Donbass_Buergerkrieg

Im Bürgerkrieg im Donbass in der Ukraine wird wieder scharf geschossen. © TASS

«Bidens Eskalation mit Russland ist ein entsetzliches Konzept»

Redaktion /  Der britische Russland- und Ukraine-Kenner Richard Sakwa analysiert die Russland-Politik der USA und sieht die Fehler des Westens.

(cm) Richard Sakwa ist Professor an der Universität Kent UK und ist spezialisiert auf die Politik Russlands und der postsowjetischen Länder. In einem Interview zum Thema des gegenwärtigen West-Ost-Konflikts erläutert er die komplexe politische Struktur der Ukraine und erklärt, warum der Westen dort die falsche Minorität unterstützt. Das Interview führte David Broder. – Ein Gastbeitrag.

David Broder: In den westlichen Medien wird die Ukraine oft fast ausschliesslich über ihre Feindschaft mit Russland definiert. Eine Schlagzeile der «Times» zitierte einen General, der sagte: «Die Ukrainer sind bereit, die Russen mit blossen Händen zu zerlegen.» Vor allem nach dem NATO-Gipfel 2008 wird auch angenommen, dass die Ukrainer der NATO beitreten wollen, Russland dies aber verhindert. Welche Beweise gibt es dafür?

Richard Sakwa: Das geht viel weiter zurück als der NATO-Gipfel 2008 in Bukarest, auf dem sowohl Georgien als auch die Ukraine eingeladen wurden, der NATO beizutreten. Es ist die Art und Weise, wie die ukrainische Politik lange Zeit auf die so genannte europäische Entscheidung hin ausgeformt wurde – die ihrerseits sehr umstritten war, da eine Umfrage nach der anderen zeigte, dass die ukrainische Öffentlichkeit gespalten ist. Sie ist im Laufe der Jahre etwas ins Wanken geraten, aber im Grunde genommen will der westliche Teil der Ukraine, jener Teil, den wir das galizische Element nennen würden [und der historisch bis zum Ende des Ersten Weltkriegs zu Österreich-Ungarn gehörte, Red.], nicht nur dem Westen beitreten, sondern alle Verbindungen zu Russland abbrechen.

Der Postkolonialismus, wenn dieser Begriff in diesem Fall verwendet werden darf, geht, nachdem man kolonisiert wurde, von einer Hybridität aus, z. B. auf sprachlicher und kultureller Ebene, während die kulturellen Separatisten glauben, dass es post-kolonial nur mit einem Bindestrich ist, dass man also alle früheren Verbindungen auslöschen muss. Die südlichen und östlichen Teile des Landes aber sind eher geneigt, enge Beziehungen zu Russland aufrechtzuerhalten. In gewisser Weise hat Wladimir Putin recht, wenn er sagt, dass Russen und Ukrainer in Bezug auf Kultur, Geschichte, Mischehen und so weiter ein Volk sind. Er hat nie gesagt, dass sie ein Staat sein sollten – und das ist ein grundlegender Unterschied.

Als ich 2008 durch den Donbass reiste, stand überall auf den Gebäudewänden aufgemalt «Nein zur NATO». Jetzt hingegen haben wir die WikiLeaks-Dokumente des Aussenministeriums gesehen, die 2010/11 veröffentlicht wurden und endlose Botschaften des US-Botschafters in Kiew zeigen, in denen es heisst, die Menschen wollten unbedingt in die NATO. Das war von Anfang an eine phantasievolle und künstliche Idee, die davon ausging, dass die Entscheidung einfach und eindeutig zugunsten des Westens ausfalle. Russland wurde dann so dargestellt, als ob es die Ukraine geopolitisch, entwicklungspolitisch und vor allem in Bezug auf die Demokratie zurückhalte.

Die Situation ist jedoch viel komplexer, wie Meinungsumfragen auch heute noch zeigen. Gerard Toal und seine Kollegen haben gezeigt, dass ein erstaunlich hoher Anteil – 30 oder 40 Prozent der Bevölkerung, selbst wenn man die Krim und den Donbass nicht mitzählt – enge Beziehungen zu Russland wünscht. Einige wollen sogar der Eurasischen Wirtschaftsunion beitreten. Es handelt sich also um das, was Zbigniew Brzezinski und früher vor allem Samuel Huntington als ein gespaltenes Land beschrieben haben, ein geteiltes Land. Es ist darum falsch, anzunehmen, dass die Ukrainer sich eindeutig für die NATO entschieden haben. Aber diese Entscheidung hat sich seit der Bildung der neonationalistischen Regierung im Februar 2014 nach den Ereignissen auf dem Maidan aufgedrängt.

David Broder: Aus Wolodymyr Ischtschenkos Analyse dieser Meinungsunterschiede ergibt sich der Eindruck, dass die Unterstützung für einen NATO-Beitritt in den 1990er-Jahren sehr gering war, nun aber gestiegen ist, und es ist leicht vorstellbar, dass der Krieg von 2014 die Gegensätze verhärtet hat. Die Wahl von Volodymyr Selenskyj im Jahr 2019 wurde jedoch klar als Ausdruck des Willens der Bevölkerung gesehen, die Spannungen abzubauen: Bei dieser Wahl verloren die Pro-Maidan-Kräfte an Unterstützung, nachdem er sich für die Einhaltung von Minsk II ausgesprochen hatte. Warum hat sich das in der Praxis nicht bewahrheitet?

Richard Sakwa: Ja, Selenskyj wurde als Friedenskandidat gewählt. Aber ich würde noch weiter gehen und sagen, dass auch Petro Poroschenko, als er im Mai 2014 gewählt wurde, als Friedenskandidat auftrat – die Menschen wählten ihn auch, weil sie ihn als Oligarchen mit engen Beziehungen zu Russland usw. sahen. Doch keiner von beiden konnte eine Abkühlung der Spannungen durchsetzen.

Im Dezember 2019 traf sich das Normandie-Format mit Deutschland, der Ukraine, Russland und Frankreich, und Selenskyjs Stabschef versuchte, diesen Prozess voranzutreiben. Doch noch während des Treffens mobilisierten die Menschen auf dem Maidan und erklärten, dass sie keine Verhandlungen oder die Umsetzung des Minsk-II-Abkommens akzeptieren würden, wenn es um die Gewährung von Autonomie für den Donbass ginge.

Der erste Faktor ist also, dass es in der Ukraine eine stark mobilisierte, radikalisierte Minderheit gibt, die die Politik in Geiselhaft hält. Zweitens wird diese Minderheit – auch wenn über einige ihrer abscheulicheren Ausprägungen [gemeint sind offensichtlich die Neonazi, Red.] geschwiegen wird – geopolitisch von den westlichen Mächten unterstützt, von dem, was ich das atlantische Machtsystem nenne. Es ist nicht nur die NATO, sondern – und das ist meiner Meinung nach ein Skandal – auch die Europäische Union, die ihre eigenen Prinzipien nicht wirklich eingehalten hat.

Noch schlimmer als Poroschenko hat Selenskyj die russischsprachigen Kultur- und Medieninstitutionen in der Ukraine untergraben und ein verzerrtes Geschichtsbild propagiert. In gewisser Weise haben also externe und interne Faktoren zusammengewirkt. Trotz alledem zeigen Meinungsumfragen, dass die Ukrainer nach wie vor gespalten sind, auch wenn es eine Annäherung zugunsten der Verteidigung der staatlichen Souveränität der Ukraine gegeben hat.

Tatsächlich sind die Ukrainer im Allgemeinen ein sehr friedliebendes Volk. Deshalb ist es so katastrophal, dass wir jetzt von Krieg und Konflikt sprechen müssen. Doch all dies ist Teil eines grösseren Bildes, eines zweiten Kalten Krieges. Wenn es sich aber um einen echten Kalten Krieg handelt, dann müssen wir lernen, wie man mit Konflikten umgeht. Ich meine, dass wir uns heute in einer Zeitlupen-Kuba-Krise befinden. Im Oktober 1962 wurde sie friedlich gelöst. Die Jupiter-Raketen wurden aus der Türkei abgezogen, die Sowjetunion zog ihre Raketen aus Kuba ab, und die Vereinigten Staaten versprachen, nicht in Kuba einzumarschieren.

Das ist letztlich das, was Putin will. Auch Boris Jelzin vor ihm und davor Michail Gorbatschow haben immer argumentiert, dass die Ausweitung des atlantischen militärischen Sicherheitssystems bis an die Grenzen Russlands inakzeptabel sei. Diese Frage zieht sich also nun schon seit dreissig Jahren hin. Putin sagte in seiner Rede zur Lage der Nation 2018: «Ihr habt uns damals nicht zugehört, also hört uns jetzt zu» – als er Hyperschallraketen und Anderes ankündigte. Das ist der Hintergrund dessen, wo wir heute stehen.

Aber letztlich ist die Gesellschaft in der Ukraine innerlich gespalten. Es gibt ein grosses Friedenskontingent, doch die schlimmsten Elemente der ukrainischen Bevölkerung werden durch die Unterstützung des Westens für kurzfristige geopolitische Vorteile noch gestärkt. Noch vor nicht allzu langer Zeit war die Ukraine zur Neutralität verpflichtet. Wenn Irland neutral sein kann, wenn Österreich neutral sein kann, wenn Finnland neutral sein kann, warum dann nicht auch die Ukraine, zumal es in der Ukraine selbst eine grosse Wählerschaft dafür gibt? Immerhin war dies die offizielle ukrainische Politik bis zur Machtübernahme der Neonationalisten im Jahr 2014.

