US-Nationalarchiv

Das Hauptgebäude des US-Nationalarchivs in Washington, D.C. © Wikimedia Commons/cc

Trumps Rachefeldzug trifft auch das US-Nationalarchiv

Maximilian Beck /  Donald Trumps Entlassungswelle macht auch vor dem Nationalarchiv nicht halt. Für die Meinungsbildung ist das problematisch.

Red. Der Autor dieses Gastbeitrags arbeitet als ausgebildete Fachkraft für Medien- und Informationsdienste  im «Archiv der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal» in der Stadt Bernau bei Berlin. 

Am 7. Februar 2025 hat US-Präsident Donald Trump die Archivarin der Vereinigten Staaten, Colleen Joy Shogan, ohne Begründung entlassen. In dieser Position war sie die Leiterin des US-Nationalarchivs (National Archives and Records Administration, NARA). Ihr Stellvertreter und Nachfolger William J. Bosanko verliess am 16. Februar den Posten, nachdem Trump-Beamte deutlich gemacht hatten, dass sie das Führungsteam des Archivs umstrukturieren wollten. Laut dem Magazin «Mother Jones», wurde Bosanko vor ein Ultimatum gestellt: Er solle jetzt zurücktreten oder in der folgenden Woche gefeuert werden.

Trumps Entlassungen von Colleen Shogan und von Bosanko verstossen gegen den United States Code, einer Zusammenstellung des Bundesrechts der Vereinigten Staaten. Der Präsident kann den leitenden Archivar des Nationalarchivs zwar entlassen, muss aber die Gründe dem US-Kongress mitteilen. Das hat Trump nicht getan. Zudem schreibt das Bundesrecht vor, dass der stellvertretende Archivar als Leiter der Behörde fungiert, bis diese Position neu besetzt ist.

Nach der Entlassung von Bosanko beauftragte Donald Trump Aussenminister Marco Rubio mit der Leitung der Behörde. Sein Stellvertreter wurde Jim Byron, der Präsident und CEO der Richard-Nixon-Stiftung. Byron ist jetzt als leitender Berater von Rubio und als amtierender Archivar für das Tagesgeschäft der NARA verantwortlich.

In den USA berichteten zahlreiche Medien über die Abgänge im Nationalarchiv, darunter «The New York Times», CNN und CBS News. Im deutschsprachigen Raum blieben die Entlassungen hingegen grösstenteils unbeachtet.

Die National Archives and Records Administration NARA beherbergt unter anderem Gründungsdokumente der USA und beaufsichtigt die Präsidentenbibliotheken. Zudem ist die unabhängige Behörde offiziell für die Veröffentlichung von Gesetzen des Kongresses zuständig, spielt eine wichtige Rolle bei der Bestätigung von Verfassungsänderungen und überwacht die Aufbewahrung von Präsidentenakten.

Nationalarchiv brachte Dokumentenaffäre ins Rollen

Im Jahr 2022 zog das US-Nationalarchiv Trumps Missfallen auf sich, als es die Herausgabe von teils streng geheimen staatlichen Dokumenten verlangte, die Trump nach seiner ersten Amtszeit illegal in seiner Privatresidenz Mar-a-Lago hortete. Als Trump jedes Fehlverhalten bestritt und die Herausgabe der Dokumente verweigerte, schaltete das Archiv das FBI ein. Es folgte eine Hausdurchsuchung und eine Anklage gegen Donald Trump, die jedoch eingestellt wurde.

Kritische Medien sehen die Entlassungen im Nationalarchiv als Teil von Trumps Rachefeldzug gegen angebliche «Feinde im Innern», die an Ermittlungen gegen ihn beteiligt waren. Kurz vor seinem Amtsantritt hatte Trump in einem Interview angekündigt, dass er die Leiterin der NARA ersetzen werde.

Archive als Stützen einer demokratischen Gesellschaft

Archive bewahren Unterlagen von dauerhaften Wert zeitlich unbegrenzt auf und machen sie für die Öffentlichkeit zugänglich. Abgesehen von rechtlichen Einschränkungen wie dem Datenschutz bei personenbezogenen Unterlagen, ist in demokratischen Ländern der freie Zugang zu den in Archiven aufbewahrten Dokumenten in der Regel für jeden möglich. Dieses Recht auf einen freien Zugang ist in der Schweiz im Bundesgesetz über die Archivierung und in kantonalen Regelungen verankert. In den USA regelt der Code of Federal Regulations (CFR) den Zugang zu archivierten Dokumenten.

