Sperberauge

Ultraorthodoxe Juden verjagen Frauen

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

upg /  Immer häufiger weigern sich fundamentalistische Juden, in Flugzeugen neben Frauen zu sitzen.

Auf dem Flug von San Diego nach London hatte Laura Heywood, 42, den mittleren Platz einer Dreierreihe. Ihr Mann sass am Fensterplatz. Dann kam ein Mann, der den Gangplatz reserviert hatte, und bat das Paar, ihre Plätze zu tauschen, damit er nicht neben einer fremden Frau sitzen müsse. Laura Heywood fühlte sich beleidigt, weil sie wegen ihres Geschlechts den Platz tauschen sollte. Sie refusierte: «Ich wollte nicht unhöflich sein, empfand die Aufforderung aber als sexistisch.»
Über diese Episode berichtete die «New York Times» und stellte fest, dass «eine stets grössere Zahl von weiblichen Flugpassagieren insbesondere auf den Flügen zwischen den USA und Israel von solchen Zwischenfällen mit ultraorthodoxen jüdischen Männern erzählen». Es sei deswegen schon zu verspäteten Abflügen gekommen.
Ähnliche Zwischenfälle habe es schon immer gegeben. Doch würde sich die ultraorthodoxe Bevölkerung in Israel stark vermehren und gleichzeitig käme es heute öfter vor, dass Frauen in den Flugzeugen die Bitte eines Sitzwechsels ablehnten.
Immerhin gibt es auch einige ultraorthodoxe Rabbiner, die es Männern nicht verbieten, sich in einem Flugzeug neben eine fremde Frau zu setzen. Rabbi Moshe Feinstein zum Beispiel erlaubt den Gläubigen, sich im Flugzeug, Zug oder Bus neben eine fremde Frau zu setzen «solange sie keine Absicht haben, sich mit einer zufälligen körperlichen Berührung sexuell zu erregen», erklärte er der NYT.
«Frauen sollen ihren Sitzplatz nicht freigeben»
Progressive Juden vom «Israel Religous Action Center» ärgern sich über die Haltung der Ultraorthodoxen. Direktor Anat Hoffmann rief die Frauen in einer Kampagne sogar dazu auf, ihre Sitze nicht frei zu geben: «Ich kenne hundert solcher Geschichten!».
Die meisten Fluggesellschaften versuchen – auf Anfrage von Ultraorthodoxen –, ihnen Plätze so zu verteilen, dass keine Frau neben ihnen sitzt ausser ihrer Ehefrau.
Andrew Roffe, 31, berichtete der NYT von seinem Flug von Los Angeles nach Chicago. Ein ultraorthodoxer Jude sei im Gang gestanden und wollte sich partout nicht setzen. Das Flugzeug konnte deshalb vom Dock nicht wegfahren, bis dann nach zwanzig Minuten ein anderer Passagier bereit war, seinen Platz zu tauschen.
Er wolle nicht in Versuchung gebracht werden, wenn seine Frau nicht dabei sei, habe ihm ein Ultraorthodoxer gesagt.

FRAGEN:
1. Wo stösst die Religionsfreiheit an Grenzen?
2. Würden Sie als Frau ihren Platz im Flugzeug tauschen, wenn ein Ultraorthodoxer Sie darum bittet?
ANTISEMITISCHE MEINUNGSEINTRÄGE WERDEN NICHT AKZEPTIERT


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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6 Meinungen

  • am 11.04.2015 um 17:42 Uhr
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    Alle Achtung, Urs P. Gasche. Bin gespannt, wie lange es dauert, bis Sie von einer gewissen Seite mit Rassismusvorwürfen eingedeckt werden. Immerhin sind die ultraorthodoxen Juden eine wichtige Stütze der derzeitigen israelischen Regierung, die (leider!) vor wenigen Wochen wiedergewählt wurde. Und es gibt Kreise in unserem Land, die alle aufs Korn nehmen, die Netanjahu und seine Mitstreiter wegen massiven Menschenrechtsverletzungen und eindeutig rassistischen Exzessen kritisieren.

