CNN Bidens Pressesprecher bestätigt Babys und Kleinkinder

«CNN»: «Israelische Regierung: Babys und Kleinkinder mit enthaupteten Köpfen gefunden.» © cnn

«Geköpfte Babys» und «aufgeschlitzte Bäuche von Schwangeren»

Urs P. Gasche /  Die Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober 2023 waren schlimm genug. Doch für einen Vertreibungskrieg in Gaza noch zu wenig grausam.

Es gibt Indizien, dass die Regierung von Benjamin Netanyahu mit ihren rechtsextremen und fundamentalistischen Ministern von Anfang an vorhatte, die Welt-Öffentlichkeit für eine ethnische Vertreibung der Palästinenser aus Gaza und für eine weitere Inbesitznahme von Westjordanland zu gewinnen.

Das könnte erklären, warum die Propaganda-Maschine der israelischen Regierung und der Siedler-Organisationen kurz nach dem Überfall vom 7. Oktober 2023 verschiedene Unwahrheiten verbreitete, die hoch emotionalisierend wirkten: Die Hamas-Terroristen hätten über 40 israelische Babys ruchlos getötet und einige Kleinkinder sogar enthauptet. Mütter seien gezwungen worden, dabei zuzusehen. Schwangeren hätten die Terroristen die Bäuche oder die Brüste aufgeschlitzt.

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«Bild»-Zeitung am 11. Oktober 2023

Diese Lügen verbreiteten westliche Staatschefs und grosse Medien ungeprüft und oft ohne Quellenangabe mit grossen Schlagzeilen weiter. Die damit ausgelöste Schockwelle nutzte die israelische Regierung aus, um im Gazastreifen nicht nur einen Verteidigungskrieg, sondern einen brutalen Vertreibungskrieg zu führen, und um im Westjordanland weitere Gebiete ungestraft zu besetzen, Palästinenser zu vertreiben und Land für Siedler zu gewinnen. 

US-Journalist und Dokumentarfilmer Max Blumenthal erklärt sich überzeugt, dass Netanyahu und seine rechtsextremen Minister dieses Ziel von Anfang an verfolgten. Ende 2024 veröffentlichte Blumenthal eine Dokumentation mit dem Titel «Wie Israel seine Zerstörung des Gazastreifens verkauft»


Weltweite Schlagzeilen über getötete und enthauptete Babys. Weitere Beispiele:

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Auf der Titelseite des deutschen Boulevard-Blatts «Bild» prangte der Titel: «Sie schnitten Babys die Köpfe ab!». Vier Beschwerden gegen diesen Titel wies der deutsche Presserat zurück. Es habe sich «um aussergewöhnliche Akte gehandelt, die eine neue Dimension des Hamas-Terrors darstellen». Den Wahrheitsgehalt prüfte der Presserat nicht, obwohl zum Zeitpunkt seines Entscheids klar war, dass die Baby-Geschichte nicht stimmte.
Die «NZZ» verbreitete am 11. November 2023 immer noch: «Im Kibbuz Kfar Azza wurden ganze Familien bei lebendigem Leib verbrannt und Babys auf brutale Weise getötet.»
 

Lügen weiterverbreitet, ohne nach Quellen zu fragen
 
Für das Verbreiten solch schwerwiegender Vorwürfe gilt die journalistisch-ethische Regel, dass mindestens zwei voneinander unabhängige Quellen den Wahrheitsgehalt bestätigen müssen.

Die erste Meldung über getötete und enthauptete Babys hatte die Journalistin Nicole Zedeck verbreitet, die auch für US-Medien arbeitet. Sie gab an, sich auf die Aussagen israelischer Soldaten gestützt zu haben, die am Tatort im Kibbuz Berry im Einsatz waren.

Tatsächlich war die Quelle einzig Soldat David Zion. Er ist Vorsteher von 35 illegalen Siedlungen im Westjordanland, die vom Shomron Regional Council verwaltet werden. Kurz vor dem 7. Oktober stachelte Zion zu tödlichen Ausschreitungen gegen palästinensische Bürger in der Stadt Huwara an und erklärte, «das Dorf Huwara sollte ausgelöscht werden». Dieser Ort sei ein Nest des Terrors, und «die Strafe sollte alle treffen».