Die Dokumente in den Archiven sind in der Regel Unikate und originale Quellen. Gerade in Zeiten, in denen das Verbreiten von Falschmeldungen durch Social Media und KI leichter ist als je zuvor, sind Archive eine der wenigen Orte, wo man verlässliche Quellen findet. Viele dieser Quellen gehen in Publikationen wie Zeitungsartikel, Dokumentationen und wissenschaftliche Arbeiten ein. Sie sind deshalb wertvoll für die Meinungsbildung und für das Geschichtsbewusstsein einer Nation. Damit leisten Archive einen wichtigen Beitrag für die Existenz einer demokratischen Gesellschaft. Allerdings können Archive diesen Beitrag nur leisten, wenn sie über genügend finanzielle und personelle Ressourcen verfügen und bei ihrer Arbeit nicht durch politisch motivierte Handlungen behindert werden.

Nach dem US-Bundesgesetz muss der leitende Archivar «ohne Rücksicht auf politische Zugehörigkeit und ausschliesslich auf der Grundlage der fachlichen Qualifikationen ernannt werden, die für die Erfüllung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Amtes erforderlich sind». Donald Trump habe jedoch möglicherweise andere Qualifikationen im Sinn, schreibt das Magazin «Mother Jones»: «Mit der Ernennung des Archivars wird er nicht nur in der Lage sein, Rache zu üben, sondern auch die Regierungsbehörde zu kontrollieren, die die amerikanische Geschichte mitgestaltet.» «Die Person, die die Aufzeichnungen kontrolliert, kontrolliert auch die Geschichte», sagt der zum Rücktritt gedrängte Archivar-Stellvertreter Bosanko zu CBS News. Das US-Nationalarchiv habe letztlich die Kontrolle darüber, «was die Amerikaner über ihre Präsidentschaft wissen oder nicht wissen können.»


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2 Meinungen

  • am 11.05.2025 um 13:07 Uhr
    Permalink

    «Die Person, die die Aufzeichnungen kontrolliert, kontrolliert auch die Geschichte»,
    Leider ist dem so, ist es immer so gewesen. Die Geschichte wird von Siegern und den Mächtigen geschrieben und alles andere wird ausgelöscht und muss vernichtet werden. Gesteuert unter irgendwelchem Credo oder laufend für dasselbe optimiert.
    Dieser Wahnsinn wird nach Murphys Law auch kein menschliches Ende finden, da könnte uns wohl in ein paar tausend Jahren die KI – die Heilige Tätigkeit der gesegneten Dreifaltigkeit Trump + Musk und KI als Evolution zum Sinn des Lebens ab Beginn des 20 igsten Jahrhundert verkaufen.
    Unsere Nachfahren werden das wohl auch akzeptieren und nichts daraus lernen. Man gewöhnt sich an alles mit den Generationen und an die Wahrheit die so wie Sie dargestellt ist, einfach zu glauben ist. Wir hatten damals auch keine Hexenverbrennungen. Damals waren es einfach noch sehr – sehr kalte Winter und da gabs noch Permafrost.

  • am 11.05.2025 um 17:50 Uhr
    Permalink

    Wikipedia: «Totalitarismus bezeichnet ein in der Forschung teilweise umstrittenes Konzept politischer Herrschaft mit einem uneingeschränkten Verfügungsanspruch über die Beherrschten, auch über die öffentlich-gesellschaftliche Sphäre hinaus in den persönlichen Bereich. Ihr Ziel ist die umfassende Durchsetzung ihres Wertesystems.»

    Könnte die hypothetische Möglichkeit bestehen, dass Donald Trump erkannt haben könnte, wer die totale Macht über den Staat erlangen will, der muss alle Behörden, Ämter etc. etc. pp unter seine Kontrolle bringen. Und erkannt haben könnte, das ist nur möglich, wenn an allen Schaltstellen des Staates seine Leute sitzen. die seine Befehle und Anordnungen befolgen. . Könnte das wohl ein möglicher Grund sein:: «07. Februar 2025 hat US-Präsident Donald Trump die Archivarin der Vereinigten Staaten, Colleen Joy Shogan, ohne Begründung entlassen. In dieser Position war sie die Leiterin des US-Nationalarchivs…»
    Gunther Kropp, Basel

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