Swissmedic_Pharma

Sonntags-Zeitung: Die Aufsichtsbehörde ist an den Umsätzen der beaufsichtigten Firmen beteiligt. © tamedia

Teures unnützes Medikament für todkranke Patienten

Urs P. Gasche /  Seit 5 Jahren ist das Krebsmittel zugelassen – noch ist kein Nutzen erwiesen. Swissmedic wollte die Firmenexperten verheimlichen.

Infosperber wollte die Namen und beruflichen Lebensläufe der Firmenexperten erfahren, die das Krebsmedikament Folotyn begutachtet hatten. Für Folotyn ist bis heute kein Nutzen nachgewiesen. Es vergingen fast vier Jahre, bis Swissmedic dem Gesuch von Infosperber, gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz, entsprach und diese Informationen herausrückte.

Solche Experten werden entweder von der antragsstellenden Pharmafirma beauftragt, oder sie sind sogar bei ihr angestellt. Im Zulassungsverfahren bei der Swissmedic kommt ihnen eine wichtige Rolle zu. Im Laufe des Verfahrens stellte das Bundesgericht fest:

  • «Die Berichte der Firmenexperten sind ein wichtiger Bestandteil der Gesuchsunterlagen für die Zulassung, weil sie alle wesentlichen Daten zusammenfassen und insbesondere eine sachliche und kritische Bewertung der Wirksamkeit, der Sicherheit und des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Präparats enthalten.»

Die Fakten:

  1. Im Jahr 2013 hatte Swissmedic die Infusionslösung Folotyn zugelassen für todranke Erwachsene, die an einem T-Zell-Lymphom leiden und bei denen Chemotherapie und/oder Bestrahlung keine Wirkung mehr zeigen.
  2. In ihrem Zulassungsentscheid räumte Swissmedic selber ein, dass es keinen Nachweis dafür gibt, dass Folotyn das Fortschreiten des Tumors bremst, geschweige denn das Leben der PatientInnen verlängert. Von einer verbesserten Lebensqualität war schon gar nicht die Rede.
  3. Die europäische Zulassungsbehörde EMA hatte im Jahr 2012 auch ein wiederholtes Zulassungsgesuch für Folotyn abgelehnt, weil Risiken und Nebenwirkungen stärker zu gewichten seien als der unbewiesene Nutzen. Dagegen hat die US-Behörde FDA das Medikament zugelassen.
  4. Auch heute nach fünf Jahren hat die Pharmafirma keinen Beleg nachgeliefert, dass Folotyn einen Nutzen hat. Swissmedic muss heute noch immer feststellen: «Ein Nutzen im progressionsfreien Überleben [des Tumors] oder des Gesamtüberlebens ist nicht belegt.»
  5. Acht Infusionen Folotyn innert 70 Tagen kosten über 70’000 Franken.
  6. Im Januar 2014 verlangte Infosperber aufgrund des Öffentlichkeitsprinzips Einsicht in den Zulassungsentscheid der Swissmedic.
  7. Erst fast vier Jahre später, im Dezember 2017, gab Swissmedic die Namen der Firmenexperten bekannt, die den Zulassungsentscheid der Swissmedic mit beeinflusst hatten. Gegen die Preisgabe dieser Namen hatte sich Swissmedic bis vor Bundesgericht gewehrt.

Wirksamkeit als Voraussetzung
Laut Heilmittelgesetz darf die Swissmedic nur Medikamente bewilligen, die wirksam sind, bzw. deren Nutzen grösser ist als deren Schaden durch Nebenwirkungen. Für diesen Nachweis sind die Anforderungen geringer, wenn es sich um Medikamente für seltene Krankheiten handelt, wie dies bei Folotyn der Fall ist. Trotzdem aber muss die Wirksamkeit «wissenschaftlich nachgewiesen sein», bestätigte das Bundesgericht im Urteil zum Fall Myozyme [BGE 9C 334/2010 vom 23.11.2010].
Das Bundesgericht ergänzte:

  • «Liegen keine klinischen Studien vor, die eine therapeutische Wirksamkeit nachweisen, so kann eine solche nicht bejaht werden mit dem blossen Hinweis, dass im Einzelfall eine Wirkung eingetreten sei…Eine Besserung kann auch spontan bzw. aus andern Gründen eintreten.»


