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Vor Gericht bekam die Kassiererin Recht. Doch das hat ihr bis jetzt nichts genützt. © qimono

«Am 12. Juli 2014 wurde das Leben meiner Mandantin zerstört»

Richard Aschinger /  Eine Kassiererin ist zu Unrecht der Veruntreuung beschuldigt worden. Doch Coop verweigert eine Wiedergutmachung.

Im Strafprozess gegen zwei Sicherheitsleute von Coop, die vor sieben Jahren eine Kassiererin wegen Verdacht auf Veruntreuung stundenlang brutal verhört hatten, zitierte ihr Anwalt zwei Gutachten der Sozialversicherung: Frau A. leide bis heute an schweren Panik- und Depressionsstörungen, bei denen laut den Expertisen davon ausgegangen werden müsse, «dass es auch weiterhin nicht zu einer erheblichen Verbesserung kommen wird». Frau A. ist seit der Befragung erwerbsunfähig und lebt von einer Invalidenrente. Der Anwalt fasste die Beurteilung der Experten so zusammen: «Am 12. Juli 2014 wurde das Leben meiner Mandantin zerstört».

Nach dem Verhör hat Coop Frau A. wegen mehrfacher Veruntreuung angezeigt und fristlos entlassen. Im Gegenzug reichte ihr Anwalt gegen die Ladendetektive Klage wegen Körperverletzung und Nötigung ein. Vier Jahre ermittelte die Zürcher Staatsanwaltschaft. Dann beschloss sie, die Strafuntersuchung gegen die Kassiererin einzustellen, weil kein rechtsrelevanter Tatverdacht existierte. Vorher hatte sich das Unternehmen Coop im Fall von Frau A. stets hinter ihren Sicherheitsleuten und deren Anwälten in Deckung gehalten. Jetzt wurde Coop selbst aktiv und rekurrierte gegen diesen Einstellungsentscheid.

Sicherheit wichtiger als Persönlichkeitsschutz

Da stellte sich die Frage, weshalb Coop den Rechtsstreit weiterführen wollte, obwohl die Kassiererin, gegen die man offenbar fälschlicherweise eine Anklage wegen Veruntreuung aufgebaut hatte, jetzt als unschuldige Frau dastand.  Beobachter sehen hinter dem sturen Vorgehen im Fall von Frau A. vor allem sicherheitsstrategische, generalpräventive Ziele. Coop betreibt notwendigerweise ein Kontroll- und Sicherheitssystem, das verhindern soll, dass es im Personal zu Diebstählen und Veruntreuung kommt. Das Coop-Konzept steht im Ruf, auf Null-Toleranz getrimmt zu sein. Man darf davon ausgehen, dass das Verhalten von Coop im Fall von Frau A. von Anfang an massgeblich darauf ausgerichtet war, ohne Rücksicht auf Verluste die Abschreckungswirkung ihres Kontroll- und Sicherheitssystems zu schützen.

Wie es zur falschen Anklage kam, wurde nicht offengelegt: Dem Vernehmen nach arbeiten Kassiererinnen in kleineren Filialen, wenn vom Arbeitsanfall nötig, gelegentlich unter einem Login an verschiedenen Kassen. Bei Testkäufen zur internen Ermittlung sei es so offenbar nicht möglich gewesen, einzelne Verkäufe mit Sicherheit einer Kassierin anzurechnen.

Kassierin bekommt Recht

Am 21. September 2018 hat das Zürcher Obergericht die Einsprache von Coop abgelehnt und die Strafuntersuchung gegen Frau A. endgültig beendet. Die schwer geschädigte ehemalige Coop-Kassiererin wurde schuldlos erklärt.  Jetzt durfte man annehmen, dass Coop die folgenreichen Fehler im Verhör und bei der Entlassung eingestehen und mit einem raschen Wiedergutmachungsvorschlag Verantwortung für das von Frau A. erlittene Unrecht übernehmen würde.

Passiert ist aber nichts. In den folgenden zweieinhalb Jahren erkämpfte sich Coop im Strafprozess gegen ihre zwei Sicherheitsleute einen Freispruch. In diesem Urteil vom 5. Mai 2021 kam das Zürcher Obergericht zum Urteil, die Angeklagten hätten keine Tatbestände des Strafrechts verletzt. Die beiden Zürcher Zeitungen «NZZ» und «Tages-Anzeiger» haben darüber berichtet.