David Broder: In einigen Berichten werden die Äusserungen Michail Gorbatschows hervorgehoben, die Osterweiterung der NATO sei am Ende des Kalten Krieges nie diskutiert worden, um die Behauptung der russischen Regierung zu widerlegen, dass «Versprechen gemacht, aber nicht gehalten wurden». Aber sie verfehlen vielleicht seinen weitergehenden Punkt, nämlich dass die Erweiterung der NATO nach dem Ende des Kalten Krieges Russland als mögliches Mitglied nicht nur ausschloss, sondern dass sie direkt gegen Russland gerichtet war. Wie ernst sollten wir den von Gorbatschow und nach ihm sowohl von Jelzin als auch von Putin vorgebrachten Vorschlag eines «grösseren Europas», das Russland einschliesst, als Alternative zu diesem zweiten Kalten Krieg nehmen?

Richard Sakwa: Auf jeden Fall sehr ernst nehmen. Es sind nicht nur Gorbatschow, Jelzin und Putin, die diese Idee vertreten haben. Es ist, wie man weiss, eine gaullistische Idee, dass Europa letztlich sein Schicksal selbst in die Hand nehmen muss. François Mitterrand sprach auch von einer Konföderation Europas.

Gorbatschow machte eine irreführende Aussage, dass es keine Zusagen gegeben habe, die NATO nicht zu erweitern, aber niemand versteht so recht, warum. Alle Dokumente des Nationalen Sicherheitsarchivs, die 2017 veröffentlicht wurden, zeigen, dass Dutzende westlicher Staats- und Regierungschefs sagten, die NATO werde nicht über das vereinigte Deutschland hinaus erweitert. Das ist unzweideutig. Es ist Teil des aussergewöhnlichen Propagandakriegs, in dem wir uns jetzt befinden, wenn westliche Wissenschaftler und Politiker sagen, dass es kein Versprechen gab. (Gerade vor ein paar Tagen wurden Dokumente gefunden, die erneut beweisen, dass der Westen versprochen hatte, die NATO nicht zu erweitern. Siehe die blaue Box unten. Red.)

Letztlich gab es am Ende des Kalten Krieges zwei Friedensordnungen, die beide gut waren. Da war die westliche, «Europa ganz und frei». Das «Gemeinsame Europäische Haus» hingegen basierte auf der Idee einer Transformation. Es ging nicht einmal darum, dass die NATO-Erweiterung als solche so schlecht war, sondern dass sie ohne einen angemessenen Rahmen stattfand, in dem auch die Sicherheitsinteressen Russlands berücksichtigt werden konnten.

Ein «Gemeinsames Europäisches Haus» ist der einzige Weg nach vorn. Man mag sich jetzt darüber lustig machen, aber ich tue es nicht. Und es gibt viele Menschen in Russland, die das auch so sehen – Liberale und sogar einige Konservative. Es stellt sich die Frage, in welcher Form dies geschehen soll. Gorbatschow und andere wollten eigentlich, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) das wichtigste Sicherheitsgremium wird, mit einem Sicherheitsrat, der wie eine regionale UNO agiert, was das Problem gelöst hätte. Dann hätte die NATO erweitert werden können. In vielerlei Hinsicht sind einige der Argumente, die dafür sprechen, recht gut. Die NATO verhindert, dass kleine Staaten gegeneinander Krieg führen, und hoffentlich wird sie auch weiterhin verhindern, dass die Türkei und Griechenland in einen Konflikt geraten.

Aber die öffentliche Meinung in Russland ist nicht kriegsbereit, ganz im Gegenteil.

Die öffentliche Meinung in Russland ist nicht kriegsbereit – ganz im Gegenteil! Aber Russland muss auf die eine oder andere Weise in die Sicherheitsordnung einbezogen werden, und genau das ist nicht geschehen. Es gab den Ständigen Gemeinsamen NATO-Russland-Rat von 1997 und dann den NATO-Russland-Rat von 2002, aber das waren, wie ich es nenne, Besänftigungsmassnahmen und keine wirkliche Lösung der Frage. Zweifellos haben Putin und sein Team – seine Hardliner – seit 2018 gesagt: «Genug davon, wir können dem Westen nicht trauen, sie bewegen sich an der Grenze.» Und es ist nicht nur die NATO: Es sind insbesondere auch die Anlagen zur Abwehr ballistischer Raketen, die sowohl in Rumänien als auch in Polen gebaut werden, und die MK-41 Aegis Ashore. Wenn es also zu endlosen Provokationen kommt, die Moskau als militärische Übungen betrachten würde – B-52-Bomber, die entlang der russischen Grenze fliegen und Atombomben tragen können, Kriegsschiffe im Schwarzen Meer ohne Ende –dann sagt der gesunde Menschenverstand, dass es letztendlich zu einem Gegenschlag kommen wird. Und das Erschreckende an diesem zweiten Kalten Krieg ist, dass nur wenige im Westen wirklich verstehen, wie viel auf dem Spiel steht.

David Broder: Wir haben gesagt, dass die Ukraine kein Monolith ist, aber bestimmte Kräfte wollen die Spannungen mit Russland aus ihren eigenen Gründen verstärken. Etwas Ähnliches könnte man auch über Russland selbst sagen. Abgesehen von Alexej Nawalny, der in seinem Kommentar in der «Time» den Westen beschuldigt, Putin in die Hände zu spielen, und auch fordert, der Westen möge aufhören, ihn zu beschwichtigen, gibt es auch oppositionelle Kräfte, die Putin kritisieren, aber nicht aus einer pro-westlichen Perspektive. Welchen Wert sollten wir der Idee beimessen, dass Putin seine Forderungen stellt, um die innenpolitische Situation zu managen, die Bevölkerung um das Spektakel des Konflikts zu scharen – oder, wie einige sagen, sogar zu versuchen, die Gaspreise hochzutreiben?

Richard Sakwa: Eines der beunruhigendsten Elemente heute ist, dass die Liberalen in Russland versuchen, ihre innenpolitische Schwäche zu kompensieren, indem sie sich die Unterstützung des Westens zunutze machen, was sie im eigenen Land allerdings nur schwächt. Meinungsumfragen zeigten nur 1-2 Prozent Unterstützung für Nawalny, als er noch auf freiem Fuss war, und auch heute noch, trotz der grossen Öffentlichkeitswirkung seiner Inhaftierung. Die Liberalen sind also in dieser Todesspirale gefangen, in der sie in dieser schrecklichen Sprache des Kalten Krieges als «Fünfte Kolonne» und «Ablenkungsmanöver» dargestellt werden, was für die meisten von ihnen natürlich nicht zutrifft, da sie nur für mehr verfassungsmässige Rechte, Demokratie usw. eintreten. Das ist das gefährliche Spiel, das sie mit dem Westen spielen.

Aber die öffentliche Meinung in Russland ist nicht kriegsbereit, ganz im Gegenteil. Dasselbe gilt übrigens auch für die Ukraine; nur die westliche Bevölkerung scheint sich jetzt aufzuregen. Die Ukrainer sind friedlich, und die Russen sind es auch.

Die Behauptung, die westliche Kommentatoren immer wieder aufstellen, Putin betreibe Säbelrasseln, um von seiner sinkenden Beliebtheit im Land abzulenken, ist völlig falsch. Seine Popularität ist zwar gesunken, aber für jemanden, der seit zwanzig Jahren an der Macht ist, liegt sie immer noch auf einem hervorragenden Niveau (65 Prozent Zustimmung). Ich bin kein offensiver Realist vom Schlage eines John Mearsheimer, der behauptet, dass die Innenpolitik keinen Einfluss auf die Aussen- und Sicherheitspolitik hat, obwohl ich mit seinem Argument durchaus einverstanden bin.

Im Grunde genommen haben die Hardliner in Moskau gesagt: ‹Es reicht, wir sind vom Westen für dumm verkauft worden, wir müssen wirklich anfangen, uns zu wehren›.

Ich habe immer eine «parteinterne» Sichtweise der russischen Politik verteidigt: Es gibt sehr starke unterschiedliche Tendenzen, von der breiten Bevölkerung bis hinauf zur gespaltenen Elite. Soweit ich weiss, haben die sogenannten Pragmatiker im Kreml und in der Führungselite seit Herbst 2019 ihre Position verloren. Im Grunde haben die Hardliner gesagt: «Genug ist genug: Wir sind vom Westen für dumm verkauft worden, wir müssen wirklich anfangen, uns zu wehren.» Leider gehörte dazu auch die Unterdrückung der einheimischen Opposition, was meiner Meinung nach – wie zu Sowjetzeiten – ein grosser selbstverschuldeter Schlag ist. Diese interne Unterdrückung trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der aussenpolitischen Massnahmen Russlands bei. Diese könnten durchaus sinnvoll sein, so wie wir es gesagt haben – es geht hier eindeutig um die Sicherheit. Aber das wird zum Beispiel durch die Versuche untergraben, [die Menschenrechtsorganisation] Memorial zu schliessen. Für mich war die Existenz von Memorial, die mehr oder weniger normal weiterarbeiten konnte, ein Symbol dafür, dass es letztlich noch ein gewisses Mass an Pluralismus und Offenheit gab. Doch seit Herbst 2019 wehrt sich die Regierung ganz massiv dagegen.

David Broder: Die britische Medienberichterstattung konzentriert sich oft auf unsere Verantwortung, Putin nicht zu «besänftigen». Auch in der deutschen Politik gibt es diese Analogie zum Zweiten Weltkrieg [gemeint ist die Parallele zu «München 1938», Red.], wobei die grüne Aussenministerin Annalena Baerbock sagt, Berlin habe die Pflicht, diese Staaten aus «historischen Gründen» zu schützen. Die Idee, dass kleine Länder wie die baltischen Staaten in der Lage sein sollten, für sich selbst zu entscheiden und nicht schutzlos zurückgelassen zu werden, wofür Putin im Grunde genommen plädiert, klingt auf einer gewissen Ebene verlockend. Aber natürlich gibt es auch ein Problem mit dieser Analogie, insofern als sie eine Trope, eine bildhafte Anschauung in die westliche Politik reimportiert, die alle Kritiker oder diejenigen, die keine strikten Befürworter der Aufrüstung sind, als neuzeitliche «Beschwichtigungspolitiker» verteufelt.

