Beltracchi

Wolfgang Beltracchi malte im Stil berühmter Künstler und verkaufte die Bilder unter deren Namen. © Du

Führende Kunst- und Medien-«Experten» gnadenlos vorgeführt

Niklaus Ramseyer /  Wolfgang Beltracchi und Claas Relotius haben die Inkompetenz von Chefs, Fachleuten und Experten entlarvt.

Über den einen ist jetzt gerade ein spannendes und wichtiges Buch herausgekommen: «Tausend Zeilen Lüge» von Juan Moreno (bei Rowohlt, 287 Seiten für 29 Franken). Der andere ist heute Sonntag, 13. Oktober, um 10 Uhr im «Persönlich» auf Radio SRF zu hören. Der eine ist der hochgelobte und dutzendfach preisgekrönte «Lügen-Reporter» Claas Relotius (Spiegel, Cicero, Weltwoche etc). Der andere ist der inzwischen weltbekannte, meisterhafte «Kunstfälscher» Wolfgang Beltracchi, der eigentlich kein Kunst- sondern (gerichtlich festgestellt) ein Urkundenfälscher ist. Beide «Betrüger» unterscheiden sich also.

Erstaunliche Parallelen

In entscheidenden Punkten ähneln sich die Fälle Relotius und Beltracchi jedoch erstaunlich:

– Der raffinierte Reportagenfälscher Relotius und der geniale Kunstmaler Beltracchi haben beide mit ihren Arbeiten Juroren und Preisverleiher ebenso gnadenlos der blumig beredten Inkompetenz überführt, wie sie das Gerede hochtrabender Kunstfachleute als «Dampfplauderei schöngeistiger Kunstexperten» (Christian von Faber-Castell im Du Nr. 888) entlarvten. (Siehe dazu Wolfgang Beltracchis Selbstportrait oben.)
– In beiden Fällen wurden ihre Tricksereien nicht etwa durch die Kompetenz führender Kunstexperten (bei Beltracchi) oder durch die exakte Redaktionsarbeit (bei Relotius) erfahrener Führungskräfte (in der «Spiegel»-Zentrale in Hamburg) entdeckt, sondern eher durch Zufall: Beltracchi stolperte über ein allzu modernes Weiss im Kunstwerk «Rotes Bild mit Pferden», das er im Stil des deutsch-niederländischen Meisters Heinrich Campendonk gemalt hatte. Von Experten und Kritikern zunächst hoch gelobt («Schlüsselwerk der Moderne») und als «typisch» bezeichnet, zeigte erst die Farbanalyse, dass nicht der 1957 verstorbene Meister Campendonk hier am Werk gewesen war, sondern der nicht minder begnadete, aber weiterhin fröhlich lebende Meister Beltracchi.

Der Reportagen-Fälscher Relotius flog derweil auf, weil einem Reporter-Kollegen bei einer gemeinsamen Arbeit (Titel der Reportage «Jägers Grenze») gröbere Ungereimtheiten auffielen: Das Foto des Mitglieds einer bewaffneten Bürgerwehr in Arizona (USA), die Relotius exklusiv durch die Nacht der Grenze zu Mexiko entlang begleitet haben wollte, kam dem Kollegen bekannt vor. Schnell fand er heraus, dass nicht nur der Name des US-Bürgerwehrlers nicht stimmte, sondern über diesen schon mehrere Berichte und sogar ein Dokumentarfilm gemacht worden waren.

Unfähige Vorgesetzte gegen seriösen Whistleblower

Der aufmerksame Kollege heisst Juan Moreno. Und seine Geschichte, die er nun im erwähnten Buch mit dem Untertitel «Das System Relotius und der deutsche Journalismus» erzählt, ist auch (einmal mehr) die Geschichte eines beherzten Warners (Whistleblower), der von seinen internen Vorgesetzten nicht nur nicht ernst genommen, sondern schnöde abgewimmelt und gar bedroht wird.

Am 18. November 2018 nämlich hat Moreno, der als freier Reporter für den «Spiegel» arbeitete, den Chef des Ressorts «Gesellschaft», Matthias Geyer, per Mail auf «einige Ungereimtheiten, die ich mir nicht erklären kann» im gemeinsam mit Relotius erarbeiteten Text «Jägers Grenzen» hingewiesen. Und seine Erkenntnisse mit Wort und Bild solide dokumentiert: «Ich füge hier drei pdf-Dateien an, bitte schaut sie euch an.»