Hohe Anwaltskosten zulasten der Frau

In einem Nebenpunkt des Urteils verurteilten die Richter die ehemalige Kassiererin A. dazu, den freigesprochenen Sicherheitsleuten Anwaltskosten von 14 000 Fr. und zudem weitere, noch aufgeschobene Kosten und Gebühren von 13 000Fr. zu zahlen. Die seit dem Verhör erwerbsunfähige, von einer bescheidenen Invalidenrente mit Ergänzungsleistungen lebende Frau muss also für sie unvorstellbare Summen zahlen, just an die zwei Sicherheitsleute, die sie, wie jetzt gerichtlich festgestellt, zwar ohne strafrechtlich relevante Vergehen, aber stundenlang und so massiv unter Druck gesetzt und gequält haben, dass sie psychisch zusammenbrach (Kasten am Schluss des Textes).

Für nicht in juristischer Feinmechanik geübte Beobachter scheint das unverständlich. Coop und auch das Gericht müssen damit rechnen, dass nicht nur diese Kostenregelung, sondern das ganze Freispruchurteil als grob ungerecht und zynisch in Erinnerung bleibt. Dieses Risiko sah wohl auch der Gerichtspräsident, der sich bei der mündlichen Urteilsverkündigung für die Kostenregelung als «aus gesetzlichen Gründen nicht anders möglich» entschuldigte.

Gerichtspräsident kritisiert die Freigesprochenen

Darüber hinaus übte der Gerichtspräsident in einer für das Obergericht sehr unüblichen Weise scharfe Kritik am Verhalten der strafrechtlich Freigesprochenen aus professioneller und moralischer Sicht:  Die Befragung durch die Coop-Sicherheitsleute sei «absolut unprofessionell, unanständig, respektlos und dilettantisch» gelaufen.  So war das in den Gerichtsberichten der «NZZ» und des «Tages-Anzeiger» zu lesen. Dieser Einschätzung entspricht ein im Prozess vom Verteidiger von Frau A. eingereichtes Gutachten von Professor Thomas Geiser, der im Verhör der Kassiererin eine klare Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte sieht. Geiser ist emeritierter Professor für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht der Hochschule St. Gallen (HSG).

Klar ist, dass der Rechtsfall von Frau A. mit dem Freispruch ihrer Peiniger nicht erledigt ist. Der Anwalt von Frau A. kann gegen das Strafurteil Beschwerde ans Bundesgericht einreichen. Für diese Option spricht seiner Meinung nach die grundsätzliche Bedeutung des Falls in einer Zeit, in der Unternehmen die Verantwortung für ihre Kontroll- und Sicherheitsdienste immer häufiger an Privatunternehmen auslagern. Für Frau A. viel wichtiger ist aber die jetzt folgende Auseinandersetzung um Schadenersatz und Genugtuung.

Weiterstreiten oder wiedergutmachen?

Coop steht vor der Wahl, weiter im Kampfmodus der Anwälte in einem Zivilprozess Schadenersatzforderungen abzuwehren. Oder endlich einen Versuch zur Wiedergutmachung von begangenen Fehlern zu starten.  

Frau A. hat gesundheitlich und wirtschaftlich grossen Schaden erlitten: Die siebenjährige und nach Expertenmeinung wahrscheinlich weiterdauernde Erwerbsunfähigkeit hat Lohnausfälle, Mindereinzahlungen bei Sozialversicherungen, Arzt- und Spitalkosten in Höhe von mehreren hunderttausend Franken aufgehäuft. Für die ehemalige Kassiererin geht es um die Chance, ihr Leben wieder aufzubauen.

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Die Möglichkeiten, in einem Zivilprozess Schadenersatz zu erkämpfen, stehen für A. nicht schlecht. Aufgrund von Art. 328 und 97ff des Obligationenrechts haben Arbeitgeber gegenüber Mitarbeiterinnen eine «Fürsorgepflicht» und Mitarbeiterinnen Anspruch auf Ausgleich des Schadens, wenn diese verletzt wird. Arbeitgeber dürfen insbesondere Gesundheit, Privatheitsanspruch und wirtschaftliche Interessen ihrer Arbeitnehmnerinnen nur soweit beschränken, als es für ihre Sicherheitsbedürfnisse unabdingbar ist. Verlangt wird Verhältnismässigkeit. In der Rechtsliteratur liest man, eine Kernsubstanz der durch die Fürsorgepflicht geschützten Persönlichkeitsrechte sei der «Anspruch auf Respekt und Anstand». Genau das hatten die Sicherheitsleute von Coop nach Ansicht des Strafgerichtspräsidenten in schlimmer Weise missachtet.

