Der tiefere US-Zoll von 15 Prozent droht teuer zu werden
Hat der Bundesrat im Frühjahr einen guten Deal mit Präsident Donald Trump durch zögerliches Verhalten verhindert? Haben die Superreichen Schweizer Unternehmer Anfang November im Oval Office mit der teuren Rolex und dem Goldbarren sich der Korruption schuldig gemacht? Wie lief das Powerplay zwischen Seco und dem «Swiss Team» ab? Vor allem die Rückschau auf die Geschehnisse in den acht Monaten seit den Zolldekreten des US-Präsidenten vom 1. April bewegt die Medien. Doch entscheidender ist, was nun ansteht und jetzt hinter den Kulissen anläuft mit Blick auf die Verhandlungen, die aus der «Gemeinsamen Erklärung» von Mitte November ein Abkommen machen sollen. Es geht um das Mandat, mit dem der Bundesrat bereits ab Januar verhandeln wird.
Es steht weit mehr als die Zollreduktion von bisher 39 auf neu 15 Prozent auf dem Spiel. Zentrale und besonders sensible Punkte sind die 200 Milliarden Dollar neue Investitionen in nur fünf Jahren, das Ende des massiven Überschusses im Handel mit den USA, keine Digitalsteuern und die engere Zusammenarbeit bei Sanktionen und Exportkontrollen.
Klartext im «Fact Sheet» aus dem Weissen Haus
Als ob das nicht schon genug wäre. US-Präsident Donald Trump will offensichtlich noch mehr, als die in der «Gemeinsame Erklärung» formulierten Absichten ausdrücken. Im gleichzeitig vom Weissen Haus publizierten «Fact Sheet» zum «historischen Handelsabkommen» ist es nachzulesen.
Zum Handel heisst es im «Fact Sheet» nicht nur – wie in der «Gemeinsamen Erklärung» – die Schweiz beabsichtige, Massnahmen zu ergreifen, um ihren Handel mit den USA auszugleichen. Aus Sicht von Donald Trump hat sich die Schweiz «verpflichtet, ihren Handel mit den USA auszugleichen». Und er setzt hinzu: «Dieses Abkommen mit der Schweiz wird uns auf den Weg bringen, dieses Defizit bis 2028 zu beseitigen.»
In nur drei Jahren sollte der letztjährige Überschuss von 38,5 Milliarden Franken abgebaut sein. Wie das gehen soll, ist rätselhaft. Selbst die in den nächsten Jahren fällig werdenden Zahlungen für die überteuerten F-35-Jets werden nur einen geringen Beitrag zu einem ausgeglichenen Handel leisten. Eines ist gewiss: Sollte Trump auf «zu beseitigen» bestehen, die Folgen für die Schweiz wären gravierend. Die Exporte müssten einbrechen, ist es doch unrealistisch, dass die Schweiz ihre Importe aus den USA von zuletzt 14,1 Milliarden Dollar mehr als nur verdreifacht, die es für eine ausgeglichene Handelsbilanz bräuchte.
Auch beim Versprechen, keine Steuern auf digitalen Dienstleistungen ist die Tonlage verschieden. In der «Gemeinsamen Erklärung» heisst es nur, dass die Schweiz «weiterhin keine» solche Steuern zu erheben beabsichtige. Donald Trump hält hingegen fest, die Schweiz habe sich verpflichtet, «auf schädliche Steuern auf digitale Dienstleistungen zu verzichten».
Gegen «immerwährende Neutralität»
Bei der Zusammenarbeit für Exportkontrollen und Sanktionen ist die unterschiedliche Wortwahl unproblematisch. Ob stärken oder ausbauen, ist quasi identisch. Das macht die Sache allerdings nicht weniger brisant. Die Schweiz willigt ein, noch mehr zu tun, was die USA in diesem Bereich von ihr erwartet bzw. vorgibt. Sei es aktuell bei Sanktionen gegen Russland, aber auch in ihrer erweiterten Form über Sekundärsanktionen gegen irgendwelche Staaten.
Schwer erträglich muss der Passus über die Sanktionen für Trump-Sympathisanten in der SVP sein, richtet er sich doch gegen die von Parteigrössen lancierte Neutralitätsinitiative, die alle Sanktionen ohne Beschluss des Uno-Sicherheitsrats ausschliessen will. Mit «immerwährender Neutralität» verträgt sich eine engere Zusammenarbeit bei den Sanktionen jedenfalls nicht. Sie kann sich auch auf die Beziehungen der Schweiz zu China auswirken, wenn Donald Trump es wieder einmal einfällt, Sanktionen gegen China zu ergreifen. Die Schweiz geriete schnell unter Druck.
Bleibt als kleiner Trost, dass Donald Trump bei der Forderung nach 200 Milliarden Dollar neuen Investitionen in den USA, weniger die Schweiz als zuallererst die Unternehmen in die Pflicht nimmt. Sollten sie aber nicht investieren wie versprochen, wollen die USA auch prüfen, ob die Schweiz «geeignete Massnahmen» ergriffen hat, um die Investitionen zu fördern und zu erleichtern. Was als «geeignet» zu verstehen ist, dürfte in den Verhandlungen zu reden geben.
Wie diese ausgehen, lässt sich nicht voraussehen. Doch eine Frage wird sich mit Sicherheit aufdrängen. Ist die Zoll-Reduktion auf 15 Prozent für die Schweiz wirklich besser als die vielfältigen Nebenwirkungen, welche die Schweiz in einem neuen Abkommen in Kauf nehmen muss?
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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