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Pumpspeicherwerk Nant de Drance (VS): Rentabilität in den Sternen © Nant de Drance

Bund publiziert Gefälligkeitsstudie für Stromlobby

Kurt Marti /  Statt der Strombranche auf den Zahn zu fühlen, produzierte der Bund eine Studie, die von den wirklichen Problemen ablenkt.

Seit anderthalb Jahren jammert die Strombranche über zu tiefe Strompreise, welche die Rentabilität neuer Wasserkraftwerke gefährden. Mit ihrem Wehklagen stiess die Strombranche beim Bundesamt für Energie (BFE) auf offene Ohren: Im vergangenen Dezember publizierte das BFE eine Wasserkraftstudie, welche die Sicht der Stromwirtschaft untermauerte (siehe Link unten). Die Stromer lieferten bereitwillig das Zahlenmaterial für die Studie, die im Grunde eine Banalität festhält: Zur Zeit gibt es in Europa zuviel Strom und die Strompreise sind tief. Deshalb sind Investitionen in neue Kraftwerke nicht rentabel. Das gilt nicht nur für die Wasserkraft. Wieso bezahlt also das BFE eine Studie mit Binsenwahrheiten und verstärkt damit die Alarmstimmung der Strombranche?

Fragezeichen hinter dem Sinn solcher Zahlen

Anlässlich der BFE-Medienkonferenz vom 12. Dezember 2013 wurde die famose Wasserkraftstudie vorgestellt. Dabei war für das Jahr 2013 von einem durchschnittlichen Marktpreis an der Schweizer Strombörse Swissix von rund 5 Rappen pro Kilowattstunde (Rp./kWh) die Rede und dass sich dieser Preis erst bis ins Jahr 2020 auf 9 bis 11 Rp./kWh erhöhen werde. Der Tross der Schweizer Medien betete diese vorgekaute Botschaft unisono und kritiklos nach.

Bereits ein kurzer Blick auf die Swissix-Marktpreise seit dem vergangenen September setzt hinter den Sinn solcher Prognosen ein dickes Fragezeichen: Ausgerechnet am Tage der BFE-Medienkonferenz vom 12. Dezember 2013 lag nämlich der Marktpreis bei rund 8.76 Rp./kWh. Dabei handelt es sich um den durchschnittlich Preis für billigen Bandstrom. Der durchschnittliche Preis für Spitzenstrom, der ja für die Speicherkraftwerke entscheidend ist, lag am 12. Dezember bei 9,72 Rp./kWh und abends um 18.00 Uhr kletterte er sogar auf 11,4 Rp./kWh hoch (siehe Grafik).

Seit September markant über 5 Rappen

Ebenso irritierend ist die BFE-Behauptung, dass sich die Terminpreise (im voraus ausgehandelte und verbindlich festgelegte Marktpreise) erst im Jahr 2019 erholen werden. Was soll eine solche Behauptung in Bezug auf den regulierbaren Spitzenstrom aus Wasserkraft? Es wäre wirklich sehr unklug, schon jetzt auf der Basis des aktuellen Preisdrucks die zukünftigen Strompreise für die Spitzenenergie aus Wasserkraft auszuhandeln. Solche brisanten Fragen über den Sinn und Zweck der rein spekulativen Terminmärkte werden in der BFE-Studie wohlweislich ausgeklammert.

Der Swissix-Marktpreis für Band- und Spitzenstrom lag nicht nur am 12. Dezember markant über den behaupteten 5 Rappen, sondern praktisch immer werktags seit Ende August und ebenfalls von Januar bis April (siehe Grafik). Auf Anfrage von Infosperber erklärte BFE-Mediensprecherin Marianne Zünd, die BFE-Studie sei im Herbst erarbeitet worden und deshalb scheine der Marktpreis von 5 Rappen «nicht unplausibel». Im Nachhinein gesehen läge «der durchschnittliche Swissix-Preis für 2013 mit 5.5 Rp./kWh etwas höher als rund 5 Rp./kWh». Die Strom-Spotpreise würden «relativ stark» variieren. Zudem seien die «erwähnten Preise eines spezifischen Tages im Dezember kaum relevant». Fakt ist aber, dass die publizierte Zahl von 5 Rappen bereits nach drei Monaten um 10 Prozent von der Realität abwich.

Blasen 1: Marktpreise und Aktienkurse

Erstaunlicherweise verläuft der Swissix-Marktpreis im Jahr 2013 ähnlich wie im Jahr 2009 (siehe Grafik) als die Stromwirtschaft den bisher höchsten Reingewinn in der Höhe von fast vier Milliarden Franken verzeichnete. Laut BFE-Sprecherin Zünd kam der hohe Gewinn dadurch zustande, dass die Produktion des Jahres 2009 bereits im Jahr 2007 zu den damaligen, hohen Terminpreisen verkauft wurde. Von Sommer 2008 bis Frühling 2009 habe dann der Preiszerfall eingesetzt und die Hochpreisphase von 2005 bis 2008 beendet. Im Klartext: Die Preis-Blase platzte schon nach drei Jahren und die Marktpreise sanken auf das ursprüngliche Preisniveau vor der Blase.