Doch was tat dieser Chef: «Geyer selbst überprüfte die Vorwürfe nicht», berichtet Moreno im Buch: «Relotius tat das, und wenn man seine Antwort liest, bekommt man eine Ahnung davon, was für ein guter Lügner dieser Mann ist.» Höhepunkt des neuerlichen Lügengebäudes, das Relotius dem Ressorleiter Geyer und auch dessen Chef Ullrich Fichtner (damals designierter neuer Chefredaktor des Spiegels ab Anfang 2019, nun aber zurückgestuft) gegen Moreno auftischte und andrehte: Ein Mann von Spiegel-TV habe auf seine Vermittlung hin schon Kontakt mit der angeblichen Bürgerwehr in Arizona aufgenommen und sei für einen Dokumentarfilm «unterwegs» in Richtung USA. Fichtner und Geyer, die umgekehrt alle Fragen und Zweifel Morenos stets sofort an den Lügner Relotius weiterleiteten, zeigten dessen Antwort Moreno damals aber nicht. Mehr noch: Statt bei Spiegel-TV im Haus in Hamburg nachzufragen (was den Lügen-Reporter sofort enttarnt hätte), brachen sie den Kontakt zu Moreno ab – und bereiteten dessen Entlassung vor. Der Buchautor hält fest: «Heute weiss ich, dass man meinen Vertrag auslaufen lassen wollte.»

40 Preise für den «Jahrhundert-Reporter» – auch aus der Schweiz

Mit ein Grund für dieses krasse Versagen: Claas Relotius, den Moreno im Buch sehr zurückhaltend und fast wohlwollend beschreibt, war bis zu diesem Zeitpunkt in Deutschland Jahre lang der absolute Star-Reporter gewesen – eine veritable «Jahrhundert-Edelfeder». Für seine herzergreifenden Berichte über Blutfehden zwischen Hunderten von Familien im Norden Albaniens, über eine Frau in den USA, die fast manisch quer durchs Land reist, um Hinrichtungen beizuwohnen, bis zu jenem legendären Buben, der angeblich im Städtchen Daraa an der Grenze zu Jordanien Parolen gegen den schlimmen Diktator Assad an die Schulhauswand gesprayt, gefasst, gefoltert und dadurch zum «Auslöser» des Syrischen Bürgerkrieges geworden sei (Titel dieser Lügen-Geschichte: «Ein Kinderspiel»), hatte Relotius in acht Jahren seiner steilen Karriere 40 Journalistenpreise gewonnen *). Den letzten am 3. Dezember 2018 eben für «Ein Kinderspiel» vor versammelter Polit- und Medienprominenz in Berlin – als Moreno ihn in Hamburg schon als Lügner und Betrüger durchschaut hatte.

Sein Preissegen geht vom Medienpreis für junge Journalisten in der Schweiz (2012) über den «Deutschen Reporterpreis» (den er gleich vier Mal gewann) und den «Peter-Scholl-Latour-Preis» bis zum «Konrad-Duden-Preis». Relotius war auch «CNN-Journalist oft the Year» und Gewinner des «Österreichischen Zeitschriftenpreises». Stets wurde der eher zurückhaltende, fast scheue Mann übers Bohnenlied gerühmt. Bei der Überreichung des «Reemtsma Liberty-Awards» etwa so: «Claas Relotius’ Reportagen sind unglaublich detailliert ausrecherchiert und eindringlich geschildert und fast schon als Literatur zu bezeichnen.»

Perfides Verhalten der Vorgesetzten

Was Wunder hatten Geyer und Fichtner bald schon Relotius als fest angestellten Reporter zum«Spiegel» holen wollen. Dessen erste Antwort jedoch: Leider nein, weil er seine krebskranke Schwester pflegen müsse. Auch das erstunken und erlogen, wie sich später herausstellen sollte: Der Mann hat gar keine Schwester. Fest angestellt wurde Relotius später dennoch beim «Spiegel» – und dort der Protegé seiner beiden unteren Chefs Geyer und Fichtner.

