Sperberauge

Grundeinkommen: Bürgerliche torpedieren einen Versuch

Sperber Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKeine © Bénédicte Sambo

Red. /  Ein erster realer Mini-Test mit einem bedingungslosen Grundeinkommen in Finnland wird schon Ende 2018 ohne Resultat abgebrochen.

Seit Anfang 2017 erhalten 2000 zufällig ausgewählte arbeitslose Finnen – statt ein Arbeitslosengeld – ein bedingungsloses Grundeinkommen von monatlich rund 660 Franken (560 Euro). Der Test sollte zeigen, ob Arbeitslose vermehrt kleine bezahlte Arbeiten annehmen, wenn sie deswegen nicht weniger Arbeitslosengeld erhalten.
Die von der bürgerlichen Zentrumspartei dominierte Regierung Finnlands wollte dem Experiment von Anfang an keine Chance geben. Wissenschaftler kritisierten, dass lediglich 2000 Frauen oder Männer einbezogen wurden und dass das Grundeinkommen nur für Arbeitslose getestet werden sollte.
Jetzt hat die bürgerlich dominierte finnische Regierung beschlossen, das Experiment vorzeitig Ende 2018 zu beenden. Vergeblich hatte die Grüne Partei eine Fortführung des Versuchs mit 10’000 Personen verlangt. Der Leader der rechtsextremen Finns Party, Jussi Halla-aho, begrüsste den Entscheid: «Die beste Sozialversicherung ist Erwerbsarbeit». Aber auch der Führer der Sozialdemokraten, Antti Rinne, meinte schon letztes Jahr: «Ich brauche kein bedingungsloses Grundeinkommen, denn ich beziehe einen guten Lohn. Und sollte ich je arbeitslos werden, kann ich von der Arbeitslosenkasse profitieren.»

Es gehe jedoch längst nicht nur um Arbeitslose, erklären Antti Jauhiainen und Joona-Hermanni Makinen vom finnischen Think Tank Parecon in der New York Times. Unter den Finninnen und Finnen im Alter von 15 bis 74 seien nur 34 Prozent erwerbstätig. Unter den Nicht-Erwerbstätigen seien Arbeitslose eine kleine Minderheit. Die Mehrheit bestehe aus StudentInnen, Erziehenden, Invaliden und SeniorInnen. Diesen würde ein bedingungsloses Grundeinkommen erlauben, gesellschaftlich dabei zu sein.
Die beiden Autoren des Buchs «The Welfare State Strikes Back» plädieren für einen umfassenderen Versuch, der die meisten Gruppen der Nicht-Erwerbstätigen sowie auch Erwerbstätige einbeziehe.

Studenten würden bereits heute von einem bedingungslosen Einkommen profitieren. Sie bekämen monatlich 500 Franken vom Staat und müssten keine Studiengebühren zahlen.
Auf keinen Fall könne man aus dem laufenden Mini-Test schliessen, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen versagt habe.
Am 5. Juni 2016 hatten die Schweizer Stimmbürgerinnen und -bürger über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommen abgestimmt. Die Initiative wurde mit 76,9 Prozent der Stimmen bachab geschickt, kein einziger Kanton stimmte dafür.

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4 Meinungen

  • am 8.05.2018 um 12:34 Uhr
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    Ja, die «Bürgerlichen» drehen eben durch, weltweit, wie Helmut Hubacher kürzlich schrieb. Arbeit besteuern, die es nicht mehr gibt; produzieren und konsumieren auf Teufel komm raus, mit sinnlosem Wachstum immer tiefer in die Sackgasse. Und jeden vernünftigen Lösungsvorschlag sabotieren. Zum Beispiel den von Götz Werner, Mathias Weik, Marc Friedrich in «Sonst knallt’s». Zuerst das Steuersystem korrigieren und dann den Grundlohn einführen. Sonst knallt’s und die Bürgerlichen werden dabei sein, aber nicht mehr auf der guten Seite!

  • am 8.05.2018 um 18:36 Uhr
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    Dabei ist ein bedingungsloses Grundeinkommen eigentlich das beste Mittel um hochangesehene Ausbeuter wie Amazon usw. im Zaun zu halten. Ich könnt dann einfach sagen: «Nein, für diese Schmarotzer arbeite ich nicht!"

  • am 9.05.2018 um 14:45 Uhr
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    Neoliberaler Kahlschlag
    Butterwegge: Grundeinkommen wäre Ende des Sozialstaats

    https://www.3sat.de/page/?source=/makro/magazin/doks/189268/index.html

    "makro: Auch in Deutschland wird der Ruf nach einem bedingungslosen Grundeinkommen lauter. Telekom-Chef Höttges nennt ein allgemeines Grundgehalt ohne Gegenleistung «ein faires System» für die Welt von morgen. Stimmen Sie ihm zu?

    Christoph Butterwegge: Nein. Was soll daran fair sein, wenn der Milliardär dieselbe Summe ausgezahlt bekommt wie der Müllwerker? Besteuert man es dem Milliardär wieder weg, ist das Grundeinkommen nicht bedingungslos, sondern an die Bedingung geknüpft, dass keine anderen Einkommensquellen vorhanden sind. Gleiches sollte gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden.

    makro: Die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens finden sich in allen politischen Lagern. Vor allem aber die Liberalen argumentieren, es brächte weniger Bürokratie. Wäre es nicht also ein wichtiger Schritt hin zu einem «schlanken Staat"?

    Christoph Butterwegge: Ein «schlanker Staat» ist das Wunschbild der Neoliberalen, die in der sozialen Gerechtigkeit nur eine Fata Morgana sehen. Wer mehr soziale Gerechtigkeit verwirklichen möchte, benötigt dafür einen starken Sozialstaat, der Hilfebedürftige, aber nicht Wohlhabende und Reiche finanziell unterstützt.
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