karp_palantir_2022

Seine Firma baut am US-Überwachungsstaat: Alex Karp, CEO von Palantir, 2022 am WEF in Davos. © cc-by-nc-sa World Economic Forum

Expertinnen schlagen Alarm: USA werden Überwachungsstaat

Pascal Sigg /  Die USA bauen gerade an einer Mega-Datenbank. Vordergründig dient sie für Ausschaffungen. Doch es geht um mehr.

Emily Tucker von der Georgetown University schlägt Alarm: Das US-amerikanische Departement für Innere Sicherheit (Department of Homeland Security, DHS) sei daran, eine «everything database» – eine Datenbank für alles – aufzubauen, warnte sie im US-Medium «Tech Policy Press». Das DHS etwa kauft Airlines bereits die Flugdaten von Passagieren ab. Weitere Zeichen dafür sieht sie in Ausschreibungen für Aufträge an Firmen, die Daten sammeln und analysieren können. Einen grossen Auftrag hat sich bereits Peter Thiels Firma «Palantir» geschnappt. Gemäss Recherchen der «New York Times» kommt deren Software bereits in mindestens vier US-Behörden zum Einsatz.

In einem nächsten Schritt dürfte die Regierung weitere Daten, die sie bereits über US-StaatsbürgerInnen und AusländerInnen hat, zusammenführen. Darüber berichtete die New York Times im Detail im April. Erwähnt wurden in dieser Hinsicht bereits Daten aus dem Steueramt oder von den Sozialversicherungen.

Im vergangenen März etwa verlangte Präsident Trump mit einer Verordnung, dass die Regierung ungehinderten Zugang zu den Daten der verschiedenen Ämter und Behörden erhalte. Zudem verlangte Trump auch Daten der Bundesstaaten, etwa von Programmen, welche mit Geldern aus Washington finanziert sind.

Dieser Schritt sei gefährlich, sagt Nicole Schneidman von der NGO «Protect Democracy». «Bundesstaaten haben viel detailliertere Daten über uns alle, und sie haben diese Daten bisher nicht zusammengeführt.» Wenn man die Daten der Bundesregierung mit jenen von lokalen Schulbezirken oder Sozialprogrammen der Bundesstaaten verbinde, würden die Möglichkeiten, sie zu analysieren, ins Unermessliche wachsen.

Zuerst gegen Einwanderung, dann gegen politische Gegner

Diese Überwachungsmaschinerie dürfte zuerst auf ImmigrantInnen angewandt werden. Dies ist gemäss dem jüngst verabschiedeten Mega-Gesetz auch das Ziel. Mit der One Big Beautiful Bill bewilligte das Parlament 30 Milliarden Dollar für die Anti-Immigrationsbehörde ICE. Mehrere Milliarden davon sind für Überwachungstechnik und Datenanalyse vorgesehen.

Es sei aber ein Fehler, dies als reine Anti-Immigrationsmassnahme zu betrachten, sagt Emily Tucker. Sie erwartet, dass die Regierung mit den EinwandererInnen beginnt, weil der juristische Rahmen bei ihnen am wenigsten stark eingehalten werde. Danach dürfte die Regierung ihre Überwachung in andere Bereiche ausdehnen.

Nicole Schneidman von «Protect Democracy» befürchtet, dass bei den ImmigrantInnen ausprobiert werde, was ganz einfach auf jene angewandt werden kann, welche gegen die Regierung protestieren und Kritik äussern. Bereits 2022 zeigte ein Bericht, dass die Anti-Immigrationsbehörde die Führerausweisdaten eines Drittels aller Erwachsenen im Land besass und mehrere zusätzliche Millionen Menschen einfach mittels Autonummern-Scannern, Nebenkostenabrechnungen und anderen Daten lokalisieren konnte.

Fehlender Datenschutz rächt sich

Entscheidend ist, dass die USA kein breites Datenschutzgesetz haben. Dass Daten, welche für einen bestimmten Zweck erhoben werden, nicht ohne Erlaubnis für einen anderen Zweck benutzt werden können, gilt in den USA nicht. Das Land verfügt einzig über sektorale Datenschutzregelungen, die in Bereichen, welche die Sicherheit betreffen, am schwächsten sind.

Emily Tucker vermutet, dass der neue Überwachungsapparat dazu führen wird, dass sich Institutionen weniger stark gegen die Aggressionen der Trump-Regierung wehren. «Die Leute fürchten sich zu Recht. Trump hat bereits damit gedroht, Vertreter von Bundesstaaten, Bezirken oder Gemeinden mit der Macht des Gesetzes zu bestrafen, wenn sie seine Anweisungen nicht befolgen – egal, ob diese legal sind.»

Der Widerstand müsse aus kleineren Gemeinschaften, organisierten Graswurzel-Bewegungen kommen. Sie glaube jedoch nicht daran, dass die Regierung derartigen Protesten diplomatisch begegnen würde. Sondern vielmehr mit Gewalt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.

Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:



_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Trump_cc

Donald Trump scharf beobachtet

Manche wollen ihm «eine Chance geben» und ihn nicht an Worten messen. Es wäre besser, auf der Hut zu sein.

Bildschirmfoto20170115um09_51_27

US-Politik unter Donald Trump

Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden

Portrait Pascal.Sigg.X

Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...