Enzyklopdie1772

Die enthüllte Wahrheit im Kreis der Künste und Wissenschaften © Enzyklopädie 1772

Aufklärung statt Kulturkampf, Herr Freysinger

Kurt Marti /  Nicht nur für die Muslimen ist die Aufklärung eine grosse Herausforderung, sondern auch für Oskar Freysinger und das Wallis.

Frank A. Meyer, Ringier-Projektleiter für politische Aufklärung, machte in einer Kolumne im SonntagsBlick vom letzten November ausgerechnet den rechtskonservativen Walliser SVP-Staatsrat Oskar Freysinger zum Kronzeugen der Aufklärung wider den Islam. Dabei zitierte Meyer aus der von ihm als «intelligent» beurteilten Rede, die Freysinger vor der rechtspopulistischen Partei «Alternative für Deutschland» (AfD) gehalten hatte:

«Da kommt ein Mensch zu uns, der von Kindesbeinen an gelernt hat, sich einem göttlichen, direkt vom Paradies auf seinen Propheten niedergegangenen Gesetz zu unterwerfen – und wir verlangen von ihm, dass er diesem weniger Wert beimessen soll als unseren fluktuierenden, von Menschen verfassten Gesetzen. Wen wunderts, wenn er mit Unverständnis reagiert.

Sein Bild der Frau, des Staates, sein Konzept von religiöser Toleranz, von Erziehung, von Justiz – er muss alles in Frage stellen und sich mit völlig neuen Wertvorstellungen identifizieren, die ihm einerseits Grenzen auferlegen und andererseits Freiheiten aufdrängen, die er gar nicht will und die ihn verunsichern. Seine Situation wird dadurch völlig paradox. Mit einem Bein steht er in der Moderne; mit dem anderen ist er irgendwo zwischen der Antike und dem Mittelalter stecken geblieben.»

Freysinger und Meyer spielen damit auf die historische Tatsache an, dass die islamischen Gesellschaften keine Aufklärung wie im abendländischen Raum durchlaufen haben und folglich die Muslimen schwer kompatibel mit den Errungenschaften der Aufklärung wie Rechtstaat und Demokratie, Menschenrechte und Wissenschaften seien. Doch wenn Freysinger stolz mit dem Zeigefinger auf den rückständigen Islam zeigt und von den muslimischen MigrantInnen – ganz zu Recht – ein Bekenntnis zu den Werten der Aufklärung fordert, weisen gleichzeitig drei Finger auf ihn selbst zurück. Denn das unvollendete Projekt der Aufklärung fordert nicht nur die Muslime, sondern auch alle Freysingers innerhalb der SVP sowie das Wallis, wie hier gezeigt werden soll.

Aufklärung gegen die katholische Indoktrination

«Sapere Aude!» («Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!») lautete der Leitspruch der Aufklärung, die vor rund 300 Jahren endlich Licht ins Dunkel des christlichen Abendlandes zu bringen begann, nachdem ein tausendjähriger Schatten über Europa lag, bedingt durch den Einfluss der katholischen Kirche. Gegen die katholische Indoktrination setzten die Philosophen der Aufklärung die Kraft der menschlichen Vernunft und legten dadurch die Basis für das Zeitalter der Wissenschaften und Technik, aber auch der Demokratie und des Rechtsstaats. Allen voran der Philosoph Immanuel Kant. Auf die Frage «Was ist Aufklärung?» antwortete er:

«Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschliessung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.»

Damit setzte Kant einen Stachel ins Fleisch der christlichen Religionen, welche sich hartnäckig dagegen wehrten, wie das Beispiel des Kantons Wallis seit der Gründung des Bundesstaats 1848 immer wieder zeigt und damit den aufklärerischen Nachholbedarf vor Augen führt.

Bericht der Arbeitsgruppe bleibt geheim

Kurz vor Weihnachten haben der Walliser Erziehungsminister Oskar Freysinger und der Bischof von Sitten Jean-Marie Lovey sowie Beat Abegglen, Präsident des Synodalrats, eine unzeitgemässe Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Walliser Schule und den beiden anerkannten Kirchen unterzeichnet. Darin fallen drei Punkte auf, die dem Geist der Aufklärung offensichtlich widersprechen:

  • Die Geheimhaltung des Berichts der Arbeitsgruppe
  • Die Mitsprache des Bistums bei der Wahl von Lehrpersonen
  • Die historische und gesellschaftliche Einbettung der Vereinbarung

Die Vereinbarung stützt sich auf den Bericht einer Arbeitsgruppe. Doch dieser Bericht ist geheim. Auf Anfrage von Infosperber erklärte der Kantonssprecher: «Der Bericht einer Arbeitsgruppe ist ein internes Arbeitsinstrument. Er dient der Vorbereitung einer Thematik und trägt zur Entscheidungsfindung bei.» Das Öffentlichkeitsprinzip war eine wesentliche Forderung der Aufklärung und ist zudem im kantonalen Öffentlichkeitsgesetz seit acht Jahren festgeschrieben.

