Vorschnelle Zulassung: Patienten zahlen einen hohen Preis
mfr. – Zwei Jahre überprüften die beiden Autorinnen Jeanne Lenzer und Shannon Brownlee zusammen mit Fachleuten 429 Arzneimittel, welche die US-Arzneimittelbehörde FDA zwischen 2013 uns 2022 zuliess. Im Folgenden Teil 2 ihres brisanten Artikels, der bei «The Lever» erschien (Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion).
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Nichts an ProAmatine deutete darauf hin, dass es jemals auf den Markt kommen würde.
Viermal lehnte es die FDA zwischen 1990 und 1996 ab, dieses Blutdruckmedikament zuzulassen. Das ergab die vorliegende Recherche. Die Behörde teilte dem Unternehmen «Roberts Pharmaceutical» mit, dass ihre Studien «schlecht durchgeführt wurden». Diese Studien zeigten, dass ProAmatine zu niedrigen Blutdruck beim Aufstehen behandeln kann. Die Blutdruck-Steigerung war jedoch kein ausreichender Beweis für den Nutzen, da es sich um Surrogat-Messungen handelte, so die Behörde. [Dabei handelt es sich z.B. um Labortwerte oder andere Ersatz-Parameter – Red.]
Die FDA wollte aber Beweise, dass sich die Patienten besser fühlen oder ihre Aufgaben besser erledigen können. Die Arzneimittelbehörde wies das Unternehmen an, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studien durchzuführen.
Bevor sie das Medikament im März 1996 zum vierten Mal ablehnte, stellte die FDA-Gutachterin Maryann Gordon eine auffällige Häufung von schwerem Bluthochdruck bei den behandelten Patienten fest. Sie vermutete, dass diese Nebenwirkung zumindest einige der Schlaganfälle, Herzinfarkte und Fälle von Herzschwäche erklären könnte, die bei Patienten unter Behandlung mit ProAmatine aufgetreten waren. Sie schlussfolgerte: «…die überwiegend nicht erforschten Vorteile von [ProAmatine] überwiegen nicht dessen tatsächlichen Risiken. Deshalb ist Midodrin nicht zulassungsfähig.» [Midodrin ist der Wirkstoff in ProAmatine. Er ist auch in der Schweiz zugelassen und wird von der Grundversicherung bezahlt – Red.]
Doch weniger als drei Monate nach der vierten Ablehnung von ProAmatine durch die FDA machte die Behörde eine Kehrtwende und verkündete, dass sie nach einem Treffen mit dem Unternehmen ihre vorherige Ablehnung «überdacht» habe und ProAmatine nun gemäss dem «21 Code of Federal Regulations Subpart H» genehmigen würde, einer Bestimmung in den Vorschriften, welche die FDA so interpretiert, dass sie der Behörde «Flexibilität» bei ihren Genehmigungsentscheidungen gibt.
Die Autorinnen
Die Investigativjournalistin und Buchautorin Jeanne Lenzer recherchiert seit Jahrzehnten, wie finanzielle Anreize die Medizin korrumpieren. Sie schreibt u.a. für die «New York Times», «The Atlantic», «Mother Jones» und das «British Medical Journal». In ihrem Buch «The Danger Within Us» (Die Gefahr in uns) beleuchtet sie die Schattenseiten der Medizinprodukte-Industrie.
Shannon Brownlee veröffentlichte Beiträge u.a. in «Time», der «Washington Post» und dem «New York Times Sunday Magazine». In ihrem Buch «Overtreated: Why Too Much Medicine is Making Us Sicker and Poorer» beschreibt sie, wie Überbehandlung Menschen kränker macht anstatt gesünder. Brownlee arbeitet auch für das vom Nobelpreisträger und Kardiologen Bernard Lown gegründete Lown-Institut, das sich für eine menschlichere und bessere Medizin und für ein sozialeres Gesundheitssystem in den USA einsetzt. (mfr)
Fast 30 Jahre auf dem Markt – ohne den verlangten Wirksamkeitsbeweis
Ein FDA-Insider, der darum bat, anonym zu bleiben, sagte gegenüber «The Lever»: «Abschnitt H war nie dazu gedacht, um gescheiterte Arzneimittelentwicklungsprogramme zu retten, nachdem Studien bereits keinen direkten Nutzen für Patienten gezeigt hatten.» Stattdessen wurde diese Bestimmung entwickelt, um der Behörde Spielraum bei der Genehmigung von Medikamenten zu geben, die für lebensbedrohliche Erkrankungen, für die es nur wenige oder keine anderen Behandlungen gab, sehr vielversprechend aussahen.
