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«Wer bestellt, muss auch bezahlen» – die NZZ-Weisheit mag am Stammtisch zutreffen, aber nicht in der direkten Demokratie. © nzz.ch

So will die NZZ die 13. AHV-Rente finanzieren

Marco Diener /  Die NZZ macht sich über AHV-Finanzierungs-Vorschläge lustig – und sie macht sich dabei selber lächerlich.

Es hat ein bisschen gedauert. Aber jetzt hat auch die NZZ begriffen: «Man kann den Ausbau der AHV richtig oder falsch finden, das spielt keine Rolle mehr. Das Volk hat ihn beschlossen.»

Aber gleichzeitig fragt NZZ-Bundeshausredaktor Fabian Schäfer besorgt: «Wer soll das bezahlen?» Zwar liegen viele Vorschläge, wie die 13. AHV-Rente finanziert werden könnte, auf dem Tisch. Aber die NZZ lässt kein gutes Haar daran: «Die Vorschläge, die bis jetzt herumgeboten werden, sind überwiegend absurd bis unredlich. Angesichts der vielen sonderbaren Ideen aus allen politischen Lagern muss man sich ernsthaft Sorgen machen um die AHV.»

«Traumtänzereien, Zahlenzauber und Finanzvoodoo»

Und weiter schreibt die NZZ: «Es sind die vereinigten Illusionisten der Schweizer Politik, die zurzeit den Ton angeben. Von links bis rechts führen sie Traumtänzereien, Zahlenzauber und Finanzvoodoo auf, weil sie keine Lust haben, den Leuten reinen Wein einzuschenken.»

Das holt die NZZ nach: «Wer die AHV mit anderen Staatsaufgaben vergleicht, vergleicht nicht Äpfel mit Birnen, sondern Melonen mit Erbsen. Die Ausgaben des Sozialwerks stellen alles in den Schatten: wegen der absoluten Höhe, aber auch wegen des massiven Wachstums bis 2050. Heute gibt die AHV jährlich 50 Milliarden Franken aus, schon in zehn Jahren sind es über 70 Milliarden.»

«Die Idee ist einfach»

Und die NZZ hat auch gleich einen Vorschlag, wie die AHV zu retten wäre: «Die Idee ist einfach: Die Pensionierten sollten den Rentenzuschlag nicht automatisch erhalten, sondern nur, wenn sie es explizit wünschen. Die Ausgleichskassen müssten sie einmalig fragen, ob sie das zusätzliche Geld beziehen wollen oder nicht. In den Abstimmungsumfragen haben viele Befürworter erklärt, sie wollten nicht für sich selbst ja stimmen, sondern für sozial Schwächere, die das Geld bräuchten. Also ist es nur logisch, ihnen im Vollzug die Möglichkeit zu geben, unbürokratisch zu verzichten.»

Der NZZ ist offenbar klar, dass sich so die 13. AHV-Rente nicht finanzieren lässt. Sie schreibt jedenfalls: «Vermutlich würden nur die wenigsten davon Gebrauch machen. Doch die AHV kann jeden Franken brauchen. Und nur schon sozial- und politpsychologisch wäre es spannend zu erfahren, wie viele Pensionierte zugunsten der Allgemeinheit verzichten.»

Damit macht die NZZ klar, dass sie die Abstimmungs-Niederlage noch immer nicht verdaut hat. Was sie vorschlägt, ist blanker Unsinn. So liesse sich die 13. AHV-Rente nie finanzieren. Vielleicht wäre es klüger, sie würde sich ernsthaft mit angeblichen «Traumtänzereien, Zahlenzauber und Finanzvoodoo» «von links bis rechts» beschäftigen. So aber macht sie sich lächerlich.

«Wer bestellt, muss auch bezahlen»

Der Titel über dem Leitartikel lautet übrigens: «Wer bestellt, muss auch bezahlen.» Weil ältere Stimmberechtigte die 13. AHV-Rente stark befürworteten, sollen sie sich an der Finanzierung beteiligen, so die Idee von NZZ-Redaktor Fabian Schäfer.

«Wer bestellt, muss auch bezahlen» – am Stammtisch mag die NZZ-Weisheit zutreffen. Doch direkte Demokratie ist kein Stammtisch. In einer direkten Demokratie entscheidet eine Mehrheit. Und alle – auch die Unterlegenen – tragen den Entscheid solidarisch mit. Das müssten eigentlich auch die Leute auf der NZZ-Redaktion wissen. Sonst würden sie ja auch verlangen, dass reiche Bauern auf Direktzahlungen verzichten.

