YuweriMuseveni

Yoweri Museveni, Präsident Ugandas: Drakonische Strafen für Homosexuelle © russell watkins/flickr/cc

Die Globalisierung christlicher Kulturkämpfe

Red. /  Amerikanische Evangelikale mit guten Kontakten nach Deutschland haben das neue ugandische Anti-Homosexuellen-Gesetz gefördert.

Auf scharfe Kritik ist weltweit das jüngste Anti-Homosexuellen-Gesetz gestoßen, das der Präsident Ugandas, Yoweri Museveni, Ende Februar unterzeichnet hat. Das Gesetz sieht vor, dass Lesben und Schwule für homosexuelle Handlungen mit drakonischen Strafen belegt werden können – bis hin zu lebenslanger Haft. Zudem kann zukünftig inhaftiert werden, wer die Interessen von Homosexuellen unterstützt. Um ins Gefängnis geworfen zu werden, genügt es sogar, Aktivitäten, die als lesbische oder schwule Handlungen gelten, nicht bei den Strafverfolgungsbehörden anzuzeigen.

Der Entwurf für das Gesetz sah ursprünglich in bestimmten Fällen die Todesstrafe vor, die nun jedoch fallengelassen worden ist. Der internationale Protest hat inzwischen die Weltbank erreicht, die angekündigt hat, sie werde einen 90-Millionen-Dollar-Kredit für Uganda auf Eis legen und darüber hinaus eine allgemeine Debatte über die strafrechtliche Diskriminierung von Lesben und Schwulen weltweit anstoßen. Dies trifft nicht zuletzt einige Staaten, mit denen der Westen seit je eng und kritiklos zusammenarbeitet – etwa Singapur, wo Lesben und Schwule mit lebenslanger Haft bedroht werden, und Saudi-Arabien, das homosexuelle Handlungen unter Todesstrafe stellt.

US-Evangelikale predigen konservative Sexualmoral

Das aktuelle ugandische Gesetz wird von Experten wie Kapya Kaoma oder Jeff Sharlet, die sich auf Recherchen zu den internationalen Netzwerken der christlichen Rechten spezialisiert haben, in die globalen Strategien vor allem US-amerikanischer Evangelikaler eingeordnet. Diese befinden sich, wie etwa Kaoma, ein anglikanischer Priester aus Zambia, schreibt, in einer Art «Kulturkampf» in ihrem eigenen Land:

Trotz ihrer gesellschaftlichen und politischen Macht gelingt es ihnen bislang nicht, die – langsame – Entwicklung in den Vereinigten Staaten hin zu einer verbesserten Gleichstellung der Geschlechter und verschiedenster sexueller Orientierungen umzukehren. Einflussreiche evangelikale Netzwerke haben deshalb begonnen, den «Kulturkampf» in den westlichen Metropolen zu internationalisieren: Sie werben unter anderem in afrikanischen Staaten massiv für eine konservative Sexualmoral.

Zunahme gewalttätiger Überfälle gegen Homosexuelle

Das hat laut Kaoma mehrere Gründe. Zum einen geht es den US-Evangelikalen darum, prinzipiell in aller Welt für ihre Anliegen zu werben. Zum anderen erhoffen sie sich, da das Christentum vor allem jenseits der westlichen Metropolen wächst – etwa in Afrika -, mit Werbemaßnahmen dort die christliche Mehrheit der Zukunft soziopolitisch in ihrem Sinn prägen zu können. Drittens setzt die evangelikale Rechte in den USA darauf, dass es auf dem Umweg über internationale kirchliche Dachorganisationen gelingen werde, liberale Tendenzen in einigen US-amerikanischen oder europäischen Kirchen mit Hilfe afrikanischer Kirchen im selben Dachverband unter Druck zu setzen.

Die Bemühungen insbesondere der US-Evangelikalen, die für ihr Anliegen «ihre ausgedehnten Kommunikationsnetzwerke», christliche Sozialprojekte oder auch Bibelschulen nutzen, haben dazu geführt, dass sich «Homophobie in Afrika» schon seit Jahren «im Aufstieg befindet», resümiert Kaoma – «von einer Zunahme gewalttätiger Überfälle bis hin zu einer gegen Homosexuelle gerichteten Gesetzgebung, die die Todesstrafe beinhaltet».

Präsident Museveni gilt als Gefolgsmann der USA

Uganda ist dabei nicht zufällig zu einem Zentrum US-evangelikaler Aktivitäten geworden. Der US-Journalist Jeff Sharlet weist darauf hin, dass Uganda sich in den 1980er Jahren, als Somalia sich dem Zusammenbruch näherte und auch Äthiopien von heftigen inneren Auseinandersetzungen gelähmt war, zu einem wichtigen Verbündeten Washingtons in Ostafrika wurde; Präsident Yoweri Museveni, der 1986 an die Macht kam, gilt bis heute als enger Gefolgsmann des Westens, vor allem der USA.

