Zolltarife 2025-08-01 um 10.21.00

Die Schweiz und Brasilien stehen heute schlechter da als an Trumps «Liberation Day» vom 2. April © FT

Trumps Zollhammer: 39-Prozent-Zölle auf Schweizer Exporten

Christof Leisinger /  Wenn 15% Zölle für EU-Exporte eine Niederlage war, droht der Schweiz nun mit 39% ein Debakel. Es bleibt kaum Zeit, es abzuwenden.

Der «Zoll-Deal» zwischen der Europäischen Union und den USA sei ein klarer Sieg für die Amerikaner, denn den Europäern fehle es an Drohpotenzial, hiess es Ende Juli in den Schweizer Medien. Damals hatten sich die Europäer damit einverstanden erklärt, ab dem ersten August einen Basiszoll von 15 Prozent auf Exporte in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu akzeptieren.

Was aber soll nun erst die Schweiz sagen? Ausgerechnet zum Nationalfeiertag hat die amerikanische Regierung angekündigt, ab dem 7. August einen Strafzoll von satten 39 Prozent auf Importe aus der Schweiz zu erheben. Was für ein Schlag, nachdem Finanzministerin Karin Keller-Sutter bislang den Eindruck erweckt hatte, eine «Special Relationship» mit Präsident Donald Trump zu haben und auf dem Weg zu einem «guten Handels- und Zolldeal» zu sein.

Das «Drohpotenzial» der Schweiz ist beschränkt

Die Schweiz zählt damit zu einem der wenigen Länder, die in Zollfragen bald schlechter dastehen könnten als unmittelbar nach dem so genannten Liberation Day am zweiten April. Damals hatten die Amerikaner einen allgemein gültigen Zolltarif von 31 Prozent für den Import von Schweizer Käse, Uhren, Maschinen und anderem verhängt. «Damit ist das Land ein europäischer Sonderfall, nachdem Grossbritannien einen Zollsatz von 10 Prozent und die EU einen von 15 Prozent erhalten haben. Nur wenige Länder haben einen höheren Satz als die Schweiz, darunter Laos und Syrien», schreibt die Financial Times.

anfällig für handelskonflikte
Die Schweiz und Europa sind deutlich stärker vom Export abhängig als die USA und China. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

Nun zeigt sich, dass das «Drohpotenzial» der Schweiz noch deutlich geringer ist als das der Europäer. Schliesslich zählt sie zu den Ländern weltweit, deren Wirtschaftsleistung besonders stark von der Exportwirtschaft abhängt. Knapp ein Fünftel aller Ausfuhren gehen direkt in die USA. Nordamerika ist einer der wichtigsten Einzelmärkte für Schweizer Exportwaren. Indirekt ist es wahrscheinlich noch mehr, etwa wenn die Firmen des Landes Produkte und Dienstleistungen an einen europäischen Kunden liefern, dessen Markt wiederum jenseits des Atlantiks liegt.

Immerhin aber tritt der hohe Zollsatz erst in etwa einer Woche in Kraft. Es bleiben also noch ein paar Tage, in denen der Bundesrat zusammen mit der Schweizer Wirtschaft die bisherigen Verhandlungen über die Zölle mit den Amerikanern doch noch auf dem Punkt bringen und zum Erfolg führen kann. Möglicherweise lauten die Schlagzeilen dann nicht, «das ist ein klarer Sieg» für die Amerikaner, aber im Endeffekt dürfte es wohl darauf hinauslaufen.

Den Schweizer Maschinenbauern, den Nahrungsmittelfirmen und vor allem auch den Schweizer Pharmariesen muss stark daran gelegen sein, doch ein Auskommen mit Trump zu finden. Schliesslich haben sie bisher nicht nur enorm von Verkäufen im amerikanischen Markt profitiert, sondern sind weiterhin stark davon abhängig. Einzelne Unternehmen aus Basel etwa exportierten bis zu 40 Prozent ihrer Produkte dorthin. Ein Bekenntnis zu niedrigeren Arzneimittelpreisen könnte in diesem Zusammenhang Wirkung zeigen.

Vertreibung aus dem Steuerparadies?

Das hätten dann aber auch Konsequenzen für die Schweiz und einzelne Kantone. Manche konnten bisher sehr gut mit den hohen Steuerbeträgen leben, welche die Pharmariesen und andere stark exportorientierte Firmen aufgrund der hohen Gewinnmargen zahlten. Möglicherweise wird diese Geldquelle künftig nicht mehr so üppig sprudeln wie bisher.

Alles in allem wird einmal mehr deutlich, dass sich das geo- und handelspolitische Umfeld markant geändert hat – und daran muss sich wohl auch die Schweiz anpassen. Ein Trost: Es gibt auch eine Welt ausserhalb der USA, die die Schweizer Firmen aufgrund ihrer Agilität und Innovationsfreudigkeit erschliessen können. Wenn das Land damit unabhängiger wird von erratisch wirkenden Handelspartnern – umso besser.

zollspitzenreiter
39% Zoll für Exporte in die USA? Die Schweiz steht am 1. August nach einer entsprechenden Drohung unter Druck. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.
Exportüberschuss schweiz usa
Das Edelmetallgeschäft verzerrt die Statistik des Schweizer Aussenhandels in bestimmten Phasen enorm. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

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US-Politik unter Donald Trump

Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

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12 Meinungen

  • am 1.08.2025 um 11:38 Uhr
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    Jetzt ist aber höchste Zeit, den FlügerDeal zu kippen…!