Doch im Departement von SVP-Mann Freysinger, der gegenüber den Muslimen die Werte der Aufklärung einfordert, ist es offenbar toter Buchstabe geblieben. Bekanntlich war Freysinger als Staatsrat mit dem aufklärerischen Pathos angetreten, den CVP-Filz zu bekämpfen und ist in dessen Sumpf stecken geblieben (siehe Infospeber: «Oskar Freysinger bleibt im CVP-Sumpf stecken»).

Mitsprache des Bistums bei der Wahl von Lehrpersonen

Obwohl die Vereinbarung im Einklang mit den Satzungen der Aufklärung festhält, dass die Kompetenzen der Kirche und des Staates «unterschiedlich und klar voneinander abgegrenzt» sind und obwohl der Anteil der Religionslosen und Andersgläubigen auch im Wallis stetig zunimmt, beharren Kanton und Kirchen weiterhin auf dem christlichen Religionsunterricht als Teil des ordentlichen Stundenplans. Im Widerspruch zur Aufklärung, die eine Trennung von Kirche und Staat forderte.

Doch das ist längst nicht alles, was Freysinger und der Bischof von Sitten gegen die grundlegenden Forderungen der Aufklärung anzubieten haben. In der Vereinbarung wird erstaunlicherweise vorgeschrieben, dass auch die Lehrpersonen für das konfessionsneutrale Fach «Ethik, Religion und Gemeinschaft» (ERG) auf der Sekundarstufe vom Bischof abgesegnet werden müssen:

«Bei der Wahl der Lehrpersonen für das Unterrichtsfach ‚Ethik, Religionen und Gemeinschaft‘ wird die Kirche zurate gezogen. Bevor diese Lehrpersonen vom Departement gemäss dem gängigen Verfahren eingestellt werden, müssen sie von ihrer jeweiligen kirchlichen Behörde eine Genehmigung erhalten.»

Kurioserweise gilt diese Regelung nur im Unterwallis. Aufgrund von «religionskulturellen Unterschieden» in beiden Kantonsteilen, wie es in einer Fussnote heisst.

Inakzeptable Bevormundung auch der Mittelschulen

Selbst an den Walliser Mittelschulen muss laut der Vereinbarung bei der Wahl der Lehrpersonen für das Fach Religionswissenschaft «die Kirche zurate gezogen» werden:

«Bevor diese Lehrpersonen vom Departement gemäss dem gängigen Verfahren eingestellt werden, müssen sie von ihrer jeweiligen kirchlichen Behörde eine Genehmigung erhalten.»

Nota bene: Die Fächer Ethik und Religionswissenschaft umfassen alle Religionen. Die Ethik ist ein Teilgebiet der Philosophie und die Religionswissenschaft ist, wie der Name klar und deutlich ausdrückt, eine Wissenschaft. Beides sind keine Glaubenslehren. Eine solche Einflussnahme der Kirche ist in einem säkularen Staat inakzeptabel und ein sträflicher Rückfall in voraufklärerische Zeiten.

Wie unzeitgemäss und zurückgeblieben eine solche Regelung ist, zeigt ein Blick in die Walliser Geschichte: Bereits im Jahr 1840 hat die damalige liberale Walliser Regierung ein fortschrittliches Schulgesetz vorgelegt, das die Einflussnahme des Bischofs auf den säkularen Unterricht ausschloss. Zwar stimmte der Grosse Rat dem Gesetz zu, doch das Stimmvolk liess sich – unter der Propaganda der katholischen Kirche – in seiner «selbstverschuldeten Unmündigkeit» konservieren. Heute – also 176 Jahre später – setzt der Kulturkämpfer Freysinger diese katholische Tradition fort.

Selbstherrliche Umkehrung der Wertehierarchie

Mit der Wahl der Lehrpersonen für das Fach ERG erdreistet sich die katholische Kirche mit Freysingers Segen, nicht nur über die christliche Ethik zu gebieten, sondern auch über die Ethik der Religionslosen und der anderen Religionen, aber auch über die säkulare, philosophische Ethik. Mit dieser selbstherrlichen Umkehrung der Wertehierarchie einer säkularen Gesellschaft setzt der Kanton Wallis und das Bistum Sitten die christliche Moral über jede andere Moral, also auch über die säkularen Werte der Aufklärung.

