Die Post lobt ihre Schmalspur-Poststellen
Im Februar nächsten Jahres ist es auch in Muri bei Bern so weit: Die Poststelle schliesst. Die Post schreibt: «Ab Februar 2026 können Kundinnen und Kunden ihre Postgeschäfte in einem eigens bedienten Bereich im Coop erledigen.» Weiter hält sie fest, die Agentur biete «alle gewohnten Dienstleistungen an».
Alle?
Natürlich nicht. Die Postagenturen – häufig in Quartierläden, Papeterien oder Metzgereien untergebracht – sind bloss Schmalspur-Poststellen. Bareinzahlungen? Sind nicht möglich. Auslandszahlungen? Auch nicht. Bargeldbezüge von über 500 Franken? Kann man vergessen. Briefmarken: Gibt’s nur im Zehnerblock. Und nur für Frankaturen von Fr. 1.– und Fr. 1.20. Pakete aufgeben? Nur wenn sie nicht zu gross sind. Geldwechsel? Gibt’s nicht.
Warum behauptet dann die Post, die Agenturen böten «alle gewohnten Dienstleistungen an»? Infosperber fragte nach. Und die Post behauptete abermals, sie biete in «Partnerfilialen alle gewohnten Dienstleistungen an». Im Nebensatz musste sie allerdings zugeben, dass das nur Dienstleistungen betreffe, «die in Postfilialen am häufigsten genutzt werden». Was eine gewichtige Einschränkung ist.
Bargeldbezug? 50 Franken!
Das Problem ist nicht nur, dass Postagenturen gewisse Dienstleistungen nicht anbieten. Manche arbeiten schlecht. Das zeigte eine Stichprobe der Konsumentenzeitschrift «K-Tipp» (Bezahlschranke) im Jahr 2019:
- Bargeldbezüge waren mitunter nur bis zu 50 Franken möglich, weil die Kasse im Quartierladen nicht mehr hergab.
- In sieben von neun Fällen frankierte das Personal falsch – mal zugunsten der Post, mal zugunsten der Kunden.
- Eine Postagentur war geschlossen. Denn die Postagentur machte gerade drei Wochen Betriebsferien. Postgeschäfte waren in dieser Zeit nicht möglich.
Die Stichprobe von 2019 war kein Ausreisser. Fünf Jahre später frankierte das Personal in einer weiteren «K-Tipp»-Stichprobe in 7 von 15 Agenturen falsch.
Propaganda mit Globi
Trotz der Mängel bei Angebot und Qualität der Dienstleistungen macht die Post eifrig Propaganda für ihre Postagenturen. Zum Beispiel im Globi-Buch «Globis neue Abenteuer bei der Post». Nur zwei Strophen daraus:

Längst schon sind die speziellen
vielen kleinen Postdienststellen
in den Läden sehr beliebt,
wo es viel zu kaufen gibt.
Keinen Umweg muss er laufen,
Globi kann gleich vor dem Kaufen
hier verschicken, wie ihr seht,
ein sehr dringliches Paket.
Das Buch entstand mit «fachkompetenter Begleitung» der Post.
Dass die Propaganda verfängt, zeigt das Beispiel der «Berner Zeitung». Sie schrieb im Hinblick auf die Schliessung der Poststelle und die Eröffnung der Postagentur in Muri: «Ab Februar stehen im Supermarkt an der Thunstrasse 68 sämtliche Post-Dienstleistungen zur Verfügung.» Sämtliche! Die «Berner Zeitung» übernahm die Medienmitteilung der Post, statt selber zu recherchieren. Der «Bund» formulierte wörtlich gleich.
Die Begründung ist Unfug
Die Post rechtfertigt die Schliessung von Poststellen mit sinkenden Frequenzen. Konkret: «Seit 2010 sind schweizweit zwei Drittel der Einzahlungen am Postschalter und die Hälfte des klassischen Schaltergeschäfts weggefallen.»
