Kommentar

US-Notenbank FED leistete einen Offenbarungseid

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsErnst Wolff ist freier Journalist. Von ihm erschienen sind die Bücher «Finanz Tsunami – Wie das ©

Ernst Wolff /  FED-Chef Jerome Powell kündigte die erste Zinssenkung seit zehn Jahren an. Es handelt sich um einen historischen Wendepunkt.

Als das globale Finanzsystem 2007/08 vor dem Zusammenbruch stand, sprangen die Regierungen ein und retteten es zunächst mit Steuergeldern. Anschliessend schalteten sich die Zentralbanken ein und hielten das System durch Zinssenkungen und als „Quantitative Easing“ bezeichnetes Gelddrucken am Leben.

Notlösungen wurden zu Dauerlösungen

Bei beiden Massnahmen handelte es sich nach Aussage der Verantwortlichen um vorübergehende „Notlösungen“. Diese mussten allerdings jahrelang beibehalten werden, um das System zu stabilisieren. Das wiederum führte dazu, dass das Finanzcasino erneut angeheizt wurde und sowohl die Schulden als auch die Risiken gewaltig anstiegen.

Ab 2015 begann die FED dann zaghaft, die Massnahmen zurückzufahren – um das System zu „normalisieren“. Als sie die Gangart im vergangenen Jahr verschärfte und die Zinsen in mehreren Schritten auf 2,25-2,5 Prozent anhob, erlebte sie allerdings eine böse Überraschung: Die Finanzindustrie – das sind hauptsächlich Grossbanken und ihre Hedgefunds sowie Versicherungskonzerne – zeigte der FED auf drastische Weise, dass sie nicht gewillt war, weitere Zinserhöhungen hinzunehmen – u.a. durch die stärksten Kurseinbrüche an den Aktienmärkten seit 70 Jahren.

Die FED reagierte umgehend und kündigte zwischen Weihnachten und Neujahr eine Kurswende an, die sie nun mit der ersten Zinssenkung eingeleitet hat. Die offiziellen Behauptungen, die US-Wirtschaft laufe gut und die Massnahme gelte ausschliesslich weltwirtschaftlichen Risiken, sind offensichtlich nichts als Ausreden, mit denen die historische Bedeutung der Kursänderung verschleiert werden soll.

Die FED gesteht mit dieser Massnahme nämlich ein, dass sie das globale Finanzsystem, dessen Herz sie ja wegen der weltweiten Bedeutung des US-Dollars ist, nicht wieder in seinen „Normalzustand“ versetzen kann. Das ist nicht mehr und nicht weniger als ein Offenbarungseid.

Die Rezession kommt und wird ihren Tribut fordern

Powells Andeutung, zukünftige Zinserhöhungen nicht ausschliessen zu wollen, kann schon fast als unfreiwillige Komik aufgefasst werden, denn die USA erleben zurzeit den Beginn einer Rezession – und in einer Rezession wirken Zinserhöhungen ähnlich wie das Einlegen des Rückwärtsganges bei einem fahrenden Auto.

Angesichts der gegenwärtig zunehmenden Probleme wird Powell wahrscheinlich schon bald gezwungen sein, genau das Gegenteil zu tun: Sobald die Rezession Fahrt aufnimmt, wird er die Zinsen weiter senken müssen. Da aber der Spielraum bei gegenwärtigen 2- 2,25 Prozent zu gering ist, um Wirkung zu zeigen, könnte er in nicht allzu ferner Zukunft zum ersten Mal in der Geschichte der FED zu Negativzinsen greifen und zudem weiteres Geld ins System pumpen müssen.

Powells Situation gleicht der eines Lokführers, der einen in Brand geratenen Zug abbremst und feststellt, dass die Flammen sich bei geringerem Tempo noch schneller ausbreiten und der deshalb gezwungen ist, die Geschwindigkeit wieder zu erhöhen.

Genau wie der Lokführer dürfte auch Powell wissen, dass er damit nur Zeit gewonnen, ein böses Ende aber keinesfalls abgewendet hat.
********************************************************
Infosperber-DOSSIER:

********************************************************


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Ernst Wolff ist freier Journalist. Von ihm erschienen sind die Bücher
«Finanz Tsunami – Wie das globale Finanzsystem uns alle bedroht», edition e. wolff, 27.90 CHF.
und «Weltmacht IWF – Chronik eines Raubzugs», Tectum-Verlag, 26.90 CHF.

Zum Infosperber-Dossier:

3065502515_fcf0d5f0f2

Die Euro- und Währungskrise

Noch mehr Geldspritzen und Schulden bringen die Wirtschaft nicht mehr zum Wachsen. Sie führen zum Kollaps.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.