Die Reaktionen dieses Duos auf seine ersten Belege für die Betrügereien seines preisgekrönten Kollegen zeigten Moreno (in Deutschland aufgewachsener Sohn andalusischer Bauern) schnell, dass von Geyer und Fichtner keine Hilfe zu erwarten sei. Er flog darum auf eigene Rechnung und Faust wieder in die USA, suchte die durch Relotius beschriebenen Bürgerwehrleute in Arizona auf – zusammen mit einem Kameramann – und filmte ihre Aussagen. Die waren kurz und klar: «Der Mann war nie da, er hat alles erfunden – auf Immigranten haben wir noch nie geschossen!» Die Bürgerwehrler drohten gar, den «Spiegel» wegen Verleumdung zu verklagen. Moreno fand auch heraus, dass eine Journalistin namens Tay Wiles in den USA schon auf die durch Relotius gefälschten «Spiegel»-Reportagen aufmerksam geworden war – und für eine entsprechende Veröffentlichung mit dem britischen «Guardian» in Kontakt stand. Er konnte die US-Kollegin überzeugen, noch etwas abzuwarten.

Mit all dem kam Moreno zurück nach Hamburg. Doch statt ihm für die Warnung und seine Arbeit im Interesse des Blattes zu danken, mutmasste Fichtner, er habe die Männer in den USA bestochen, ihnen «Geld geboten, damit sie diese Aussagen träfen». Die Warnung vor der US-Journalistin tat der designierte «Spiegel»-Chef schnoddrig als «schmierige Drohung» ab. Perfider noch: Moreno habe «andeuten wollen, womöglich selbst illoyal zu werden». Moreno schreibt: «Ich war erschüttert, dass mir Fichtner nicht glaubte.» Für den und für Geyer war immer noch Moreno das Problem – nicht Relotius.

Kein Bub in Syrien, kein Schuss auf Immigranten in den USA

Das war am 10. Dezember 2018. Spätestens da hätte Moreno seine unfähigen bis unflätigen Chefs einfach «drein laufen lassen» können. Diese wollten ihn nämlich erst am 10. Januar (wenn sie dann beide befördert worden wären!) an einer gemeinsamen Sitzung mit Relotius wieder sehen – und entlassen. Und in den USA hatte die Journalistin Wiles für ihren Bericht über die «Spiegel»-Lügen schon «alles beisammen», wie es in Medienkreisen jeweils heisst.

Doch Moreno blieb fair und legte Fichtner in einer langen Mail all seine Bedenken mit weiteren schlagenden Belegen nochmals vor. «Du und ich, wir sind Reporter», schrieb Moreno zum Schluss. «Wir gehen den Dingen auf den Grund.» Umsonst: Fichtner und Geyer, zwei «Spiegel»-Führungsfiguren, «die den mutmasslich grössten journalistischen Nachkriegsskandal über Wochen komplett falsch handhabten», wie Moreno nun festhält, betrieben auch jetzt noch «das Gegenteil von Aufklärung». Mehr noch: Hinterher hätten die beiden eher schäbig ihr «Vorgehen verteidigt und sich als Opfer gesehen».

Aktiv wurde (zum grossen Glück für den «Spiegel») nun aber Geyers Stellvertreterin Özlem Gezer: Sie stellte Relotius am 11. Dezember zur Rede. Der brach zusammen – und gestand alles: Keine Frau, die in den USA von Hinrichtung zu Hinrichtung pilgert, nirgends ein armer Junge, der im Süden Syriens mit Sprayereien «ganz allein» den Krieg auslöste, keine ausgebeuteten Flüchtlingskinder in der Türkei, kein Schuss auf nächtliche Immigranten an der Grenze zu Mexiko in Arizona. Alles erfunden, erstunken und erlogen.

Juan Moreno

Rechtfertigungen statt Entschuldigungen

Aber alle waren sie darauf herein gefallen, «viele Wichtige und Sehrwichtige, Moderatoren, Schauspieler, Chefredakteure, Politiker», wie Juan Moreno schreibt. Vorab auch die für den Skandal mitverantwortlichen «Spiegel-Chefs», die den Fall Relotius «maximal verbockt» hatten (Moreno). Einer der beiden Versager, Ullrich Fichtner, erdreistet sich am 19. Dezember 2018 dennoch, selber für «Spiegel Online» den Skandal als «Selbstanzeige» darzulegen: «Manipulation durch Reporter» titelt er. «Spiegel legt Betrugsfall offen.» In dem teils rührseligen Stück («Kollegen sind tief erschüttert» oder «fassungslos und traurig») bittet Fichtner «jeden und jede» von der Familie Rudolf Augsteins bis zu «Geschäftspartnern und Kunden» um Entschuldigung. Nur einen vergisst er dabei: Juan Moreno. Er erwähnt ihn zwar, aber vorab in Passivsätzen: Moreno, «dem erst nicht geglaubt wird». Oder: «Verwerfungen, die anschliessend dazu beitragen, dass die Vorwürfe nicht schneller ernst genommen und aufgeklärt werden». Moreno sei «durch tiefe Täler damals» gegangen. «Es wird für möglich gehalten, dass Moreno der eigentliche Halunke ist». Mit solchem Geschwurbel will Fichtner vertuschen, dass er selber Teil des Problems und sicher nicht Teil der Lösung war. Dass er den mutigen Reporter Moreno bedroht und an der Aufklärung des Skandals, an der Suche nach dem «was ist» («Spiegel»-Statuten) eher noch gehindert hat. Nun drapiert der blamierte Chef sich plötzlich als «Enthüller». Moreno lakonisch dazu: «Format zeigt sich in der Niederlage.» Wie auch «Rückgrat».