«Gefangen in einem Generationenvertrag»

Unermüdlich schreibt Schäfer gegen höhere Lohnabzüge an: «Gegenüber jüngeren Altersgruppen ist diese Art der Finanzierung unfair, weil sie die Hauptlast tragen müssen. Aber die Mehrheit hat entschieden. Die Jungen sind gefangen in einem Generationenvertrag, den sie nie unterschrieben haben.» Er ortet auch einen «Verstoss gegen die Generationengerechtigkeit». Und er findet: «Die Umverteilung (…) von Jung zu Alt läuft aus dem Ruder.»

Unversehens fragt sich der Leser, die Leserin: Haben die NZZ-Leute die Funktionsweise des Umlageverfahrens nicht verstanden? Seit es die AHV gibt, finanzieren die Werktätigen die Renten der Pensionierten. Bisher hat das stets ohne Murren funktioniert. Aber seit Beginn der Debatte um die 13. AHV-Rente versuchen verschiedene Medien – darunter die NZZ – einen Generationenkonflikt herbeizureden.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Zum Infosperber-Dossier:

Senioren Paar.monkeybusiness.Depositphotos

Die Zukunft der AHV und IV

Die Bundesverfassung schreibt vor, dass die AHV- und IV-Renten den Existenzbedarf angemessen decken müssen.

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10 Meinungen

  • am 24.03.2024 um 11:29 Uhr
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    «Gefangen in einem (Generationen-) Vertrag, den sie nie unterschrieben haben.» Ist doch ganz normal: Staatsbürger sind Rechtssubjekte, alle Bürgerpflichten machen Gefangene, jeder Staat macht Gefangene, liegt in der Natur des Gesellschaftsvertrages, ohne den es keine menschliche Gesellschaft geben kann. Jede Gesellschaft, bis hin zu Naturvölkern, hat ein System von Obrigkeit und Herrschaft, anders ist kein sozialer Friede möglich. Also was soll das Gejammer? Wenn sich die jungen Generationen sorgen um ihren Wohlstand, sollten sie besser die grünen Ideologien hinterfragen, welche ganze Volkswirtschaften ruinieren, ein Blick nach Deutschland offenbart die Illusion der grünen Wachstumsversprechen.

    • am 24.03.2024 um 22:48 Uhr
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      «Jede Gesellschaft, bis hin zu Naturvölkern, hat ein System von Obrigkeit und Herrschaft, anders ist kein sozialer Friede möglich.»
      Das ist so nicht richtig. Es gibt egalitäre Gesellschaften und Gruppen, die von «Herrschaftslosigkeit» geprägt sind. Dabei handelt es z.B. um Jäger und Sammler Gesellschaften wie die Hadza u.a..

  • am 24.03.2024 um 11:32 Uhr
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    Grundsätzlich zahlen nicht die Jungen die Alten. Die Wirtschaft ist da, um alle Bedürfnisse der Gesamtbevölkerung abzudecken. (AHV, IV, Löhne, u.s.w) Der Arbeitgeber ist der Konsument. Wenn nichts gekauft/gebraucht wird kann auch nichts verteilt werden.Die Frage ist an welcher Stelle man abschöpft.

  • am 24.03.2024 um 13:49 Uhr
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    Die aktuelle Diskussion um den sogenannten «Generationenvertrag» ist von einer ethischen Erbärmlichkeit und intellektuellen Dürftigkeit sondergleichen.
    Jede zivilisierte Gesellschaft und jede einigermassen funktionierende Volkswirtschaft beruht auf mehreren Generationenverträgen, bei denen wechselweise Nutzen und Lasten jeweils einer anderen Generation zugewiesen werden. So beruht etwa unsere Infrastruktur (im umfassenden Sinne verstanden, also die Sozialinfrastruktur ebenso einschliessend wie unsere politischen Institutionen etc.) auf Leistungen früherer Generationen.
    Es ist nicht nachvollziehbar, dass es sehr wohl als legitim erachtet wird, wenn beispielsweise Unternehmen in der Steuerpolitik oder Bauern in der Subventionspolitik ihre ökonomischen Interessen wahrnehmen, genau dies aber älteren Menschen als moralisch verwerflicher Egoismus ausgelegt wird.
    Die Schreibe von NZZ und anderen gegen die ältere Generation muss man deshalb als diskriminiernde Hetze bezeichnen.