Im Unterrichtsgesetz aus dem Jahr 1962 finden die christlichen Vordenker ihre zweifelhafte Legitimation. Dieses verlangt die Erziehung der SchülerInnen als «Mensch und Christ», im klaren Widerspruch zur Glaubens- und Gewissensfreiheit in der Bundesverfassung und als Aufforderung zur Bekehrung der Muslime und der Religionslosen.

Psychogramm des Wallisers des 19. Jahrhunderts

Freysinger lieferte in seiner Rede vor der rechtskonservativen «Alternative für Deutschland» mit seiner Charakterisierung der einwandernden Muslime gleichzeitig ein treffendes Psychogramm des rückständigen Wallisers des 19. Jahrhunderts und weit darüber hinaus: Dieser hatte tatsächlich «von Kindsbeinen an gelernt», sich einem «göttlichen Gesetz zu unterwerfen». Als Folge der Aufklärung wurde er mit «von Menschen verfassten Gesetzen» konfrontiert, mit «völlig neuen Wertvorstellungen» zum Bild der Frau, des Staates und mit dem «Konzept der religiösen Toleranz». Es war also kein Wunder, wenn der Walliser «mit Unverständnis» darauf reagierte und die neuen Freiheiten, «die er gar nicht wollte», ihn «verunsicherten». Mit einem Bein stand er «in der Moderne»; mit dem anderen war er «irgendwo zwischen der Antike und dem Mittelalter stecken geblieben.»

Von der katholischen Kirche zur Unmündigkeit degradiert, liess er sich durch die bischöfliche Kriegstreiberei zum Sonderbundskrieg hinreissen. Nach verlorener Schlacht schickte er mehrmals die Bundesverfassung in hohem Bogen bachab, weil sie auf den Werten der Aufklärung gründete und deshalb die Macht der katholischen Kirche und des katholisch-konservativen Filzes beschnitt. Auf Geheiss des Bischofs wurden die liberalen, aufklärerischen Kräfte nach kurzem Zwischenspiel abgewählt und ein katholisch imprägniertes Regime errichtet, dass mehr als 150 Jahre überdauerte.

Kosmetische Kur für die historischen Fakten

Des Weiteren wurden die Schulgesetze und die Lehrpläne von den Katholisch-Konservativen auf Katholizismus und Katechismus getrimmt. Die Folge war ein marodes Schulsystem, das der Historiker Arthur Fibicher im Band 3.1 der «Walliser Geschichte» eindrücklich beschreibt. Beispielsweise im Jahr 1876 musste die Hälfte aller Walliser Rekruten zur Nachschulung antraben, die von der Eidgenossenschaft befohlen wurde.

Es ist verblüffend festzustellen, wie der Bischof von Sitten und Erziehungsminister Freysinger in der Präambel zur neuen Vereinbarung die unrühmlichen historischen Fakten einer kosmetischen Kur unterwerfen. Die katholische Kirche habe in der Vergangenheit im Walliser Schulsystem «eine herausragende Rolle gespielt». Die Zusammenarbeit sei «besonders offenkundig und effizient» gewesen und habe zum «allgemein anerkannten hohen Niveau unseres heutigen Schulwesens» geführt.

Das Märchen von den christlichen Werten

Auch die christlichen und die aufklärerischen Werte bringen die beiden Kulturkämpfer ganz ordentlich durcheinander, um das «christliche Erbe» zu behaupten:

«Die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat hat zum Ziel, den beständigen und uneingeschränkten Humanismus an der Schule zu fördern und den Schülerinnen und Schülern, eine ganzheitliche Bildung, die auf Wissen, Kultur und christlich inspirierten Werten basiert, zu bieten. Dieses Vorgehen achtet die Persönlichkeit, Meinung, das Gewissen, die Grundfreiheiten sowie das kritische Denken jeder Schülerin und jedes Schülers.»

Einmal mehr wird hier das Märchen von den christlichen Werten aufgetischt, das heisst die Errungenschaften der Aufklärung auf die Fahne der Kirche geschrieben. Wissen, Bildung, Meinungsfreiheit, Grundfreiheiten und kritisches Denken sind die Werte der Aufklärung und sie wurden im blutigen Kampf gegen die Kirche erstritten. Von den plakativ angesprochenen «christlich inspirierten Werten» nennt die Vereinbarung wohlweislich keinen einzigen.