Total blamierter Kunstbetrieb

An beidem fehlte es Relotis› Vorgesetzten offenbar weitherum. Aber sie verhalten sich fast wie jene Kunstkritiker, Sachverständigen, Museumsdirektoren und Galeristen, die reihenweise auf den fast schon genialen Kunstmaler Wolfgang Beltracchi hereingefallen sind. Oft als «Jahrhundert-Fälscher» bezeichnet ist Beltracchi genau genommen gar kein solcher: Er fertigt nicht einfach eine weitere meisterhafte Kopie jener millionenteuren Sonnenblumen-Bilder Van Goghs an, von denen niemand mehr genau weiss (und viele auch gar nicht wissen wollen), welche nun «echt» von Van Gogh sind – und welche nicht. Er kopiert nicht.

Beltracchi ist viel raffinierter: Der jetzt 67-Jährige hat während 40 Jahren mehr als 300 Gemälde erschaffen, welche an die 100 der weltberühmtesten Kunstmaler verschiedenster Stilrichtungen und Epochen «auch noch hätten malen können, sollen oder müssen». Das geht von Picasso über Braque bis zu Max Ernst, Cézanne, Dubuffet oder Max Pechstein – und eben Campendonk. Beltracchi hat mit seinen ergänzenden Gemälden das Werk dieser Meister oft auch noch «verbessert», wie er einmal selber sagte.

Der Campendonk, über den er dann 2010 wegen einer chemischen Analyse stolperte, ist dafür sinnbildlich: Endlich sei das als verschollen geglaubte Meisterwerk aufgetaucht, hatte die Kunstszene zuvor einhellig gejubelt. Einen anderen Campendonk, den Beltracchis 1985 in New York für 25 000 Dollars verkauft hatten, tauchte dann später für über 2 Millionen in Basel an einer Auktion wieder auf. «Ich habe mit dafür gesorgt, dass Campendonk teuer wurde», stellt der Künstler fest. Und: «Die besten Campendonks sind von mir.»

Betrug wegen Meisterschaft – oder wegen Unfähigkeit

Wie wohl auch einige der besten Werke von Max Ernst. Verurteilt wurde Wolfgang Beltracchi dann nicht wegen Kunstfälschung, sondern wegen Unterschriftenfälschung und Betrug, weil er die Signaturen der Meister auf seinen/deren Meisterwerken gefälscht hatte. Er erhielt eine Strafe von 6 Jahren. Seine Frau Helene 4 Jahre – weil sie mitgeholfen hatte, die Meisterwerke in den Kunstmarkt einzuschleusen («Nie an Private, stets nur an Auktionshäuser und Händler», wie die Beltracchis heute betonen.)

Gefunden wurden während dem Strafverfahren gut 50 der Beltracchi-Gemälde (geschätzter Wert an die 20 Millionen Euro). Mehr als 200 seiner Kunstwerke hangen jedoch weiterhin in den bedeutendsten Museen und Sammlungen weltweit – vorab in den USA und in Japan. Denn der geniale Meister schweigt – und freut sich etwa mal, wenn er eines davon gut gesichert in einem Museum sieht. Diese Meisterwerke werden wohl nie entdeckt und entlarvt werden.