Riachrd Sakwa: Die von Ihnen erwähnte Tendenz ist noch schlimmer als im ersten Kalten Krieg, denn damals gab es zumindest eine gewisse Vielfalt und Debatte. Ich habe das Frankreich von de Gaulle erwähnt, und in Westdeutschland gab es die Ostpolitik, die auf Veränderung durch Engagement setzte, und zwar schon in den frühen 1960er-Jahren. Was heute so schockierend ist, ist die Tatsache, dass es so wenige Stimmen der Opposition gibt. Stattdessen gibt es dieses endlose Trompeten der Einheit der atlantischen Mächte. Einigkeit ist nur dann eine gute Sache, wenn sie sich auf eine vernünftige Politik stützt, und nicht, wenn es sich um ein Sammelsurium falscher Analysen handelt, in der von der tapferen kleinen Ukraine die Rede ist, die sich Russland als revisionistische Macht entgegenstellt. Deutschland ist für seinen Umgang mit der Geschichte zu loben, aber es gibt nichts Gefährlicheres, als diesen auf eine andere historische Situation zu übertragen. Jede Idee, über Engagement zu sprechen – die klassische deutsche Politik – und sogar das Vorantreiben von Nord Stream 2 werden als «Beschwichtigung» Russlands be- und verurteilt.

Das ist ein völliges Missverständnis der heutigen Situation. Putin will kein sowjetisches Imperium wiedererstehen lassen. Unser Verteidigungsminister in Grossbritannien, Ben Wallace, sagte diese Woche, Putin sei ein Ethnonationalist. Das könnte nicht falscher sein: In Russland gibt es heute mindestens 150 grosse Nationalitäten. Putin hat den Ethnonationalismus immer wieder verurteilt: Er reisse das Land auseinander. Wenn westliche Politiker also die grundlegendsten Dinge falsch verstehen, werden sie auch die grossen geopolitischen Dinge falsch verstehen.

Meiner Meinung nach ist die gegenwärtige Situation also viel gefährlicher, weil es nur ein paar wenige mutige Menschen gibt, die sie verurteilen. Ich freue mich, dass sich das «Quincy Institute for Responsible Statecraft» entwickelt hat; es gibt ein paar Leute in den Vereinigten Staaten, allerdings schockierend wenige im Vereinigten Königreich – und ich denke, das Blatt hat sich auch in Deutschland gewendet, vor allem bei den Grünen, die nur Clintonsche liberale Interventionisten der schlimmsten Sorte sind: Falken des Kalten Krieges.

Die Lösung ist ganz einfach

Aussenpolitik sollte immer eine Balance zwischen Interessen und Werten sein. Wenn Russland einfach so einmarschieren und die ukrainische Demokratie unterdrücken wollte, wäre ich der Erste, der die Ukraine unterstützt. Aber das ist nicht das, worüber wir hier reden. Putins sogenannter Revisionismus ist nicht von der Art eines Adolf Hitler. Diese endlose, sogar implizite «reductio ad Hitlerum» [Zurückführung auf Hitler, Red.] ist in diesem Fall einfach Unsinn. Als Putin an die Macht kam, sagte er sogar, Russland werde der NATO beitreten. Die Elite und die Führer in Russland sind rational. Sie versuchen nicht, ein Imperium zu errichten. Sie sagen einfach: «Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Hört endlich auf uns.»

Die Lösung ist ganz einfach: Neutralität für die Ukraine. Niemand wird sie übernehmen. Putin hat das Minsk-II-Abkommen unterstützt, das einen Rahmen für die Rückgabe des Donbass an die ukrainische Souveränität darstellt. Was hat das mit dem Imperium zu tun? Heute leben im Donbass 2,5 Millionen Menschen, die ihre eigene Meinung haben. Putin hat zunächst mobil gemacht, weil die Ukraine auch 100’000 Soldaten an der Grenze hat, mit den türkischen Drohnenraketen, die ihre Wirksamkeit im zweiten Berg-Karabach-Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan im letzten Jahr bewiesen haben. In Moskau herrschte also echte Beunruhigung darüber, dass sie das tun könnten, was Kroatien in der «Operation Sturm» tat, als es die serbischen Enklaven Mitte der 1990er-Jahre angriff. Es ist eine komplizierte Situation, aber die Grundzüge sind ziemlich einfach und klar.

David Broder: Vorhin haben Sie diese Situation mit einer «Kubakrise in Zeitlupe» verglichen. In jenem Fall haben beide Seiten durch Deeskalation ihr Gesicht gewahrt. Ist das hier das wahrscheinliche Ergebnis: eine weitere Runde der Normandie-Gespräche oder der Minsker Vereinbarungen?

Richard Sakwa: Es gibt Gerüchte über ein neues Gipfeltreffen zwischen Joe Biden und Wladimir Putin, möglicherweise schon in der kommenden Woche, was ich sehr begrüsse. Und Verhandlungen sind bei all dem wichtig. Meiner Meinung nach steht es 50:50. Ich glaube, die Leute haben nicht verstanden, dass wir im Oktober 1962 Glück hatten, weil wir im Grunde genommen vernünftige Führer hatten, vor allem John F. Kennedy und Robert Kennedy, und Rückkanäle und so weiter. Ich glaube, dass es jetzt fast nichts von alledem gibt und dass wir näher an einem echten Konflikt sind. Der Westen und natürlich auch die Briten mischen sich ein und giessen Öl ins Feuer; die Deutschen auf der anderen Seite geben keine Überfluggenehmigung für britische Truppen und Ausrüstung, die in die Ukraine geflogen werden sollen.

Ich denke, es könnte in beide Richtungen gehen. Die Russen können sich jetzt nicht einfach zurückziehen, ohne etwas zu tun, und der Westen bietet fast nichts an. Immerhin engagieren sie sich, was schon mal gut ist. Sie machen einige kleinere Angebote – auch gut. Aber das geschieht nicht in dem erforderlichen Umfang. Die Russen sagen jetzt, dass wir zu der Gorbatschow-Agenda zurückkehren müssen, um eine europäische Friedensordnung zu schaffen.

Sie haben erwähnt, dass jedes Land seine Wahl treffen kann; aber die andere Hälfte der 1990 geschaffenen Friedensordnung war, dass die Sicherheit unteilbar ist. Die Russen sagen: «Leute, wo bleibt unsere Sicherheit? Man hat uns aussen vor gelassen.»

Jetzt sind wir dem Krieg näher gekommen. Ich glaube nicht, dass das eine Besetzung der Ukraine bedeutet. Wahrscheinlicher ist, dass es Artillerieangriffe aus grosser Entfernung, Luftangriffe usw. bedeutet, um zu versuchen, die ukrainischen Streitkräfte zu schwächen und den Westen zu ernsthaften Verhandlungen zu bewegen. Bislang haben sie nur so getan, als ob, aber es muss eine Art von Erklärung geben. Die Kuba-Krise wurde durch Zugeständnisse gelöst, damit beide Seiten ihr Gesicht wahren konnten. Heute brauchen wir nicht nur eine Gesichtswahrung, sondern substanzielle Schritte.

(Das Interview erschien auf der US-Plattform Jacobinmag.com. Die von Jacobin bewilligte Übersetzung ins Deutsche besorgte Christian Müller.)

NATO-General Stoltenberg – entlarvt als Ignorant oder Lügner

(cm) Ausgerechnet in der Ausgabe vor dem Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz publizierte das deutsche Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL einen Bericht über den Fund von Dokumenten im britischen Nationalarchiv aus dem Jahr 1991, aus denen unmissverständlich hervorgeht, dass damals zwischen Ost und West auf höchster diplomatischer Stufe Konsens herrschte, dass die NATO nicht nach Osten erweitert werden darf. Die Headline: Neuer Aktenfund stützt russischen Vorwurf.

Zitat aus dem SPIEGEL: «Vor einigen Wochen gab sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg überaus selbstsicher. Befragt vom SPIEGEL, ob Russland in den Neunzigerjahren zugesagt worden sei, die Nato nicht nach Osten auszudehnen, erklärte der Norweger entschieden: ‹Das stimmt einfach nicht, ein solches Versprechen wurde nie gemacht, es gab nie einen solchen Hinterzimmer-Deal. Das ist schlichtweg falsch.› Und weiter unten im Bericht des SPIEGEL: «Wie das Dokument belegt, stimmten Briten, Amerikaner, Deutsche und Franzosen jedoch überein, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Osteuropäer ‹inakzeptabel› sei.» (Das neu gefundene Dokument ist im SPIEGEL abgebildet.)

Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung: Entweder hat der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg von der Geschichte der Jahre 1990/91 keine Ahnung, oder er hat schlicht gelogen. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Richard Sakwa ist Professor an der Universität Kent UK und ist spezialisiert auf die Politik Russlands und der postsowjetischen Länder. Er ist Autor des Buches «Frontline Ukraine; Crisis in de Borderland».
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

66 Meinungen

  • am 20.02.2022 um 12:24 Uhr
    Permalink

    Nach dem Kalten Krieg verlor die NATO ihre Zweckbestimmung, die Folge waren mehrere völkerrechtswidrige Angriffskriege. Diese sollen vom Machtverlust, Niedergang des Westens ablenken.

    Biden stand bereits vor der Wahl im Ruf ein Kriegstreiber zu sein. Meine Befürchtung war, dass er den Iran überfallen und eine riesen Flüchtlingswelle nach Europa auslösen würde.

    Sollte die NATO tatsächlich Russland überfallen, ist dies der Sargnagel des Westens und der strahlende Sieger wird China sein.

    • am 21.02.2022 um 09:03 Uhr
      Permalink

      Herr Herzog, nennen SIe mir nur EINEN überzeugenden, nachvollziehbaren Grund, warum die NATO Russland überfallen sollte.

      • am 23.02.2022 um 08:07 Uhr
        Permalink

        Ist immer derselbe Kriegsgrund: die Macht, seinen Willen durchzusetzen und einen Gegner auszuschalten. So war es von Vietnam über Libyen bis zum Irak. Warum soll es bei Russland anders sein?