Blumenthal fragt: «Ist dieser gewalttätige Fanatiker eine glaubwürdige Quelle? Die grossen Leitmedien haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, danach zu fragen.»

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Die britische Boulevard-Zeitung «Metro» zitiert David Zion: «Sie köpften Frauen und Kinder.»

Doch auch «Informant» Zion hatte die enthaupteten Babys nicht selber gesehen: «Ich kann Ihnen sagen, dass einigen der Babys tatsächlich die Köpfe abgeschnitten wurden. Das hören wir von Soldaten vor Ort. Auch Kleinkindern und Kindern haben sie die Köpfe abgeschnitten.»

Kurz darauf behauptete Präsident Joe Biden, er habe Fotos von enthaupteten Kindern selber gesehen: «Ich hätte nie gedacht, dass ich Bilder von Terroristen sehe, die bestätigen, dass Kinder enthauptet wurden.» 

Die Erzählung dieser Gräueltaten verbreitete sich wie ein Lauffeuer.


Keine Bestätigung

Als einzelne Medien kurze Zeit später begannen, sich für die Fotos und die Quellen zu interessieren, waren Fotos und Zeugen nicht zu finden. Auf mehrfache Nachfrage erklärten Sprecher der israelischen Regierung, sie könnten keine konkreten Fälle oder Zahlen bestätigen. Sie sagten, dass die Misshandlungen durch die Hamas «extrem brutal» gewesen seien, aber für die Enthauptung mehrerer Babys gebe es keinen Nachweis. 

Laut Medienberichten hat das Weisse Haus kurz darauf Journalisten gegenüber eingeräumt, Präsident Biden habe keine unabhängigen Bestätigungen und berufe sich auf öffentlich kursierende Berichte aus Israel. Seither erwähnten Sprecher der US-Regierung die angeblichen Enthauptungen nicht mehr, sondern sprachen nur noch von der Brutalität des Angriffs insgesamt.

Bedenklich: Bis heute gibt es weder von israelischer noch von US-Seite eine öffentliche, formale Rücknahme oder ein Dementi der Enthauptungsbehauptung. Die Aussagen dazu wurden einfach nicht mehr wiederholt. Internationale Medien stuften die Vorwürfe als unbelegt ein. 

Doch noch im März 2024 erklärte der FDP-Abgeordnete Marcus Faber im deutschen Bundestag unwidersprochen, beim Angriff der Hamas seien «40 Babys auf brutalste Art und Weise getötet» worden. Die Babys seien «teilweise bei lebendigem Leib ins Feuer geschmissen» worden, «während ihre Mütter dabei zugucken mussten». Die Mütter seien «danach selber vergewaltigt» worden. 

Nichts davon ist wahr. 

Im Juni 2024 wurde Faber neuer Vorsitzender des deutschen Verteidigungsausschusses.


«Fötus aus der Schwangeren herausgeschnitten»

Israel und seine Stellvertreter fütterten die Medien mit neuen Geschichten über Gräueltaten, die noch grausamer waren. Viele davon stammten von Yossi Landau, dem religiösen Fanatiker einer vom Staat anerkannten ultraorthodoxen Hilfsorganisation namens Zaka, die nach Terroranschlägen Hilfe leistet. Obwohl Zaka weder über forensische Qualifikationen noch über eine Ausbildung als Rettungssanitäter verfügte, waren die Freiwilligen von Zaka als Erste vor Ort und konnten daher die abwegigsten Behauptungen aufstellen. Landau «bezeugte» wörtlich: «Von diesem 14- bis 15-Jährigen wurde ein Kopf abgetrennt. Wir haben nach dem Kopf gesucht, konnten ihn aber nicht finden.» 