Aus der Fachinformation der Swissmedic zu Folotyn (grössere Auflösung hier): «Ein Nutzen … ist nicht belegt»

Einsicht in die Unterlagen des Zulassungsentscheids
Eine «therapeutische Wirksamkeit» war und ist beim Krebsmedikament Folotyn in keiner Weise nachgewiesen, wie Swissmedic selber zugibt. Deshalb wollte Infosperber wissen, aufgrund welcher Unterlagen und welcher Expertenmeinungen die Swissmedic dieses Medikament zugelassen hatte.
Swissmedic übermittelte darauf den Zulassungsentscheid, aus dem hervorgeht, dass Folotyn weder den Tumor hemmt noch das Leben verlängert. Das zeigten auch beigelegte Unterlagen. Im Zulassungsentscheid verlangte Swissmedic von der Verkäuferin in der Schweiz, «Mundipharma Medical Company», lediglich periodische Berichte über die Sicherheit von Folotyn, nicht aber neue Studien über einen Nutzen.
Zusammen mit dem Gesuch um Zulassung eines Medikaments müssen Pharmafirmen Reports von Experten beilegen, welche die eingereichten Unterlagen beurteilen. Swissmedic wollte Infosperber jedoch weder die Namen dieser Experten nennen noch deren beruflichen Lebensläufe aushändigen. Es bestehe «kein überwiegendes öffentliches Interesse». Diese Experten seien «keine Sachverständigen der Swissmedic», sondern von der Pharmafirma «beauftragte Personen». Deren «Einflussnahme auf das Resultat des Zulassungsentscheids ist ausgeschlossen», behauptete die Swissmedic.
Darauf gelangte Infosperber an den damaligen Öffentlichkeitsbeauftragten Hanspeter Thür.

Öffentliches Interesse
Infosperber machte geltend, dass den Experten der Pharmafirmen im Rahmen des Zulassungsverfahrens eine wichtige Rolle zukomme. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran zu erfahren, welche Experten mit welchen möglichen Interessenkonflikten an der Beurteilung von Medikamenten teilgenommen haben.
Infosperber erinnerte an des Beispiel des Rheuma- und Schmerzmittels Vioxx, das nach 7000 Todesfällen in Deutschland und rund 600 in der Schweiz verboten werden musste.
In seinem Schlichtungsvorschlag folgte der Öffentlichkeitsbeauftragte weitgehend der Argumentation von Infosperber. Er empfahl der Pharmafirma, die Namen der Firmenexperten und deren berufliche Lebensläufe bekannt zu geben.
Swissmedic lehnte den Schlichtungsvorschlag ab.
Verwaltungsgericht gab Infosperber recht

Infosperber musste sich mit einer Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht wenden. In einer Stellungnahme behauptete «Mundipharma»-Anwältin Ursula Eggenberger Stöckli von der Anwaltskanzlei «Bratschi Wiederkehr & Buob», «dass die Beurteilung von Studien durch Firmenexperten die öffentliche Gesundheit nicht gefährdet und deshalb kein öffentliches Interesse an der Offenlegung ihrer Angaben besteht». Ausserdem sei das «Geschäftsgeheimnis» von «Mundipharma» betroffen.
Doch das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde von Infosperber am 22. Februar 2016 – zwei Jahre nach dem Gesuch von Infosperber an die Swissmedic – vollumfänglich gut. Es rügte Swissmedic, keine genügende Abwägung zwischen den privaten Interessen der Firmenexperten und dem öffentlichen Interesse vorgenommen zu haben.
Das Gericht entschied, dass die Namen und beruflichen Lebensläufe der drei von «Mundipharma» bezahlten Experten «kein Geschäftsgeheimnis» seien, aus dessen Bekanntgabe ein Konkurrent Vorteile ziehen könne. Es sei vielmehr von öffentlichem Interesse, die Identität dieser Experten zu kennen, weil sie gemäss europäischen Normen für die Zulassung von Medikamenten eine «anspruchsvolle und wichtige Funktion» erfüllten. In ihren Berichten müssten sie «auf den Punkt bringen, wieso das Arzneimittel trotz allfälliger kritischer Aspekte qualitativ hochstehend, sicher und wirksam ist». Diese Funktion «erscheint, allein schon aufgrund des sehr grossen Umfangs eines Zulassungsdossiers – im vorliegenden Fall umfasst dieses offenbar mehr als 92 Ordner –, als anspruchsvoll».

