Gesundheitskosten: Irreführende Tamedia-Schlagzeile
«Ausländische Versicherte verursachen 28 Prozent weniger Kosten.» So titelten die Tamedia-Zeitungen gestern. Sie stützten sich dabei auf einen Bericht des Bundesamts für Statistik (BfS). Dieses hatte ausgerechnet, wie hoch die Kosten sind, die Versicherte mit unterschiedlichen Nationalitäten verursachen. Einen solchen Bericht hatte der SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi verlangt.
Ergebnis der BfS-Untersuchung: Schweizer kosten die Grundversicherung jährlich 3554 Franken, Ausländer 2569 Franken. Das sind tatsächlich 28 Prozent weniger. Doch die Zahl ist irreführend.
Darauf musste Thomas Aeschi die Tamedia-Zeitungen aufmerksam machen. Er sagt: «Offensichtlich hat das BfS ‹vergessen›, die Auswertung nach Alterskategorien vorzunehmen.» Der Grund für Aeschis Argwohn: Schweizer sind im Schnitt deutlich älter als Ausländer.
Der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung beträgt 27 Prozent. Bei den über 80-Jährigen aber nur noch 10 Prozent, bei den über 90-Jährigen sogar nur noch 7 Prozent. Dass die durchschnittlich jüngeren Ausländer weniger Gesundheitskosten verursachen als die älteren Schweizer, ist naheliegend. Denn der Grossteil der Gesundheitskosten fällt im Alter – insbesondere in den letzten drei Lebensjahren – an.
Die Tamedia-Zeitungen schreiben zum Einwand von Thomas Aeschi leicht verwundert: «Entsprechende Auswertungen fehlen tatsächlich im Bericht.» Deshalb haben sie beim BfS nachgefragt. Dieses hatte nämlich tatsächlich geprüft, «ob die Durchschnittskosten der Ausländer auch nach Berücksichtigung des Alters noch signifikant tiefer liegen». Die Analyse, so die Tamedia-Zeitungen, habe «dies bestätigt». Doch es stimmt nicht.
Infosperber fragte beim BfS nach: «Um wie viel sind die Kosten, welche die ausländische Bevölkerung verursacht, niedriger als die Kosten der Schweizer Bevölkerung, wenn man Alter, Geschlecht und Wohnort berücksichtigt?»
Die Antwort: «Unter sonst gleichen Bedingungen (ceteris paribus, das heisst hinsichtlich Geschlecht, Alter und Wohnkanton) betrugen die durchschnittlichen Kosten für ausländische Versicherte 21.10 Franken pro Jahr weniger als für Schweizerinnen und Schweizer.»
Das sind bloss 0,6 Prozent weniger – und nicht 28 Prozent, wie die Tamedia-Zeitungen ihren Lesern weismachen wollten.
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Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Da Spricht man ja immer nur von den Ausgaben.
Kann man dies auch noch zu den Einzahlungen von jeder Nationalität ins Gesundheitssystem stellen?
Meines Wissens gibt es dazu leider keine Zahlen.
Genau. Ich finde auch, dass untersucht wird wie viele Beitragsjahre die entsprechenden Gruppen leisten, resp. geleistet haben.
Sie können es drehen wie sie wollen, die ausländischen Bevölkerung verursacht weniger Kosten, auch wenn es in einer Form der Berechnung nur 0.6% sind. Die SVP behauptet ja ständig, dass die Ausländer für die Kosten im Gesundheitswesen verantwortlich sind. Einfach nur Lügen!
Ja, genau, weniger hohe Kosten. Aber nicht um 28 Prozent, sondern um 0,6 Prozent. Das ist ein Unterschied.
Herr Gantenbein, 0,6% sind statistisch unbedeutend. Es ist einfach hochgradig peinlich für einen Tages-Anzeiger und übrigens auch den BLICK, etc.
Die Kritik der SVP bezieht sich primär auf jene Asylanten, die nicht arbeiten und deren Prämien somit der Steuerzahler bezahlt – und somit auch deren Gesundheitskosten. Das kann man nun gutheissen oder schlecht finden, aber es sind halt auch legitime Sichtweisen.
Und was ist die Schlussfolgerung? Um die Gesundheitskosten zu senken müssen alle Schweizer auswandern? Derartige Statistiken sind doch komplett sinnfrei und in meinen Augen auch etwas rassistisch. Zumindest könnten fehlgeleitete Schlussfolgerungen dazu führen.
Wie sähe die Statistik aus, wenn man noch den Zeitraum der Einzahlungen mit berücksichtigt? Ein „Schweizer“ zahlt in seinem Leben wohl durchschnittlich mehr ein, als ein Ausländer in 2, 5, 10 Jahren in denen er hier ist/war? Ist ein Ausländer immer noch ein Ausländer wenn er 40 oder 50 Jahre in der Schweiz gelebt hat und sich aber nicht einbürgern liess? Lässt sich die Statistik auf andere Versicherungen übertragen? Ich weiss von Fällen wo Ausländer höhere Steuern für Fahrzeugversicherungen bezahlen, weil sie auch höhere Kosten verursachen sollen laut Statistik, angewendet auf bestimmte Volksgruppen. Komplett sinnfrei.
Rechtsbürgerliche haben seit Jahrzehnten einen Feind auserkoren : AusländerInnen und MigrantInnen. Da rücken sie keinen Millimeter davon ab. Diese Gruppen können sich ja auch wenig wehren , sind also hervorragende Sündenböcke.
Linke Feindbilder: Bürgerliche, Konservative, Banker, Unternehmer
Mitte-Feindbilder: Alle mit eigenständigem Denken
Rechte Feindbilder: Linke und Nette, Ausländer, Zentralisten, EU-Turbos, Progressiv-Ideologen
Es gibt so viele Feindbilder in allen politischen Lagern. Ich denke, es ist müssig, über die Bewirtschaftung der jeweiligen Feindbilder zu diskutieren oder diese einander gegenseitig vorzuwerfen. Es wäre viel schöner, wenn die berechtigten zu Grunde liegenden Bedürfnisse wieder angehört und zusammengeführt würden.
Wichtig ist vielleicht zu verstehen, dass sowohl das EJPD (Asyl), als auch das Bundesamt für Statistik, wie auch das Bundesamt für Gesundheit dem SP-Bundesrat Beat Jans unterstehen. Das BfS hat rund 85 Mitarbeitende alleine in der Kommunikationsabteilung!