Originalaussagen von Yossi Landau:

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Yossi Landau selbst räumte ein, dass er selber nie Gräueltaten sah. Er habe vielmehr seine Vorstellungskraft benutzt, um Geschichten über die Leichen zu erzählen, die er gefunden habe. «In einem Haus haben wir auf der einen Seite des Esszimmers die Eltern, Vater und Mutter gesehen, mit auf den Rücken gebundenen Händen, und auf der anderen Seite des Raumes, ihnen gegenüber, zwei Kinder, ein Mädchen und ein Junge, in derselben Position. Sie sollten gegenseitig sehen, wie sie gefoltert wurden. Wie böse kann man sein?» 

Landau behauptete auch, er besitze Fotos von einem Fötus. Ein Hamas-Chef habe ihn aus dem Körper einer schwangeren Frau herausgeschnitten: «Der Bauch war aufgeschlitzt, und ein Messer steckt noch in dem Baby, dem ungeborenen Baby.» 

Doch auch diese Bilder tauchten nie auf, auch nicht, nachdem die Medien sie angefordert hatten. 


Die Lügen erwiesen sich als einträgliches Geschäft

Das Geschäft mit den erfundenen Gräuelgeschichten war lukrativ. Vor dem 7. Oktober war die Zaka-Organisation pleite. Nach der Verbreitung der Horror-Geschichten nahm Zaka in kurzer Zeit über 13 Millionen Dollar an Spenden ein. 

Die israelische Zeitung Haaretz berichtete, dass verzweifelte Freiwillige von Zaka aus dem 7. Oktober unbedingt Kapital schlagen wollten. Deshalb hätten sie die in den Kibbuzim gefundenen Leichen sogar umgelagert und mit den Leichen gespielt, um das Entsetzen zu steigern, bevor sie die Bilder an potenzielle Spender schickten.

Die israelische Propaganda übernahm Landaus erfundenen Geschichten umgehend: Kinder seien gefesselt, verbrannt und hingerichtet worden. 

Netanyahus Regierung und die israelische Armee stellten die autoritär-fundamentalistische Hamas als eine Bande psychotischer, Isis-ähnlicher, irrationaler muslimischer Fanatiker dar, als Barbaren und Nicht-Menschen.

Die israelische Regierung wollte verhindern, dass der Überfall der Hamas auf Israel als Tat einer Widerstandsgruppe dargestellt wird, die sich gegen ihre ewige Internierung im Gefängnis des Gazastreifens auflehnt. 


Erfundener Baby-Horror auch gegen Irak

Das Verbreiten von erfundenen Horror-Geschichten hat schon mehrmals funktioniert. Als der Irak 1991 in Kuwait einmarschierte, wiederholte George Bush senior die Behauptungen einer 15-jährigen kuwaitischen Teenagerin, sie habe gesehen, wie irakische Soldaten Babys in Kuwait aus Brutkästen holten und sie dem Tod überliessen.

Später stellte sich heraus, dass die Teenagerin die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA war und ihre Behauptungen von einer PR-Firma in Washington erfunden worden waren. Die kuwaitischen Regierung hatte die PR-Firma damit beauftragt.


Israel ruft den Holocaust in Erinnerung

Zu den emotionalisierenden Argumenten Israels gehörte der Vergleich mit dem Holocaust. Die Zahl der Todesopfer vom 7. Oktober stelle «die grösste Ermordung von Juden seit dem Holocaust» dar. Es handle sich um den «tödlichsten Tag für Juden seit dem Holocaust» oder um den «grössten Verlust an jüdischem Leben an einem Tag seit dem Holocaust». 

Diese Darstellung unterstellt, dass die Hamas Israelis töteten, weil sie Juden sind. Tatsächlich jedoch richtete sich diese brutale Tat gegen den Staat Israel, der die Bevölkerung im Gazastreifen militärisch und versorgungsmässig kontrollierte und wie in einem Freiluftgefängnis von der Aussenwelt isoliert hielt.

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NB. Diese Informationen rechtfertigen in keiner Weise den brutalen Überfall der autoritär-fundamentalistischen Hamas auf viele unschuldige Menschen. Sie rechtfertigen oder relativieren weder Schandtaten, die Hamas-Kämpfer begingen, noch die schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechts wie die Geiselnahme von Zivilpersonen. 

Doch auch obige Informationen gehören an die Öffentlichkeit und sollten nicht dem Krieg geopfert werden.

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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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