Sperberauge

Schweiz am Sonntag: mehr Transparenz

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Ein Reisebericht an ein Festival in Israel basiert auf einer Einladung. Das wird nun deklariert.

«Es ist uns das Glück widerfahren, mit und in einem Volkswagen einen winzigen Teil von Afrika erkunden zu dürfen.» So stand es in einem Bericht in der Schweiz am Sonntag über eine Fahrt mit dem VW-Offroader Amarok im südlichen Afrika. Damit wurde verschleiert, dass es sich um eine Einladung von VW zu einer Demo-Fahrt zu Werbezwecken handelte. Infosperber hat darüber berichtet und die mangelnde Transparenz kritisiert: So informieren Medien in eigener Sache.

Nun hat die Schweiz am Sonntag ihre Informationspolitik geändert: zum Besseren. Unter einem Bericht über ein Musik-Festival in der Wüste Negev in Israel steht nun der Satz: «Die Autorin reiste auf Einladung des israelischen Tourismusministeriums an das Festival.» Das ist korrekte – und gerade auch im Fall von Israel – erwünschte Transparenz.

Dass ein Berichterstatter eingeladen wird, muss ja nicht zwingend heissen, dass alles in besserem Licht erscheint, als der Autor oder die Autorin es erscheinen liessen, wären sie vollständig unabhängig und auf eigene Kosten hingereist. Aber man weiss dann wenigstens, dass mögliche Kritikpunkte eher «vergessen» werden.

Die Autorin des Berichts «Woodstock liegt in der Wüste Israels» in der Schweiz am Sonntag hat immerhin den Mut aufgebracht, im Schlussabschnitt daran zu erinnern, dass in Israel nicht ganz alles so friedlich zu- und hergeht wie 1969 in Woodstock. Sie schreibt als Abschluss des Artikels wörtlich: «Nach drei Tagen endet das Wüstenfestival. Micki holt uns ab. Während wir die temporäre Zeltstadt hinter uns lassen und der Bus eine Staubwolke hinterlässt, sagt er ganz beiläufig: ‹Da hinten, da beim zweiten Hügel, da beginnt der Gazastreifen.› Wir sind sprachlos, können es kaum fassen, dass Tausende von Menschen so wenige Kilometer neben dem Krisengebiet drei Tage friedlich feiern.» Dass das «Krisengebiet» Gazastreifen vor allem der nicht sehr friedlichen Besetzungs- und Abriegelungspolitik Israels zu verdanken ist, wissen der Leser und die Leserin vermutlich – aus Berichten, die nicht aufgrund von Einladungen zustande gekommen waren.

Schade, dass der Transparenz schaffende Hinweis am Ende des Artikels in der Online-Ausgabe der Schweiz am Sonntag fehlt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Kritik von Zeitungsartikeln

Printmedien üben sich kaum mehr in gegenseitiger Blattkritik. Infosperber holt dies ab und zu nach.

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