Kommentar

Wenden oder gewendet werden

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Die Energiewende kommt. Wir können wählen, ob wir sie politisch steuern oder passiv erleiden wollen.

Als der Bundesrat 2011 beschloss, neue Atomkraftwerke zu verbieten, warf dieser politische Entscheid hohe Wellen. Heute ist er irrelevant. Denn unter den heutigen Marktbedingungen, geprägt von Energieschwemme, tiefen Kohle- Öl-, und Strompreisen, wird kein Strommanager, der bei Trost ist, eine neues AKW mehr bauen. Nicht die Politik, der Markt läutet das Ende der Atomenergie ein. Umstritten ist nur, wie lange die Stromwirtschaft ihre alten Atommeiler noch melken darf.

Was bleibt, ist die Aufgabe, den Atommüll sicher zu lagern und den – früher oder später – wegfallenden Atomstrom zu ersetzen. Hier ist die Politik gefordert. Mit seiner Energiestrategie zeigt der Bundesrat den Weg: Energie generell und Strom speziell sparen. Und die verbleibende Lücke, die der Wegfall des Atomstroms hinterlässt, mit Wind- und Solarenergie stopfen.

Diese Richtung ist richtig. Doch mit den Mitteln, die der Bundesrat mit seiner aktuellen Gesetzesvorlage beantragt, bleiben wir auf halbem Weg stehen. Der Nationalrat versuchte zwar, diesen Weg zu ebnen, indem er die Anträge des Bundesrates etwas verschärfte. Doch der Ständerat hat jetzt neue Hürden aufgebaut: Mit seinen Beschlüssen, die er in den letzten drei Tagen fällte, torpediert er nicht nur die Ziele zur Steigerung der Energie- und Stromeffizienz. Gleichzeitig bremst er auch den Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion.

Gewiss, über die Mittel zur Umkehr kann man sich streiten. Die Subventionen für Solar-, Wind- und neuerdings auch noch für die Wasserkraft sind unschön – aber wohl unvermeidlich in einem Markt, der durch die viel höhere Subventionierung von Kohle und Erdöl schon längst verfälscht ist. Schöner wäre eine Lenkungsabgabe, welche die nicht erneuerbare Energie verteuern und damit die Verschwendung via Portemonnaie eindämmen würde. Doch politisch bestehen auch hier grosse Widerstände.

Unabhängig davon, was wir tun oder lassen: Die Energiewende findet statt. Atomstrom wird mittelfristig, Erdöl langfristig versiegen. Wir können diesen Wandel dem Markt überlassen und billigen Strom importieren, so lange es ihn noch gibt. Oder wir können die Energiezukunft politisch aktiv mitgestalten. Mit leicht abgewandelten Worten von William Shakespeare: Wenden oder gewendet werden, das ist hier die Frage.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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2 Meinungen

  • am 24.09.2015 um 11:56 Uhr
    Permalink

    Ja, also, lassen wir die Sache einfach geschehen. Warum muss dies zentral und politisch gesteuert werden? Was ist an der Politik so überzeugend? Der Staat macht die Sache nur teurer. Als Hauseigentümer verliert man fast sämtliche Zuschüsse an Planer, Gutachter, Energieberater. Die KEV verteilt von vielen eher armen Mietern zu eher reicheren Hausdachbesitzern um. Was ist da sozial? Warum besteuert die EU Sollarzellen aus China? Gewinner aus all diesen Interventionen sind leider nur die Experten, die Lobbysten und nicht zuletzt die Politiker, die ihren Einfluss ausdehnen können. Die Politiker sind dann oft auch Berater, Vermittler und Schneider massgefertigter Gesetze. Ich nenne das mal «im Dunstkreis der Korruption». Seht einmal die Preisentwicklungen an! Computer, LED, Solarzellen, Akkus, auch Technik und Waren ganz allgemein: hier fallen die Preise stetig. Dann SBB, Krankenkasse, Fernsehen, Strassenbau, z.T. Landwirtschaft: hier (wo der Staat drin steckt) steigen die Preise beständig und zwar weit über der sonstigen Preisentwicklung!

    Kommt noch mehr Staat in die Energie rein, steigen die Kosten und verlangsamt sich der Fortschritt.

    Übrigens, die Kernenergie ist auch so ein bürokratisches Monster, das aus dem Bauch des Staates geboren wurde. Das scheinen Viele vergessen zu haben. Auch beim «Nachfolger» Kernfusion steckt der Staat drin. Dauerzustand: Kosten ohne Ende, geringe Resultate.

  • am 28.09.2015 um 10:58 Uhr
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    Beispielsweise die BKW war ein Staatsbetrieb. Er diente dazu, die Bevölkerung zuverlässig mit Strom zu versorgen und so auch die Unabhängigkeit zu wahren. Dann wurde er ausgelagert und macht seither nur noch auf Rendite; Stromhandel mit dem Ausland egal wie dreckig (Kohlestrom). Derweil werden dezentrale, kleine Stromproduzenten schikaniert mit untransparenten, wechselnden Abrechnungen, hohen, doppelt zu bezahlenden Netzgebühren und anderen Kleinigkeiten, die nur Geld zu den Energiekonzernen leiten und die Photovoltaik verleiden. Ich wünschte mir da mehr staatliche Lenkung.

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