Obwohl der mit ProAmatine behandelte Zustand nicht lebensbedrohlich ist, konnte «Roberts Pharmaceutical» die Verordnung nutzen, um das Medikament 1996 auf den Markt zu bringen, und stimmte zu, spätestens 2000 eine Folgestudie einzureichen, um festzustellen, ob das Medikament wirkte.
Das Jahr 2000 kam und ging. Keine Studie. Im Jahr 2003 lief das Arzneimittelpatent aus. Immer noch keine Studie. Die FDA versuchte, das Unternehmen dazu zu bringen, die versprochene Post-Market-Studie durchzuführen, indem sie eine dreijährige Verlängerung der Patentexklusivität gewährte. Dies ermöglichte dem Unternehmen ein Monopol auf das Medikament und seine Preise hoch zu halten. 2005 reichte das Unternehmen zwei Studien ein, aber die FDA hielt sie für unzureichend.
Im Jahr 2013 überprüften Forscher der Mayo Clinic umfassend alle Studien zu dem Medikament. Sie fanden heraus, dass ProAmatine «keinen signifikanten Nutzen» bei der Blutdruckänderung beim Aufstehen bot. Das Medikament verursachte auch mehr unerwünschte Ereignissen, und die Forscher kamen zum Schluss, dass es nur «unzureichende und minderwertige Beweise gibt», um es anzuwenden.
Dennoch durfte das Medikament ohne Warnhinweis für Patienten oder Ärzte bis 2017 auf dem Markt bleiben. Im Jahr 2009 hatte es einen Umsatz von 257 Millionen US-Dollar erzielt; im Jahr 2023 wurde der Midodrin-Markt auf 745 Millionen US-Dollar geschätzt. Neunundzwanzig Jahre nach der Zulassung des Medikaments gibt es immer noch keine Beweise dafür, dass es wirkt. Das Medikament wird nicht mehr von «Roberts» hergestellt, und drei Generikahersteller von Midodrin reagierten nicht auf Bitten um Stellungnahme.
In über einem Drittel der Fälle keine bestätigende Studie
«Ich denke, zu Recht oder zu Unrecht haben die FDA-Manager entschieden, dass es immer noch zu guten Medikamenten führen könnte, wenn sie ihre Standards völlig beugen», sagt Matthew Herder, ein Rechtswissenschaftler an der University of Dalhousie in Halifax, Kanada. «Sie setzen viel Vertrauen in die Studien nach der Markteinführung.» Aber die Geschichte von ProAmatine zeigt, dass die Forderung, solche Post-Marketing-Studie durchzuführen, wenig bedeutet, wenn ein Medikament erst einmal beschleunigt zugelassen wurde.
Laut einer Analyse des U.S. Department of Health and Human Services Office of Inspector General [interne Aufsichtsbehörde des US-Gesundheitsministeriums– Red.] gab es bei über einem Drittel der Medikamente, die auf beschleunigtem Weg zugelassen wurden, noch nie eine Studie, welche die Wirkung bestätigte. Und wenn die Firmen doch Studien durchführten, stellten die Aufsichtsbehörden fest, dass sie dafür zwischen 2 Monate und 12 Jahre brauchten. Die vorliegende Recherche ergab, dass solche Studien sogar noch länger dauern können – bis zu 30 Jahre – und möglicherweise überhaupt nicht durchgeführt werden.