Im Unterschied zu den erfundenen«Spiegel»-Reportagen von Claas Relotius: Dessen Plagiate und Märchenerzählungen waren Anfang dieses Jahres alle rasch enttarnt. Er hatte aus Faulheit und Eigennutz betrogen, hatte die Mühe der seriösen Recherchearbeit gescheut. Da unterscheidet er sich vom Betrüger Beltracchi diametral: Der scheute und scheut keine Mühe, um sich in jene Meister hinein zu versetzen, in deren «Handschrift» er dann malen will. «Lange Vorbereitung und Recherche» brauche das, sagt er. Aber auch «dass ich jede Handschrift machen kann». Kurz und unbescheiden: «Ich bin der Beste.»

Scharlatane im Kunstbetrieb

Der Kunstmarkt, der von Beltracchis Meisterschaft finanziell ebenso im Millionenbereich profitiert hat, wie er durch ihn entlarvt und vorgeführt worden ist, reagiert auf den wohl besten, heute lebenden Kunstmaler indigniert bis gereizt: Sam Keller etwa, Direktor der Basler Fondation Beyeler und damit ein ganz Grosser im weltweiten Kunstkommerz, beschimpfte ihn als «talentierten Pinsler, mehr nicht». Darauf reagiert Beltracchi gelassen: Er habe eben «das Herrschaftswissen» dieser «Kunstelite» in Frage gestellt, hält er lakonisch fest. Er sei «ein Meister meines Faches». Was man von «gemachten Künstlern» heute oft nicht mehr sagen könne. «Die können es einfach nicht.» Aber: «Ohne Handwerk keine Kunst!»

Christian von Faber-Castell gibt ihm im «Du» recht. Und attestiert ihm «unbestritten handwerkliches Können und künstlerisches Talent». Ein «Scharlatan» sei Beltracchi jedenfalls nicht. Scharlatan nämlich sei per definitionem «eine Person, die vortäuscht, ein bestimmtes Wissen oder bestimmte Fähigkeiten zu besitzen». Das treffe «allenfalls auf jene Kunstexperten, Kunstkritiker und Journalisten zu, die sich von Beltracchis Arbeiten täuschen liessen». Und seinen Campendonk als «Schlüsselwerk der Moderne» hochjubelten. Noch exakter passt der Begriff «Scharlatan» zum Lügen-Reporter Claas Relotius. Der ist inzwischen abgetaucht – und lügt weiter: Er sei krank und in Bayern in Behandlung, soll er einem ehemaligen «Spiegel»-Kollegen am Telefon gesagt haben. Tags darauf sah ihn eine Bekannte in Hamburg auf dem Fahrrad.

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  • Die Sendung «Persönlich» mit Wolfgang Beltracchi und sein «Komplizin» kann nachgehört werden. Hier anklicken.

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    *) Der Autor war schon über 20 Jahre im Mediengeschäft tätig, als er folgenden Irrtum entdeckte, dem er ebenso lange erlegen war: Für Medienpreise sammeln die Mitglieder der Jury nicht ein Jahr lang alle Publikationen, die ihnen als preiswürdig aufgefallen sind, und wählen dann die beste dieser Arbeiten aus. Nein, als «preiswürdig» muss sich der Autor oder die Autorin selber erachten, muss sich bei der Jury anbiedern, ihr das «Meisterwerk» in dreifacher Kopie «einreichen» und dann noch etwas Lobbying betreiben. So weit hat sich der Autor nie herabgelassen, wie übrigens auch Urs Paul Engeler nicht. Moreno schreibt in seinem Buch: «Die meisten Journalisten hätten überhaupt nicht die Zeit dazu, ständig irgendwo Texte einzureichen.»

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    Eine Meinung zu

    • am 13.10.2019 um 16:02 Uhr
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      Gut geschrieben und dargelegt: vielen Dank. Der Vergleich der Geschichte der beiden Fälscher zeigt: Der eine führt vor, der andere wird vorgeführt. Beide sind Meister des Könnens ihres Faches. Doch der eine hatte im Verborgen gewirkt, fern von Sucht nach Ruhm, Anerkennung und Auszeichnung – der andere genau umgekehrt. Es ist absurd, aber eben doch rechtens, dass der eine viele Jahre dafür einsitzen musste, während der andere (bisher) ungeschoren davon zu kommen scheint. Genau wie alle jene, die davon bestens profitiert haben und es zum Teil weiter tun. – Mir kommt dazu die Geschichte um Tom Kummer und der unterschiedliche Umgang damals durch die betroffene Magazine der SZ und des TA. Der damalige Chefredakteur des TA kam ohne Blessuren davon und ist heute eine «wichtige» Person des öffentlichen Lebens.

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