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Mit Hilfe einer Infrarotkamera lassen sich Methanlecks sichtbar machen, wie hier in Mallnow, Deutschland. © Clean Air Task Force

Europas Industrieanlagen verlieren das Klimagas Methan

Daniela Gschweng /  Eine NGO untersuchte mehr als zweihundert Öl- und Gasanlagen in Europa mit einer Spezialkamera und fand jede Menge Lecks.

Ab Herbst 2020 zog James Turitto mehrere Monate lang durch Europa. Der für diese Aufgabe zertifizierte Kampagnenleiter filmte Industrieanlagen mit einer Spezialkamera und suchte nach Lecks, aus denen Methangas austritt. Auf den bunten Bildern, die er im Auftrag der US-Organisation «Clean Air Task Force» (CATF) anfertigte, wurden normalerweise unsichtbare Methangaswolken sichtbar.

Was bisher nur vermutet wurde, ist damit bildlich festgehalten: Europa hat ein Methanproblem. An 123 von über 200 Standorten in ganz Europa dokumentierte die CATF Methanlecks, an einigen mehrere. Die EU muss in Folge wohl einige Löcher stopfen und ihre Klimabilanzen anpassen.

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James Turitto bei einer Gas-Verdichtungsanlage in Mallnow (unser Titelbild)

Methan ist kurzfristig ein weitaus schädlicheres Klimagas als Kohlendioxid (CO2). Etwa die Hälfte davon wird von Menschen erzeugt. Auf natürlichem Wege entsteht Methan durch Fäulnisprozesse. Einen guten Teil emittiert die Viehwirtschaft und auch bei Energieerzeugung aus Öl und Gas wird Methan frei.

Gegenmassnahmen sind dringend, wenn die Menschheit die Klimaerhitzung begrenzen will. Der Methangehalt der Erdatmosphäre ist in den vergangenen Jahren ständig gestiegen. Der jüngste Methan-Bericht der Vereinten Nationen vom Mai 2021 geht davon aus, dass Eindämmung von Methanemissionen einer der günstigsten Wege ist, die Klimabilanz zu verbessern.

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Die Methankonzentration in der Atmosphäre, die die World Meteorological Organization (WMO) misst, steigt seit Jahrzehnten.

Erdgas, das wir schlicht «Gas» nennen, besteht zum grössten Teil aus Methan. Wie viel davon bei Ausbeutung, Transport und Verarbeitung verloren geht, war bisher nur ungefähr bekannt. Berichte aus den USA deuteten darauf hin, dass vor allem Mülldeponien, Lecks in Industrieanlagen und schlampig stillgelegte Bohrlöcher viel Methan verlieren (Infosperber berichtete in mehreren Artikeln). Ein Teil dieser Emissionen wäre schnell und einfach zu vermeiden.

In Europa sieht es kaum besser aus als in den USA

In Italien, Österreich, Deutschland, Ungarn, Tschechien, Polen und Rumänien sieht es kaum besser aus als in den USA, stellte die CATF in Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen wie der «Deutschen Umwelthilfe» fest.

Stillgelegte Bohrlöcher gibt es in Europa eher wenige, dafür viel Transport- und Betriebsinfrastruktur. Gas wird in vielen europäischen Ländern als Energieträger genutzt und gilt als Brückentechnologie. Der grösste Gasverbraucher ist Deutschland, wo die Hälfte aller Wohnungen mit Gas beheizt wird. Ein Grossteil davon wird aus Russland, den Niederlanden und Norwegen importiert. Auf dem Weg in die Haushalte passiert das Gas Pipelines, Verdichter, Tanks, Ventile, Rohre.

Gegen viele Lecks wird nichts unternommen

Lecks gibt es in der gesamten Lieferkette, von der Bohrung bis zum Konsumenten. Dass Methan absichtlich oder versehentlich in die Luft gelangt, ist bekannt. Das geschieht zum Beispiel dann, wenn Überdruck in einem Gastank abgebaut wird oder Leitungen undicht sind.

Aus den Rückmeldungen verschiedener Betreiber auf die Funde der CATF, die «Reuters» und «Die Zeit» dokumentiert haben, geht hervor, dass sie das Leck oft schon kannten. Einige bedankten sich aber sogar für die Recherche.

Wenn das Leck nicht gross ist und keine Sicherheitsbedenken bestehen, wird meist kaum etwas dagegen getan. Standorte, die Turitto mehrmals besuchte, zeigten, dass Lecks monatelang nicht repariert wurden. Illegal ist das nicht. Industrie und Behörden verlassen sich weitestgehend darauf, dass Anlagenbetreiber Lecks selbst melden und reparieren, eine Meldepflicht aber gibt es nicht.