Patienten erhielten unwirksame Behandlungen
Selbst wenn Post-Marketing-Studien eingereicht werden, liefern sie oft keine neuen Informationen. Bishal Gyawali, ein Onkologe und ausserordentlicher Professor an der Queen’s University in Kingston, Kanada, und zwei Harvard-Kollegen besahen sich Krebsmedikamente, die zwischen Dezember 1992 und Mai 2017 auf der Basis von Surrogat-Ergebnissen zugelassen wurden. In 20 Prozent der Fälle reichte das Unternehmen eine Folgestudie ein, die sich mit demselben Surrogat-Parameter befasste, der schon benützt wurde, um die Zulassung des Medikaments zu erhalten – obwohl der Sinn der zusätzlichen Studie ja darin bestand, festzustellen, ob das Medikament einen tatsächlichen klinischen Nutzen bot. In weiteren 21 Prozent der Fälle verwendete die Folgestudie einen anderen Surrogat-Endpunkt anstelle klinischer Ergebnisse.
Solche Szenarien sind so häufig, dass die Arzneimittelbehörde einen Begriff für den Status von Medikamenten erschaffen hat, deren Post-Market-Studien fehlgeschlagen sind oder nicht vor Ablauf ihrer Frist durchgeführt wurden: «baumelnde Genehmigungen».
Mit Stand 2021 beliess die FDA 10 von 35 Krebsbehandlungen auf dem Markt, sogar, wenn ihre Folgestudien fehlgeschlagen waren. Die Hersteller zogen schliesslich 8 der 10 Therapien zurück, aber erst, nachdem Patienten über Jahr hinweg ineffektive Behandlungen erhalten hatten und die Unternehmen ordentliche Vergütungen eingestrichen hatten.
EU-Behörden verweigerten die Zulassung
Unter den Medikamenten mit baumelnden Zulassungen war eines, das zuvor Kontroversen ausgelöst hatte: Avastin, das gescheiterte Brustkrebsmedikament. Avastin verbesserte das Überleben bei einigen Krebsarten. 2009 liess die FDA das Medikament gegen rezidivierendes Glioblastom, einen tödlichen Hirntumor, zu, basierend auf dem progressionsfreien Überleben [das bedeutet, dass der Tumor nicht weiter wächst und die Patienten nicht vorzeitig sterben– Red.]. Im Jahr 2017, nach den erforderlichen «Bestätigungs»-Studien, erteilte die Behörde ihm die volle Zulassung – obwohl die Folgestudien nicht zeigten, dass es den Patienten half, länger zu leben.
Avastin bleibt für rezidivierendes Glioblastom auf dem Markt – zu einem Preis von 153’000 Dollar pro Jahr. Die europäischen Aufsichtsbehörden weigerten sich, das Medikament für diese Anwendung zuzulassen, und äusserten Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Wirksamkeit. Ein Sprecher von «Genentech» sagte, dass einige Patienten davon profitieren könnten, und wies darauf hin, dass elf Prozent der Patienten dank dessen in der Lage waren, die Behandlung mit Steroiden [umgangssprachlich «Kortison» – Red.] abzubrechen. [In der Schweiz ist Avastin bei rezidivierendem Glioblastom unter bestimmten Bedingungen zugelassen und kassenpflichtig – Red.]
Dann gibt es noch Keytruda, das im Fernsehen für eine Reihe von Krebsarten breit beworben wird. Das Medikament, das 2017 beschleunigt zur Behandlung einer bestimmten Art von Magenkrebs zugelassen wurde, scheiterte nach der Zulassung anschliessend in der Post-Marketing-Studie. Doch Keytruda wurde fast vier Jahre lang für dieses Anwendungsgebiet verkauft, bevor die Aufsichtsbehörden seine Zulassung im Jahr 2021 zurückzogen. Für andere Krebsarten bleibt es auf dem Markt. Der Hersteller Merck reagierte nicht auf Bitten um Stellungnahme.
Milliardenausgaben für unbewiesenen Nutzen
Während Pharmaunternehmen vom Verkauf unbewiesener Medikamente profitieren, zahlen alle anderen – Patienten, Versicherer und die Regierung – einen hohen Preis. In nur vier Jahren, von 2018 bis 2021, gaben die von den Steuerzahlern finanzierten Krankenversicherungsprogramme Medicare und Medicaid 18 Milliarden Dollar für Medikamente aus, die unter der Bedingung zugelassen wurden, dass die Hersteller noch Studien nachliefern, welche den Nutzen belegen.
