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Tuileriensturm 1792: Sinnloser Kampf der Schweizergarde (in rot) für den geflohenen König © wikimedia conmons

Gerhard Pfisters Verteidigung der CVP-Tuilerien

Kurt Marti /  CVP-Präsident Gerhard Pfister sitzt im Vorstand der «Fondation 1792». Eine Mitgliedschaft nicht ohne Symbolkraft für seine Partei.

Der französische König Louis XVI. war mit seiner Familie längst aus seiner Residenz, dem Tuilerienpalast, geflohen. Doch die Schweizergardisten verteidigten am 10. August 1792 in einem sinnlosen Todeskampf den leeren Königspalast zusammen mit ein paar Dutzend zurückgebliebenen Adligen.

Vor den Toren der Tuilerien stand das Volk und pochte auf Freiheit und Demokratie. Den 700 Schweizergardisten standen Zehntausende von aufgebrachten französischen Bürgern gegenüber. Die Lage war hoffungslos.

Die Liebe zur dekadenten Monarchie

Dennoch verteidigten die Schweizergardisten verbissen die leere Hülle der Monarchie und deren christlich-konservativen Werte gegen die Werte der Aufklärung: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Sie bezahlten ihre Liebe zum dekadenten «Ancien Regime» mit ihrem Leben, weil sie an der Vergangenheit festhielten und die Zeichen der Zeit ignorierten.

Zu Ehren der 700 gefallenen Schweizergardisten wurde im Jahr 2005 die «Fondation 1792» gegründet. Mit bemerkenswerter Sensibilität für die Geschichte wurde der Sitz der Stiftung im katholischen Appenzell gewählt, dem Hauptort des Kantons Appenzell Innerrhoden, der 1990 vom Bundesgericht gezwungen werden musste, das Frauenstimmrecht auch auf kantonaler Ebene einzuführen.

Der Stiftungszweck der «Fondation 1792» wird mit folgendem Bekenntnis zur Schweizergarde und folglich zur Monarchie umschrieben:

«Die Stiftung bezweckt, den 1792 in Paris im Dienste von Louis XVI. gefallenen Schweizergardisten ein ehrenvolles Andenken zu schaffen und zu bewahren und die Jahrhunderte alten, freundschaftlichen Bande, die eng mit dem Dienste der Schweizergarden verbunden sind, zwischen der Schweiz und Frankreich zu wahren und zu fördern.»

Tollkühne Verteidigung der CVP-Tuilerien

Seit April 2016 sitzt neben dem blaublütigen Prince Charles-Emmanuel de Bauffremont auch der CVP-Präsident Gerhard Pfister im Stiftungsrat der «Fondation 1792». Pfisters Sympathie für die sinnlose Verteidigung der leeren Tuilerien ist nicht ohne Symbolkraft für die CVP.

Denn ähnlich wie die Schweizergardisten sich tollkühn für die leere Hülle der Monarchie und deren christlich-konservativen Werte monarchistischer Prägung in den Kampf warfen, hat auch Pfister die Verteidigung der leeren Hülle der CVP-Tuilerien und deren christlich-konservativen Werte heldenhaft aufgenommen, die er paradoxerweise mit den Werten der Aufklärung aufzufüllen versucht, die vom französischen Volk gegen den erbitterten Widerstand der von ihm verehrten Schweizergarde durchgesetzt wurden.

Doch die Lage ist hoffnungslos. Der neuste Sturm auf die CVP-Tuilerien ereignete sich am vorletzten Wochenende in Zürich, wo das Volk die CVP aus Regierung und Parlament hinausjagte. Die Flucht des Präsidenten ist nur noch eine Frage der Zeit.

Rütli und Morgarten statt 1848

Angesichts von Pfisters Sympathien für die Verteidiger der Monarchie erscheint auch seine 1. August-Rede, die er 2017 in Poschiavo hielt, in einem umfassenderen Licht: Dort hatte er in SVP-Manier eine Lobeshymne auf das Rütli (1291) und den Morgarten (1315) als «Urzelle der heutigen Eidgenossenschaft» gesungen.

Das Gründungsjahr der Eidgenossenschaft 1848 hingegen – nota bene eine Spätfolge der französischen Revolution – kommt in seiner Rede einzig als Antwort auf seine rhetorische Frage vor, wann in der Schweiz «der letzte Kriegstote» zu verzeichnen gewesen sei.

Diese «letzten Kriegstoten» waren bekanntlich in einem sinnlosen Kampf gefallen, den die «katholisch-konservativen» Sonderbunds-Krieger – und somit die politischen Vorfahren Pfisters – gegen die Aufklärung, gegen Rechtsstaat und Demokratie angezettelt hatten. Zum Glück ebenso erfolglos wie die Schweizergardisten in Paris.


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5 Meinungen

  • am 20.03.2018 um 12:08 Uhr
    Permalink

    Pfister habe angeblich Philosophie studiert.

  • am 20.03.2018 um 12:41 Uhr
    Permalink

    Eine Ergänzung, die ein weiteres Licht auf Gerhard Pfisters pseudodemokratisches, monarchie- oder oligarchiefreundliches Weltbild wirft: «Der letzte Kriegstote in der Schweiz» war sicher nicht 1848, es gab da noch die Toten von 1918 – 1923 als die schweizer Armee (bzw. Bauern) benutzt wurden um den berechtigten Anliegen* der Gewerkschaften den «Krieg» zu «erklären» und über ein Dutzend Schweizer zu töten. https://sev-online.ch/de/aktuell/kontakt.sev/2017/der-generalstreik-hat-die-schweiz-durchgeschuettelt-2017110706-0/

    *die meisten der Anliegen wurden dann ja doch umgesetzt – das Frauenstimmrecht erst 1971 – ausser die Forderungen gegen die Kriegsgewinnler: «Tilgung der Staatsschulden durch die Besitzenden», «Staatsmonopole für Import und Export» und «Arbeitspflicht für alle – eine Massnahme, die auf Spekulanten und Kapitalisten zielte"

  • am 20.03.2018 um 15:51 Uhr
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    Eine treffliche Analyse, welcher die unrühmliche kürzliche Verweigerungsdebatte um gleiche Löhne von Frau und Mann (unter anderem) beizufügen wäre.

  • am 20.03.2018 um 21:51 Uhr
    Permalink

    Die ‹feinen, edlen› Herren Stiftungsräte spielen ja anscheinend auch Polo! Honi soit qui mal y pense.
    Wenn schon den edlen toten Schweizersoldaten gedenkt wird (anscheinend…!), warum findet man auf der Homepage keine Namensliste? Die Soldaten hatten wohl zu wenig blaues Blut in den Adern.

  • am 30.03.2018 um 14:46 Uhr
    Permalink

    Zum 2. Mal (mein ursprünglicher Kommentar ist irgendwie untergegangen):
    Die Fakten stimmen alle. Dennoch hinterlässt der Artikel ein unngutes Gefühl, weil verständliche (nämlich von ihrem Standort aus berechtigte) Anliegen der jeweiligen Verlierer völlig ignoriert bleiben. Wenn die Tragik der Situation keine Verhandlungslösung zulässt, verdient der wehrhaft Unterliegende doch so etwas wie Respekt und nicht bloss ein Triumphgeheul der Sieger. Zur momentanen Opportunität von Gerhard Pfisters Mitgliedschaft in dem erwähnten Traditionsverein gibt es natürlich noch andere Gesichtspunkte.
    René Hauswirth

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