In manchen Ländern leckten 90 Prozent der Anlagen

Unterschiede gab es auch zwischen den untersuchten Ländern. Während 90 Prozent der von CATF überprüften Anlagen in Tschechien, Ungarn, Italien, Polen und Rumänien Methanlecks aufwiesen, war der Anteil in Deutschland und Österreich etwas geringer.

Wie viele Tonnen Methan so verloren gehen, ist schwer zu sagen, die Messungen der CATF sind nur Stichproben. Die Summe könnte erheblich sein. Wissenschaftler in den USA stellten 2018 nach einer jahrelangen Reihe von Messungen fest, dass die USA 2015 um 60 Prozent mehr Methan ausstiessen als in der offiziellen Statistik angegeben.

Reparatur wäre oft einfach und günstig

Sehr viele dieser Lecks wie Löcher in Tanks oder undichte Leitungen könnten günstig und mit wenig Aufwand gestopft werden. Das gilt auch für Methanquellen in der Landwirtschaft, die sich teilweise abdichten oder abdecken lassen.

Regelmässige Kontrollen könnten verhindern, dass jahrelang unbemerkt Gas austritt. Auch bei kleinen Lecks, von denen es in der gesamten Infrastruktur nur so wimmelt. «Der Spiegel» berichtete 2020 von einer Gruppe Forschender, die die Gasnetze europäischer Städte untersuchten.

Die Bilanz in Hamburg ergab, dass Lecks im Gasnetz die Ursache für 50 bis 80 Prozent aller gefundenen Methanemissionen waren. Jährlich gelangten demnach 286 Tonnen Methan aus den Hamburger Gasnetzen in die Atmosphäre. Hochgerechnet auf ganz Deutschland ergäbe das 1,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr.

Die EU plant Gegenmassnahmen

Die EU hat im Oktober angekündigt, neue Regulierungen einzuführen und bestehende zu verschärfen. Dazu gehören unabhängige Stichproben-Messungen sowie eine Kontroll-, Melde- und Reparaturpflicht für Betreiber von Gas-Infrastruktur. Dort, wo es nicht anders geht, soll Gas nicht mehr einfach in die Luft entlassen werden. Klimapolitisch vernünftiger wäre es, es zumindest abzufackeln. In Kraft treten werden solche Regeln nicht vor 2023.

Mit entsprechendem politischem Willen könnten die Europäer bis 2025 etwa 70 Prozent ihrer Methanemissionen loswerden, sagt Jonathan Banks, Präsident von «Clean Air Task Force Super Pollutants». Politisch würde das auch bedeuten, langfristige Verträge, die in der Branche üblich sind, zu überdenken. Dazu gehören das Pipelineprojekt Nord Stream 2 oder die Flüssiggasabkommen mit den USA.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Klimapolitik kritisch hinterfragt

Die Menschen beschleunigen die Erwärmung der Erde. Doch kurzfristige Interessen verhindern griffige Massnahmen.

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Gifte und Schadstoffe in der Umwelt

Sie machen wenig Schlagzeilen, weil keine «akute» Gefahr droht. Doch die schleichende Belastung rächt sich.

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8 Meinungen

  • am 22.07.2021 um 12:39 Uhr
    Permalink

    DIESER Artikel ist «fragwürdig», denn

    einerseits werden Behauptungen zur «grossen» Gefährlichkeit von Mehtan aufgestellt –

    andererseit gibt es dazu aber keinen einzigen schlüssigen Beweis-
    weder auf der Basis von Logig
    noch auf der Basis von derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen
    noch auf der Basis irgendwelcher Hilfs-Beweise durch Vergleiche
    mit «früheren» hohen Methan-Konzentrationen

    Also: Thema verfehlt

    Note: mangelhaft bis total ungenügend

    Wolf Gerlach, Ingenieur

    • Christian Müller farbig x
      am 22.07.2021 um 19:41 Uhr
      Permalink

      Sehr geehrter Herr Gerlach, welche Meinung auch immer Sie haben mögen, das Thema Klimawandel ist und bleibt aktuell. Bitte verzichten Sie auf die Verteilung von «Noten». Wir sind professionelle Journalisten und keine Schüler, so wie Sie «Ingenieur» sind und nicht Lehrer. Mit freundlichem Gruss, Christian Müller, Mitglied der Redaktionsleitung Infosperber.

