Sperberauge

An US-Schulen fallen immer öfter Schüsse

Sperber © Bénédicte Sambo

Martina Frei /  Mehr Schiessereien, mehr tote Kinder – 25 Jahre nach dem Massaker an der Colombine-High-School nennt eine Statistik Zahlen.

Schiessereien an US-Schulen und -Kindergärten haben in den letzten 25 Jahren drastisch zugenommen, insbesondere seit dem Schuljahr 2017/2018. In den vergangenen fünf Schuljahren wurde dort 794-mal geschossen. Das sind 135 Schiessereien mehr als in den vorangegangenen 20 Jahren zusammen. 

Mit 328 Schiessereien war das Schuljahr 2021/2022 das bisher schlimmste in dieser traurigen Statistik. Das berichten Wissenschaftler in der Fachzeitschrift «Pediatrics» 25 Jahre nach dem Massaker an der «Colombine»-High-School.

Schusswaffengebrauch an US-Schulen und -Kindergärten
Schusswaffengebrauch an Schulen und Kindergärten in den USA: In den letzten Jahren stieg die Anzahl von Schiessereien stark.

Immer mehr Schüler tragen Waffen auf sich

Der typische Hergang sei: ein Schüler, eine Handfeuerwaffe und ein eskalierender Streit, schreibt eine Kommentatorin. Die Zunahme kommt für sie nicht überraschend. Denn das Mitführen von Waffen nehme sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gegenden der USA zu. High-School-Schüler, die Gewalt in der Öffentlichkeit miterlebt hätten, würden eher eine Schusswaffe bei sich tragen.

Noch trauriger sind die Opferzahlen. Bei sogenannten «Massenerschiessungen» mit mindestens drei Todesfällen markierte das Schuljahr 2017/2018 den bisher schrecklichsten Tiefpunkt: 57 verletzte oder getötete Kinder und Jugendliche. Auch bei diesen «mass shootings» kam es in den USA zu einer Zunahme: In den letzten zehn Jahren wurden dabei 141 Schüler und Schülerinnen an ihrer Schule oder im Kindergarten verletzt oder getötet. In den 15 Jahren davor waren es 107. Die Waffen der Todesschützen gehörten meist ihren Eltern oder nahen Verwandten.

Amokläufe mit Toten an US-Schulen und -Kindergärten
Anzahl der Schiessereien mit mindestens drei Todesfällen an US-Schulen und -Kindergärten seit dem Schuljahr 1997 / 1998.
Tote und Verletzte bei Amokläufen an US-Schulen
So viele Kinder und Jugendliche wurden bei den «Massenerschiessungen» an Schulen und Kindergärten in den USA seit dem Schuljahr 1997 / 1998 verletzt (hellgraue Balken) oder getötet (dunkelgraue Balken).

Kinder erfahren erst im Nachhinein, dass alles nur eine Übung war

Im ganzen Land würden an Schulen «active shooter drills» stattfinden, bei denen die Schülerinnen und Schüler üben, sich zu verstecken, zu flüchten oder zu kämpfen. Die Schulleiter erachteten solche realistischen Übungen als sinnvoll, um den Forderungen der Eltern nach Sicherheit für ihre Kinder nachzukommen. Diese Simulationen würden die Kinder jedoch teilweise selbst traumatisieren, wenn ihnen nicht gesagt werde, dass es sich lediglich um eine Übung handle, oder weil künstliches Blut fliesse oder Gummigeschosse eingesetzt würden, berichten die Autoren des Artikels in «Pediatrics».

Haupttodesursache bei Kindern in den USA ist die Schussverletzung

Die Statistik der Wissenschaftler basiert mangels offizieller Meldestelle auf nicht-offiziellen Datenbanken, die Medienberichte zu solchen Vorkommnissen sammeln. Es sei daher nicht auszuschliessen, dass die wahre Anzahl noch höher sei. Das verstärkte Medieninteresse in den jüngeren Jahren könnte die Ergebnisse verzerrt haben. Dagegen spreche laut den Wissenschaftlern allerdings, dass auch beim Schusswaffengebrauch in den USA allgemein und dadurch verursachten Todesfällen eine ähnliche Zunahme festzustellen sei. Von 2019 bis 2021 war die Haupttodesursache bei Kindern und jungen Erwachsenen in den USA eine Schussverletzung. Sie betraf 2021 etwa 6 Kinder pro 100’000. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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