Fox News

Fox distanziert sich von Vorwürfen wegen Wahlmanipulation. © screenshot Fox News

Was Fakten-Verdreher beeindruckt

Rainer Stadler /  Im Kampf gegen Falschinformationen scheint ein Mittel wirksam zu sein: eine millionenschwere Klage. Es ist ein heikles Instrument.

Am Wochenende publizierte US-Sender Fox News ein ungewöhnliches Video. Der Medienkolumnist der «New York Times», Ben Smith, bezeichnete es gar als eines der seltsamsten Stücke, das er je im Fernsehen gesehen habe. Darin kommt der Technologieexperte Eddie Perez zu Wort. Er äussert sich zur Diskussion um angebliche Wahlmanipulationen während der Präsidentschaftswahlen. Befragt wird er indessen nicht, wie sonst üblich, von einem Fernsehmoderator oder einem journalistischen Mitarbeiter. Vielmehr antwortet er auf Fragen, die in schriftlicher Form eingeblendet werden. Das erinnert an Vorgehensweisen in der Folge von rechtlichen Auseinandersetzungen.

Tatsächlich waren eine Woche zuvor rechtliche Schritte gegen Fox News sowie die ebenfalls rechtslastigen Medien Newsmax und One America News Network angekündigt worden. Den Vorstoss unternahm Smartmatic, ein Unternehmen, das sich auf die elektronische Abwicklung von Wahlen spezialisiert hat und seit 2003 in 25 Staaten an Stimmauszählungen beteiligt war. Die Firma war in der Berichterstattung über angeblichen Wahlbetrug während der Präsidentschaftswahlen in den USA genannt worden. Auch die Trump-Anwälte Rudi Giuliani und Sidney Powell erhoben entsprechende Vorwürfe.

Drohkulisse

Diese erachtete Smartmatic als verleumderisch, weshalb das Unternehmen mit einer Klage drohte und einen Widerruf der Falschinformationen verlangte. Als Anwalt engagierte es J. Erik Connolly, der einst erfolgreich gegen ABC vorgegangen war. Der Sender hatte in einem Bericht ein Fleischprodukt als rosaroten Schleim bezeichnet, was ihn im Jahr 2017 schliesslich rund 180 Millionen Dollar kostete. Gemäss dem «Times»-Kolumnisten Smith war dies die teuerste Einigung in der amerikanischen Geschichte der Verleumdungsklagen gegen ein Medium.

Damit war auch eine Drohkulisse im jetzigen Fall errichtet. In dem erwähnten dreiminütigen Video entkräftet nun der Experte Eddie Perez die Vorwürfe gegen Smartmatic: Nein, die Firma sei nicht involviert in Wahlmanipulationen. Ohnehin sei sie bei den jüngsten US-Wahlen nur in LA County involviert gewesen. Sie habe auch keine US-Daten in andere Länder versandt. Nein, die Firma habe keine direkte Beziehung zu George Soros; nur einer der Kader habe einen Kontakt zu dessen Stiftung.

Was Faktenkontrolleure und amtliche Prüfer nicht erreicht haben, scheint nun dieser Klagedrohung gelungen zu sein. Dass nämlich im Umfeld der Trump-Supporter – wobei Fox News in jüngster Zeit zum abtretenden Präsidenten etwas auf Distanz gegangen ist – haltlose Behauptungen über Wahlbetrug zurückgezogen wurden. Newsmax und One America News Network, die Smartmatic ebenfalls ins Visier genommen hat und die publizistisch den Fussstapfen von Fox folgen, reagierten bisher nicht. Als wirtschaftlich schwächere Unternehmen müssten sie millionenschwere Klagen umso mehr fürchten.

Auch eine Gefahr für die Medienfreiheit

Manchen mag es freuen, wenn zumindest auf diese Weise Lügenbaronen ein paar Zähne gezogen werden können. Klagen mit hohen Geldforderungen gefährden allerdings auch die Medienfreiheit, weil sie dazu dienen können, missliebige Informationen zu verhindern, indem sie ein Abschreckungspotenzial schaffen.

Die Angriffslust ist jedenfalls vorhanden. Zumindest unter jenen, welche über das notwendige Kapital verfügen. Vor vier Jahren musste in den USA die über Prominente und Medien berichtende Website «Gawker» aufgeben. Der amerikanische Investor Peter Thiel hatte den Wrestler Hulk Hogan finanziell unterstützt, damit dieser gegen «Gawker» gerichtlich vorgehen konnte. Die Website wurde wegen Verletzung der Privatsphäre verurteilt und musste 140 Millionen Dollar zahlen. Das brach ihr das Genick.


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Keine.

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Eine Meinung zu

  • am 26.12.2020 um 07:16 Uhr
    Permalink

    «Klagen mit hohen Geldforderungen gefährden allerdings auch die Medienfreiheit, weil sie dazu dienen können, missliebige Informationen zu verhindern, indem sie ein Abschreckungspotenzial schaffen.»
    Das hätten sich die Medien überlegen sollen, bevor nur noch Klicks gezählt wurden. Vor allem die Akademiker haben die Tendenz, sich für grosse Verantwortung bezahlen zu lassen, ohne die entsprechende Verantwortung auch wahr zu nehmen.
    Es waren die Medien, welche die Medienfreiheit fürs schnelle Geld missbraucht haben. Wenn sich nun verleumdete Personen/Unternehmen dagegen wehren, kann man ihnen doch nicht die Verantwortung für das Ende der Medienfreiheit in die Schuhe schieben.

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