  • am 22.07.2021 um 19:34 Uhr
    Permalink

    Mit Wärmebildkameras lassen lediglich sich absoluteTemperaturen und Temperaturunterschiede sichtbar machen. Um welches Medium es sich dabei handelt ist so nicht feststellbar.
    Ob es sich bei dem Gewölke im Bild um Methan, heisse Luft oder ein anderes Gas- oder Dampfgemisch handelt müsste in einem weiteren Schritt durch Proben des entweichenden Stoffs analysiert werden.

  • am 22.07.2021 um 19:56 Uhr
    Permalink

    Vor einiger Zeit waren es noch die Furzenden Kühe die das Methan in die Luft gepustet haben! Ich denke die Kühe sind wohl an einem ganz kleinen Methan Ausstoss auf der Erde verantwortlich! Es ist doch viel einfacher bei der Erdölgewinnung das Gas einfach abzulassen als es zu fassen und zu transportieren. Bestes Beispiel ist die Coronakrise wo weniger Erdöl gefördert wurde da sank der Methangehalt in der Atmosphäre obwohl es nicht weniger Kühe gab.

  • am 23.07.2021 um 06:43 Uhr
    Permalink

    OK, sehr geehrter Herr Müller,
    Sie wünschen eine logisch-sachliche Kommentierung -ohne den Anschein einer Wertung ?!

    Bitte, gerne :

    1. Der Begriff «Leck» leitet sich davon ab,
    dass ein Stoff oder Stoff-Gemenge
    ohne Absicht
    an einer UN-dichten Stelle austritt.

    Zu sehen ist jedoch eine «anstatt» eine Abblas-Vorrichtung.

    2. Bei der Expansion eines Gases wird diese kühler als «zuvor» .
    Bestünde das Gas aus Methan, würde es -normalerweise- trotzdem «aufsteigen» .
    Auf dem «Beweis-Foto» ist aber zu sehen, dass das Gas über eine längere Strecke -nach dem Austritt «nach unten unten wabert».

    3. Was darauf schliessen lässt, dass DIESES Gas sogar schwerer als Luft ist-
    also mit -an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit- KEIN Methan ist !
    -Wie auch ein anderer Kommentator / aus anderem Grund feststellte.

    4. Ich habe SEHR grossen Respekt vor investigiven Journalisten –
    aber «hier» wird -hoch-wahrscheinlich- ins Blaue hinein eine Theorie aufgestellt !

    Ich grüsse Sie-
    so freundlich, wie respektvoll !

    Sich Irren ist nun mal menschlich – passierte mir auch öfters mal.
    ABER: nicht Lernen wollen, könnte unangenehm sein oder werden !

    Wolf Gerlach, Ingenieur

  • alex_nov_2014_1_3_SW(1)
    am 23.07.2021 um 09:46 Uhr
    Permalink

    @Konrad Guggisberg Ich dachte eigentlich, ich erspare den Leserinnen und Lesern die technischen Details ;*). Es geht um Absorption bzw. die speziellen Absorpionseigenschaften verschiedener Gase.
    Für Interessierte hier zwei Links, in denen erklärt wird, wie Methandetektion funktioniert.
    etwas verständlicher:
    https://www.agrarheute.com/sites/default/files/media/587670/587670.pdf
    und etwas grünlicher
    https://www.flir.de/discover/instruments/gas-detection/the-science-behind-optical-gas-imaging

  • alex_nov_2014_1_3_SW(1)
    am 23.07.2021 um 16:50 Uhr
    Permalink

    Haben Sie schon mal an eine gerichtete Luftbewegung gedacht? (vulgo: Wind)

  • am 29.07.2021 um 20:37 Uhr
    Permalink

    Schon die ÜBERSCHRIFT , sehr geehrte Frau Gschweng, ist «voll daneben» -was Sie «eigentlich» auch wissen müssten:

    «Europas Industrie-Anlagen verlieren das Klimagas Methan»

    Der nächste ihrer «Fakes»:
    Sie schreiben von «Lecks» – als Foto «vorgeführt» wurde aber kein «Leck», sondern eine professionelle Entlüftung.

    Einige andere «nicht stimmige Merkwürdigkeiten» erwähnte ich bereits-

    — und ich würde es «sehr begrüssen», wenn DIESER sachliche und seriöse UND auch aus Gründen der WAHRHEIT notwendige Kommentar meinerseits zur Sache NICHT nochmals von infosperber unterdrückt würde !

    Es wäre also an der Zeit, sehr geehrte Frau Gschweng, endlich dazu zu stehen, dass Sie sich irrten – – –
    oder ?!

    wolfge

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