Dagegen würden die Argumente von Swissmedic «nicht überzeugen», erklärte das Gericht weiter. Dass die Experten auf die Zulassung «keinen Einfluss» hätten, wie Swissmedic behaupte, «widerspricht nicht nur der allgemeinen Lebenserfahrung; es ist vielmehr auch nicht zu vereinbaren mit dem Umstand, dass solche Berichte überhaupt einzureichen sind und deren Verfasser das Vorhandensein ausreichender Qualifikationen mit Lebensläufen belegen müssen
Über dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hatte Infosperber am 3. März 2016 unter dem Titel «Für Swissmedic haben Pharma-Interessen Vorrang» berichtet.
Pharmafirma zieht vors Bundesgericht
Mit Unterstützung von Swissmedic legte das Anwaltsbüro Bratschi Wiederkehr & Buob im Auftrag der «Mundipharma Medical Company» am 24. März 2016 vor Bundesgericht Beschwerde ein und verlangte die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts. Die Identität der Firmenexperten sei ein «Geschäftsgeheimnis». Es bestünde die Gefahr, dass diese Experten von andern Firmen abgeworben würden.
Wieder vergingen Monate.
Am 27. Juni 2016 gab das Bundesgericht Infosperber materiell recht, wies das Ganze aber wegen eines Verfahrensfehlers an die Vorinstanzen zurück.
Zu den materiellen Erwägungen des Bundesgerichts:
Geschäftsgeheimnis: Aufgrund der Rechtslage fasst das Bundesgericht den Begriff «Geschäftsgeheimnis» nach eigenen Angaben «weit»: Alle Informationen, die «zu einer Beeinträchtigung des geschäftlichen Erfolgs» oder zu einer «Verfälschung des Wettbewerbs» führen könnten, falls sie der Konkurrenz bekannt würden. Trotz dieser weiten Definition des Geschäftsgeheimnisses kommt das Bundesgericht zum Schluss: «Das von der Beschwerdeführerin [«Mundipharma»] geltend gemachte Schadenrisiko erscheint rein hypothetisch und bloss entfernt möglich zu sein».

Private Interessen und Privatsphäre der Experten: Vorerst hält das Bundesgericht – wie bereits alle Vorinstanzen – fest, dass es sich beim «Namen» und dem «beruflichen Lebenslauf» um «nicht besonders schützenswerte Personendaten handelt». Dann hält das Bundesgericht die Argumentation von «Mundipharma»/Swissmedic für falsch, dass die Firmenexperten keine öffentliche Aufgabe erfüllt hätten und deshalb nicht unter das Öffentlichkeitsgesetz fallen würden. Die Expertennamen seien in einem amtlichen Dokument enthalten, das zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient. Schliesslich ist dem Bundesgericht aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, dass ein privates Interesse der Firmenexperte überwiegen könne. Allerdings habe es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen, die betroffenen drei Personen direkt anzuhören.
Über dieses Urteil des Bundesgerichts hatte Infosperber am 21. Juli 2016 informiert unter dem Titel «3/4-Erfolg beim Bundesgericht gegen Swissmedic».

Widersprüchliche Angaben der Swissmedic
Obwohl die drei Firmenexperten im Ausland leben, hätte sie das Bundesverwaltungsgericht persönlich anhören müssen. Wegen dieses unterlassenen Rechts auf Gehör wies das Bundesgericht das ganze Verfahren an die Vorinstanzen zurück.
Für diese Verschleppung ist die Swissmedic insofern verantwortlich, als es an ihr gelegen hätte, die Firmenexperten von Anfang an um eine Stellungnahme zu bitten. Swissmedic war – ohne die Experten anzuhören – einfach davon ausgegangen, dass diese überwiegende private Interessen an der Anonymität geltend machen würden.
Ungereimt dabei ist, dass Swissmedic am 14. Februar 2014 Infosperber mitgeteilt hatte, dass sie für ihre Stellungnahme zu Handen des Öffentlichkeitsbeauftragten eine verlängerte Frist brauche, und dafür folgenden Grund angab:
«Wir führen … aufgrund der nicht anonymisierten Personendaten eine Anhörung der betroffenen Dritten durch.»
Zu den nicht anonymisierten Personendaten gehörten auch die Namen der Firmenexperten. Das Resultat seiner angeblichen Anhörungen hat Swissmedic im ganzen Verfahren nie erwähnt.