In einem Zivilprozess können Coop-Anwälte die Schadenersatzpflicht bestreiten, indem sie behaupten, zwischen den psychischen Problemen von Frau A. und dem Verhör von 2014 gebe es keinen «adäquaten Kausalzusammenhang». Schon im Strafprozess hatten Rechtsvertreter der Sicherheitsleute argumentiert, der psychische Zustand und die Erwerbsunfähigkeit von Frau A.  seien wesentlich von einer «konstitutionellen Prädisposition», d.h. einer vorbestehenden Schwäche verursacht. Frau A. ist im Iran aufgewachsen, hat dort Bombardierungen im Iran-Irakkrieg erlebt. Später wurde sie von ihrem inzwischen geschiedenen Ehemann mit einem Messer bedroht.

«Belastungs- und Panikstörungen»

Zwei im Auftrag der Sozialversicherung erstellte Gutachten kommen aber übereinstimmend zum Ergebnis, die «schweren posttraumatischen Belastungs- und Panikstörungen» von Frau A. fänden ihre Ursache «ganz überwiegend im Verhör von 2014» Vor dieser Befragung habe A. genügend Ressourcen gehabt, um als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern ihren Alltag ohne wesentliche psychische Probleme zu meistern.

Für Coop ist das Prozessrisiko, eine Schadenersatzpflicht nicht abwehren zu können, erheblich. Wohl wichtiger wird jetzt aber für den Grossverteiler die Gefahr eines Rufschadens in einem langen Prozess. Mitarbeiterinnen an der Kasse eines Coop-Ladens sind für beträchtliche Teile der Kundschaft das Gesicht der Marke. Wenn sich um den Fall A. der Eindruck breit machen sollte, Coop behandle seine Kassiererinnen in einem unmenschlichen Sicherheitssystem schlecht, kann ein Schadenersatzprozess für Coop sehr teuer werden.

Entschuldigung und Schadenersatz

Das spricht für eine aussergerichtliche Vereinbarung mit einer Entschuldigung des Unternehmens für das Verhalten der Sicherheitsleute im Verhör, für die ungerechtfertigte Entlassung und mit den Umständen entsprechend grosszügigem Schadenersatz und Genugtuung, die Frau A. eine Chance geben, ihr Leben wieder aufzubauen. Und Coop könnte so seinem Kontroll- und Überwachungssystem ohne weiteren Gesichtsverlust und ohne substantielle Einbusse an materieller Sicherheit dringend nötige Leitplanken zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der ArbeitnehmerInnen einbauen.

Auf erneute Anfrage erklärte Coop, es gelte weiterhin die Aussage, dass man nicht rechtskräftige Entscheide nicht kommentiere.*

*Dieser Satz wurde im Nachhinein präzisiert.

Das Verhör: «Darf ich fragen, um was es geht?»

Frau A. konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht am Prozess teilnehmen. Und die beiden beklagten Sicherheitsleute machten vom Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Was an jenem 21. Juli 2014 passierte, weiss man deshalb vor allem aus dem von den zwei Coop-Sicherheitsleuten erstellten Befragungsprotokoll und aus einem erschütternden Gedächtnisprotokoll der verhörten Kassiererin, welches deren Tochter einige Tage nach der Befragung aufgezeichnet hat. Und aus einer im Auftrag des Anwalts der Betroffenen von Professor Thomas Geiser erstellten Analyse des Geschehens auf der Basis der Protokolle. Geiser ist emeritierter Professor für Privat-und Handelsrecht an der Hochschule St. Gallen (HSG) und ehemaliger Prorektor der HSG.

Als zentrales Element der Taktik der Befrager wird dabei sichtbar, dass die Sicherheitsleute Frau A. den Zweck des Verhörs lange Zeit verschwiegen. Immer wieder liest man in den Protokollen Fragen von Frau A. wie: «Um was geht es eigentlich», und darauf Antworten wie: «Das wissen Sie ja selbst». Oder: «Wissen Sie das immer noch nicht». Und einmal eine zynische Gegenfrage: «Wie ist Ihre Personalnummer?». Die Sicherheitsleute zielten offensichtlich kaum je darauf ab, Fehlverhalten zu erkunden. Viele Fragen betrafen das Privatleben der Frau: Mit wem sie zusammenlebe, wie viel Geld sie für Zigaretten ausgebe oder ob sie viele Schmerztabletten schlucke.

Die Coop-Leute haben zwar nie nur der Polizei gestattete Zwangsmassnahmen ergriffen. Aber die Tatsache, dass Frau A. sich den Anforderungen der Coop-Polizisten fügte, kann nach Ansicht von Geiser nicht als Zustimmung im Rechtssinn verstanden werden, weil ihr deren Zweck nicht offengelegt wurde. Vor allem der Transfer von der Coop-Filiale ins Coop-Zentrum Dietikon erfolgte ganz in Polizeimanier bei einem Verhafteten-Transport. Frau A. sass mit der Sicherheitsfrau hinten. Ihr Kollege am Steuer. Die Tasche von Frau A. war ausser ihrer Reichweite auf dem Beifahrersitz.

