Altersvorsorge: Die 2.Säule trägt nicht mehr
Wie immer zum Jahresende sind die Zeitungen voll mit Steuertipps zur 2. Säule. Diese war eigentlich als Instrument zur Altersvorsorge gedacht. Doch schon ein kurzer Blick auf die Statistik der Neurenten zeigt, dass sie diese Aufgabe immer weniger erfüllt.
Weniger Neurentner
Zunächst fällt auf, dass 2024 nur 42‘221Schweizer neu eine BVG-Rente bezogen haben. Das sind gut 4000 weniger als vor zwei Jahren und bei weitem nicht halb so viele wie die 104‘242 neu dazu gekommenen AHV-Rentner. Auch die neu ausbezahlen Renten sind deutlich geschrumpft: 2024 haben 50% aller Neurentner weniger als 1643 Franken kassiert. Sieben Jahre zuvor lag dieser Betrag noch bei 1800 Franken. Berücksichtigt man die Teuerung, ist das eine Einbusse von rund 15% oder fast zwei Monatsrenten.
Ungleiche Verteilung der Renten
Kommt dazu, dass diese schwindenden Renten sehr einseitig verteilt sind. Sie fallen stark überwiegend dort an, wo eh genug Geld vorhanden ist, und sie fehlen dort, wo es dringend gebraucht würde. Die ärmsten 20% der Rentnerpaare kassieren nur rund 2.5 Prozent aller PK-Renten, während das reichste Fünftel fast 15mal mehr einstreicht. Auch punkto Mann und Frau ist die Schieflage beschämend. Bei den Frauen liegt die Medianrente (50% erhalten mehr, 50% weniger) bei rund 1200 Franken gegenüber 2000 Franken bei den Männern. Darüber hinaus ist ihre Chance, überhaupt eine BVG-Rente zu ergattern, rund 25% geringer. Kleiner Trost: Die BVG-Renten der Frauen schrumpfen langsamer als die der Männer.
Kapitalbezüge legen massiv zu
Während die PK-Renten geschrumpft sind, sind die Kapitalauszahlungen rasant gestiegen. Wurden 2017 noch insgesamt 153’000 Kapitalbezüge von Pensionskassen und von der Säule 3a ausgezahlt, so waren es 2024 bereits rund 230’000. Davon entfielen 78’000 im Gesamtwert von 18,2 Milliarden auf die Pensionskassen und rund 152’000 Auszahlungen im Wert von etwa 19 Milliarden auf die Säule 3a. Damit dürften die Kapitalbezüge letztes Jahr erstmals die rund 33 Milliarden Rentenbezüge überschritten haben.
Männer beziehen im Schnitt doppelt so viel wie Frauen
Auch bei den Kapitalbezügen liegen die Männer mit durchschnittlich 312’000 Franken weit vor den Frauen mit 143’000 Franken. Wie sich diese Bezüge auf die Einkommensklassen verteilen, ist nicht bekannt. Aber es ist klar, dass die Verteilung noch viel einseitiger ist als bei den Renten. Bezüger von kleinen Renten im Rahmen des Obligatoriums haben in der Regel gar nicht die Möglichkeit, sich das Kapital oder Teile davon auszahlen zu lassen. Und sie haben auch kein Interesse, es zu tun, denn sie profitieren von einem Umwandlungssatz von 6,8%. So gut könnten sie ihr Geld gar nicht anlegen.
Vehikel fürs Steuern-Sparen
Für die reiche Oberschicht hingegen ist die Sache klar: Sie durften im Verlauf ihres Berufslebens PK-Beiträge von maximal 907’200 Franken Jahreseinkommen von den Steuern abziehen, und sie können (nach Lohnerhöhungen) maximal 4,5 Millionen steuerbefreit in die Pensionskassen nachzahlen. Diese Möglichkeiten haben sie genutzt – und entsprechende Altersguthaben aufgebaut. Nach der Pensionierung haben sie absolut kein fiskalisches Interesse, dieses Kapital in eine Rente umzuwandeln. Sie müssten auf dem entsprechenden (zusätzlichen) Einkommen typischerweise rund 30% Steuern zahlen. Lassen sie sich hingegen das Kapital auszahlen, kostet sie das etwa in Zürich bloss 6,1 und in Zug 5,2% Steuern.
Steuerverlust für die Staatskasse
Bezogen auf die oben geschätzten gut 37 Milliarden Kapitalauszahlungen kostet dieser Steuertrick den Staat 7 bis 10 Milliarden Franken jährlich. Damit könnte man dem ärmsten Viertel der Rentner die AHV-Rente um monatlich gut 1000 Franken aufstocken, und damit etwas für das tun, wofür die 2. Säule ursprünglich mal gedacht war. Die neueste Entwicklung zeigt, dass sie stattdessen immer mehr zum steuerlich geförderten Spartopf für die Reichen wird. Dieser Topf ist per Ende 2024 auf 1550 Milliarden angeschwollen und dürfte inzwischen die Grenze von 1600 Milliarden überschritten haben. Das ist fast das Doppelte des Bruttosozialprodukts. Während dieser Elefant immer dicker wird, fällt die Maus, die er gebiert, immer kleiner aus. Zum Glück gibt es noch die AHV. Trotz ihren bloss gut 50 Milliarden Kapital wird sie immer mehr zur letzten – auch für Normalbürger tragfähigen – Säule der Altersvorsorge.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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