    • am 3.08.2025 um 23:41 Uhr
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      Ja, einverstanden. Subito! Die Volksabstimmung ergab ohnehin ein äusserst knappes Resultat von 0,1%.

  • am 1.08.2025 um 11:52 Uhr
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    Ich glaube, wenn nicht noch ein erneutes Verhandlungswunder passiert, dass der Bundesrat Massnahmen ergreifen muss! Ich bin nicht freund von Auge um Auge .., oder wie du mir… usw, aber wenn keine vernünftige Lösung gefunden werden kann, wird man in diese Richtung denken müssen!? Sollte sich die wirtschaftlichkeit auf die Arbeitswelt auswirken, werden selbst die Leute auf amerikanische Produkte verzichten und sie, soweit es geht, anderswo beschaffen. Ich bin immer noch zuversichtlich, dass sich eine erträgliche Lösung finden wird!

  • am 1.08.2025 um 12:14 Uhr
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    Article I, Section 1 of the U.S. Constitution, Der Kongress hat die Zuständigkeit über die Zolltarife nicht der Präsident. Wieder einmal eine Trump-Seifenblase, die aufgestiegen ist.
    Gunther Kropp, Basel

    congress-gov Advanced Searches R48435:
    Separation of Powers Over Tariffs: «Congressional Delegations of Tariff Authorities to the President
    Article I, Section 1 of the U.S. Constitution, known as the Legislative Vesting Clause, provides that «[a]ll legislative Powers herein granted shall be vested in a Congress of the United States.»3 Article I, Section 8 includes among Congress’s specific powers the power to «regulate Commerce with foreign Nations»4 and the power to «lay and collect Taxes, Duties, Imposts and Excises.»5 The Constitution thus gives Congress the power to enact legislation imposing tariffs, although it qualifies this power by providing that tariffs «shall be uniform throughout the United States»6 and by prohibiting tariffs on U.S. exports.7…»

  • am 1.08.2025 um 13:39 Uhr
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    Es wird Zeit, dass sich die Welt umorientiert und die Abhängigkeit der Staaten verringert wird. Ein Präsident eines einzelnen Staates terorrisiert die ganze Welt. Wie würde es aussehen, wenn die ganze Welt die Staaten boykotieren würde? Schlussendlich leidet das Volk darunter während er weltweit Golf spielt. Ich wäre auch dafür, dass das Armeematerial nicht dort eingekauft würde. Alle kuschen nur, da finde ich die Mentalität von Brasilien in diesem Thema gut, sie lassen sich nicht erpressen.

  • am 1.08.2025 um 14:56 Uhr
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    Ein deutlicher Hinweis, dass «Amerika» nicht unser Freund ist und wir dringend überdenken sollten, wieso wir uns von dieser «Supermacht» weiter an der Nase herumführen lassen.
    Gerade am Nationalfeiertag ist das ein Aufruf, unsere eigene Sache in die Hand zu nehmen. Wo bleibt denn das «innovativste Land der Welt» mit Ideen? Natürlich gibt es Möglichkeiten, wie wir unsere Souveränität wieder in die eigenen Hände nehmen. Hier nur ein paar Vorschläge zur weiteren Diskussion (und bitte! keine banalen Antworten «das geht sicher nicht»):
    – Selbstverständlich die selben Zölle auf amerikanische Produkte, auch auf Finanzprodukte und Vermögenstransaktionen und insbesondere auch auf den Goldhandel und Rohstoffe (läuft weltweit fast alles über «uns»…)
    – F35 Kauf sofort stoppen (gute Drohung gegen Trumps Finanzierer, die Waffenindustrie!)
    – Die Sanktionen gegen Russland beenden und dorthin liefern (echt gute Drohung bei Trump…!)
    – 39% des Vermögens der Amerikaner in CH einfrieren

  • am 2.08.2025 um 03:58 Uhr
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    Wer behauptet, dass halt die Schweiz zu klein und zu unbedeutend ist, dass sie unbedingt sich mit der EU verbünden muss, ist kurzsichtig. Ich denke, dass die EU für Trump wichtiger ist, weil die Natostaaten ihm für seine weiteren geopolischen Ziele wichtig sind: nämlich der wirtschaftliche und eventuelle territoriale Krieg mit China (Erzfeind aus Konkurrenzgründen). Nun, die Schweiz ist weder in der EU noch in der NATo, wirtschaftlich geht es ihr besser als der EU und sie hat einen Freihandelsvertrag mit China, was der USA und der EU gar nicht gefällt, Kurz, Trump kann die Schweiz nicht für seine Ziele einsetzen. Deshalb die hohen Strafzölle. Was tun? Weiterhin ducken? Oder sagen wir einmal, es reicht und wir schauen wieder zu Russaland und den BricsStaaten, die am Aufblühen sind??? Die EU ist keine Option, sie wird die Schweiz in eine Abwärtsspirale treiben. Also, weg vom Ideologie und Wunschtrräumen, Zukunftsvisionen sind gefragt!