        „Der Krieg ist also ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.“
        – Clausewitz: Vom Kriege, Buch I, Kapitel 1, Abschnitt 2

        „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“
        – Clausewitz: Vom Kriege, Buch I, Kapitel 1, Abschnitt 24

        Haben Sie vergessen, dass die NATO zuerst Truppen an die Grenze brachte und erst dann (deswegen) der Konflikt eskalierte?

        Es gibt Leute die Glauben der Kriegspropaganda, die USA hätte Afghanistan zur Befreiung der Frauen überfallen und deswegen das Land ins Elend gestürzt.
        The CIA’s Strategy to Manipulate European Public Opinion on the Afghanistan War
        http://file.wikileaks.org/file/cia-afghanistan.pdf

      • am 23.02.2022 um 18:39 Uhr
        Permalink

        @Peter Herzog
        Ueber Sinn und Zweck der NATO.
        Die Baltischen- und alle anderen Staaten, die an die Russische Föderation Grenzen und sich nach Westen orientieren möchten, fürchten sich vor Putin mit gutem Grund. Typisches Beispiel ist Tschertschenien. Dort hat Putin einen Folterknecht namens Ramsan Achmatowitsch Kadyrow installiert und ihn mit dem Orden «Held der Russischen Föderation» dekoriert. Die Geschichte dieses Mörders lesen Sie in Wikipedia unter seinem Namen.

        Die Staaten die sich unter den Schutz der NATO stellen geniessen grosse Sicherheiten. Russland, als weltgrösste Atommacht, braucht diesen Schutz nicht. Hingegen die Ukraine bräuchte diese Sicherheit dringend…

        Uebrigens, wenn Sie von Afghanistan reden wollen – Russland bzw. die Sowjetunion war vor der USA in Afghanistan – das wissen Sie doch, oder?

      • am 26.02.2022 um 00:52 Uhr
        Permalink

        Nun, wir werden in Kürze sehen wie das funktioniert. Sobald die (demokratisch gewählte) Regierung der Ukraine gestürzt ist, wird irgendein Schlächter von Putins Gnaden in Kiew installiert. Dann hat er das Ziel erreicht auf das er schon lange hingearbeitet hat.
        Hatte gerade noch die Vorgänge um den früheren ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch nachgeslesen (Wurde vom Parlament abgewählt, da er den vom Volk bestätigten Annäherungskurs an die EU nicht umsetzen wollte). Als Putins Vasalle ist ja klar warum. Über die Krim floh er dann mit Hilfe Russlands zu Putin.
        https://de.wikipedia.org/wiki/Wiktor_Janukowytsch
        Interessant, dass die Ukraine schon damals ein wichtiges Ziel für Putin war. Nun hat er sein Ziel doch noch erreicht…… Leidtragend ist das ukrainische Volk mit seinem Willen nach Souveränität und freier Assoziation.

      • Portrait_Josef_Hunkeler
        am 26.02.2022 um 11:44 Uhr
        Permalink

        Janukowytsch’s «Abwahl» (andere würden das als Putsch bezeichnen) hat ja schlisslich erlaubt Biden’s Sohn Hunter in den Verwaltungsrat der Gas-Firma Burisma einzuschleusen, um mitzuhelfen die Abhängigkeit der Ukraine von russischem Gas zu verringern.

    • am 27.02.2022 um 15:39 Uhr
      Permalink

      Heute, 27.2. hat Putin durch sein einseitiges Handeln die Putinversteher ins Abseits laufen lassen. Statt weiter Ausreden zu suchen wäre es Zeit, eine aktive Demokratisierungspoliik zu definieren

      • am 28.02.2022 um 13:17 Uhr
        Permalink

        Jo. Und wie wir in den letzten Jahren gelernt haben, ist das beste Mittel dazu, möglichst viele, möglichst tödliche Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern.

  • am 20.02.2022 um 12:41 Uhr
    Permalink

    Das ist die beste Analyse, die ich seit langem gelesen habe. Und genauso wie Richard Sakwa es schildert, ist die Ukraine ein zerrissenes Volk. Es hätte jedem Politiker in Europa eigentlich klar sein müssen, was nach dem Assoziierungs-Abkommen würde – die totale Spaltung.
    Wie er vorschlägt, wäre eine neutrale Ukraine ohne NATO-Mitgliedschaft die beste Lösung. Vor allem die beste Lösung für die Ukraine selbst.

    • am 24.02.2022 um 20:21 Uhr
      Permalink

      Jetzt haben Sie die beste Lösung, Herr Mähr.

  • am 20.02.2022 um 12:51 Uhr
    Permalink

    Wir brauchen nicht tatenlos zusehen, wie Kriegstreiber versuchen, ihre materiellen Interessen mit aller Gewalt durchzusetzen. Russland gehört zur europäischen Familie, die USA und Kanada nicht. Es liegt auch im globalen Interesse, dass ein mit Russland föderalistisches Europa als ausgleichende Macht zwischen den USA und China handeln und verhandeln kann. Wenn Sie diese Meinung teilen, dann schicken Sie sie an Olaf Scholz, um seinen Rücken zu stärken, dieses Ziel zu verfolgen. Hier mögliche Anschriften: https://www.bundeskanzler.de/bk-de/service/ontakt/kontakt, oder https://olaf-scholz-spd.de/kontakt/ oder per Brief an: Herrn Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeskanzleramt, Willy-Brand-Strasse 1, D-10557 Berlin, mit Kopie dieses Interviews.

    • am 22.02.2022 um 08:49 Uhr
      Permalink

      Russland, die USA und Kanada eint, dass sie alle aktiv Auswanderinnen und -wanderer aus Europa rekrutierten und aufnahmen (z.B. Krimdeutsche). Es gibt also Verwandtschaften. In Russland erfolgt allerdings seit gut 100 Jahren eine Gegenbewegung; die Nachfahrinnen und -fahren kehren in die Herkunftsländer, vor allem Deutschland, zurück. Heimkehrende Russlandschweizerinnen und -schweizer wurden in den 1930er-Jahren teilweise gleich nach Argentinien weitergereicht. Scheint nicht soo attraktiv zu sein, dort draussen.

    • am 24.02.2022 um 09:13 Uhr
      Permalink

      Gehört die Ukraine auch zur russischen Familie? Wenn ja, dann betreibt Zar Putin gerade Brudermord…

  • am 20.02.2022 um 14:04 Uhr
    Permalink

    Ein ausgezeichneter Kommentar und eine umfassende Analyse! Die Frage stellt sich, warum muss das «Verteidigungsbündnis» NATO sich immer weiter nach Osten vorarbeiten und Russland vor einer gesamteuropäischen Lösung ausschliessen? Es gibt nur eine Lösung mit und nicht gegen Russland!

    • am 21.02.2022 um 11:55 Uhr
      Permalink

      Danke Herr Düggelin,
      wir sind gleicher Meinung.

    • am 22.02.2022 um 08:40 Uhr
      Permalink

      Die Antwort auf das «Warum» liegt vermutlich im Vakuum, das der Zerfall der Sowjetunion (noch nie hat jemand behauptet, dieser sei vom CIA orchestriert worden) hinterlassen hat. Staaten im ehemaligen Einflussbereich der SU fürchteten sich wahrscheinlich vor einem in Russland erwachenden, mehrheitsfähigen Revanchismus – zurecht, wie sich jetzt herausstellt. Deshalb suchten sie aktiv den Anschluss an die NATO, wie jetzt auch «unverdächtige» Länder wie Schweden und Finnland die Nähe zu dieser Organisation suchen und aufrüsten. Die Einsätze der NATO seit 1990 betrafen nicht die Grenzgebiete von Russland.

    • am 24.02.2022 um 09:18 Uhr
      Permalink

      Sehr einseitiges Zusammenschreiben von aus dem Zusammenhang gerissenen Einzelheiten und die üblichen Unterstellungen. Eigentlich lohnt es sich gar nicht weiter darüber zu diskutieren. Der Diktator im Kremel hat Fakten geschaffen und den Brudermord begonnen.
      Kann den keiner diesen Wahnsinnigen stoppen?

  • am 20.02.2022 um 15:14 Uhr
    Permalink

    wann und wo machte gorbatschow die aussage, es habe KEINE zusagen zur nichterweiterung der NATO nach osten gegeben? bisher las ich nur das gegenteil: gorbatschow habe solche zusagen bestätigt.

    • am 21.02.2022 um 09:07 Uhr
      Permalink

      Falsch. Interview von Gorbatschow mit «Kommersant» vom Oktober 2014: «Über das Thema Nato-Osterweiterung wurde (1990/91) überhaupt nicht diskutiert… Nicht ein einziges osteuropäisches Land hat diese Frage angesprochen. Westliche Führer haben sie auch nicht aufgebracht».

    • am 21.02.2022 um 10:27 Uhr
      Permalink

      Am 10. Februar 1990 sagte der deutsche Bundeskanzler Kohl zu Gorbatschow, dass die NATO sich «natürlich» nicht nach Osten ausdehnen könne. In gleicher Weise zur gleichen Zeit äusserte sich Genscher gegenüber Edward Schewardnadse. So war auch der Tenor der amerikanischen Politik am Tag zuvor gewesen. Die deutschen Politiker wollten von Moskau grünes Licht für die angestrebte Wiedervereinigung mit Ostdeutschland. Der Haken war und ist, dass Gorbatschow diese an sich unverbindlichen Aussagen für bare Münze nahm und nichts schriftliches ausser den noch vorhandenen Gesprächsnotizen vorliegt.

