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Roundup ist ein beliebter Unkrautkiller. Glyphosat, sein Wirkstoff, wird allerdings vielfach als gesundheitsschädlich bezeichnet. © Pixavril/Depositphotos

US-Gesundheitsminister Kennedy will Pestiziden an den Kragen

Christof Leisinger /  Nervosität der Lobby kurz vor der Vorlage eines Regierungsberichts, der für ein Verbot von Glyphosat und Atrazin plädieren könnte.

«Macht Amerika wieder gesund» – unter diesem Motto hat sich Robert F. Kennedy Jr. bei Donald Trump eingeschmeichelt und ist Gesundheitsminister geworden. Nun sorgt der Impfstoff-skeptische Jurist für Unruhe in der Agrarbranche. Wie das Wall Street Journal berichtet, wird der frühere Umweltaktivist in den nächsten Tagen einen Report vorlegen, der ausdrücklich auf die seiner Ansicht nach schädlichen Auswirkungen von Pestiziden hinweisen wird.

Der Bericht soll einen Überblick über die möglichen Ursachen chronischer Krankheiten bei Kindern bieten. Dazu zählte Kennedy in der Vergangenheit regelmässig die ungesunde Ernährung, den allgemeinen Bewegungsmangel, die missbräuchliche Nutzung moderner Technologien, die verschwendete Zeit, die vor Bildschirmen verbracht wird, die konventionelle Ausrichtung des medizinischen Systems sowie der umfangreiche Einsatz von Pestiziden.

Gefährdet ein Verbot von Pestiziden die Nahrungsmittelversorgung?

Donald Trump selbst hatte im Wahlkampf versprochen, Pestizide kritisch unter die Lupe zu nehmen, um die Unterstützung von Kennedys Anhängern zu gewinnen. «Millionen und Abermillionen von Amerikanern, die sich saubere Luft, sauberes Wasser und eine gesunde Nation wünschen, sind besorgt über Gifte in unserer Umwelt und Pestizide in unseren Lebensmitteln», hatte er bei einer Kundgebung in Arizona mit Kennedy im August gesagt.

Nun aber berichtet das Wall Street Journal, massgebliche Personen im Weissen Haus und in verschiedenen Behörden würden sich darüber sorgen, dass ein Verbot von Pestiziden die Nahrungsmittelversorgung gefährden könnte. Einige Beamte der Umweltschutzbehörde, die für die Regulierung von Pestiziden zuständig ist, und des Landwirtschaftsministeriums fragen sich, ob Kennedy Unkrautvernichtungsmittel wirklich als gesundheitsschädlich einstufen kann.

Insider gehen davon aus, dass der Bericht vor allem auch auf Glyphosat eingehen wird. Das ist der Wirkstoff in Roundup, dem weltweit am häufigsten verwendeten Unkrautvernichtungsmittel von Bayer. Auch Atrazin, ein Herbizid, das bei Gräsern und Mais eingesetzt wird, soll als problematisch eingestuft werden. Atrazin ist in Europa längst nicht mehr zugelassen, auch in der Schweiz nicht. Glyphosat dagegen ist zwar umstritten, darf aber bis jetzt in der Europäischen Union und in der Schweiz verwendet werden.

Die Zulassung und Überwachung von Glyphosat-haltigen Pflanzenschutzmitteln unterliegt dem Bundesamt für Landwirtschaft. Die Schweizer Behörden, darunter das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, sehen bei vorschriftsgemässer Anwendung und Einhaltung der Rückstandshöchstwerte aktuell kein Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung.

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Die Dänen und die Polen nutzen Glyphosat intensiv. Hier gibt es eine grössere Auflösung der Grafik.

In den USA ziehen im Hintergrund Berater und Personen wie Calley und Casey Means (Unternehmer, designierte Generalstabsärztin) ihre Fäden. Die Geschwister haben zusammen ein Buch veröffentlicht, das unter anderem die Gefahren von Pestiziden betont. Nun scheint nicht ausgeschlossen zu sein, dass die Trump-Regierung «den Branchen den Krieg erklärt, die uns vergiften», glauben Kennedy-nahe Influencer wie Vani Hari. In ihren Augen wird es in dem Bericht unter anderem um Substanzen gehen, die auf Pflanzen gesprüht werden, um Schwermetalle, um Chemikalien mit endokriner Wirkung, um Luft- und Wasserverschmutzung und um hoch verarbeitete Lebensmittel.

Lobbyisten: Kennedy & Co. ignorieren umfangreiche Forschungen und Tests

Die Vertreter der Agrar- und Lebensmittelkonzerne lobbyieren intensiv dagegen. Sie fürchten, Kennedy & Co. ignorierten die umfangreichen Forschungen und Tests zu Pestiziden und liessen Zweifel an der sicheren Anwendung dieser Technologien aufkommen. So etwas wäre einschneidend, schliesslich sind mehr als 90 Prozent der in den USA angebauten Sojabohnen-, Mais- und Baumwollpflanzen gentechnisch so verändert, dass sie gegen Unkrautvernichtungsmittel auf Glyphosatbasis resistent sind. Solche Mittel haben die Produktivität der Farmer enorm gesteigert. Sollte die Nutzung eingeschränkt oder gar verboten werden, stünde die Nahrungsmittelversorgung vor einem Schock. Nach Angaben des U.S. Geological Survey bringen amerikanische Landwirte jedes Jahr fast 136’000 Tonnen Glyphosat auf Feldern mit einer Fläche von etwa 130 Millionen Hektar aus.

Die von Trump eingesetzten Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums sind besorgt über die in dem Bericht möglicherweise enthaltene Charakterisierung von Pestiziden. Noch aber ist unklar, welche Haltung Landwirtschaftsministerin Brooke Rollins einnehmen wird. Ob sie eher zu den Landwirten hält, die zu den Kernwählern Donald Trumps zählen oder eher zu Kennedy, welcher sich als ehemaliger Umweltanwalt mit der Thematik und mit kommerziellen Klagen gegen Pestizid-Anbieter bestens auskennt.

Kennedy war im Jahr 2018 massgeblich an einem ersten Urteil gegen Monsanto beteiligt. Der damalige Hersteller von Roundup (inzwischen von Bayer übernommen) wurde zur Zahlung von 289 Millionen Dollar an den Platzwart eines Golfclubs verurteilt, der an Krebs erkrankt war und behauptet hatte, er sei nicht ordnungsgemäss vor den Risiken des Herbizids gewarnt worden.


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