«Vom [FDA]-Leiter bis zu den Angestellten sagt uns jeder immer wieder, dass die Zulassung solcher Medikamente im Laufe der Zeit zu immer mehr Verbesserungen für die Patienten führen wird. Aber wenn ein Medikament nicht wirkt, dann wirkt es eben nicht, und diese Medikamente alle zusammen einzusetzen, führt nicht zu einer wirksamen Therapie», sagt Fran Visco, eine Brustkrebsüberlebende und Präsidentin und Mitbegründerin der «National Breast Cancer Coalition». «Der ganze Kosmos medizinischer onkologischer Behandlungen gründet auf einem wackeligen Fundament aus begrenzter Evidenz und ungewissem Nutzen für die Patienten. Doch anstatt das zuzugeben, nesteln wir daran herum und bauen weiter darauf auf. Und es geht dabei nicht nur darum, dass man Menschen Dinge gibt, die nicht wirken. Diese Medikamente werden ihnen sogar schaden, und sie sind finanziell giftig.»
Jahrelanges Warten auf den Wirksamkeitsbeweis
Wenn ein Medikament in einer klinischen Studie versagt, «bedeutet dies nicht unbedingt, dass das Arzneimittel unwirksam ist», schrieb Richard Pazdur, Arzt und Leiter der Krebsmedikamentenabteilung der FDA, im Jahr 2021, um die baumelnden Zulassungen zu rechtfertigen. In gewisser Weise hat Pazdur recht. Keine überzeugenden Beweise dafür zu haben, dass ein Medikament wirkt, ist nicht dasselbe wie zu wissen, dass es nicht funktioniert.
Das bedeutet, dass niemand weiss, ob es wirkt oder nicht. Die Datenbank zur vorliegenden Recherche zeigt, dass heutzutage Hunderte von Medikamenten auf den Markt gebracht werden, bevor jemand weiss, ob sie wirksam sind.
In der Vergangenheit wurde ein vielversprechender Surrogat-Endpunkt von Pharmaunternehmen genutzt, um zu entscheiden, ob es die Investition wert ist, eine klinische Studie fortzusetzen. Jetzt aber werden Medikamente auf den Markt gebracht und an Tausende, wenn nicht Millionen von Patienten verkauft, und die Beweise, um festzustellen, ob sie tatsächlich funktionieren, dürfen später folgen – falls sie überhaupt je kommen.
Eine Kombination rätselhafter Beschwerden
Dieses Arrangement kann für Menschen wie Laura MacMillan verheerende Kosten verursachen.
Ab 2001 wurde bei Laura MacMillan eine Reihe von rätselhaften Beschwerden festgestellt. Zuerst kam interstitielle Zystitis [eine Art von Blasenentzündung – Red.]. Zwei Jahre später, sie war damals erst 45 Jahre alt, bekam sie starke Bauchschmerzen und Durchfall, was als Kolitis [Dickdarmentzündung – Red.] diagnostiziert wurde. «Ich konnte mein Haus kaum verlassen», sagt sie. «Mir passierten häufig ‹Missgeschicke› und ich konnte nur in Läden gehen, von denen ich wusste, dass es eine Toilette gab.»
Zwölf Jahre später begann sie, wellige Linien zu sehen. Ihre Sehkraft liess zunehmend nach. Eines Abends fuhr sie auf einem Parkplatz über eine Zementinsel und kassierte einen platten Reifen und einen Schaden von 4700 Dollar an ihrem Auto. Ihr Augenarzt fand keine bekannte Diagnose für ihre Augenerkrankung und konnte ihr keine Behandlung anbieten. Mit der Kolitis und der fortschreitenden Erblindung wurde MacMillans Welt immer kleiner.
Schliesslich stiess MacMillan im Jahr 2021 auf Nieraj Jains beunruhigende Entdeckungen von Blindheit im Zusammenhang mit dem Medikament Elmiron gegen interstitielle Blasenentzündung. Sie zählte sofort eins und eins zusammen. Seit 20 Jahren nahm sie Elmiron und hatte die gleichen Netzhautveränderungen, die Jain entdeckt hatte. Sie stoppte das Medikament, und innerhalb weniger Wochen verschwanden ihre Kolitis-Symptome. Eine anschliessende Darmspiegelung zeigte, dass ihr Darm vollständig geheilt war, aber MacMillans Sehverlust ist dauerhaft.