    • am 25.03.2024 um 11:19 Uhr
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      Die NZZ vertritt ziemlich sicher nicht die Interessen der alleinerziehenden Mütter, welche auch zum Generationenvertrag gehören. Diese vertritt kaum jemand. Und diese Frauen sind am dringendsten auf eine 13. AHV-Rente angewiesen. Sie haben oft über Jahrzehnte einen grossen Einsatz für die Familie geleistet. Für die Alimente – von der sie in dieser Zeit gelebt haben – konnten sie keine AHV-Beiträge einzahlen. Die Kinderbeiträge sind meistens zu klein, um eine gute AHV-Rente zu generieren. Von der jahrelangen Überforderung haben die Frauen nicht die Kraft, sich für ihre Interessen zu wehren. Auch verfügen sie nicht – wie die Bauern – über grosse Traktoren, mit denen sie sich eindrucksvoll in Szene setzen können.
      Ja – und kurz nach der Abstimmung über die 13. AHV-Rente will der Kanton St.Gallen bereits, die Ergänzungsleistungen kürzen.
      Wie auch immer die 13. AHV-Rente finanziert wird, das Stimmvolk hat klar gesagt, dass das Sparen auf Kosten der Alten aufhören muss.

  • am 24.03.2024 um 20:02 Uhr
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    Mit dieser Initiative hat das Stimmvolk die Katze im Sack angenommen. Die Gegner haben schon vor der Abstimmung davor gewarnt! Ich weis nicht warum jetzt von links bis rechts gemurrt wird. Die Lohnabzüge müssen erhöht werden bis die Initiative finanziert ist zusätzlich kommt noch das bereits bestehende Finanzierungsloch das auch gestopft werden muss. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer trifft am meisten die, die sowieso nicht genug haben. Darum bin ich dafür, dass die Lohnabzüge erhöht werden, da bezahlen alle nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen. Eine Lösung wie es die NZZ vorsieht kann man ja probieren das kostet ja nichts und jede gesparte Rente ist schon verdient.

  • am 24.03.2024 um 20:15 Uhr
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    Wozu die ganze Aufregung? Mattea Meyer hatte uns vor der Abstimmung unermüdlich versichert, das Geld sei vorhanden, wir könnten guten Gewissens zustimmen. Ist denn jetzt das Geld plötzlich nicht mehr vorhanden?

  • am 24.03.2024 um 20:26 Uhr
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    Das war eine schwache Leistung der NZZ. Freiwilliger Verzicht auf AHV-Leistungen? Dies tun ja verheiratete Ehepaare schon seit dem Jahr 2001 als die Rentenplafonierung (150 Prozent statt 200 Prozent) eingeführt wurde.
    Freiwilliger Verzicht auf die AHV? Diese Vorschlag ist anmassend.
    Keine Überlegungen in diesem Artikel der NZZ in Bezug auf das Gesamt-Bundesbudget. Rund 70 Prozent sind sog. «gebundene Ausgaben», diese «heiligen Kühe» müssen endlich geschlachtet werden. Und nun muss auch die Erkenntnis zur Tatsache werden, dass die Schuldenbremse nicht generell für alle Bundesausgaben gelten kann. Auf jeden Fall nicht für die Sicherheitspolitik, denn damit schafft sich die Schweiz gleich selbst ab.

  • am 24.03.2024 um 20:59 Uhr
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    Warum überrascht mich und viele anderen nicht, dass die NZZ so plump reagiert und immer noch der Niederlage zur Abstimmung hinterher heult. Nun ja wie man weiss, ist und war schon immer die NZZ nicht die Zeitung der normal arbeiteten Bevölkerung, sondern war immer das Sprachrohr der Wirtschaft- und Politiker Elite. Das hat sich schon längst herum gesprochen. Und zum Vorschlag der NZZ: Wenn es nicht zu heulen wäre müsste man lachen.

  • am 25.03.2024 um 14:17 Uhr
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    Dass ein Schreiberling der rechtskonservativen NZZ, die sich gerne als «liberal» bezeichnet, die AHV nicht gut findet, dürfte jedem klar sein. Aber ich frage mich warum dieser witzige Jünger der St. Galler Wirtschaftsschmiede sich nicht auf die zweite uneffiziente Säule stürzt um diese zu kürzen, deren Renten laufend gekürzt und die Beiträge erhöht werden, bleibt sein Geheimnis. – Aber hoppla, da fällt mir auf, dass halt die Pensionskassen das Steckenpferd der neoliberalen Elite darstellt, mit dem man den Leuten gar «gäbig» die Fränkli aus der Lohntüte ziehen kann und schon löst sich ein Rätsel. Die NZZ soll doch noch ein wenig heulen, das nächste Fanal wartet bereits mit der Abstimmung im nächsten Juni über die Krankenkassenprämien. Falls auch die Initiative der Sozen angenommen wird, erscheint die NZZ im Trauerflor und das ist gut so!

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