Schritt für Schritt lenkt Swissmedic ein

Nach dem Entscheid des Bundesgerichts wurde Swissmedic damit beauftragt, die drei Firmenexperten (nochmals?) anzuhören.
Im Mai 2017 teilte Swissmedic Infosperber das Resultat dieser Anhörung mit:

  • Einer von drei Experten sei mit der Offenlegung seiner Personalien und seines beruflichen Lebenslaufs einverstanden.
  • Einen zweiten Experten habe Swissmedic erreicht, doch habe dieser nicht geantwortet.
  • Das Schreiben an den dritten Experten sei mit dem Vermerk «nicht abgeholt» retourniert worden.

Jetzt weigerte sich Swissmedic, die Identität des zweiten und dritten Experten offenzulegen. Begründung: «Diese Experten haben sich bzw. konnten sich über eine allfällige Veröffentlichung ihrer persönlichen Daten nicht äussern.»
Es sollten weitere Monate verstreichen.
Mitte Juni musste Infosperber erneut an den Öffentlichkeitsbeauftragten gelangen:
«Der zweite Experte hatte Gelegenheit, seine privaten Interesse an einer Geheimhaltung darzulegen, hat jedoch darauf verzichtet.
Der dritte Experte war nicht auffindbar. Der Aufwand um ihn anzuhören ist offensichtlich zu gross. Das Bundesgericht hatte in seinem Urteil vom 27.6.2016 erklärt, betroffene Dritte seien «in der Regel» anzuhören, so dass sie einer Publikation entgegenstehende Interessen geltend machen können. Eine Anhörung sei dann nicht nötig, wenn «die Durchführung des Konsultationsrechts unverhältnismässig erscheint, namentlich weil die Anhörung mit einem übergrossen Aufwand verbunden wäre.»
Im vorliegenden Fall ist der Aufwand, den dritten Experten zu kontaktieren, offensichtlich zu gross. Selbst «Mundipharma Medical Company», bei der der dritte Experte angestellt ist, wollte oder konnte die aktuelle Adresse dieses Experten nicht angeben.
Nochmals zwei Monate später, Mitte August 2017, gab die Swissmedic endlich nach und verfügte gegenüber Infosperber und der «Mundipharma Medical Company», die Namen und beruflichen Lebensläufe auch des zweiten und dritten Experten bekannt zu geben. Eine «erneute Interessenabwägung» habe ergeben, so die Swissmedic, dass «bezüglich Offenlegung der beruflichen Lebensläufe auch der Experten 2 und 3 das öffentliche Interesse an der Transparenz das private Interesse an der Geheimhaltung dieser Daten überwiegt». Die von diesen Experten nicht genutzte Äusserungsmöglichkeit könne «nicht zu einer pauschalen Verweigerung zum Einblick in die erbetenen Lebensläufe führen».
Es sollten nochmals fast vier Monate verstreichen, bis die Swissmedic Infosperber die Namen und beruflichen Lebensläufe der drei Firmenexperten zum Samichlaus am 6. Dezember zustellte:
Streven M. Fruchtman
Der Arzt ist Vizepräsident der «Allos Therapeutics» in Westminster (Colorado). Diese Pharmafirma besitzt sämtliche Rechte auf Folotyn in den USA und in Kanada. Fruchtman arbeitete früher für Novartis sowie Johnson and Johnson. Er ist auch externer «Reviewer» medizinischer Fachzeitschriften.
Gijsbertus J. Pronk
Auch dieser Arzt ist Angestellter der «Allos Therapeutics» und hat die Funktion eines «Senior Directors». Er ist Co-Autor von Studien mit Folotyn.
Bruce K. Bennett
Bennet ist Ökonom und Vize-Präsident der «Allos Pharmaceutical»
Alle drei Firmenexperten waren also bei der gleichen Firma erreichbar, welche Folotyn in den USA und in Kanada vertreibt. «Mundipharma», welche Folotyn in allen andern Ländern vertreibt, hatte in ihrer Beschwerde vor Bundesgericht geschrieben: «Es versteht sich von selbst und ist auch legitim, dass Experten beauftragt werden, welche nicht nur das betreffende Arzneimittel bereits kennen, sondern dieses auch positiv beurteilen.»
«Beeinflussung ausgeschlossen»
Die Swissmedic selber beschrieb die Aufgabe der Firmenexperten wie folgt: «Es wird von den Sachverständigen verlangt, dass sie sich den kritischen Fragen hinsichtlich Qualität des Arzneimittels und der an Tieren und Menschen durchgeführten Untersuchungen befassen und alle Daten aufzeigen, die für die Bewertung sachdienlich sind.» Damit kommt diesen Firmenexperten im Rahmen des Zulassungsverfahren eine wichtige Rolle zu. Es ist indessen nicht davon auszugehen, dass die drei Experten als Angestellte und Exponenten der Folotyn-Vertreiberin «Allos Therapeutics» alle Daten ausgewogen aufzeigen, die für die Bewertung von Folotyn sachdienlich sind.
Swissmedic machte geltend, dass ihre eigenen Experten die Reports der Firmenexperten unabhängig und kritisch würdigen würden. Allerdings haben die Firmenexperten gegenüber den wenigen Statistik- und Methodik-Spezialisten der Swissmedic einen gewaltigen Informationsvorsprung. Trotzdem erklärte Swissmedic: «Eine Beeinflussung von Swissmedic … ist durch diese eingereichten Reports ausgeschlossen.» Begründung im konkreten Fall: «Die drei vom Zugangsgesuch betroffenen Experten weisen keinerlei Bezug zur Schweiz und insbesondere zur Swissmedic auf. Somit ist eine Einflussnahme auf das Resultat des Zulassungsentscheids ausgeschlossen.»
Die Abhängigkeit der drei Experten von der Folotyn-Firma «Allos Therapeutics» erwähnte Swissmedic nicht.

