Zerstörte Moschee und Wohnhäuser in Gaza

Zerstörte Moschee und Wohnhäuser in Gaza © AA 2025

Israels Gaza-Krieg mit dem Völkermord an den Herero verglichen

Urs P. Gasche /  Nach einem terroristischen Aufstand wird eine Volksgruppe als «Untermenschen» oder «wilde Tiere» entmenschlicht und zerstört.

Am 7. Oktober 2023 tötete die Hamas 695 israelische Zivilisten, 273 Mitglieder israelischer Sicherheitskräfte und 71 Ausländer. 

Als Reaktion darauf führt Israel in Gaza einen Vernichtungskrieg.

Am 12. Januar 1904 kam es zu einem Aufstand der Bevölkerungsgruppe der Herero im damaligen Deutsch-Südwestafrika. Die Herero töteten über 120 deutsche Siedler und Soldaten. Frauen, Kinder und Missionare liessen die Aufständigen aus dem Kriegsgebiet flüchten. Die Herero belagerten Militärstationen, blockierten Bahnlinien und zerstörten Telegrafenverbindungen. Vorher hatten deutsche Siedler immer mehr Weideland der Herero beschlagnahmt.

Als Reaktion darauf trieben deutsche Kolonialtruppen die Herero in die wasserlose Omaheke-Wüste und blockierten Fluchtwege und Wasserstellen. Viele starben an Erschöpfung, verdursteten oder wurden gezielt getötet. Überlebende wurden in Lager gebracht, wo weitere Tausende an Zwangsarbeit, Hunger und Krankheiten starben. 

Das Hirtenvolk der Herero lebte auch ausserhalb der deutschen Kolonie in Botswana und Angola. Dort blieb es unbehelligt.

Im Oktober 1904 erliess der deutsche Befehlshaber, Generalleutnant Lothar von Trotha, einen Vernichtungsbefehl für die verbliebenen Kämpfer:

«Die Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemordet und gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen. […] Das Volk der Herero muss […] das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit dem Groot Rohr dazu zwingen. Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen. Ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auch auf sie schiessen.»

Deutsche Soldaten gegen die Herero
Deutsche Soldaten gegen die Herero

Es dauerte fast 120 Jahre, bis Deutschland diesen Völkermord offiziell anerkannte. Im Mai 2021 unterzeichnete Deutschland ein Abkommen mit Namibia, in dem Deutschland die historische, moralische und politische Verantwortung für die Verbrechen übernimmt und eine Zahlung von 1,1 Milliarden Euro für Wiederaufbauhilfe zusichert.


Parallelen mit der ethnischen Säuberung in Gaza

Omer Bartov, Professor «of Holocaust and Genocide Studies» an der Brown University im US-Bundesstaat Rhode Island, weist auf «bemerkenswerte Parallelen zwischen dem Völkermord an den Herero und Israels ethnischer Säuberung in Gaza» hin.

Israel sehe im Angriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 die ultimative Bestätigung, dass die militante Gruppe absolut wild und barbarisch sei. Die palästinensische Bevölkerung Gazas sei als ganze aus dem moralischen Universum der Zivilisation gefallen. 

Zu denken gaben einige Aussagen von Leuten im israelischen Verteidigungsapparat:

In einer Videobotschaft an die Bevölkerung Gazas sagte Generalmajor Ghassan Alian:

«Es wird in Gaza weder Strom und noch Wasser geben. Nur Zerstörung wird es geben. Ihr wolltet die Hölle, jetzt bekommt ihr sie.»

Generalmajor der Reserve, Giora Eiland, schrieb in der israelischen Zeitung Yedioth Ahronoth:

«Der Staat Israel hat keine andere Wahl, als den Gazastreifen in einen Ort zu verwandeln, an dem es vorübergehend oder dauerhaft unmöglich ist, zu leben […] Die Schaffung einer schweren humanitären Krise in Gaza ist ein notwendiges Mittel, um dieses Ziel zu erreichen […] Gaza wird ein Ort werden, an dem kein Mensch mehr existieren kann.» 