  • am 12.04.2015 um 12:15 Uhr
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    Schwieriger Fall: einerseits ist man ja ein freundlicher Mensch und wozu soll man eine freundliche Bitte abschlagen? Wenn es denn wirklich keine anderen freien Plätze hat und der Ersatzplatz keine gravierenden Nachteile hat. Andrerseits ist halt auch das Private politisch – und wie soll denn so ein religiöser Fundi je darauf kommen, dass er mühelos und ohne Dauererektion neben fremden Frauen sitzen kann, wenn er das nie machen muss? Ich denke, die Frage kann man den Betroffenen überlassen, ohne hier Richtlinien aufstellen zu müssen.

  • am 12.04.2015 um 12:32 Uhr
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    Orthodox heisst «rechtgläubig». Es ist synonym mit idiotisch. Orthodoxe glauben wider besseres Wissen. Sie sind gegen jede Aufklärung immun. Kant, Lessing und Rousseau sind ihnen Ketzer. Sie verbrennen «Hexen», deportieren Juden nach Auschwitz, ermorden Jesiden, lassen jährlich 5.6 Millionen Kinder verhungern… Alles das gleiche Pack. Schlimmer sind nur noch die Anhänger Mammons: Die 1’685 Millionäre und die 14’400’000 Millionäre, die sich unbehelligt auf dieser ausgezehrten Erde herumtreiben und deren Zustand täglich verschlechtern.
    Wann, endlich geben die Menschen, die Staaten, dem Straftatbestand: «Unterlassene Nothilfe» resp, «Im Stich lassen von Verletzten», die sich in jedem zivilisierten Strafgesetzbuch unter Strafandrohung befinden, Nachdruck und Konsequenzen? Wie lange dürfen die noch ungestraft 800 Millionen «Mitmenschen» hungern lassen? Vor diesen Fragen wird der orthodoxe Jude, der nicht neben der «fremden» Frau sitzen will, zu dem was er ist: Eine Witzfigur.

  • am 12.04.2015 um 13:23 Uhr
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    @Ellenberger und jene, die auch so denken: es geht nicht um die «fremde» Frau; diese wir nicht diskriminiert. Einen Menschen, mit der Überzeugung eines orthodoxen Juden als Witzfigur zu bezeichnen, verletzt dessen Würde und dabei die Philosophen der Aufklärung zu bemühen, versteckt seine Neigung, Andersdenkende zu erniedrigen und auszugrenzen, was ein Handlungsmuster von Rassisten ist.
    Würden Sie einen ehemaligen Alkoholiker oder Drogensüchtigen zum Gals Wein einladen oder in Amsterdam in den Coffeeshop? Wenn er die Einladung ausschlägt, und Befriedigung empfinden, wenn sie ihn öffentlich als Witzfigur bezeichnen? Der orthodoxe Jude, der nicht neben eine fremde Frau sitzen will, hat ein mentales Problem und überdrehte (immerhin moralische) Ängste. Wenn Sie solche Menschen nicht mehr ertragen können, dann würde ich mich hüten, mich als aufgeklärten und humanistischen Menschen zu geben.
    Das Platzzuteilungsproblem im Flugzeug ist an und für sich einfach und praktisch zu lösen: gegen Gebühr wird der Platzierungswunsch jenen Passagieren ermöglicht….

  • am 12.04.2015 um 14:32 Uhr
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    @Ignaz Heim: Wenn mir etwas fremd ist, dann ist es Rassismus. Auch die von mir «bemühten» Philosophen waren keine Rassisten. Lesen Sie wieder mal «Nathan der Weise». Die Orthodoxen mit Drogensüchtigen oder Alkoholikern zu vergleichen – sie also zu pathologisieren – finde ich ein starkes Stück! Mentale Probleme sind therapierbar, wenn der Betroffene sie als Problem erkennt. Orthodoxe jeglicher «Glaubensrichtung» haben eben nie Probleme mit sich, nur mit Anderen und sie verlangen Toleranz gegenüber ihrer eigenen Intoleranz. Vielleicht die dümmste Forderung, die man stellen kann.

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