Kommentar

Überfluss führt Energieproduzenten ins Elend

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Axpo sieht rot. Repower baut ab. Die BKW steigt aus. Der Überfluss an Kohle und Atomkraft bringt die Strombranche in Not.

Atomrisiken hin, Klimawandel her – der Energiekonsum wuchs. Mit der wachsenden Nachfrage stiegen ab 2000 die Preise. Ölkonzerne, Kohleverkäufer, Gas- und Stromproduzenten verdienten sich eine goldene Nase. Ohne Rücksicht auf Umweltschäden, die der Abbau von Kohle, Schiefergas oder Ölsand nach sich zog, bauten sie ihre Produktion weiter aus.

Die Bonanza endete 2008 mit der Finanz- und Wirtschaftskrise. Die globalen Wachstumsraten schrumpften. In den Industriestaaten sank sowohl der gesamte Energie- als auch der Stromkonsum. Die angedrohte Energielücke wandelte sich zur Energieschwemme. Der Überfluss drückte die Preise für Kohle, Erdöl und Elektrizität in den Keller. Dem Boom folgte der Kater.

Vom Preissturz speziell betroffen sind die international tätigen Schweizer Stromkonzerne Axpo, Alpiq, BKW und Repower. Sie produzieren im In- und Ausland schon längst mehr Strom, als sie in ihren inländischen Versorgungsgebieten absetzen können. Diese Stromflut, verbunden mit der partiellen Schleifung der nationalen Monopole, bescherte diesen Stromproduzenten Verluste in Milliardenhöhe und bedroht sogar ihre Existenz. Die Axpo gab am Freitag einen Verlust in Milliardenhöhe bekannt. Die Bündner Repower kündigte am gleichen Tag eine neue Strategie sowie den Ausstieg aus der fossilen und nuklearen Stromproduktion an.

Gegen das Elend, das dieser Überfluss schafft, gibt es nur ein Rezept: den Überfluss abbauen. Wenn wir weniger Kohle aus dem Boden holen und einige Kohle- und Atomkraftwerke stilllegen, bremsen wir nicht nur den Klimawandel und vermindern die nuklearen Risiken. Mit dem Abbau der Überkapazitäten können sich die Stromproduzenten auch ökonomisch sanieren.

Deutschland und die Schweiz, die sich gerne als Vorreiter feiern lassen, sollten voran gehen. Deutschland, indem es aus der Kohlekraft aussteigt und damit seine «schwarze» in eine echte Energiewende umwandelt. Die Schweiz, indem sie die Laufzeit ihrer uralten Atomkraftwerke begrenzt. Einen ersten Schritt hat die BKW mit der terminierten Stilllegung des AKW Mühleberg eingeleitet. Die Axpo kann dem guten Beispiel folgen, indem sie ihre Atommeiler in Beznau gar nicht mehr einschaltet.

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Eine Meinung zu

  • am 21.12.2015 um 09:23 Uhr
    Permalink

    Es irritiert, wenn derjenige kompetente Journalists, der kaum je müde wurde, die korrekte Version des Umweltschutzes zu postulieren, nämlich Lenkungsabgaben, nun wiederholt vorschlägt, die destruktive Energiewirtschaft soll sich —mit staatlicher Unterstützung— wieder ein Monopol schaffen, um wieder wie gehabt abzuzocken und mit dem erwirtschafteten Geld … weiter die Umwelt zu zerstören, um damit weiter Geld einzunehmen, wahrscheinlich, denn das war von Anfang an die Grundlage und das Konzept der Schweizer Strombranche. Diese Branche kommt erstens auch ganz von allein auf die Idee (Enel zum Beispiel will 13 GW Kraftwerke vom Netz nehmen, in Deutschland stapeln sich die Schliessungsanträge), die Leute sind ja nicht dumm. Zweitens sollte aber diese Branche nicht gerettet werden. An ihr sollte schonungslos ein Exempel statuiert werden, um daraus zu lernen, hoffentlich. Die wenigen (war es nur einer?), die auf Seite linksgrün, geahnt und behauptet hatten, die Marktöffnung wäre der richtige Weg, haben voll und ganz recht behalten. Es wäre schön, wenn Hanspeter Guggenbühl das zur Kenntnis nehmen würde. Der richtige Weg wäre, die Axpos, Alpiqs, BKWs, Repowers, groupe es und Co. entweder konsequent zu verstaatlichen (Bsp. EWZ, IBW) und einer effektiven politischen Kontrolle zu unterwerfen, oder aber sie restlos und eindeutig zu privatisieren, um sie ebenfalls politisch im Zaun zu halten. Die Strom-AG im Besitz der öffentlichen Hand ist die Ursache des Scheiterns der CH-Strombranche.

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