Die Begründung ist Unfug. Infosperber hat nachgerechnet. 2010 gab es 1955 Poststellen. Jetzt sind es noch etwa 750. Das heisst: Die Post hat über 60 Prozent der Poststellen geschlossen. Da ist es kein Wunder, dass die Zahl der Einzahlungen und der restlichen Schaltergeschäfte schrumpft. Die Kundschaft hat sich damit abfinden müssen, nicht mehr eine Poststelle in der Nähe aufsuchen zu können. Viele Kunden erledigen die Geschäfte wohl oder übel via Mail, via Internet oder am Automaten. Und wer das nicht selber kann, muss Verwandte oder Bekannte damit beauftragen.
«Filialen mit Partner»
Die Post bezeichnet die Postagenturen seit einiger Zeit hochtrabend als «Filialen mit Partner». Das ist beschönigend. Denn in den Supermärkten, den Quartierläden, den Papeterien, den Metzgereien belegt die Post nur eine kleine Nische. Häufig weit hinten im Laden. Treffender wäre daher die Bezeichnung «Laden mit Postecke».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Lieber Herr Diener
Die meisten Ihrer Beiträge lese ich gerne. Aber hier haben Sie weider einmal wirklich polemisch geschrieben.
Die heutige Post kann und muss nicht die Dienstleistungen «aus meiner Jugendzeit(vor 50 Jahren)» erbringen.
Die Welt ändert sich, die Menschheit ändert sich, die Bedürfnisse ändern sich.
Warum soll man Bargeld am Postschalter beziehen wollen. Dafür git es ja den Automaten ausserhalb der Post.
Wer macht denn schon Auslandszahlungen am Postschalter? Geht im Internet bei Post viel einfacher. Und ohne Internet? Da gibt es andere Geldüberweiser auf dem Markt seit Jahren.
Wir können doch nicht die Post dazu verdonnern historische Dienstleistungen für eine sehr kleine Kundengruppe anzubieten – und dann gleichzeitig über die höheren Tarife jammern.
Die Post bringt wirklich für die Mehrheit der Kunden den erwarteten Service.
Aber vielleicht könnten Sie sich mach schlau machen darüber, wie die Arbeitsbelastung unserer Pöstler (Hauslieferung – hiess früher Briefträger)
Sie haben recht. Die Welt ändert sich, die Menschheit ändert sich, die Bedürfnisse ändern sich. Einen grossen Beitrag dazu, dass wir uns geändert haben, hat die Post geleistet. Zum Beispiel, indem sie über 80 Prozent ihrer einst 4000 Poststellen geschlossen hat. Oder, indem sie für gewisse Geschäfte Rabatte gewährt, wenn die Kunden sie digital erledigen. Das kann man gut finden oder auch nicht.
Störend ist aber, wenn die Post behauptet, Postagenturen würden alle Dienstleistungen erbringen, die auch eine richtige Poststelle erbringt. Und störend ist auch, wenn die Kunden feststellen müssen, dass das Postagenturen-Personal die Dienstleistungen in schlechter Qualität erbringt. Was allerdings verständlich ist, weil das Personal nur eine Schnellbleiche durchläuft.
Der Niedergang der Post ist schon ziemlich brutal, aber wohl eine zwingende Folge der Digitalisierung von Kommunikation und Zahlungsverkehr. Die Ära der PTT endete 1997/1998. Die Post durfte rückblickend nur noch den Niedergang verwalten.
Die Swisscom konnte sich auch nur dank des kurz darauf einsetzenden Mobiltelefon- und Internet-Booms halten, wäre ohne Staatsbeteiligung und Platzhirsch-Status im freien Markt aber vermutlich auch längst massiv unter Druck.
Ein Beispiel: Die Firma Teleboy ist ein Wiederverkäufer eines Wiederverkäufers (iWay) von Swisscom, doch der Service von Teleboy ist wesentlich günstiger und deutlich besser als Swisscom selbst…