoin-kurs.at

Einiges spreche jedoch auch für Bitcoin. Die Kryptowährung sei bei den jüngeren Generationen beliebter, die nicht so sehr wie ihre Vorfahren interessiert seien, Gold zu halten. Für einige sei Gold ein barbarisches Relikt. Sie würden auch den inneren Wert des Edelmetalls hinterfragen.

Misstrauen gegenüber den ungedeckten Währungen wie Dollar, Euro oder Franken

Das Interesse an Kryptowährungen drücke eine Form von Misstrauen gegenüber den Fiat-Währungen aus. «Digital Natives» würden es nicht dumm finden, einen Teil ihres Vermögens in Bitcoin zu halten.

Wer nicht wählen möchte zwischen Kryptowährungen und Gold, könne sogenannte Stablecoins kaufen. Das sind Kryptowährungen auf Basis von Gold, das heisst sie enthalten eine Option auf Rückerstattung in Form von physischem Gold. Solche Stabelcoins seien etwas teurer als Exchange Traded Funds (ETF) auf Gold und hätten Einschränkungen, weil die privaten Verschlüsselungen nicht hundert Prozent sicher seien und die Liquidität begrenzt sei. Deshalb meint Zaki: «Die beste Option für Investoren bestünde darin, einen Teil des Vermögens in klassisches physisches Gold und einen andern Teil in ein reines Kryptowährungs-Wallet zu investieren. Die Korrelation zwischen Gold- und Bitcoin-Renditen sei schwach und signalisiere, dass der Anstieg der Kryptowährungen keinen Einfluss auf die Nachfrage nach Gold habe.
Zaki jedenfalls ist überzeugt, dass Gold und Bitcoin bei den «zunehmend verunsicherten Sparern Europas immer mehr Beachtung finden».

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Zum Infosperber-DOSSIER, auch mit sehr kritischen Beiträgen über Bitcoin:
Bitcoins und andere Kryptowährungen: Nur für waghalsige Spekulanten oder künftiger Zahlungsverkehr ohne Banken?
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Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Die Autorin ist heute freie Kolumnistin und Beraterin für Influencer-Strategien.

Zum Infosperber-Dossier:

Bitcoin

Bitcoins und andere Kryptowährungen

Nur für waghalsige Spekulanten oder künftiger Zahlungsverkehr ohne Banken?

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3 Meinungen

  • am 18.10.2019 um 11:58 Uhr
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    Ich finde diese Ratschläge schrecklich, unabhängig davon ob sie finanztechnisch richtig sind oder nicht. Gold sollte man nicht verwenden, denn seine Förderung zerstört und verseucht unzählige Gebiete, z.B. Regenwald. Siehe https://www.regenwald.org/themen/gold/fragen-und-antworten. Und Bitcoin ist dafür bekannt, einen immensen Energieverbrauch vorauszusetzen, z.B. laut https://digiconomist.net/bitcoin-energy-consumption 625 kWh für eine einzige Transaktion.

  • am 19.10.2019 um 16:43 Uhr
    Permalink

    Ich kann mich dem Kommentar von Theo Schmidt nur anschliessen: «schrecklich» (dieser Ratschlag resp. dieser Artikel).

    Beim Anblick von Gold gewinnen bei uns die Emotionen leicht die Oberhand. Nüchtern betrachtet, sieht es dann so aus:

    Gold wird unter elendiglichen Arbeitsbedingungen und enormer Umweltzerstörung irgendwo aus dem Boden geholt … und andernorts wieder in den Boden versenkt (= Banken-/Privattresor). Punkt! Gold ist unnützes Zeug! Das einzige, was wir uns damit erschaffen, ist Zerstörung von wahren Werten (Menschen, Umwelt, Energie).

    [Gold hat für die industrielle Produktion praktisch keine Bedeutung, da andere geeignete Metalle (u.a. Silber) mit viel weniger Ressourcen-/Umweltzerstörung (& Kosten) gewonnen werden können. Goldschmuck macht nur einen geringen Teil des weltweiten Goldbestandes aus – und liegt zudem meist ebenfalls in (dunklen) Tresoren. Beim Bitcoin dasselbe: Immenser Ressourcenverbrauch (für Computerherstellung & -betrieb) für nichts!]

    Fazit:
    – Wir scheinen komplett die Sinne dafür verloren zu haben, was für das (biologische) Wesen «Mensch» effektiv Wert aufweist: Nahrung usw., Gemeinschaft/Geborgenheit.
    – Gold, Bitcoin, «Kunstwerke» (viele in Bunkern/Zollfreilagern) sind zu 99% Spekulationsware (gerade auch, weil sie winzige Märkte darstellen).
    – Wer sich über «Wert» (und Spekulation) Gedanken machen möchte, befasst sich – gewinnbringend/Mehrwert-/Erkenntnisschaffend – mit «Tulpenmanie» (wiki) und «Beltracchi» (infosperber).

  • am 20.10.2019 um 07:23 Uhr
    Permalink

    Schliesse mich beiden, Schmidt und Kühne, an. Die Goldförderung zerstört Mensch und Umwelt und das Bitcoin-Mining frisst so viel Energie (Tendenz stark steigend) wie die gesamte Schweiz. Dass die ursprünglichen Tipps in der NZZ standen, verwundert gar nicht. Die Zeitung fällt seit Jahren durch ihren verengten Blick und der absurden Reduktion des Lebens aufs Ökonomische auf. – Schrecklich(!) daher, dass es so etwas in den Inforsperber schafft. – Eine «Beraterin für Influencer-Strategien» wird zitiert. Noch eine, die auf diesen dämlich-manipulativen Zug aufspringt. Ausserdem wurde Gold schon bei jeder Krise empfohlen und gekauft. Tipps dieser Art sind billig und brauchen keinen Sachverstand.

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