Fazit

  • Swissmedic ignoriert das Öffentlichkeitsgesetz und damit das öffentliche Interesse weitgehend und versteckt sich noch so gerne hinter die Vertraulichkeitsklauseln des Heilmittelgesetzes.
  • Eine Anfrage auf Veröffentlichung von Daten hat Swissmedic mit juristischen Mitteln und mit zum Teil widersprüchlichen abenteuerlichen Argumenten fast vier Jahre lang blockiert.
  • Die Schweizer Medikamenten-Behörde schützt zuerst die Interessen der Pharmafirmen, von denen sie bezahlt wird und an deren Umsätzen sie mit «Verkaufsabgaben» beteiligt ist.
    Die Swissmedic verteidigte höher zu gewichtende private Interessen von Firmenexperten, ohne diese gefragt zu haben.
  • Mit Folotyn bewilligte Swissmedic ein Medikament, das viele Nebenwirkungen hat, ohne dass ein Nutzen für die Patientinnen und Patienten auch fünf Jahre nach der Zulassung erwiesen ist.

Aufklärungspflicht
Zum Schluss ein Wort zu den Ärzten und Ärztinnen, welche Folotyn verschreiben. Sie sind rechtlich verpflichtet, den todkranken Patientinnen und Patienten oder deren rechtlich Bevollmächtigten über Folgendes klar und verständlich zu informieren:

  1. Es ist kein Nachweis erbracht, dass Folotyn das Wachstum des Tumors bremst, geschweige denn das Leben verlängert.
  2. Das Medikament kann häufig zu einer ganzen Reihe von Nebenwirkungen führen.

Für diese Aufklärung ist der Arzt oder die Ärztin beweispflichtig
Machen Ärztinnen und Ärzte machen den Patientinnen, Patienten oder deren Bevollmächtigten falsche Hoffnungen. Betroffene Todkranke riskieren viele Nebenwirkungen ohne jeglichen Nutzen. Das kommt einer Körperverletzung gleich.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Swissmedic

Swissmedic

Diese BAG-Behörde erlaubt alle Medikamente, deren Nutzen grösser ist als der Schaden. Zu viel läuft geheim.

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10 Meinungen

  • am 9.01.2018 um 12:41 Uhr
    Permalink

    Dazu gibt es nur zweierlei zu sagen: Absolut skandalös!! Und – Danke, Infosperber, für die Arbeit und die Hartnäckigkeit!

  • am 9.01.2018 um 13:46 Uhr
    Permalink

    Vielen Dank für die Hartnäckigkeit und diesen Bericht. Wer allerdings glaubt, dass diese Praktik ein Einzelfall ist, ist wohl ziemlich blauäugig. Das ist nur die Spitze des Eisberges, der nicht so leicht abzutragen ist. Denn einerseits leben wir nach wie vor im kapitalistischen System, welches solche Gebaren geradezu provoziert und andererseits ist der Glaube an die jetzige Medizin schier ungebrochen. Wer will schon Verantwortung übernehmen und sich um die Ursachen kümmern.
    Ein anderes Problem ist auch, dass wir einerseits die obligatorische Grundversicherung haben und keinen Anreiz unbenutzte Beiträge wenigstens zum Teil zurückzubekommen. Im jetzigen System wird somit alles darangesetzt möglichst viel zu profitieren – von allen Seiten.
    Wie lange noch?