  • am 20.02.2022 um 17:33 Uhr
    Permalink

    Richard Sakwa sagt, dass es in der Ukraine eine «stark mobilisierte, radikalisierte Minderheit gibt, die die Politik in Geiselhaft hält». Sie werde geopolitisch von den westlichen Mächten unterstützt (was immer das genau heissen soll). Das tönt schon fast so wie die RAF in Deutschland, die vor 40, 50 Jahren vom Ostblock unterstützt wurde. Kann man diese Minderheit nicht mit Namen und Fakten etwas präziser umschreiben? Auch die Rolle der NATO nach dem Kalten Krieg würde eine etwas ausführlichere Betrachtung verdienen. Die Organisation war wirklich nicht mehr als «Front gegen Russland» aktiv, sondern intervenierte bei Regionalkonflikten ausserhalb der Sicherheitssphäre Russlands. Für die von Sakawa empfohlene Neutralität für die Ukraine (nach seiner Sicht wohl minus Krim) müsste man ein Referendum (auch in der Krim und den «Volksrepubliken?) organisieren. Ich bezweifle, dass dies in einem Land, das schon jetzt teilweise nicht mehr durch die ukrainische Regierung kontrolliert wird, möglich ist.

    • am 22.02.2022 um 13:35 Uhr
      Permalink

      Für die Neutralisierung durch und im Interesse der Grossmächte (völkerrechtliche Neutralität) gibt es mit der Schweiz nach dem Wiener Kongress 1815 ein prominentes Beispiel. Und es war durchaus im Sinne und zum Vorteil der Schweiz. Leider vergessen grosse Teile der Schweiz das auch immer mal wieder, v.a. dann, wenn gerade eine Seite zu gewinnen scheint.

  • am 20.02.2022 um 18:58 Uhr
    Permalink

    Aggressor und Kriegstreiber Russland will an die ostukrainischen Eisenerzminen, Nickel, Titan, Lithium, unerschlossene Gasfelder und andere. Schon im Krim-Krieg hat die Ukraine Oel- und Gasfelder an Russland verloren.

    Krieg zu führen ist teuer. Russland hat nichts zu bieten als Rohstoffe und Kriegsgeräte. Die grünen Parteien haben es fertiggebracht, Deutschland und andere EU-Staaten inkl. CH abhängig von russischem Gas zu machen. Nicht wegen der Abkehr von der Kohle, sondern wegen der Verteufelung der Atomkraftwerke. Russland nutzt diese Abhängigkeit indem sie die Preise erhöht. Auf diese Weise wird der Krieg finanziert. Anders gesagt, wir sind am Krieg beteiligt. Waffen dürfen wir dem Schwächeren nicht liefern. Nun ja, die Deutschen haben sich immerhin zur Lieferung von 5000 Helme verpflichtet…

    Info Sperber bemüht sich fleissig, die Aggression der Russen herunterzuspielen, indem sie russenfreundliche Intellektuelle und andere Texter zur «Aufklärung» einlädt – unbegreiflich!

    • am 21.02.2022 um 16:51 Uhr
      Permalink

      Ihr Kommentar regt mich zu zwei Fragen an:
      Wie viele Kriege hat Russland in den letzten 30 Jahren geführt, um sich geopolitisch die Macht über Rohstoffe zu sichern?
      Wie viele Kriege hat die USA in den letzten 30 Jahren geführt, um sich geopolitisch die Macht über Rohstoffe zu sichern?
      Ich werde mal Antworten suchen und meine Schlüsse ziehen.

      • am 22.02.2022 um 09:22 Uhr
        Permalink

        @Sieglinde Kliemen
        «Schlüsse ziehen» über Vergangenes hilft hier nicht, aber Sie haben recht.
        Wenn ich an die US-Politiker denke…
        Besonders die letzten, wie Donald Rumsfeld, Dick Cheney, GW Bush, Donald Trump…
        Und keine der drei Grossmächte ist besser als die andere.
        Das liegt an den Systemen – nicht an den Bürgern.

        Dennoch muss ich Ihnen sagen, dass ich Luzia Tschirky und Sebastian Ramspeck eher glaube als dem Professor Richard Sakwa, bei dem man nicht weiss, woher er die Informationen hat.

  • am 20.02.2022 um 21:11 Uhr
    Permalink

    Endlich eine Darstellung, die ständig differenziert und Pauschalurteile auflöst (wenn auch der Titel, der ja nicht vom Experten stammt, wieder undiffrrenziert nahelegt, dass nur die eine Seite Schuld trägt). Was mir auch hier unerklärt bleibt: Warum die sog. Sicherheitsinteressen von Imperien nicht einmal grundsätzlich hinterfragt und statt dessen als Denkschablonen weiter tradiert werden. Sind die Sicherheitsinteressen der Menschen in Europa heute tatsächlich bedroht durch russische Aufrüstung und dumm provokative Manöver? Braucht die Schweiz deshalb Kampfflugzeuge? Sind die Sicherheitsinteressen der Menschen in Russland tatsächlich bedroht durch den NATO-Beitritt der baltischen Staaten und durch dumm provokative NATO-Manöver? Plant die NATO eine Invasion Russlands vom Baltikum aus, dobald Putin Schwäche zeigt? Plant Putin eine Invasion Polens oder Gotlands, sobald US-Soldaten abgezogen werden? Warum darf jede Atommacht weiterhin ohne Belege und ohne kritisch hinterfragt zu werden behaupten, ihre Sicherheit als Imperium sei bedroht? Müssen Journalisten das gläubig nachbeten, oder könnten sie am Dogma kratzen und die Behauptung überprüfen? Könnten sie die Interessen der Menschen von den Interessen der Strategen unterscheiden?

    • Christian Müller farbig x
      am 21.02.2022 um 09:12 Uhr
      Permalink

      @ Peter Lüthi – Der Titel des Originalartikels lautete: «Biden’s Escalation With Russia Over Ukraine Is a Terrible Idea». Wenn Infosperber Publikationen von anderen Plattformen übernimmt, übernimmt er meistens auch deren Headline.

  • am 21.02.2022 um 09:01 Uhr
    Permalink

    «Dutzende westlicher Staats- und Regierungschefs sagten, die NATO werde nicht über das vereinigte Deutschland hinaus erweitert.» Russland und seine Freunde im Westen können das so oft wiederholen, wie sie wollen, es bleibt historisch-faktisch falsch. Sämtliche Aussagen der damals Beteiligten im Westen (Baker, Wörner etc.) bezüglich Nato-Erweiterung bezogen sich ausschliesslich auf das Territorium der damaligen DDR, und so wurde es auch im 2plus4-Vertrag vom 12.9.90 festgehalten. Über eine weitere Erweiterung der NATO wurde 1990/91 überhaupt nicht diskutiert.

  • am 21.02.2022 um 15:32 Uhr
    Permalink

    Ich sehe die sich ständig steigernden Konflikte mit Russland als ein Resultat einer verpassten Nachwendeordnung. Es ist nicht gelungen, Russland in eine europäische Ordnung, ja nicht einmal in ein gemeinsames europäisches Wirtschaftssystem zu integrieren. Ein schwaches, ausgeplündertes Russland schien der EU und NATO immer recht zu sein. Aber Europa geht eben bis zum Ural und ohne Einigung mit Russland gibt es keinen Frieden und keine wirtschaftliche Entwicklung von der beide Seiten profitieren können.

    • am 22.02.2022 um 08:23 Uhr
      Permalink

      Tja, wer plündert Russland aus? Diese Frage ist wirklich interessant. Zufällig las ich gestern in der Zeitung, dass Angelina Jolie (ja, DIE AJ) ihren Anteil an einem Weingut in der Provence an einen «russischen Oligarchen» (offenbar ein globaler Wodka-Grosshändler) verkaufen will, wobei besagter Oligarch anvisiere, das ganze Gut zu erwerben.

  • am 21.02.2022 um 21:26 Uhr
    Permalink

    @Peter Eberhard, nennen Sie mir einen Grund, warum sich das «Verteidigungsbündnis» Nato ständig nach Osten ausdehnen sollte? Die Nato macht dies geschickt mit einer Infiltration der Ukraine und Weissrussland, indem sie Regimegegner einschleust und nachher reklamiert, die Länder wollten Freiheit und die Wahlen in Weissrussland seien total gefälscht gewesen. Auch Alexej Navalny areitet für die USA. Nun soll die 6. Nato-Osterweiterung vorbereitet werden. Warum braucht ein «Verteidigungsbündnis» alle diese Osterweiterungen? Die Nato ist ein «Angriffs- und kein Verteidigungsbündnis»!

    • am 23.02.2022 um 00:36 Uhr
      Permalink

      Leider wurde diese schöne Ansicht gestern jäh zerstört…..
      Man könnte meinen, Sie seien ein Sprachrohr Putins. Die Invasion der Ukraine durch Russland hat gestern eine neue Dimension erreicht. Der Agressor ist damit klar erkennbar und heisst Russland. Dass die Russen den Quatsch glauben müssen (bleibt Ihnen ja nichts anderes übrig, keine freie Presse mehr) den Ihnen Putin auftischt, kann ich halbwegs nachvollziehen. Aber als freier Schweizer habe ich bessere Informationsmöglichkeiten.

      • Christian Müller farbig x
        am 23.02.2022 um 08:44 Uhr
        Permalink

        @ Robert Richner – Es ist genau, wie vorausgesagt: Seit sieben Jahren gibt es die unter Leitung der Schweizer Diplomation Heidi Tagliavini ausgehandelten Minsk II-Vereinbarungen. Die Ukraine hat sieben Jahre lang nichts unternommen, diese Vereinbarungen einzuhalten bzw. anzugehen. Aber statt dass mehr und mehr Staaten Druck machten, die Ukraine müsse die von ihr unterzeichneten Vereinbarungen endlich angehen (zum Beispiel auch von Seite der Schweiz), sind sogar Deutschland und Frankreich, die westlichen Garanten der Minsk II-Vereinbarungen, mehr und mehr auf Distanz gegangen. Und nun, wo Russland sagt: Minsk II hat offensichtlich keine Chance mehr, je eingehalten zu werden, wir müssen andere Wege finden, ist natürlich Russland an allem schuld. Dass am Schluss in den Augen der westlichen Medien so oder so Russland der Schuldige sein wird, war die Prognose. Sie ist in diesen Tagen in Erfüllung gegangen.