Parallel zur Preisblase entwickelte sich auch eine Aktienkurs-Blase, wie der Verlauf der Alpiq-Aktie eindrücklich zeigt (siehe Grafik): Der Aktienkurs stieg seit dem Jahr 2005 massiv an und erreichte im Jahr 2008 seinen Höhepunkt bei 760 Franken, um in den folgenden Jahren wieder auf den ursprünglichen Wert von rund 120 Franken zurückzufallen. Sowohl die Strompreise als auch die Aktienkurse haben sich also erfreulicherweise wieder normalisiert. Die heutige Alarmstimmung der Strombranche muss also einen anderen Grund haben.

Blasen 2: Reingewinne und Aussenhandels-Saldi

Nicht nur die Marktpreise und die Aktienkurse kommen als Blase daher, sondern auch die Reingewinne und die Aussenhandels-Saldi der Stromwirtschaft zwischen 2006 und 2010. Der jährliche Reingewinn der Stromwirtschaft stieg erstmals im Jahr 2006 über die 2 000 Millionen-Grenze und kehrte fünf Jahre später wieder auf normale Werte zurück (siehe Grafik): Im Jahr 2011 wies die Strombranche einen Reingewinn von 1 481 Millionen Franken aus, was dem Niveau vor der Gewinn-Blase entsprach.

Dieselbe Blasenbildung zeigt sich auch bei den Aussenhandels-Saldi: In den Jahren 2007 bis 2010 stiegen die Saldi deutlich über die 1 000 Millionen-Grenze (siehe Grafik). Der Saldo 2012 in der Höhe von 771 Millionen Franken entspricht wiederum dem Niveau des Jahres 2005 mit 737 Millionen. Auch die Aussenhandels-Blase war geplatzt. Aber wieso wurde diese positive Entwicklung zu einem Problem für die Strombranche?

Sämtliche Sicherungen brannten durch

Die Antwort ist einfach: Die Preis-, Aktienkurs-, Reingewinn- und Aussenhandels-Blasen waren das Resultat einer ungesunden Überhitzung des Strommarktes. Angeheizt durch die kurzfristigen Milliarden-Gewinne aus dem Stromhandel und dem goldenen Kalb der Pumpspeicherwerke investierte die Strombranche (Axpo, Alpiq, BKW u.a.) Milliarden in neue Pumpspeicherwerke und Gaskraftwerke im Ausland. Warnungen wurden in den Wind geschlagen, sämtliche Sicherungen brannten durch.

Das Resultat ist bekannt: Milliarden-Verluste als Folge der Auslandinvestitionen und Milliarden-Investitionen in Pumpspeicherwerke (Linth-Limmern, Nant de Drance), deren Rentabilität schon vor der Inbetriebnahme in den Sternen steht. Diese Fehlinvestitionen in Gaskraftwerke und die fehlende Rentabilität der Pumpspeicherwerke sind die Hauptgründe für das Wehklagen der Stromlobby. Damit wird das Ziel der BFE-Studie offensichtlich: Einerseits soll damit von den milliardenteuren Fehlentscheidungen der hochbezahlten Verwaltungsräte und Manager der Strombranche abgelenkt werden, andererseits will die Stromlobby ihr Geschäftsmodell des internationalen Strom-Grosshandels konservieren, um damit der dezentralen, erneuerbaren Energieproduktion den Wind aus den Segeln zu nehmen.

BFE und Stromlobby führen uns an der Nase herum

Statt mit einer teuren Studie blosse Binsenwahrheiten zu verbreiten, hätte das BFE besser die «Blasen» der Strombranche unter die Lupe genommen und die Strom-Manager zur Verantwortung gezogen. Zudem wäre es die Aufgabe des BFE, entsprechende Massnahmen vorzuschlagen, um solche Exzesse in Zukunft zu verhindern. Stattdessen führt das BFE gemeinsam mit der Strombranche die Öffentlichkeit an der Nase herum.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Beirat (bis Januar 2012), Geschäftsleiter (bis 1996) und Redaktor (bis 2003) der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

Zum Infosperber-Dossier:

Stromleitungd

Die Politik der Stromkonzerne

Elektrizitätsgesellschaften verdienen am Verkaufen von möglichst viel Strom. Es braucht endlich andere Anreize.

