Weniger Inlandflüge – doch jetzt will sie die Regierung fördern
Langsamverkehr statt Auto, Bahn statt Flug – nicht nur in Europa bemühen sich Länder, um Klima-Downgrading. Aus guten Gründen: Ein Flugkilometer belastet die Umwelt mehr als fünfmal so stark mit CO2 wie ein Bahnkilometer. Und immer noch fast viermal so stark wie ein Reisekilometer im Auto.
Zahlreiche Organisationen beschäftigen sich seit Jahren damit, den Stand der Dinge zu dokumentieren. Die jüngsten Untersuchungen sind eher erfreulich: Greenpeace stellte bei einem Vergleich von 142 innereuropäischen Verbindungen fest, dass auf fast der Hälfte (46 Prozent) der Zug günstiger ist als der Flug. Ein deutlicher Zuwachs gegenüber 2023, aber laut Greenpeace immer noch viel zu wenig. Bahnfahren müsse «immer und überall die günstigste Option sein».
Fast eine Million Tonnen weniger CO2
Ebenfalls erfreulich: In Deutschland gibt es viel weniger Inlandflüge als vor der Corona-Pandemie. 2019 flogen noch 238’000 Flugzeuge innerhalb Deutschlands – gegenüber 117’000 im vergangenen Jahr, berichtet «Table-Media». Von Januar bis Oktober 2025 hatte ein Fünftel der Flüge, die von einem deutschen Hauptverkehrsflughafen starteten, ein Ziel in Deutschland. 2019 waren es noch mehr als ein Viertel (27 Prozent), berichtete die «Tagesschau».
Laut «Table.Media» entstehen 900’000 Tonnen CO2-Äquivalente weniger als vor der Pandemie. Damals waren es zwei Millionen Tonnen CO2, Lachgas und Methan. Die klimaschädigende Wirkung von Kondensstreifen, die laut Greenpeace zwei Drittel der schädlichen Klimawirkung ausmacht, sei nicht Teil der Rechnung gewesen, fasst die «Taz» zusammen.
Verkehrsminister Fliegen fördern
Trotzdem ein guter Erfolg für das Klima. Der deutsche Verkehrsminister Patrick Schnieder ist da völlig anderer Meinung. Er möchte den Flugverkehr zügig wieder ankurbeln. «Wir machen den Luftverkehrsstandort Deutschland endlich wieder attraktiver und wettbewerbsfähig, indem wir Steuern, Gebühren und Abgaben reduzieren», sagte der CDU-Politiker in einer Rede vor dem deutschen Bundestag.
Greenpeace: «Absurd»
Welche «Steuern, Gebühren und Abgaben» Schnieder dabei im Auge hat, kann man nur raten. Der Flugverkehr ist bereits von zahlreichen Steuern und Abgaben befreit. In den meisten europäischen Staaten bezahle die Airline keine Kerosinsteuer, listete Lena Donat, Verkehrsexpertin bei Greenpeace im Interview mit der «Tagesschau» auf (ab etwa 4:30 min). Internationale Flüge seien von der Mehrwertsteuer befreit. Die Bahn hingegen zahle Stromsteuer. Auf grenzüberschreitende Tickets werde zudem Mehrwertsteuer fällig, während Airlines von Energiesteuern komplett ausgenommen seien,
Es sei absurd, dass Reisende in Europa mit üppigen Subventionen und Steuerausnahmen ins klimaschädliche Flugzeug gedrängt würden, während die klimaschonende Bahn mit «zig Abgaben belastet» sei.
Viel Geld für viel Abgas
Nicht alle Flughäfen seien wirklich nötig – doch gerade in Regionalflughäfen flössen Millionen an staatlichen Geldern, ergänzt Mobilitätsexpertin Katja Diehl gegenüber der «Taz». Sie fordert eine zusätzliche Abgabe für Flugreisen, damit Fliegen spürbar teurer wird.
Schnieder sieht das wohl anders. Zwar sagte der Minister auch: «An den Klimazielen halten wir ausdrücklich fest» und «eine zentrale Rolle beim Thema ‹klimafreundliche Mobilität› spielt natürlich die Schiene». Wie er das gleichzeitig realisieren will – mehr Bahn, mehr Flugverkehr und weniger Klimabelastung – bleibt aber sein Geheimnis.
Versäumnis könnte Deutschland Milliarden kosten
Der Verkehrssektor ist neben dem Gebäudebereich eines der Sorgenkinder, wenn es um die deutschen Klimaziele geht. Treiber der Klimawende war bisher der Energiesektor, die Jahresziele im Verkehr wurden dagegen 2024 erneut verfehlt. Die angestrebten Ziele für 2030 könnte Deutschland gerade noch schaffen. Im Verkehr sind 40 bis 42 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 1990 vorgesehen. Für 2040 und 2045 sieht es aber eher schlecht aus. Das geht aus dem deutschen Klimaschutzbericht 2025 hervor. Das Verfehlen der Klimaziele könnte Deutschland eine zweistellige Milliardensumme an EU-Strafzahlungen kosten.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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