Die Nebenwirkung: Fast erblindet
«Ich kann nicht mehr Auto fahren», sagt sie. «Ich musste vor 13 Jahren aufhören zu arbeiten. Wenn ich morgens aufstehe, kann es etwa zwei Stunden dauern, bis die Unschärfe so weit nachlässt, dass ich auf meinem Tablet Wörter sehen kann. Letzten Sommer fuhren mein Mann und ich [1000 Meilen] nach Toronto, um die Blue Jays gegen die Yankees spielen zu sehen. Obwohl wir gute Plätze hatten, konnte ich nichts sehen. Wir werden also nie wieder in der Lage sein, das zu tun.»
MacMillan hat noch relativ viel Glück im Vergleich mit den Hunderten anderer, bei denen diese Recherche aufdeckte, dass sie schwere Schäden erlitten oder starben, als sie das Medikament nahmen.
Die FDA aber fährt fort, weiterhin Medikamente auf der Grundlage von Beweisen zuzulassen, die so fadenscheinig, widersprüchlich und unzureichend sind wie die Daten für Elmiron. Mit Berufung darauf, dass «Flexibilität» nötig sei und die Arzneimittelentwicklung gefördert werden müsse, wenn nur wenige Behandlungsmöglichkeiten existieren, hat die Arzneimittelbehörde zahlreichen Experten zufolge ihre hart erkämpften Standards für eine solide Wissenschaft so gut wie aufgegeben.
«Scheint mehr daran interessiert, die Interessen der Industrie zu fördern»
Jerome Hoffman, emeritierter Professor für Medizin an der University of California, Los Angeles, und leitender Analytiker der für diese Recherche erstellten Datenbank, sagt: «Die meisten von uns stellen sich vor, dass das Hauptziel der FDA darin besteht, sicherzustellen, dass die von ihr zugelassenen Medikamente den Menschen eher helfen als ihnen zu schaden. Wenn dies der Fall wäre, würde die FDA von den Arzneimittelherstellern verlangen, rigoros durchgeführte Studien einzureichen. Stattdessen scheint die Behörde dieses Ziel aber vergessen zu haben und mehr daran interessiert zu sein, die Interessen der Industrie zu fördern als die öffentliche Gesundheit zu schützen.“
Im Jahr 2014 veröffentlichte die Elmiron Study Group die Ergebnisse ihrer lang erwarteten klinischen Studie. Sie zeigte, dass Elmiron nicht besser als ein Placebo war. «Ich dachte, dass es am nächsten Tag für Elmiron vorbei sein würde», sagt Curtis Nickel, ein Urologe am Kingston Hospital in Ontario, Kanada, der die Studiengruppe leitete. «Die Ärzte würden aufhören, es zu verschreiben. Die FDA würde anordnen, es vom Markt zu nehmen.» Aber nichts davon ist passiert. [Auch in der Schweiz ist Elmiron zugelassen und unter bestimmten Voraussetzungen kassenpflichtig – Red.]
Stattdessen wird Elmiron nach 24 Jahren immer noch verkauft, und Ärzte verschreiben es weiterhin. Hunderttausende von Patienten waren dem Medikament ausgesetzt, und die Amerikanische Urologische Vereinigung listet es als das einzige von der FDA zugelassene Medikament für interstitielle Zystitis auf. Die Behörde fügte der Packungsbeilage 2020 schliesslich eine Warnung hinzu, die Ärzte und Patienten auf das Risiko eines Sehverlusts aufmerksam macht.
Nirgendwo wird erwähnt, dass Studien nie gezeigt haben, dass Elmiron wirksam ist.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Wieso werden keine Preisrestriktionen vorgegeben? Wenn ein Medikament ohne oder mit wenig Nutzen zugelasen wird, dann sollte der Preis reduziert werden. Erst wenn alle Bedingungen erfüllt sind, dann gilt der Martpreis.
Dann wüsste der Konsument: bei einem Preis von CHF1.– ist noch nichts bewiesen. Bei CHF 2.–: es gibt eine kleine erfolgreiche Studie etc.
Das heutige System belohnt ja gerade keine Studien durchzuführen. Dann hat man auch keine negativen Ergebnisse!