      • am 23.02.2022 um 20:32 Uhr
        Permalink

        Es wird immer schnell nach Schuldigen gesucht….Es ist doch so, dass der Schuss sich löst, wenn am Abzug gezogen wird…..Putin ist ein Meister darin, die Sache so darzustellen, dass er zu drastischen Massnahmen gezwungen wurde. Warum hätte man das von Ihnen geschilderte Szenario nicht durch Weiterführen der Verhandlungen den Ukrainern vermitteln können? Man war ja auf dem besten Weg dazu und alle massgebenden Player am Tisch. Nun herrscht ein Klima der Angst…Putin hat Angst, dass der Widerstand der Ukrainer bei anderen ehemaligen Sowjetrepubliken vermehrt Anklang findet. Die Ukrainer haben Angst, dass sie in einen Krieg mit Russland verwickelt werden. Wir Schweizer die seit Menschengedenken in beispiellosem Wohlstand und grosser Sicherheit leben, können uns wahrscheinlich nicht einmal ansatzweise in die Gefühlslage der Polen, Rumänen, Finnen, Esten, Letten…. versetzen. Nun, Putin ist ein abgebrühter Taktiker (hat er schon mehrmals unter Beweis gestellt). Und er muss keine öffentliche Meinung fürchten und wird nicht durch gutmenschliche Gesinnung behindert. Als Autokrat kann er alleine entscheiden. Letzen Endes bleibt das auf der Strecke was in solchen Fällen immer auf der Strecke bleibt: Das Selbstbestimmungrecht der beteiligten Völker…Das war schon im Ungarnaufstand und im Prager Frühling so. Und es ist auch jetzt wieder so.

      • am 23.02.2022 um 21:35 Uhr
        Permalink

        Wenn man sich nur ein wenig in die Geschichte der Minsker Abkommen einarbeitet, wird klar, dass eine so einseitige Schuldzuweisung, wie sie Christian Müller einmal mehr geltend macht, nicht den viel komplexeren, gut dokumentierten Tatsachen gerecht wird. Schon in den ersten Tagen wurde der Waffenstillstand, die entscheidende Basis der Abkommen, in Debalzewe von den Separatisten mit Hilfe russischer Soldaten massiv gebrochen. Die Fiktion, dass Russland nicht beteiligt sei und kein russischer Soldat im Donbass stehe, – eine Grundlage der Verträge – ist vielfach als Lüge belegt. Ich weiss auch von Augenzeugen aus Donezk und aus den glaubwürdigen Berichten der «Soldatenmütter von Petersburg» von der wesentlichen Teilnahme russischer Offiziere an den Kämpfen. Der Schweizer Alexander Hug, während 4 Jahren stv. Leiter der OSZE-Mission und damit eine kompetente Stimme, bezeugt im Tagesanzeiger vom 20.2.2022, dass die Reihenfolge der Massnahmen nicht eindeutig festgelegt wurde. Ein grosses Problem ist auch die in keiner Weise gesicherte Rechtsstaatlichkeit unter den mafiösen Führern der «Volksrepubliken» (es lohnt sich, deren Biografie zur Kenntnis zu nehmen). Ich sehe keine andere Möglichkeit als beide Seiten in sehr vielschichtiger Weise für das Scheitern verantwortlich zu machen. Man möge doch den Leser darin unterstützen, sich ein Bild von der unglaublich schwierigen Situation zu machen, anstatt ihn einzuwickeln in die Illusion, es müsste nur die Ukraine vernünftig werden.

      • am 26.02.2022 um 14:18 Uhr
        Permalink

        Gab es nicht auch eine Vereinbarung zwischen Russland und der Ukraine bezüglich der nuklearen Bewaffnung? Russland sagte der Ukraine ihre Souveränität zu, dafür lieferte diese Ihre nukleare Bewaffnung ab. Gut, der Vertrag kam nicht von Putin, aber das heutuge Russland ist ja der legitime Rechtsnachfolger der Sowjetunion. (Budapester Memorandum)
        https://de.wikipedia.org/wiki/Budapester_Memorandum
        Zitat: «Das Dokument wurde von allen betroffenen Ländern unterzeichnet und als völkerrechtlicher Vertrag bei den Vereinten Nationen hinterlegt. China und Frankreich gaben zur Sicherheitsgarantie der Ukraine eigene Erklärungen ab.»
        Unter diesem Gesichtspunkt war schon die Annektion der Krim 2014 ein Vertragsbruch.
        Am 24. Februar 2022 verstieß Russland durch den Überfall auf die Ukraine erneut gegen die Vereinbarung.

      • am 26.02.2022 um 11:05 Uhr
        Permalink

        @Robert Richner, ich bin nicht Sprachrohr Putins, auch ich bin ein freier Schweizer und habe als Hptm und Einheitskdt aD der Schweizer Armee immerhin 1100 Diensttage geleistet und ich bin wie Sie Bürger eines freien, neutralen und unabhängigen Staates, ich sehe nicht ein, dass dies für die Ukraine nicht die Lösung sein kann. Da wehrt sich offenbar der Hegemon USA wohl mit allen Kräften dagegen!… Man sollte Ursache und Wirkung nicht verwechseln.

    • am 25.02.2022 um 11:03 Uhr
      Permalink

      Herr Düggelin, ich bin von Ihnen zunehmend begeistert. Oder habe ich mich in Ihnen dermassen getäuscht ?

  • am 21.02.2022 um 22:04 Uhr
    Permalink

    Ich frage mich, woher die Russland- resp. Putin-Versteher ihre Informationen hernehmen, wenn nur noch Staatsmeinungen veröffentlicht werden dürfen.

    Mit dem Journalist Oleg Kaschin, der vor einigen Jahren zusammengeschlagen wurde, nachdem er einen kritischen Artikel veröffentlicht hat, hat die erwähnte Kommersant-Zeitung bereits Erfahrung gemacht. Oleg hatte noch einen Kollegen, Iwan Safronow, der ist vor ca. 15 Jahren vom 15. Stock aus dem Fenster gestürzt. Jährlich werden in ganz Russland gegen 20 Journalisten irgendwie umgebracht. Diese Unfälle werden nicht aufgeklärt.

    Weltberühmt ist der Fall Politkowskaja: https://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Stepanowna_Politkowskaja
    Ich habe zwei Bücher von Anna Politkowskaja «Russisches Tagebuch» und «In Putins Russland». Beide sind lesenswert.

    Diese Journalistenmorde sollten doch den Redaktoren und westlichen Journalisten zu Denken geben. Und bei Interviews und anderen journalistischen Erzeugnissen etwas kritischer urteilen.

    Noch eine Schlussfrage: Wer hat wohl den MH17 im Juli 2014 in der Ukraine vom Himmel geholt?
    Waren es etwa die Amerikaner?

    • Christian Müller farbig x
      am 21.02.2022 um 22:38 Uhr
      Permalink

      @ Ueli Hofer – Eigentlich hatte ich beschlossen, auf Kritiken, die den Vorwurf «Putin-Versteher» enthalten, gar nicht mehr zu reagieren, weil dieser Vorwurf unter dem Level einer anständigen Diskussion liegt. Aber trotzdem: Dank dem Umstand, dass ich jetzt in Pension bin und also statt vorher als CEO eines grösseren Medien-Unternehmens 80 Stunden die Woche für die Firma arbeiten musste, jetzt annähernd den gleichen Aufwand für das Einholen von Informationen von allen Seiten aufwenden kann – Schweiz, Deutschland, UK, Italien, USA, Israel, Ukraine und Russland, um nur schon jene Länder zu nennen, in denen ich von mir bezahlte Abonnements habe – erlaube ich mir die Aussage: Ich bin von allen Seiten sehr gut informiert. Über die bezahlten Medien hinaus lese ich noch ca. 30 Publikationen, die wie Infosperber gratis sind und wo ich fairerweise jeweils mindestens einmal pro Jahr eine Spende hinschicke. Und ich habe zu Dutzenden von Medienleuten und Politikern in vielen Ländern auch persönliche Kontakte. Ich war schon 1972 in der Tschechoslowakei und in Polen, schon 1986 in Russland, und seither immer wieder in den Ländern, über die ich schreibe. Ich habe etliche Jahre auch im Ausland gearbeitet, und in meinem Haus verfügen wir über sechs Sprachen. Den Vorwurf der mangelnden oder einseitigen Information weise ich damit in aller Form und Schärfe zurück.

      • am 22.02.2022 um 09:44 Uhr
        Permalink

        @Christian Müller
        Vielen Dank für Ihre Reaktion. Der Ausdruck XXX-Versteher ist blöd. Vermutlich erfunden von irgendeinem Informationstexter. Wenn ich Mitarbeiter bei Info-Sperber beleidigt habe, entschuldige ich mich hierfür. Gleichzeitig danke ich dafür, dass meine Texte, selbst wenn sie Info-Sperber zuwiderlaufen, hier veröffentlicht werden. In Ihrem Ruhestand wünsche ich Ihnen alles Gute.

    • am 23.02.2022 um 00:40 Uhr
      Permalink

      Was mir zu denken gibt, ist, dass es hier haufenweise Daumen nach unten gibt…..

      • am 23.02.2022 um 12:59 Uhr
        Permalink

        Lieber Herr Richner
        Die Daumenrichtung interessiert mich nicht, sie sagt nichts aus über die Korrektheit.
        Aber ich sage gerne, was mich dazu treibt, diesem Interview etwas dagegen zu halten.

        Der eben in Gang gesetzte Ueberfall auf die Ukraine hat, wenn wir in der Geschichte etwas zurückblicken, Aehnlichkeiten mit bereits Geschehenem. Die Annektierung der Ukraine, oder Teile davon, ist das Ergebnis einer jahrelangen Planung. Fast wie damals als einer gesagt hat: «Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen». Derjenige, der das gesagt hat, hat ein Jahr vorher erklärt, die Sudetendeutschen vor den Tschechen befreien zu müssen und sandte Friedenstruppen. Weil diese dann so schön in Bewegung waren hat man ganze Sache gemacht und gleich die ganze Tschechoslowakei genommen.