  • am 9.01.2018 um 13:49 Uhr
    Permalink

    allerdings!!

  • am 9.01.2018 um 15:18 Uhr
    Permalink

    Danke! Welche Intervention kann dieses durch Swissmedic zugelassenes Medikament stoppen? Bzw. wer kontrolliert die Tätigkeit von Swissmedic? Solange nichts «Ordnendes» geschieht wird uns die Imperialmacht USA noch mehr «Verheissungen» auf die Brust drücken. Business as USuell.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 9.01.2018 um 16:15 Uhr
    Permalink

    Swissmedic kontrolliert sich selbst. So hat es der Gesetzgeber gewollt. Das war schon bei der Vorgängerorganisation IKS der Fall.

    Das Stockholm-Syndrom lässt grüssen.

  • am 9.01.2018 um 16:43 Uhr
    Permalink

    Solch skandalöses Verhalten ist von Swissmedic bekannt. Aber jetzt steht doch fest, dass ein Produkt unberechtigterweise zugelassen wurde. Also ist swissmedic vom
    Gericht zu belangen. Das mindeste wäre ausserdem, dass swissmedic Betroffenen
    oder deren Angehörigen die Kosten erstattet. Denn das ist die Sprache, die swissmedic & Co verstehen.
    Und wenn die Schweiz das durchzieht, dann folgen sicher auch weitere Länder, die sich auf die Zulassung durch swissmedic berufen.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 9.01.2018 um 18:03 Uhr
    Permalink

    Ich hatte auch schon einmal vorgeschlagen, Swissmedic mit EMA, der EU-Zulassungsbehörde, in eine gesamteuropäische Zulassungsbehörde zu intergrieren, wie das beim Europäischen Patentamt (etwa 40 Mitglieder) bestens funktioniert.

    Das wollte aber auch bei uns – schon vor der Lex Pharma, welche das lokale Marktmonopol der Pharmafirmen zementiert hat – niemand schon nur in Betracht ziehen.

    Aber beim Brexit hat die EU vor kurzem beschlossen die EMA heim in die EU zu holen, da eben jeder seinen eigenen Garten bewirtschaften will.

    Immerhin werden gewisse Zulassungsdaten zw. diesen beiden Behörden seit ein paar Jahren auch schon mal ausgetauscht und manchmal sogar als «äquivalent» anerkannt.

    Gesundheit mag wichtig sein, aber Wirtschaftsschutz, wenigstens was befreundete Firmen betrifft, ist eben für viele politisch verantwortliche manchmal noch etwas wichtiger.

  • am 9.01.2018 um 20:01 Uhr
    Permalink

    Starten wir eine Initiative mit No-Swiss-medic! Da wären alle KK-Prämien-Zahler froh.

  • am 9.01.2018 um 21:37 Uhr
    Permalink

    Gut gibt es Institutionen, wie Infosperber. Gute gemacht! Von den bald 90 Milliarden Franken, die unser Gesundheitswesen kostet, ziehen «Haie» an sobald «Blut» (Geld) in der Nähe ist! Nichts gegen die hervorragenden Leistungen, die das Gesundheitswesen täglich erbringt doch ab und zu beschleicht einen der Gedanke, dass es gar nicht um die Heilung (oder Linderung) todkranker Patienten geht. Es geht um die möglichst schnelle Umverteilung von möglichst viel Geld.

  • am 14.01.2018 um 14:37 Uhr
    Permalink

    Brutal: Ziel von Aktiengesellschaften u.ä. sind hohe Dividenden, sonst gibt es keine Investoren. Einen Todkranken in Würde einschlafen zu lassen, hat mit Ethik und
    Mitgefühl zu tun. Und dazwischen ist der Arzt. «Für diese Aufklärung ist der Arzt oder die Ärztin beweispflichtig» Dem Arzt wird der Schwarze Peter zugeschoben. ist das fair??
    Hat hier aber jemand gefragt, ob die Zulassung widerrufen wurde? Oder wer hätte die
    Kompetenz, das zu veranlassen. Und wer zieht Swissmedic zur Verantwortung??›
    Haben die Bemühungen von Herrn Gasche und der Gerichtsaufwand gar nichts bewirkt? Unter bewirken meine ich, den Entscheid aufheben und die Verursacher zur
    Rechenschaft zu ziehen.

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