Gegen das Ende des Verhörs wurde Frau A. auf einen Schlag mit der Erklärung überfallen, man habe klare Beweise für mehrfache Veruntreuungen durch sie. Es folgten Suggestivfragen: «Wann und wo haben Sie das erste Mal unrechtmässig Geld an sich genommen». Im Gutachten von Prof. Geiser steht: «Durch ein solches Vorgehen wird bei der betroffenen Person Unsicherheit aufgebaut… Sie wird geängstigt und erniedrigt. Das stellt zweifellos eine Persönlichkeitsverletzung dar». Am Schluss der Befragung hatte der Sicherheitsmann in Anwesenheit der Verhörten mit der Polizei telefoniert. Dazu Geiser: «Es besteht die grosse Vermutung, dass eine Einschüchterung von Frau A. damit beabsichtigt war.» Zum «autoritären Stil» der Befragung, die ein «Machtgefälle» erzeuge, eine betroffene Person «ohnmächtig» fühlen lasse und sie in «eine Position der Schwäche» versetze, stellte Geiser generell fest, dass «die Arbeitgeberin wusste, dass Frau A. aus einem Land kommt, in dem sie möglicherweise Einschüchterungen und Bedrohungen erlebt hatte».

Frau A. ist Schweizerin und stammt aus dem Iran. In ihrem Gedächtnisprotokoll stellt Frau A. ihre Situation in der Befragung so dar: «Ich fühlte mich hilflos, fing an zu weinen, sagte, ich würde auf alles schwören, dass ich so etwas nie machen würde.» Der Sicherheitsmann habe sie «ausgelacht» und gesagt, dass «jede auf etwas schwört, auf die Mutter oder was immer».

Am Schluss hat Frau A. ein als «Vereinbarung» überschriebenes Dokument unterschrieben, in dem steht, die Befragung habe ergeben, dass sie «seit Anfang Jahres mehrfach Geld aus der Kasse entnommen habe». Und: Dass sie einverstanden sei, dass man ihr als Umtriebsentschädigung für das Verhör 150 Fr. vom Lohn abziehe. Professor Geiser kritisiert dieses Schriftstück scharf: Das Dokument enthalte eine völlig wahrheitswidrige Zusammenfassung des Befragungsresultats. Die Art und Weise, wie es zur Unterschrift kam, weise darauf hin, dass Frau A. bewusst unter Druck gesetzt werden sollte, «damit sie sich die Sache nicht überdenke und sich beraten lassen könnte». In der gegebenen Situation, nach einem stundenlangen hochemotionalen Verhör, sei Frau A. höchstwahrscheinlich nicht mehr urteilsfähig gewesen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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6 Meinungen

  • am 4.06.2021 um 13:01 Uhr
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    Wer führt bei uns Ermittlungen durch? Aha, da haben wir’s, jedenfalls nicht eine Sicherheitsfirma.
    Und das nette «Firmenreisli» im Fonds eines fremden Autos, das war hoffentlich völlig freiwillig, oder verstehe ich da was falsch? Und am Schluss wirst in dem Trauerspiel freigesprochen, als Dankeschön sollst ein Jahresgehalt an «Entschädigung» zahlen?
    Wird langsam Zeit, dass fremde Richter bei uns Entwicklungshilfe leisten.

  • am 4.06.2021 um 17:42 Uhr
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    -Wie unsägliche Haltung von COOP. Ich erwarte von info-Sperber nun, dass Sie am Ball bleiben und damit an die breite Öffentllichkeit treten. Das dürfte die einzige Chance für dei arme Frau sein.
    K. Lichenstein