        Erkennen Sie die Parallelen?
        Herr Müller kann noch so viele Kontakte in Russland, in der Ukraine oder in der Tschechei haben. Die Gedanken des Wladimir Putin kann er nicht dekodieren. Das kann auch der britische Russland- und Ukraine-Kenner Richard Sakwa nicht.

      • am 24.02.2022 um 10:14 Uhr
        Permalink

        Der Ueli Hofer aber auch nicht besser als andere.

        Meine Einschätzung, zugegebenermassen genauso wenig bestätigt durch Putin wie Ihre:
        Putin fühlt sich seit Jahrzehnten von den USA / NATO einem Bullying ausgesetzt. Vorgänger UDSSR wurde zerlegt, ein Staat nach dem anderen wurde in die NATO aufgenommen, die NATO drängt ihn somit aus seiner Sicht immer mehr in die Ecke. Er versucht, dies dem Westen klarzumachen «bis hierher und nicht weiter», wir im Westen wissen nichts besseres zu tun als ihn hinzuhalten und keinerlei Zugeständnisse zu machen sondern mit Sanktionen zu belegen und weiteren Sanktionen zu drohen. Wer in die Ecke gedrängt wird von viel stärkeren Gegnern, sieht manchmal Gewalt als einzigen Ausweg. Zwar nicht ‹gut›, aber nachvollziehbar. Mein Fazit: Putin ist kurzfristig / heute definitiv der Agressor, aber er wurde durch Bullying des Westens so weit gebracht, wir im Westen tragen eine enorme Mitschuld an der Eskalation.

      • am 24.02.2022 um 21:04 Uhr
        Permalink

        Lieber Herr Schmid
        Herr Putin würde sich beleidigt fühlen, wenn er Ihr Statement lesen würde, dass er sich durch die NATO und erst noch durch die USA bedrohen liesse. Und ich selber denke, dass die grösste Atommacht der Erde nicht eines Angriffs von aussen fürchten muss. Hingegen durch drohende Umsturzversuche, das ist durchaus denkbar.

        Also, unterlassen Sie doch solche Schuldbekenntnisse wie «wir im Westen wissen nichts besseres zu tun als ihn hinzuhalten….» Das ist ein Affront gegenüber den ukrainischen Bürgern, die ihrer Eigenständigkeit beraubt werden.

      • am 25.02.2022 um 09:12 Uhr
        Permalink

        Ich hab definitiv viele Defizite, aber was Schuldzuweisungen angeht, da hab ich ein vergleichsweise reines Gewissen: wer hier Schuldzuweisungen vornimmt, sind in erster Linie Sie Herr Hofer. Ich habe lediglich dargelegt, dass aus meiner Sicht wir im Westen nicht unschuldig an der Eskalation sind.

      • am 26.02.2022 um 01:21 Uhr
        Permalink

        @ueli hofer: Ja, stimme völlig mit Ihnen überein. Hatte mich bloss gewundert, dass auf ihren wertvollen Beitrag so viele Daumen nach unten kamen.
        Leider werden wir erleben müssen, dass Putin sich auf der ganzen Linie durchsetzen wird. Habe das schon an anderer Stelle dargelegt. Je mehr ich mich mit der Sache befasse, umso mehr beschleichen mich starke Befürchtungen über die Zukunft des Miteinander auf diesem Planeten. Putin hat in den letzten Jahren eine Meisterschaft darin entwickelt, andere Autokraten zu stützen (von Syrien’s Assad bis Lukaschenko). Amerika ist gerade (knapp) dem Tyrannen Trump entronnen. China hat sich in eine ähnliche Richtung entwickelt. Ich frage mich dann jeweils, ob all die Daumen nach unten Drücker überhaupt daran interessiert sind die Dinge in den Zusammenhang zu stellen. Vieles auf der Welt läuft heute immer noch nach dem Motto: Wenn die Worte fehlen, helfen die Fäuste. Putin ist das beste Beispiel dazu.

      • am 26.02.2022 um 21:52 Uhr
        Permalink

        Danke für die Blumen.
        Ich habe Sie schon begriffen, Herr Richner.
        Aber wir beide schreiben doch, weil es uns brennt unter den Nägeln.

  • am 22.02.2022 um 22:33 Uhr
    Permalink

    Lieber Herr Müller, ich teile mit Ihnen die Allergie gegen solche bequemen journalistischen (Ab-)qualifizierungen wie «Putin-Versteher». Es würde mich interessieren, wie Sie selber in Ihrem Verhältnis zu Putin sich bezeichnen würden, so dass das Niveau gewahrt bleibt und doch eine präzise Auskunft möglich ist, die mit Ihren hier publizierten Stellungnahmen übereinstimmt. Wie kompromisslos Sie ein Feind der US-Politik sind, haben Sie schon unmissverständlich als Antwort dargelegt, als ich vorgeschlagen habe, dass auf Infosperber gar keine Grossmachtpolitik mit Missachtung des Völkerrechts, egal ob sie von den USA, Russland oder China ausgeht, gutgeheissen werden kann. (Nach meiner Erfahrung mit journalistischen Texten würde ich auch die Benennung bzw. Beschimpfung eines Gegners als «russophob» als eine billige Qualifizierung ohne Aussagewert vermeiden.) Es wäre wünschenswert, wenn Sie in Ihrer Antwort unterscheiden würden zwischen Ihrem Verhältnis zu Russland und Ihrem Verhältnis zu Putin, denn das sind doch unbestreitbar zwei ganz verschiedene Grössen.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 23.02.2022 um 19:12 Uhr
    Permalink

    Es wäre vielleicht auch nützlich an den Cento-Pakt zu erinnern, welcher klar zum «Conainment» der Soviet-Union gegründet wurde. Erst der Umsturz in Teheran (Rückkehr Khomeinis aus Frankreich) hat diesem Pakt mit Türkei, Iran und Pakistan den Garaus gemacht.

    Ich beherbergte damals einen jungen Offizier der Armee des Shah’s, welcher mir versicherte, dass im «Notfall» ein Schulterschluss zw. Iran und Israel innert zwei Tagen zu bewerkstelligen wäre.

    Man sollte vielleicht auch etwas weiter ausgreifen und an den Krimkrieg 1855 erinnern. Schon damals versuchten die westlichen Kolonialmächte, das Zarenreich in Schwarzen Meer zu blockieren.

    So ganz neu ist also die Osterweiterung der Nato nicht, obwohl die «Pannen» in Afghanistan, Irak, Libyen… eine Neuorientierung notwendig machten um die Generäle weiter beschäftigen zu können.

    Die «Episode» in Libyen erinnert im übrigen an einen Zwischenfall 1803 vor Tripoli als der Emir von Tripoli eine amerikanische Fregatte versenkte, welche sich allzunahe um die nordafrikanische Schiffahrt kümmerte. Es gibt also auch hier einen kohärenten «roten» Faden, welcher imperialistisches Gebahren der ex-Kolonialmächte ans heutige Geschehen knüpft.

  • am 23.02.2022 um 21:45 Uhr
    Permalink

    Nachtrag an Christian Müllers Schuldzuweisung bez. Minsk 2: Auch die von ihm erwähnte Heidi Tavigliani bezeugt im TA vom 4.12.2014, also kurz nach Unterzeichnung, den Bruch des Abkommens u. a. durch die von den Separatisten angeordneten, nicht vertrags- und rechtskonformen Wahlen.

  • am 24.02.2022 um 09:03 Uhr
    Permalink

    Putin der Zyniker.
    Man kann sich einen grösseren Zynismus nicht vorstellen.
    Kranzniederlegung für gefallene russische und ukrainische Soldaten während des 2. Weltkrieges.
    Gleichzeitig drückt er auf den Kriegs-Auslöse-Knopf!
    Und viele glauben, dass sich die grösste Atommacht der Welt gegen den Westen schützen müsse.

  • am 24.02.2022 um 09:19 Uhr
    Permalink

    Das zusammengeflickte patriarchal-historische Narrativ des «Herrn» Putin überzeugt mich nicht und rechtfertigt nicht den Überfall auf die Ukraine.
    Krieg ist ein Verbrechen und sollte als solches bezeichnet werden. Wer sich beeindrucken lässt von diesen Putin’schen Begründungen, dem ist leider nicht zu helfen.
    Dem möchte ich die real-irdische Tatsache entgegenhalten, dass die Ukraine geographisch zu Europa gehört. (nebenbei bemerkt, die real-irdische Geographie ist älter als die historische Mottenkiste, die «Herr» Putin bemüht). Es dreht sich also um europäisches Territorium und würde so, m.M. nach, eine europäische Verteidigung rechtfertigen, denn die territoriale Intergrität wird verletzt wird.
    Es geht bei einer Kriegserklärung nicht nur um ein Verbrechen gegen die territoriale Integrität sondern auch um den Bruch des Völkerrechts, des Angriffs auf Menschenrechte, auf Selbstbestimmung und Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrt usw. Keines dieser Rechte steht über dem Anderen – sondern sie sind gleichwertig.
    Krieg war, ist und bleibt ein Verbrechen, wofür es keine Rechtfertigung gibt, auch nicht die Zuweisung der eigenen Schuld an die Leidtragenden.

  • am 24.02.2022 um 09:56 Uhr
    Permalink

    Man ist gespannt, mit welchen Worten der Infosperber die jüngste russische Invasion rechtfertigen wird. Bereits jetzt ist klar, wer der «wahre» Aggressor ist, nämlich die böse NATO sowie sämtliche nicht-russische Berichterstattung («NATO-konforme Kriegshetze»). Nicht, dass hier das schön gepflegte Weltbild ins Wanken gerät.