Museveni ist gleichzeitig einer der zentralen afrikanischen Kooperationspartner des US-evangelikalen Netzwerks «The Fellowship» – auch als «The Family» oder «Prayer Breakfast Movement» bekannt -, das im Washingtoner Polit-Betrieb erheblichen Einfluss besitzt. Sharlet beschreibt, wie Museveni einst ein erfolgreiches Anti-HIV-Programm, das auf die Verbreitung von Kondomen setzte, auf Druck rechter US-Netzwerke beenden und durch ein stark evangelikal geprägtes «Enthaltsamkeits»-Programm ersetzen musste. Er resümiert: «Infolge der amerikanischen Intervention stieg die ugandische Aids-Rate, die zuvor gesunken war, fast auf das Doppelte an.»

Zweigstellen in Ruanda, Burundi, Tansania, Zambia und im Kongo

Sharlet schildert auch, wie US-Evangelikale in Uganda die Entstehung des neuen Gesetzes gegen Lesben und Schwule förderten. David Bahati, der ugandische Abgeordnete, der das Gesetz initiiert hat, stützt sich bei der Begründung für seine Aktivitäten unter anderem auf Rick Warren, einen US-Prediger, der neben US-Senator Jim Inhofe und dem ehemaligen Justizminister John Ashcroft immer wieder am «Prayer Breakfast» der «Family» in Uganda teilnahm. Warren habe geäußert, Homosexualität sei «eine Sünde und wir sollten sie bekämpfen», berichtet Bahati, der dem «The Family»-Netzwerk angehört.

Zur Abfassung des Gesetzestexts habe man US-Evangelikale als «Berater» herangezogen, etwa Scott Lively, der in einer Buchpublikation Schwulen die Schuld am Aufstieg des NS-Systems zuschreibt. «Wir haben mit mehreren Konservativen in Amerika gesprochen, die glauben, dass es richtig ist, was wir tun», erklärt Bahati; er bekräftigt zudem, wenige Tage bevor er den Gesetzestext ins Parlament einbrachte, auf einem Treffen von «The Family» darüber berichtet zu haben.

Während die Organisation sich heute unter dem Druck der westlichen Öffentlichkeit von dem neuen Gesetz distanziert, bestätigt Bahati, auf dem Treffen habe es allgemeine Zustimmung gegeben: «Niemand hat Einspruch erhoben. Niemand.» Vielmehr hätten Zweigstellen von «The Family» auch in anderen Staaten Afrikas Interesse an dem Vorhaben erkennen lassen – in Ruanda, Burundi, Tansania, Zambia und im Kongo. Es ging dabei um die Ursprungsfassung des Gesetzes, die für homosexuelle Handlungen sogar die Todesstrafe vorsah.

US-Evangelikale haben Einfluss auch in Deutschland

US-Evangelikale, die das Vorgehen gegen Homosexuelle in Uganda allgemein gefördert haben, verfügen über Einfluss auch in Deutschland. Exemplarisch zeigt dies etwa der Erfolg von Rick Warren in der Bundesrepublik. Die deutsche Übersetzung von Warrens Bestseller «Purpose Driven Life», «Leben mit Vision», erschien 2003 und war schon 2007 rund 200.000 Mal verkauft worden. Im Frühjahr 2003 starteten deutsche Evangelikale eine Kampagne, in deren Rahmen Warrens Buch gelesen und verbreitet wurde; bereits 2009 hatten sich mehr als 700 Gemeinden in Deutschland, Österreich und der Schweiz daran beteiligt.

Letztes Jahr hat Warrens «Saddleback Church» ihren ersten Ableger in Europa gegründet – in Berlin. Warrens Predigten werden dort per Video übertragen und live ins Deutsche übersetzt. Warren, der bei der Amtseinführung von US-Präsident Barack Obama Anfang 2009 eine Fürbitte gesprochen hat, hat sich mittlerweile unter öffentlichem Druck von Ugandas Anti-Homosexuellen-Gesetz distanziert; auch soll er den Kontakt zu dem Prediger Martin Ssempa kürzlich eingestellt haben. Ssempa, eine der führenden Figuren in der ugandischen Kampagne gegen Homosexuelle, war zuvor immer wieder zu Veranstaltungen der Saddleback Church eingeladen worden; Warren gilt als einer seiner hauptsächlichen Mentoren.

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Dieser Artikel ist die leicht gekürzte Fassung eines Beitrages, der auf der Plattform «German-Foreign-Policy.com» erschienen ist.

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2 Meinungen

  • am 21.03.2014 um 11:05 Uhr
    Permalink

    Da soll noch einer sagen, Religionen seien nicht schädlich.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 22.03.2014 um 11:05 Uhr
    Permalink

    @Baumann. So nicht, jeder ist religiös, lesen Sie mal das Standardwerk des Philosophen Leopold Ziegler «Gestaltwandel der Götter". Hingegen müsste die Trennung von Kirche und Staat, Religion und Staat durchgesetzt werden, auch bei uns, wird schwierig, ist derzeit, wie Abstimmungen in SH und GR gezeigt haben, nicht mehrheitsfähig. Gut am Artikel ist der Hinweis auf die Wirkung von US-Evangelikalen in Afrika. Auf solche Hintergrundinformationen kommt es eben an, auch damit wir die Ugander nicht einfach pauschal als unterentwickelte Dummköpfe anschauen. Wesentlich aber sind leider Gottes die Meinungen der Eliten, fragwürdigen und oft nicht legitimierten Eliten notabene.

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