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3 Meinungen

  • am 31.01.2014 um 09:08 Uhr
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    Grundsätzlich hat Herr Marti recht, die aktuellen Strompreise sind ein Ergebnis aus dem Verhältnis aus Angebot und Nachfrage. Die nachfrage ist seit 2009 stagnierend, während das Angebot (insbesondere wegen Wind und PV-Zubauten) stark zugenommen hat.
    Die Aussagen zu den Börsenpreisen und Beziehungen zu den Gewinnen ist jedoch völlig falsch: Der Bezug auf Tagespreise ist nicht gültig, es müssen die Terminpreise berücksichtigt werden! Die Strompriese sind 2003 bis 2008 basierend auf den hohen Ölpreisen regelmässig angestigen, zum Schluss mit dem Barrel Öl bei 150 USD, war der Terminkontrakt für das Jahr 2009 bei 10 Rp/kWh. Die entsprechenden Gewinne der Stromproduzenten wurden deshalb 2009 eingefahren. Die Korrelation zwischen den Strompreisen und den Gewinnen und Aktienkursen ist also sehr hoch.
    Der Tagespreis für Strom ist im Winter viel höher als im Sommer, eine Aussage mit Basis eines einzigen Tages ist deshalb grober Unfug: So lag der Preis afür den 12.5.2013 bei unter 1 Rp/kWh!

  • am 26.02.2014 um 19:03 Uhr
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    ich möchte hier darauf hinweisen, dass wir Bürger insbesondere vom steuernden Bundesrat veräppelt und klar betrogen wurden, indem Oel, Holz, Kohle, Elektrospeicherheizung, usw. verteufelt wurden und die Wärmepumpen als Lösung mit Stuergeldern hochgejubelt wurden.
    Weil zu 90% Luft-Wasser-Wärmepumpen installiert werden, auch der Spekulant von dem wir das Hausgekauft hatten, hat eine LW-WP zwar zu schwache, da billiger vorgesehen.

    Diese Wärmepumpen können nur richtig und dauerhaft funktionieren, wenn während 24 Stunden eine Stromversorgung gewährleistet ist, weil hier kein Speicher für Sperrzeiten vorhanden ist, welcher x-Stunden mittels einem Mischer überbrücken kann.
    Und nun werden diese Wärmepumpen einfach mit 1- 4 Sperrzeiten bis zu je 2 Stunden einfach abrupt ausgeschaltet. Auch wenn diese unvermittelt vor 1 Minute eingeschaltet hat und damit das grösste teuerste Verschleissteil Verdichter nun kurz darauf wieder zwangsweise abgemorxt wird. Jeder unnütze Start verkürzt die Lebendauer dieser Leistungsverdichter(Kompressoren), abgesehen davon wird nun währen mehr als 3 Stunden das aufheizen auf den Rücklauf-Sollwert + Hysterese verhindert. Und was passiert nach der Freigabe zum Heizen. Jetzt muss diese WP statt 5°C nun 8-10°C nachheizen. Bei minus 10- minus 15°C wird nun jede Stunde abgetaut, doch kriegt diese WP das Eis bei Dauerlauf nicht mehr los und wird total vereisen bis die WP am Eisklotz gestorben ist.
    Dies verursacht X erfolglose Serviceeinsätze und eine kalte Bude .

  • am 26.02.2014 um 19:28 Uhr
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    Fortsetzung:
    Kein einziger Heizungsverkäufer und all die staatlichen Portionenplauderis von Strom sparen gibt nur den kleinsten Hinweis auf dieses nicht lösbare Problem, weil er ja gut davon lebt (mit den Spenden von den Energieunternehmen) und noch besser wenn bald möglichst nach der Garantiezeit automatisch Folgeaufträge hereinschneien.
    D.h. einfach Wirtschaftsankrubelung durch skruppellose Politik und deren Steuermänner/-Frauen. Dasselbe mit den neuen Stromsparpumpen, noch schlimmermit dem Austausch der zugelassenen Pumpe stirbt eine solche WP innert 24 Stunden, weil die Wärme nicht mehr losgebracht wird. Wenn erwünscht kann ich hier beweiskräftig diese weitere Volksabzocke aufzeigen.

    Ebenfalls zu den WP-tötenden x-Sperrzeiten kann ich näher darauf eingehen. Z.Glück haben wir bis jetzt nur 1x zw. 11.00Uhr und 12:15 Uhr, welche ich mit je 2 Absenk- und je j 2 Anhebungszeiten so verkraften kann, dass die WP immer zwischen 10 Uhr und bis spätestens 11 Uhr fertig aufgeheizt hat, womit eine abrupte Abschaltung nach wenigen Minuten Heizdauer vermieden werden kann. Jedoch bei weiteren insbesondere den neu willkürlichen Netzsperren funktioniert dies nicht mehr.

    Dann bleibt nur noch die Methode 5 Elektroheizer à 2kW an den div. Steckdosen zu betreiben, welche keiner Sperre unterworfen sind oder nach dem Ableben der 20’000.-Fr. teueren WP am gleichen Anschluss wieder in eine Elektrospeicherheizung umzuwandeln und dann nur noch mit dem Nachtstrom aufzuheizen.

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