  • am 24.02.2022 um 10:28 Uhr
    Permalink

    Nun ist also Putin auf die Taktik von Biden hereingefallen und hat den Brudermord an der Ukraine begonnen. Schade, hätte ihn für klüger gehalten.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 24.02.2022 um 10:33 Uhr
    Permalink

    Stoltenberg hat gewonnen. Deutschland dütfte dafür einen hohen Preis bezahlen.

  • am 24.02.2022 um 11:16 Uhr
    Permalink

    So, Herr Sakwa, alles klar jetzt nach dem Einmarsch von Putin in die Ukraine? Seine Rede dazu von heute frühmorgens ist eine derartige Verdrehung der Tatsachen, dass man sprachlos bleibt. Und dann beruft er sich noch auf die UNO-Charta! Orwells «1984» lässt grüssen. Ich hoffe, dass nun den Allerletzten, die bisher für Putin Verständnis gezeicht haben, die Aufgen aufgegangen sind.

    • am 25.02.2022 um 20:52 Uhr
      Permalink

      @Eberhard
      Wenn zwei das Gleiche tun, ist es nicht dasselbe. Der Überfall der NATO auf Serbien ist genau so falsch wie derjenige Russlands auf die Ukraine.
      Sie Herr Eberhard klammern die Parallelen zu Jugoslawien vollständig aus:
      Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat am 22. Juli 2010 das Urteil zum Kosovo veröffentlicht, in dem er zu dem Ergebnis kam, dass eine einseitige Unabhängigkeitserklärung nicht gegen das Völkerrecht verstößt. Damit ist die Unabhängigkeitserklärung des Donbass rechtmäßig.
      Der Kosovo hatte keine Verfassung, als der Westen der Meinung war, seine Unabhängigkeit anerkennen zu müssen. Die Donbass-Republiken haben ebenfalls seit vielen Jahren eigene Verfassungen, auch diese Formalität ist also erfüllt. Womit laut Den Haag Russland die Donbass-Republiken anerkennen durfte.
      Das Selbstbestimmungsrecht der Völker steht über der Unverletzbarkeit der Grenzen, denn laut seiner Entscheidung verstößt eine einseitige Unabhängigkeitserklärung nicht gegen das Völkerrecht, auch dann nicht, wenn sie dem nationalen Recht des Zentralstaates verstößt und gegen den Willen des Zentralstaates erfolgt.
      Filmempfehlung: Es begann mit einer Lüge.

  • am 24.02.2022 um 12:20 Uhr
    Permalink

    Es wäre schon sehr notwendig, wenn einige Schreibende ihre Scheuklappen ablegen und in dieser Angelegenheit das Gesamtbild in Augenschein nehmen würden, also auch und vor allem den beträchtlichen Anteil, welchen «der Westen» an der gegenwärtigen Lage hat.

  • am 25.02.2022 um 02:00 Uhr
    Permalink

    @ Urs Georg Allemann, man fragt sich doch, was soll man ernstnehmen an Putin?
    Putin fühlt sich als Opfer. Das mag bis zu einem gewissen Punkt auch stimmen.
    Aber 1. ist es unangebracht, als Herrscher, die Opferkarte auszuspielen und für Weltherrschafts- und Territoriumsansprüche zu instrumentalisieren.
    2. Es gibt keine wirkliche und sinnvolle Erkenntnis ohne Emotionalität und ohne Empathiefähigkeit.
    Diktatoren demonstrieren «Stärke» und Emotionslosigkeit. Dass sie aber auf Mitleid spekulieren, ist mir neu.

  • am 25.02.2022 um 11:13 Uhr
    Permalink

    Ist Putin heute einfach ein geistig Gestörter und Irrer ? Mit dem Angriff verspielt er nun wirklich alles. Hoffentlicht wird er bald weggeputscht. Hingegen: Hätte der Westen versucht besser mit Putin zusammen zu arbeiten hätte dieser Krieg vielleicht, aber nur vielleicht verhindert werden können.

    • am 26.02.2022 um 00:23 Uhr
      Permalink

      Ja das mit dem Ernstnehmen hat man seinerzeit bei Hitler auch versucht. Hindenburg wollte ihn als Bundeskanzler in die Regierungsverantwortung «einbinden» in der Hoffnung, dass er «zahmer» werde. England hat lange Zeit auf Beschwichtigung gesetzt (Appeasement). Ist bekanntlich mächtig schief gegangen!
      Ähnliche Stimmen hat man auch zu Putin vernehmen können: Ja nicht zu direkt reagieren, nicht direkt konfrontieren (Die Ukrainische Armee wurde ja erst nach dem Einfall der russischen Truppen mobilisiert!!!) obwohl die russischen Truppen seit Wochen an der Grenze aufmarschiert sind. Die genannten Diktatoren haben sich selber in etwas hineingesteigert (Bei Hitler schon im Buch «Mein Kampf» beschrieben). Putin hat schon lange die Ansicht vertreten, dass die Ukraine wichtig sei für das russische Imperium. Jegliches Entgegenkommen hätte Putin nur in seinem Vorhaben bestärkt.

  • am 26.02.2022 um 07:21 Uhr
    Permalink

    Es ist mir unfassbar, dass in diesem Augenblick unfassbar ausgedehnter Gewalt mit unermesslichen Zerstörungen im materiellen und seelischen Leben Hunderttausender Menschen für lange Zeit, es auf Infosperber immer noch beliebt ist, diese Gewaltanwendung, die in unverzichtbarer Verbindung mit massivster Lüge geschieht, schönzureden, zu relativieren, da die USA auch schon gelogen und Kriegsverbrechen begangen haben. Nehmt bitte zur Kenntnis, dass jemand wie ich, der mit den Lügen und Verbrechjen des Vietnamkriegs politisch erwachsen wurde, genauso wie ihr darüber informiert bin, aber im Unterschied zu euch ALLE Lügen und Kriegsverbrechen radikal verurteile und nicht glaubte, die Lügen und Verbrechen der USA in Vietnam schönreden zu müssen, weil die Sowjetunion auch schon Verbrechen begangen hat. Wenn ich lüge, wird meine moralische Verfehlung um kein Jota relativiert und verkleinert dadurch, dass andere auch lügen. Putins Lügen und Kriegsverbrechen sind JETZT beweisbar und eine entsetzliche Schuld. Wer kann sie schönreden ohne sich JETZT zu schämen? Es ist eine unfassbar krasse Lüge, dass die Regierung in Kiev «aus Drogensüchtigen und Nazis» besteht, wie Putin gestern verkündete. Monatelang wurden wir von Putin und Lavrov belogen, es sei absolut sicher keine Invasion geplant. Wir werden belogen, dass die Existenz des russischen Volkes in Gefahr stand. Und dafür hat man hier in erschütternder Weise einfühlendes Verständnis? Weil die US-Regierung auch schon gelogen hat?

  • am 26.02.2022 um 08:29 Uhr
    Permalink

    Wir können hier noch lange für und wider ein Verständnis für Putins Einmarsch in die Ukraine debattieren. Es ändert nichts an der Tatsache, dass den USA viel daran liegt, Europa keine Möglichkeit zu geben, Russland in eine künftige europäische Föderation einzubeziehen. Die USA, denen ihre ökonomische Stärke immer wichtiger als die Demokratie war und ist, befürchten eine wirtschaftliche Schwäche, wenn ein „Grosseuropa“ entstünde. Daher die ständige Provokation Russlands, die von der uneinigen und augenverschliessende EU unterstützt wird.
    An der Situation in der Ukraine und überall sonst bleiben wir alle solange schuldig, bis wir Kooperation über die Konkurrenz stellen. Das ist die Essenz der Demokratie. Es mag vielleicht naiv klingen, doch für mich ist das Endergebnis einer Konkurrenz immer Krieg. Es ist nicht „Diplomatie mit anderen Mitteln“ sondern immer fehlende Einsicht.

    • Portrait_Josef_Hunkeler
      am 26.02.2022 um 20:58 Uhr
      Permalink

      Ich war lange genug in den US, um ein minimum an soziologischem Verständnis aufbauen zu können. Obwohl auch ich in den US viele positive Aspekte anerkenne, muss ich doch sagen, dass mein Verdikt insgesamt eher negativ ausfällt:

      «Smart but stupid» ist die Zusammenfassung mehrjähriger Erfahrungen mit vielen US-Bürgern. Der Student, der bei seinem 3. Doktorat über asiatische Philosophie mit einem Hamburger in der Kafeteria abschliesst, ist eben aus der Sicht eines eher konservativen Europäers nicht besonders glaubwürdig.

      Sie wissen zwar alles, verstehen aber nur einen Bruchteil von dem, was sie verstehen sollten.

      Ob schwarz oder «farblos» (white ref caucasian) spielt dabei keine Rolle. «The land of the free» lässt sich von der Regierung vorschreiben, in welche Länder sie reisen dürfen, mit wem sie Handel treiben können…

      In der Schweiz wurde Gessler (falls er je existiert hat) für weniger abgeschossen.

      Meine Mutter war erstaunt, als ich in Flagstaf einem Benzinverkäufer sagte, «er solle..» Ich habe ihr dann erklärt, dass mich dieser Mann, mit dem Gewehr in der Hand, beleidigt hätte und dass meine Replik, nach lokalen Gebräuchen eher moderat gewesen sei.

      Kulturelle Unterschiede sind manchmal ziemlich enorm, und ich selbst war ein bisschen erstaunt, dass ich auf das US-übliche Niveau abgefallen war.

      Müsste ich jetzt US-politics kommentieren, würde ich wohl eher auf mein Flagstaf Niveau zurückkehren.

  • am 1.03.2022 um 21:41 Uhr
    Permalink

    Das Interview ist vom 20. Februar.

    «Wenn Russland einfach so einmarschieren und die ukrainische Demokratie unterdrücken wollte, wäre ich der Erste, der die Ukraine unterstützt.»

    … und damit seit einer Woche Makulatur.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...