Warum eigentlich nicht? Es sind doch die fundamentalistischen, christlichen Werte der katholischen Kirche, der SVP und deren Sympathisanten: Verbot der Abtreibung; Diskriminierung der Homosexuellen, der Frauen und der Geschiedenen; kein Sex vor der Ehe; Verbot der Masturbation; Einschränkung des schulischen Sexualunterrichts und dergleichen mehr. Werthaltungen, die nicht nur gegen die Aufklärung gerichtet sind, sondern auch gegen den demokratischen Rechtsstaat, den Freysinger und Konsorten so gerne im Munde führen.

Wahlverwandtschaften der Sexualmoralisten

Was besonders ins Auge sticht:

  • Alle diese «christlichen Werte» haben eines gemeinsam: Sie betreffen die Sexualität, mit der ein Teil des Klerus grosse Mühe bekundet, wie die Missbrauchs-Skandale der letzten Jahre zeigen.
  • Auch die erzkonservativen Piusbrüder, deren Zentrum in Ecône nahe bei Sitten steht und die gut mit dem CVP- und SVP-Filz verbandelt sind, propagieren diese «christlichen Werte». Der Gründer der Piusbruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre, erklärte 1985 in einem Schreiben an Papst Johannes Paul II. die Juden, Kommunisten und Freimauer zu Feinden der katholischen Kirche. Gleichzeitig sympathisierte er mit den katholischen Diktatoren Franco und Pinochet, aber auch mit Jean-Marie Le Pen, dem Chef des Front National, wie die New York Times an seinem Todestag schrieb. Logischerweise bezeichnete er die Erklärung der Menschenrechte als «gottlos» und «gotteslästerlich» und flehte die «allerseligste Jungfrau Maria» an, dem Papst «ihren Geist der Weisheit mitzuteilen, um dem Einbruch des Modernismus in das Innere der Kirche ein Ende zu setzen».

Aufklärung statt Kulturkampf lautet die Devise

Die neuste Vereinbarung zwischen Kirche und dem Kanton Wallis muss in diesem rechtskonservativen Kontext gelesen werden. SVP-Staatsrat Freysinger ist ein begabter Wahlkämpfer und hat schnell gemerkt, dass sich daraus politischer Profit ziehen lässt. Im «Walliser Boten» (WB) vom 15. Dezember 2015 liess er sich wie folgt zitieren:

«Die jungen Menschen von heute dürstet nach Spiritualität. Diesen Durst können die öffentlich-rechtlichen Kirchen stillen. Es ist wichtig, dass in der Schule christliche Werte vermittelt werden. Ansonsten geht bei der Jugend das Verständnis für die christlich geprägte Kultur verloren. Wenn dies die Kirchen nicht mehr tun, werden das andere Gruppen oder Vereinigungen übernehmen, die gefährlich werden könnten.»

«Mit «gefährlichen Gruppen» meinte Freysinger laut WB auch «fundamentalistische Strömungen aus dem Islam». Freysinger und rechtskonservative Kräfte in der SVP begnügen sich nicht mit ihrer eintönigen, ausländerfeindlichen Politik, sie möchten auch einen Kulturkampf zwischen Christentum und Islam entfachen. Dabei ignorieren sie, dass ein friedliches Zusammenleben der Religionen letztlich nur unter dem gemeinsamen Dach der Aufklärung möglich ist. Und deshalb müssen in einem säkularen Staat die Werte der Aufklärung über den Religionen stehen. Aufklärung statt Kulturkampf lautet die Devise.

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10 Meinungen

  • am 15.01.2016 um 14:41 Uhr
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    Bei der Schlacht in Marignano bot Kardinal Schiner seinen Kämpfern 800 Jahren Befreiung des Fegefeuers an. Heute schlucken die katholischen Frauen Jahr für Jahr die Pille und singen während des Weihnachtsfestes Ihr Kinderlein kommet…Die unbefleckte Empfängnis ist mir zu wenig. Ich tendiere mehr auf den Islam da gibt es wenigstens 72 Jungfrauen.

  • ToniKoller
    am 16.01.2016 um 01:38 Uhr
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    Zwar zähle ich mich nicht zu den «Christen» – finde aber doch, dass Kurt Marti hier mit dem christlichen Vermächtnis etwas hart umspringt. Es gibt durchaus auch aufklärerische Werte, die vom Christentum (mit)befördert werden: zuvorderst das Gebot der Nächstenliebe. Nicht von ungefähr sind es oft christlich-religiöse Kreise, die sich an vorderster Front für das Wohl und den Schutz von Flüchtlingen stark machen. «Kirchenasyl» heisst das Stichwort dazu. Auch die christliche Soziallehre in neuerer Ausprägung (sogar die katholische) enthält einiges, von welchem man froh wäre, die SVP würde sich daran orientieren …

  • am 16.01.2016 um 18:29 Uhr
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    Die liberalen Ideen der Aufklärung fanden beispielsweise bei den Gläubigen der katholischen Kirche erst sehr spät, nämlich mit dem 2. Vatikanischen Konzil – zweite Hälfte der 1960er-Jahre – Eingang in ihr Denken.