Verteidigungsminister Joaw Gallant sagte öffentlich:

«Wir kämpfen gegen menschliche Tiere, und wir handeln entsprechend.» 

Unterdessen hat das israelische Militär weit über 50’000 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet, darunter mindestens 70 Prozent Frauen, Kinder und andere Zivilpersonen. Weitere über 100’000 Menschen wurden verstümmelt.


Ein Genozid

In «The New York Review of Books» («Infinite Licence») erklärt Bartov, der in einem Kibbuz geboren wurde und Offizier in der israelischen Armee war:

«‹Ethnische Säuberung› ist nicht der passendste Begriff für die Aktionen von Israels Armee IDF. Sie verwehrt der Bevölkerung des Gazastreifens nicht nur den Zugang zu Essen, Wasser, medizinischer Versorgung und sanitären Einrichtungen. Sie greifen sie auch unentwegt an: Menschen, die aus einer Zone vertrieben wurden, landen in einer anderen, wo sie aufs Neue angegriffen oder vertrieben werden.

Seit dem Einmarsch der IDF in Rafah im Mai 2024 und der erneuten Vertreibung von etwa einer Million Palästinenser in den südlichen Gazastreifen, wo Hunderttausende noch immer in riesigen Zeltstädten ohne nennenswerte Infrastruktur leben, ist es unmöglich, die israelische ‹Operation› etwas anderes als einen Genozid zu nennen. Die wiederholten Vertreibungen, die unaufhörlichen Angriffe auf die als Sicherheitszonen ausgewiesenen Gebiete, die systematische Zerstörung von Wohnungen, Infrastruktur, Krankenhäusern, Universitäten, Schulen, Gebetsstätten, Museen und anderen Stätten des kollektiven Gedächtnisses und der geteilten Identität – all dies deutet auf die bereits in den ersten Tagen der Kampagne geäusserte Absicht hin, die physische und kulturelle Existenz der Palästinenser im Gazastreifen vollständig zu vernichten und das Gebiet unbewohnbar zu machen. […]

Es gibt zahlreiche Berichte, wonach Israel den gesamten Gazastreifen übernehmen und einer Militärregierung unterstellen will, möglicherweise in der Hoffnung, die Bevölkerung zum vollständigen Exodus zu zwingen.»


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3 Meinungen

  • am 2.07.2025 um 11:49 Uhr
    Permalink

    Yoav Gallant, der Chef des israelischen Militärs, sagte im Oktober: „Wir verhängen eine vollständige Belagerung des Gazastreifens. Kein Strom, keine Lebensmittel, kein Wasser, kein Gas. Es ist alles geschlossen. Wir kämpfen gegen Tiere und handeln entsprechend.“

  • am 2.07.2025 um 17:47 Uhr
    Permalink

    2. Mose 12,23 Denn der Herr wird umhergehen und die Ägypter schlagen. Und wenn er das Blut sehen wird an der Oberschwelle und an den beiden Türpfosten, so wird er, der Herr, an der Tür verschonend vorübergehen und den Verderber nicht in eure Häuser kommen lassen, um zu schlagen.

    Das ist die der Gott der Juden und damit Erklärung für das Verhalten Israels!
    So gibt es keine Hoffnung für Frieden!

  • am 2.07.2025 um 20:30 Uhr
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    Ich verurteile den Versuch, die Frage des Genozid vorrangig an der Zahl der Opfer festzumachen.
    Entscheidend ist das Merkmal der ethnischen Überheblichkeit der Täter. Dabei spielt es keine
    Rolle,aus welcher ideolgischen oder biologischen Konzeption diese Überheblichkeit abgeleitet wird.
    Mit diesem Kriterium kann die Frage im Artikel, aber können viele gleichartige beantwortet werden.
    Mit Erstaunen kann man feststellen,daß Täter und Opfer über dem Lauf der Geschichte die Rollen tauschen können – die Saat der Unmenschlickeit ist immer wieder keimfähig; offenbar ein genetisches Bruchstück unserer DNA

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