Sperberauge

Wunsch 2024: Von «sozialen Medien» möchte ich nie mehr hören

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  Wer von «sozialen Medien» spricht, wertet den Begriff «sozial» ab. Das freut alle, die von Sozialpolitik nichts halten.

«Sozial» bedeutet laut Duden und Sprachverständnis vor allem, «dem Gemeinwohl dienen, die menschlichen Beziehungen fördern und die wirtschaftlich Schwächeren schützen».

Die Bedeutungen des englischen «social» sind nicht identisch mit denen von «sozial». «Social» heisst laut Britannica Dictionary vor allem, nicht einsam zu sein, gesellschaftlich zu sein, Zeit und Aktivitäten mit anderen Menschen zu verbringen, miteinander zu reden und angenehme Dinge miteinander zu tun. 

Die Übersetzung «Soziale Medien» ist also falsch.

«Social Media» sind nicht sozial. Facebook, X, Instagram, WhatsApp, Youtube oder Snapchat dienen der Unterhaltung und der Information. Darüber hinaus verbreiten sie anonyme Belästigungen, Verunglimpfungen und frauenfeindliche, rassistische und antisemitische Parolen. User können sie nutzen, um zu stalken und zu Gewalt aufzurufen. Und «Social Media» missbrauchen ihre Nutzerinnen und Nutzer als Geschäftskunden, um ihre Gewinne zu maximieren.

Lassen wir «social» also social sein und «Social Media» auch Social Media. Aber verbreiten wir nicht, dass diese Medien sozial seien.

Von «sozialen Medien» möchte ich im 2024 nie mehr hören und lesen.


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Keine
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12 Meinungen

  • am 27.12.2023 um 11:34 Uhr
    Permalink

    Man mag mit dem Autor einverstanden sein, dass «Social»-Media oft eher asozialisiern. Allerdings ist der Duden schon breiter als hier suggeriert; dem Britannica gar nicht so unähnlich: Im Duden (online) stehen als erstes auch die eher «gesellschaftlich»-betonenden Definitionen. Die im Artikel wiedergegebene Gemeinwohl-Sicht entspricht nur der 4. von 4-5 Beschreibungen:

    1. a) «das (geregelte) Zusammenleben der Menschen in Staat und Gesellschaft betreffend; auf die menschliche Gemeinschaft bezogen, zu ihr gehörend»
    b) «die Gesellschaft und besonders ihre ökonomische und politische Struktur betreffend»
    c) «die Zugehörigkeit des Menschen zu einer der verschiedenen Gruppen innerhalb der Gesellschaft betreffend»
    d) «dem Gemeinwohl, der Allgemeinheit dienend; die menschlichen Beziehungen in der Gemeinschaft regelnd und fördernd und den [wirtschaftlich] Schwächeren schützend»

    2. «(von Tieren) gesellig, nicht einzeln lebend; Staaten bildend»

  • am 27.12.2023 um 11:39 Uhr
    Permalink

    Sehr geehrter Herr Gasche, dem ist nichts beizufügen. Doch bitte: Was ist ein alternativer Begriff zu «Sozialen Medien»? Digitale Medien? Bitte jeweils auch Lösungen vorschlagen im Sinne von Solution Journalism / Postitive Journalism.

    • Favorit Daumen X
      am 27.12.2023 um 15:18 Uhr
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      Ich habe keinen besseren Vorschlag als beim Englischen zu bleiben: «Social Media». Viele Deutschsprachige tun dies bereits.

      • am 27.12.2023 um 19:24 Uhr
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        Wie wärs mit ‚Unterhaltungsmedien‘?

      • am 28.12.2023 um 14:05 Uhr
        Permalink

        Vielleicht sollte man ‹gesteuerte Medien› sagen?

    • am 27.12.2023 um 17:37 Uhr
      Permalink

      Viele sprechen schon lange von den asozialen Medien, was wohl tatsächlich näher bei der Wahrheit ist…

    • am 27.12.2023 um 22:13 Uhr
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      Man kann auch von asozialen Medien sprechen. Es verstehen alle, was gemeint ist 😉

  • am 27.12.2023 um 12:10 Uhr
    Permalink

    Urs P. Gasche sei Dank für diese Klarstellung.

    Aber wirklich Spitze wäre es gewesen, wenn er im Jahr 2024 auch das Wort «Zivilgesellschaft» nicht mehr hören, lesen und vermutlich auch selbst nicht mehr schreiben möchte.

    Es handelt sich nämlich ebenfalls um einen «Falschimport» aus dem Englischen. «Zivil» in der deutschen Sprache bedeutet «alles, was nicht zum Militärbereich gehört» und nicht «alles, was nicht vom Staat kommt». In der englischen Sprache kann dem Wort «civil» dieser Sinn auch zukommen. Aber der Falschimport beginnt damit, daß das Wort «civil» auch – und in diesem Zusammenhang ausschließlich – «bürgerlich» bedeutet.
    Wir sollten endlich beginnen, von der «Bürgergesellschaft» zu reden. Denn ich kann mir nicht vorstellen, daß die Anwender von «Zivilgesellschaft» damit einen Gegensatz zu einer «Militärgesellschaft»zum Ausdruck bringen wollen.

  • am 27.12.2023 um 14:52 Uhr
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    Vielen Dank! Ich bin froh, dass dies auch andere erkennen.
    Ein Jugendfreund von mir bezeichnet derartige Medien denn auch als a-soziale Medien. Der drittletzte Absatz des Artikels beschreibt sehr schön weshalb.

    Frage in die Runde:
    Was wäre denn ein treffender(er) Deutscher Ausdruck? Forum? Plattform?

  • am 27.12.2023 um 18:51 Uhr
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    Danke Herr Gasche – ich selber spreche gerne von den Asozialen Medien. Zur Frage der Übersetzung: Socializing kann mit Geselligkeit übersetzt werden. Die meisten dieser Tools wurden ja ursprünglich als Geselligkeits-Apps konzipiert. Was die Nutzer dann damit machen, na ja das steht auf einem anderen Blatt…
    Möglich wäre: «Gesellschafts Medien», die können von Privaten oder Unternehmen genutzt und bespielt werden. In welche Gesellschaft ich mit dann begebe, hat jeder selber in der Hand.

  • am 28.12.2023 um 09:31 Uhr
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    Danke Herr Gasche, dieses Unterscheidung ist zentral, «Social medias» sind assozial, denn sie sind nicht kontrollierbar, «unguided missiles». Das gleiche gilt für das Unwort «Zivilgesellschaft». Was soll damit zum Ausdruck gebracht werden? Die «Zivilgesellschaft» ist eine Dunstwolke aller Unzufriedenen, welche nicht zu ihrer Meinung stehen wollen. Danke auch Herr Mohler.

  • am 29.12.2023 um 10:53 Uhr
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    Vorschlag: Massen-Kommunikations-Medien, oder um ein hippes Wort zu nehmen: MaKoMi.

    Danke für den Beitrag und Gruß

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