Sperberauge

Chlorothalonil wird nicht mehr akzeptiert

Monique Ryser* ©

Monique Ryser /   Syngenta hat Zwischensieg errungen, doch nützt das wenig.

«Der Schaden ist jedoch angerichtet. Die intransparente Information durch die Behörden hat zwei Konsequenzen: Einerseits ist die Bevölkerung verunsichert und andererseits wirft das widersprüchliche Verbot eines Pflanzenschutzmittels Fragen zur Stabilität der Rahmenbedingungen für die forschende Agrarindustrie auf.» So beklagt sich Syngenta über die Behörden, die auf die Gefahren des Pestizids Chlorothalonil im Trinkwasser aufmerksam gemacht haben. Der Agrochemiekonzern tut dies über die Kampagnenplattform gegen die Trinkwasser- und die Pestizidiniative, die seit Monaten gegen die beiden Volksbegehren Stimmung macht.

Ja, der Schaden ist angerichtet: Metaboliten des Fungizids sind im Grundwasser zu finden. Egal, wo der Grenzwert angesetzt ist – sie verunreinigen das Trinkwasser. Zwar hat der Agrochemiekonzern vor Bundesverwaltungsgericht mit einer Zwischenverfügung erreicht, dass bis zum Vorliegen eines definitiven Urteils die Rückstände nicht mehr als «wahrscheinlich krebserregend» deklariert werden dürfen. Das Bundesamt für Landwirtschaft und das Bundesamt für Umwelt mussten daraufhin die entsprechenden Dokumente von ihren Websites entfernen. Und die Kantonschemiker mussten die Wasserversorger dementsprechend informieren. Bis zum Vorliegen eines definitiven Entscheids wird der Grenzwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter ausgesetzt und er wird nicht mehr beanstandet. Ebenso sind die Versorger nicht mehr verpflichtet, das Wasser nach Rückständen von Chlorothalonil zu untersuchen. Allerdings: Die Kantone raten den lokalen Trinkwasserlieferanten, die Bevölkerung nach wie vor auf dem Laufenden zu halten. Die Bevölkerung dulde diese Rückstände nicht, ist der Konsens.

Syngenta will mit seiner Klage nicht nur verhindern, dass Metaboliten als krebserregend gelten, sondern auch gegen das Verbot des Fungizids kämpfen, das seit Ende 2019 in der Schweiz, bereits vorher auch schon in der EU verboten wurde. Egal, wie das Gerichtsverfahren ausgeht: Metaboliten des Fungizids Chlorothalonil landen im Trinkwasser und verbleiben dort für lange Zeit. Genau so, wie andere Stoffe, die dort nicht hingehören. Der Schaden ist angerichtet, das Trinkwasser ist nicht so sauber, wie es einst war und wie es sein könnte. Dieser Schaden ist sehr viel grösser als der, der von Syngenta geltend gemacht wird. Da wird auch kein Gerichtsurteil etwas daran ändern. Schon gar nicht bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Wie die Wasserversorger selber erkennen: Rückstände im Trinkwasser werden nicht mehr geduldet.


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Keine
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5 Meinungen

  • am 10.05.2021 um 13:13 Uhr
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    «Rückstände» ?!
    Ich meine, ein erster und guter Schritt wäre, «Rückstände» zu klassifizieren,
    beispielsweise in

    natürliche, bis jetzt als unbedenklich bekannte Stoffe
    natürliche Stoffe, zu denen man noch nicht genug weiss
    natürliche Stoffe, bei denen Grenzwerte einzuhalten sind

    bei gleichartiger Klassifizierung bei synthetischen Stoffen

    Was unproduktives «Fingerhakeln» und Behinderung von Untersuchungen und vorsorglichen Schutzmassnahmen wohl deutlich reduzieren könnte ?!

    Wolf Gerlach, Ingenieur

  • am 10.05.2021 um 13:39 Uhr
    Permalink

    Hier einige Zitate vom Journalist Jürg Vollmer

    Beim Grenzwert von 0,1 Mikrogramm Chlorothalonil pro Liter könnte ich unbedenklich mein ganzes Leben lang jeden Tag (!) 13’500 Liter Wasser oder rund 100 Badewannen pro Tag leer trinken

    Im Unterschied dazu gilt in der Schweiz zum Beispiel für Erdbeeren ein Grenzwert von 5 Milligramm Chlorthalonil pro Kilogramm Erdbeeren. Um die Erlaubte Tagesdosis (ETD) nicht zu überschreiten, dürfte ich nur 90 Kilogramm x 3 Gramm Erdbeeren essen. Also nur 270 Gramm Erdbeeren pro Tag – im Vergleich zu 13’500 Liter Trinkwasser.

    Dieses Pflanzenschutzmittel ist nicht nennenswert! Hier wird eine pure Hetze betrieben! Wenn wir die Initiativen annehmen werden wir vom Ausland mit viel Schädlicheren Mengen an Chemikalien überschüttet! Man bedenke, dass es im Ausland kaum möglich ist diese Spuren überhaupt zu messen!

    Ich will Schweizer Lebensmittel und nicht aus dem unkontrollierbaren Ausland! Darum zweimal NEIN!

  • am 10.05.2021 um 16:05 Uhr
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    Der kleine Publizitäts-Sieg von Syngenta sollte nicht überbewertet werden.

    In der Grundsatzfrage ist eben leider vom BVGR erst nach Jahren mit einem Entscheid zu rechnen. Erst wenn diese Grundsatzfrage rechtlich bindend entschieden ist, dürfen die jetzt verbotenen Aussagen ggf. wieder von Ämtern publiziert werden. So funktioniert leider der sog. Rechtsstaat…

  • am 11.05.2021 um 01:32 Uhr
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    Herr Büschi zeigt in einer Rechnung, dass die Pestizide im Trinkwasser uns nicht schaden können. Selbst wenn es so ist, bin ich erstaunt was Herr Buschi offenbar vergessen hat.

    Es hat 75% weniger Insekten als 1970.
    Braucht es noch mehr Beweise, dass unsere Landwirtschaft völlig neben den Schuhen steht?
    Ich kann in der Nacht seit 2 Jahren bei offenem Fenster lesen. Kein Insekt weit und breit.
    Die Uni Bern und Genf haben herausgefunden, dass es im CH- Mittelland pro Flächeneinheit 140 mal weniger Netzspinnen gibt als 1980. Die Netzspinnen die man noch gefunden hat waren am Verhungern.

    Es gibt Menschen ,Herr Büschi, die freuen sich über eine vielfältige Insektenwelt. Vor 30 Jahren sah ich an vielen Waldrändern eine Vielzahl von Schmetterlingen. Heute vielleicht ein einzelner Kohlweissling!
    Wegen Insektenmangel haben neben vielen Singvogelarten auch die Schwalben markant abgenommen.

    Dieses ewige Argumentieren mit Grenzwerten, immer nur die Gesundheit des Menschen im Vordergrund, erinnert an Syngenta.

  • am 11.05.2021 um 10:23 Uhr
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    La Nature ne produit aucune substance biochimique qu’elle ne sait pas détruire. Dès lors, les «doses admissibles» de substances toxiques de synthèse sont largement arbitraires, surtout lorsqu’elles relèvent plus du commerce que de la biochimie. Les barres d’incertitude statistique pourraient être étendues ou réduites de 2, 10 ou 50 fois sans que l’on sache vraiment où se situe ce qui est «admissible», qualificatif très élastique.
    Il n’y a vraiment aucune raison de penser que nous avons été et sommes plus prudents avec les produits phytosanitaires ou résidus médicamenteux qu’avec, par exemple, les plastiques…
    GS

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