  • am 4.06.2021 um 19:28 Uhr
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    «FÜR MICH UND DICH», der Coop-Slogan steht mir ebenso vor Augen in der kinder- und gesundheits-freundlichen Coopzeitung – mit Werbung für harte Alkoholika auf jeweils vielen Seiten – wie bei: «Frau A., im Iran aufgewachsen, hat dort Bombardierungen im Iran-Irakkrieg erlebt. Später wurde sie von ihrem inzwischen geschiedenen Ehemann mit einem Messer bedroht» und der Gerichtspräsident des Obergerichts (Coopangestellte unschuldig) sagt, die Befragung durch die Coop-Sicherheitsleute sei «absolut unprofessionell, unanständig, respektlos und dilettantisch» gelaufen.» Aber Coop, statt heilungsbemühenderweise einzusehen, dass Geld nicht alles und dieses Menschenkind nicht nichts ist, tut das Gegenteil, sattelt noch drauf, etwa in der Unterstellung «der psychische Zustand und die Erwerbsunfähigkeit von Frau A. seien wesentlich von einer «konstitutionellen Prädisposition», d.h. einer vorbestehenden Schwäche verursacht», während tatsächlich: «Vor dieser Befragung habe A. genügend Ressourcen gehabt, um als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern ihren Alltag ohne wesentliche psychische Probleme zu meistern.»
    Solche Verhöre (zumal 2 Mann gegen 1 Frau) für die Starken straffrei? Ich fordere Gesetzgebung gegen psychische Gewalt. B.verfass: «Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit. Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.»

  • am 4.06.2021 um 21:00 Uhr
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    https://www.20min.ch/story/abgelaufenes-fleisch-wird-weiterverarbeitet-389485568978
    https://www.srf.ch/news/schweiz/deutscher-truthahn-skandal-coop-tochter-wegen-tiertransporten-in-der-kritik
    https://www.bauernzeitung.ch/artikel/coop-verwehrt-2-5-millionen-genossenschaftern-das-mitspracherecht-das-ist-ein-skandal
    https://www.workzeitung.ch/2020/01/fast-500-verstoesse-gegen-das-gesetz-in-nur-einem-monat/
    Es stellt sich die Frage nach Boykott. Das Dumme ist halt, dass man nur die Wahl zwischen Pest, Cholera, Ebola, Malaria, Covid 19 und noch anderem wenig Erfreulichem zu haben scheint.

  • am 5.06.2021 um 20:21 Uhr
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    Ich finde das nicht besonders guten Journalismus. Grundsätzlich ist der Artikel eine Aufforderung, Partei zugunsten «der Kleinen» (der angeklagten Arbeitnehmerin) gegen «die Grossen» (mächtiges Detailhandelsunternehmen) zu nehmen. Bei den Details wird es schnell schwammig. So heisst es, die Staatsanwaltschaft habe beschlossen, die Strafuntersuchung gegen die Kassiererin einzustellen, weil kein rechtsrelevanter Tatverdacht existierte. Dies wird vom Autor in «unschuldig» und «schuldlos» – d.h. grundlos verdächtigt – uminterpretiert. Anhand der mitgelieferten Informationen kann man davon ausgehen, dass ein Tatverdacht bestand. Der war ausreichend, um ein Verfahren zu eröffnen. Es wurde nicht blindlings von inkompetenten Personen auf ein Zufallsopfer eingedroschen, wie man den Eindruck haben könnte.

    Nein natürlich weiss ich nicht, wie es gelaufen ist. Aber anwaltliche Artikel dieser Art finde ich nicht besonders vertrauensfördernd.

  • am 6.06.2021 um 22:34 Uhr
    Permalink

    @Manuel Pestalozzi: Im Gegenteil, ohne solchen Journalismus, hätten wir da nicht Catch-as-catch-can only? Und: Doch, ich finde, es wurde unverhältnismässig auf das Opfer eingedroschen, und zwar 1) von Anfang an («stundenlang und so massiv unter Druck gesetzt und gequält haben, dass sie psychisch zusammenbrach»), und 2) auch nach dem Freispruch (als juristischer Laie, «im Iran aufgewachsen», selbstbewusstseins-konterkariert via «Für mich und dich»), gegen Goliath Coop («Die seit dem Verhör erwerbsunfähige, von einer bescheidenen Invalidenrente mit Ergänzungsleistungen lebende Frau muss also für sie unvorstellbare Summen zahlen, just an die zwei Sicherheitsleute» – was psychologisch zusätzlich schädlich wirken dürfte), wo Coop immer noch weiter nachdoppelt (beispielsweise: «konstitutionellen Prädisposition»), statt endlich, endlich einzulenken, wie es der Journalist nahelegt am Schluss des Artikels.
    Und, Manuel Pestalozzi, die Kassiererin IST unschuldig (und ein subjektiver Verdacht seitens Coop kann ein Versehen sein und rechtfertigt so oder so nicht die Unverhältnismässigkeit), während umgekehrt die nun freigesprochenen Coop-Sicherheitsleute tatsächlich «sich danebenbenahmen» (gelinde ausgedrückt), derlei Verhalten aber im Gesetz offenbar nicht erfasst ist, zum Nachteil der «Davids». Fazit: Gesetzesänderung erbeten und Coop-Boykott.

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