Übergewichtig fettleibig

Junkfood gehört zu den wichtigen Ursachen dafür, dass zu viele Kinder fettleibig sind – mit lebenslangen Folgen. © Depositphotos

Weltweit zum ersten Mal mehr Fettleibige als Untergewichtige

Urs P. Gasche /  Betroffen sind vor allem Frauen und Männer mit niedrigem Einkommen und ihre Kinder. Sie sitzen zu viel und essen billigen Junkfood.

Jedes zehnte Kind im Alter von 5 bis 19 Jahren – 188 Millionen weltweit – leidet heute an Fettleibigkeit (BMI ≥30). Sie ist eine schwere Form von Übergewicht und führt zu einem höheren Risiko, Insulinresistenz und Bluthochdruck zu entwickeln, sowie zu lebensbedrohlichen Krankheiten im späteren Leben, darunter Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und etliche Krebsarten.

Im Vergleich zum Jahr 2000 ist der Anteil der untergewichtigen, meist unterernährten Kinder und Jugendlichen weltweit von fast 13 auf 9,2 Prozent gesunken. Doch noch immer ist weltweit fast jedes zehnte Kind untergewichtig oder mangelernährt.

Im gleichen Zeitraum hat sich der Anteil der fettleibigen Kinder und Jugendlichen von 3 Prozent auf 9,4 Prozent verdreifacht. Sie haben einen BMI von 30 und mehr.

Damit gibt es auf der Erde zum ersten Mal in der Geschichte mehr Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 19 Jahren, die fettleibig sind, als untergewichtige Kinder und Jugendliche. Das geht aus dem Bericht der Unicef vom 9. September 2025 zur weltweiten Ernährung von Kindern hervor. Der Bericht wertete Daten aus über 190 Ländern aus.

«Fettleibigkeit ist ein zunehmendes Problem, das sich auf die Gesundheit und Entwicklung von Kindern auswirken kann. Ultra-verarbeitete Lebensmittel ersetzen zunehmend Obst, Gemüse und Proteine. Das ist in einem Alter besonders problematisch, in dem die Ernährung eine entscheidende Rolle für das Wachstum, die kognitive Entwicklung und die psychische Gesundheit von Kindern spielt», erklärte Catherine Russell, Exekutivdirektorin des Kinderhilfswerks Unicef.

Besonders akut sei die Situation auf den Pazifikinseln, wo die traditionelle Ernährung durch billige, energiereiche importierte Lebensmittel verdrängt wurde. Aber auch Länder mit hohem Einkommen sind davon nicht ausgenommen: Insbesondere in Chile, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA seien überproportional viele Kinder und Jugendliche betroffen.

Laut Unicef-Bericht sind für das Ausbreiten der Fettleibigkeit starke kommerzielle Kräfte mitverantwortlich. Ultra-verarbeitete Lebensmittel und Fastfood, die reich an Zucker, Salz, ungesunden Fetten und Zusatzstoffen sind, würden die Ernährung von Kindern beeinflussen und würden aggressiv vermarktet.

In einer Unicef-Umfrage unter 64’000 jungen Menschen in 170 Ländern gaben drei von vier an, in der vergangenen Woche Werbung für zuckerhaltige Getränke, Snacks oder Fastfood gesehen zu haben.
Sechs von zehn sagten, dass die Werbung sie dazu veranlasst habe, die Produkte essen zu wollen. 

Diese Muster haben laut Unicef wirtschaftliche Folgen. Bis 2035 würden die weltweiten Kosten für Übergewicht und Fettleibigkeit voraussichtlich vier Billionen Dollar pro Jahr übersteigen. Allein in Peru könnten die durch Fettleibigkeit verursachten Gesundheitsprobleme über eine Generation hinweg mehr als 210 Milliarden Dollar kosten.

Wenigstens eine Zuckersteuer

Einige Regierungen ergreifen Massnahmen. Mexiko – wo zuckerhaltige Getränke und stark verarbeitete Lebensmittel 40 Prozent der täglichen Kalorienaufnahme von Kindern ausmachen – hat deren Verkauf in öffentlichen Schulen verboten und damit die Ernährungssituation von mehr als 34 Millionen Kindern verbessert.

Grossbritannien hat eine erfolgreiche Zuckersteuer eingeführt und erlaubt TV-Werbung für Süssigkeiten ab 2026 nur noch nachts. Auch andere Länder wie Belgien, Estland, Finnland, Frankreich, Ungarn, Irland, Lettland, Monaco, Norwegen, Polen, Portugal und Spanien erheben auf zuckerhaltigen Getränken eine Steuer.

Ecuador hat 2024 eine obligatorische farbcodierte Ampel-Kennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel eingeführt. In Europa ist eine Nutri‑Score-Kennzeichnung (Skala A bis E, grün bis rot) lediglich empfohlen.

Die Unicef fordert Regierungen auf, Lebensmittel deutlicher zu kennzeichnen, das Marketing für ultraverarbeitete Lebensmittel und Junkfood zu beschränken sowie Steuern auf ungesunde Produkte und Verbote von Junkfood in Schulen einzuführen.

Für die Unicef steht fest: «Jedes Kind hat das Recht auf nahrhafte und erschwingliche Lebensmittel.»

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