    • am 2.08.2025 um 22:04 Uhr
      Permalink

      @Monique Courbat – Genau so sehe auch ich es. BRICS als Zuflucht (multipolar) für Schweiz. Jedoch grosse Schweizer Medien trommeln «im Sinne USA/UK» dagegen, insbesondere gegen das geniale China. WAS «Westliche Demokratie» ist: Augenöffner finde ich dieses Youtube 25.7.2025 von «Thee Alfa House»: «PLO Lumumba: Wer will Ibrahim Traore beseitigen?». In dieser eindrucksvollen Folge präsentiert Professor PLO Lumumba den Aufstieg von Hauptmann Ibrahim Traoré, dem jungen Anführer Burkina Fasos, der eine neue Welle panafrikanischer Hoffnung und revolutionären Geistes entfacht hat. Von Thomas Sankaras Erbe bis hin zu Traorés mutigem Widerstand gegen Frankreich, den IWF und korrupte afrikanische Eliten – Lumumba erschließt die Bedeutung von Revolution im Afrika des 21. Jahrhunderts.
      Lichtgestalten PRO Volk, wurden ermordet, wie Patrice Lumumba 1961, Amílcar Cabral 1973. Und Staatschef von Burkina Faso, Ibrahim Traoré, überlebte bis jetzt 20 Attentate (seit 30.9.2022 im Amt).

  • am 2.08.2025 um 10:25 Uhr
    Permalink

    eine abkehr vom freihandel schadet allen, nicht nur der schweiz.
    gemessen am bip machen die USA exporte ca 7 % aus. ein grosszügiger skontobetrag. wenn man über drittstaaten wie mexiko in die usa exportiert und sich andere märkte sucht, noch weniger. china wird für europa wieder handelspartner no 1, vor den usa.

    die US-bürger haben ebenfalls den schaden, weil ihre produkte teurer werden. zusammen mit den sanktionen anderer länder importieren sich die usa inflation. es folgt in den usa ein zinsdruck nach oben, die investitionen und das wirtschaftswachstum gehen runter, das volk wird ärmer.

    wozu also aufregen, trump erweist den usa einen bärendienst.

  • am 2.08.2025 um 11:54 Uhr
    Permalink

    perplexity.ai sagt:
    «Die Verfassung überträgt dem US-Kongress die Kontrolle über Zölle.
    Der Kongress hat diese Befugnis in begrenztem Umfang per Gesetz an den Präsidenten weitergegeben.
    Ob diese weitreichende Delegation und die konkrete Anwendung durch Trump (vor allem über das IEEPA) verfassungsgemäß ist, ist juristisch umstritten und Gegenstand laufender Klagen.
    Ohne explizite gesetzliche Grundlage kann der Präsident keine eigenen, umfassenden Zölle erheben.
    Kurz: Präsident Trump kann Zölle nur verhängen, wenn und soweit der Kongress ihm das durch spezielle Gesetze ausdrücklich erlaubt hat – und genau diese Gesetze werden derzeit juristisch gründlich überprüft.»
    Angesichts dieser Sachlage könnte man doch von der Schweizer Regierung erwarten, Trump zu erwidern, dass seine Zölle gegenstandslos sind, bevor die juristischen Prüfungen abgeschlossen sind.

  • am 2.08.2025 um 23:27 Uhr
    Permalink

    Anfangs Jahr als das Geschrei der Politiker und USA Experten in Europa über Trumps Wiederwahl gross war, sagte Putin in einem Interview in seinem Dienstwagen. «In ein paar Monaten werden sie alle neben ihrem Herrchen bei Fuss stehen und artig mit dem Schwanz wedeln.»
    Vor nicht geraumer Zeit war auch das 5% Ziel der NATO noch absolut lächerlich…
    So viel zum Rückgrat unserer Politiker und Analysefähigkeit unserer «Experten».

  • am 3.08.2025 um 21:12 Uhr
    Permalink

    Die USA wollen Europa und Russland wirtschaftlich trennen. Die europäische Industrie mit den russischen Rohstoffen, welche auch noch sehr günstig waren, waren den USA seit eh und je ein Dorn im Auge. Jetzt wo fast alle befreundeten Länder wieder von den USA abhängig sind, kann ein Trump auch solche Erpressung betreiben und die westlichen Politiker machen das Spiel mit, weil sie unfähig waren, die wahre Gefahr zu erkennen und nicht das Gesicht verlieren wollen.
    Nebenbei: Russland hat den Westen (Europa) nie erpresst, es hat immer die Verträge eingehalten und pünktlich geliefert, darum wurde auch letztendlich Nordstream sabotiert. Es wäre an der Zeit zu überdenken, wer die Guten und wer die Bösen sind, wer schadet uns am meisten?

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