  • am 17.01.2016 um 14:22 Uhr
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    Sehr schön, wie Sie Herrn Freysinger die Leviten lesen, Herr Marti!
    Zu bemerken gibt es vielleicht, dass nicht nur die immer wieder zitierten christlichen Werte ein Märchen sind, sondern auch die stets wieder gehörte Behauptung, dem Islam fehle die Aufklärung. Im Islam hat es keine flächendeckende Säkulariserungsbewegung gegeben, weil sowohl Sakrales und Säkulares bereits nebeneinander existierten. Dies im Gegensatz zum Christentum, das nach dem Untergang der antiken Kultur quasi zum Zusammenbruch von Bibliotheken und Schulsystem, Wissenschaft und Philosphie geführt hatte. Oft geht vergessen, dass die islamische Wissenskultur der westlichen oder überhaupt der ausserislamischen deshalb sehr lange Zeit weit überlegen war. Dass es zu den heutigen Zuständen kommen konnte, ist der Westen durch seine Politik im Orient leider auch wieder zumindest mitschuldig.

  • am 18.01.2016 um 18:08 Uhr
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    Ja, richtig: Teile des Wallis im Allgemeinen und Herrn Freysinger im Speziellen könnten ein wenig Nachhilfe in Aufklärung sehr gut gebrauchen!

    Das ändert nichts daran, dass das selbe auch für beträchtliche Teile des Islams zutrifft.

  • am 18.01.2016 um 23:24 Uhr
    Permalink

    Daniel, dann schicken Sie mir bitte diese Nachhilfe oder zumindest der Ort wo ich ein Kredit bekommen kann, damit ich diese Nachhilfe erwerben kann.

  • am 19.01.2016 um 20:49 Uhr
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    Was für ein gespaltener Mensch muss Herr Freysinger sein, wenn er einerseits Herkunft und Seinsweise des Muslims so treffend beschreibt und anderseits Vereibarungen mit einem Bischof trifft, die klar gegen das Gesetz der Gewaltentrennung verstossen. Islam im Wallis? Möchte Herr Freysinger dort nicht aufklären?
    Eine Klage bei Bundesgericht ist fällig…

  • am 19.01.2016 um 22:11 Uhr
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    @Albrecht Marco
    Haben Sie diese Aufklärung überhaupt nötig?
    Mit «Teile des Wallis» meine ich nicht etwa das ganze Unterwallis oder so. Ich meine einen Teil der Bevölkerung, welcher es unterstützt, dass die Kirche an der Schule einen ungebührlichen Einfluss nehmen kann.

  • am 30.01.2016 um 03:46 Uhr
    Permalink

    Die „Aufklärung“ ist eine Erscheinung speziell des christlichen Abendlands, die sich nicht so einfach auf andere Religionen und Kulturkreise übertragen lässt. Der Islam bedarf nicht der Aufklärung nach abendländischem Verständnis, sondern ist selbst bereits Aufklärung. An zahlreichen Stellen fordert der Koran dazu auf, seinen Verstand zu gebrauchen und nicht unreflektiert die Bräuche und Glaubenslehren seiner Vorfahren zu übernehmen. Der Gebrauch des Verstandes und die Auseinandersetzung mit den Argumenten des Korans führt dann zum Glauben an den einen Gott als Schöpfer und Herrn der Welt und darauf aufbauend zum Glauben an die Gottesgesandten und Propheten, woraus sich das Weitere ergibt. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann sind es die Authenzität der außerkoranischen Überlieferungen und die Interpretationen und Meinungen der Gelehrten, nicht jedoch die Grundlagen der Religion.

  • am 30.01.2016 um 19:03 Uhr
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    @ Frank Bubenheim
    Aufklärung ist nichts spezifisch abendländisches. Aufklärung heisst, seinen Verstand zu gebrauchen.

    Aber wie? Für aufgeklärtes Denken ist zentral, dass das Resultat nicht von aussen vorgegeben werden darf. Weder von einem heiligen Buch, noch vom Papst, noch vom Zentralkomitee einer Partei. Im islamischen Raum hat es sehr wertvolle Beiträge zur Aufklärung gegeben! Ihr Resultat war aber nicht in allen Fällen eine Bestätigung von Koranversen. Aufgeklärte islamische Denker gibt es noch heute, doch sind sie eine Minderheit und haben zur Zeit einen schweren Stand.

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